Werk 1
Kommentar
Werk 2
Werk 3
Werk 4
Werk 5
Kofler bezieht sich hier auf einen populären, mehrfach überlieferten Spruch – mittlerweile als »moderne Sage« verbreitet (die Quelle Koflers ist nicht auszumachen). Im Netz findet sich folgende Version: »Eine wahre Begebenheit. [/] So um die 1960 stand in einem Gästebuch der ›Sahne-Alm‹ in Hollersbach, Österreich, folgender Eintrag: Alpenrose schöne Rose, [/] schöne Rose Alpenrose. [/] Gezeichnet Silbernagel. [/] Zwei Seiten weiter stand geschrieben: Silbernagel blöder Nagel, [/] blöder Nagel Silbernagel.« (Keif 2013) Eine Version, in der der Spruch in einem Gipfelbuch zu finden gewesen sei, findet sich als Kommentar unter dem Foto einer Alpenrose in einer »Internetgemeinschaft« für Hobbyfotografen (Margowski 2004), zwei lassen sich gedruckt finden (vgl. Schubert 2006, 114; Prenner 2016). In der Prosa »Furcht und Unruhe« setzt Kofler den Spruch als Kennwort, als Parole ein, die dem (im Konjunktiv) Eintritt begehrenden »Lieblingsmassenmörder« Globocnik, so er den zweiten Teil des Spruchs wüsste, die Türe öffnete (s. Eintrag ›Globotschnigg‹).
Richtige Benennung: Ludwig-Boltzmann-Institut zur Erforschung der Missbildungen des Nervensystems – 1968 ins Leben gerufene Institution zur neuropathologischen Beforschung des in der Prosektur des psychiatrischen Krankenhauses der Stadt Wien vorhandenen weltweit größten »Materialbestandes« an Gehirnen »mit angeborenen Entwicklungsstörungen und frühzeitig erworbenen Schäden« (Ludwig-Boltzmann-Gesellschaft 1968). In diese Sammlung integriert waren Präparate von Kindern, die 1940–1945 in der »Jugendfürsorgeanstalt« »Am Spiegelgrund« im Zuge der »Euthanasie« und medizinischer Versuche (unter Beteiligung von Heinrich Gross) ermordet wurden. Gross, Leiter dieses Boltzmann-Instituts seit seiner Gründung, trat 1989 von dieser Funktion zurück. Die Gehirnpräparate der getöteten Kinder wurden 2002 bestattet.
Otto Scrinzi (1918 – 2012), Studium der Medizin, ab 1940 Mitarbeit am Innsbrucker »Institut für Erb- und Rassenbiologie«. Seit 1950 arbeitete er als Nervenfacharzt und war von 1955 bis 1983 Primararzt an der psychiatrischen Männerabteilung des Landeskrankenhauses Klagenfurt; Scrinzi war SA- und NSDAP-Mitglied, 1949 – 1956 Landtagsabgeordneter und Landesobmann des »Verbandes der Unabhängigen«, der Vorgängerpartei der FPÖ, 1966 bis 1979 Nationalratsabgeordneter der FPÖ, 1986 Kandidatur bei der Bundespräsidentenwahl. s. Eintrag »der Irrenarzt und Erbgesundheitspfleger Scrinzi«
»Das kleinere der beiden Lager war das Nordlager. Sein Kommandant unterstand dem eigentlichen Lagerkommandanten [Jakob] Winkler .« (Walzl 1985, 49) Unter Winkler kam es wie unter seinem Vorgänger Rudolf Ludolf zu Gewaltexzessen an den Häftlingen. (vgl. Tišler/Tessier 2007)
Heinrich Gross (1915–2005), österr. Psychiater, 1939 Promotion zum Dr. med., ab November 1940 Tätigkeit am »Spiegelgrund«, wo er an medizinischen Experimenten und Tötungen beteiligt war, dazwischen Kriegseinsätze, 1945–1947 sowjetische Kriegsgefangenschaft, 1948 Verhaftung, die beim Prozess 1950 ausgesprochene Haftstrafe hatte er mit der Untersuchungshaft verbüßt, 1953 SPÖ-Mitglied, Ausbildung zum Facharzt für Psychiatrie und Neurologie, 1955 Rückkehr auf den »Steinhof«, 1957 Primar der 2. Psychiatrischen Abteilung am Steinhof, ab 1960 gerichtlich beeideter Sachverständiger für Neurologie und Psychiatrie, bis 1979 laut eigenen Angaben 12.000 Gutachten (u.a. im Prozess 1968 gegen Oswald Wiener, Otto Muehl und Günter Brus nach der Aktion »Kunst und Revolution«). s. Eintrag »Doktor Groß«
»SA-Mann Brand«: der erste nach Hitlers »Machtergreifung« veröffentlichte nationalsozialistischer Propagandafilm (1933, R: Franz Seitz), s. Eintrag ›SA-Mann Brand‹
PersonNationalsozialistInSchauspielerIn/RegisseurInMedienFilm/Fernsehen/Radio
Anspielung auf Ernst Lerch (1914–1997), der als Adjutant von Odilo Globocnik an zentraler Stelle an der »Aktion Reinhard«, der Vernichtung der polnischen Juden, beteiligt war und ab 1950 das Klagenfurter Tanzcafé Lerch betrieb (s. Eintrag ›Tanzcafé Lerch‹).
Kofler bezieht sich hier auf den Artikel» Ein Arzt aus der NS-Mörderklinik«, mit dem der »Kurier« -Reporter Wolfgang Höllrigl – auf einem Interview mit dem in der Haftanstalt Krems-Stein einsitzenden Friedrich Zawrel fußend – Ende 1978 den Stein ins Rollen brachte. Gross wurde nicht »von Reportern befragt«, sondern nur von Höllrigl und gebe diesem, wie im Artikel zu lesen, »gerne in Stenogrammform Auskunft«: »Ich habe 1934 maturiert, wurde fünf Jahre später mit dem Medizinstudium fertig, kam dann in russische Gefangenschaft und wurde 1957 Primararzt am Krankenhaus Rosenhügel« (Höllrigl 1978), s. Eintrag »Doktor Groß«
So wie Kofler den Namen Gross’ nicht ausschreibt, verwendet er hier einen Decknamen: Gemeint ist Friedrich Zawrel (1929–2015). Zawrel wuchs meist bei Pflegeeltern und in Heimen und Erziehungsanstalten auf, ab 1941war er immer wieder in der »Fürsorgeanstalt« »Am Spiegelgrund« untergebracht. Er konnte mithilfe einer Schwester von dort fliehen und überlebte, teilweise in Jugendstrafvollzugsanstalten, den Krieg. Danach schlug er sich mit verschiedenen Arbeiten und Kleinkriminalität durch. Als er zu Beginn der 1970er Jahre vermehrt Diebstähle beging, kam er Ende 1974 in Untersuchungshaft.
Gertrud Scholtz-Klink (1902–1999), 1934–1945 »Reichsführerin« der NS-Frauenschaft und des Deutschen Frauenwerks, damit »mächtigste, politisch einflussreichste Frau« im NS-Herrschaftsapparat (Livi 2005, 16), rege publizistische Tätigkeit, Scholtz-Klink brachte 1978 die »Dokumentation« »Die Frau im Dritten Reich« heraus, in der sie kritiklos ihr Engagement für den Nationalsozialismus darlegt, s. Eintrag ›Gertrud Scholtz-Klink‹. Mit der Gegenüberstellung feministischer Positionen zur Mutterschaft und dem Mutterkult des Nationalsozialismus stand Kofler zur Zeit der Publikation seines Textes (1981) nicht allein. Marion Schmid etwa sprach von einem»Emanzipationsfanal« der NS-Politik, dem der »von der heutigen Frauenbewegung wiederbelebte Mutterkult« folge, ohne etwa »das Geschichtsbild der Reichsfrauenführerin Gertrud Scholz-Klink« zu kennen (Schmid 1984, 30).
Am 25. 5. 1976 fand die Gerichtsverhandlung gegen Friedrich Zawrel statt, der das Gutachten von Gross zugrunde gelegt wurde. Gross berief sich, ohne dass das vor Gericht beanstandet wurde, in seinem Gutachten offen auf ein jugendpsychiatrisches Gutachten aus dem Jahre 1944, das Gross’ Vorgesetzter während seiner Tätigkeit am »Spiegelgrund«, der 1946 zum Tode verurteilte Ernst Illing, verfasst hatte. Zawrel wurde (wegen eines Eigentumsdelikts) zu sechs Jahren Haft mit anschließender Einweisung auf zehn Jahre in eine Anstalt für gefährliche Rückfalltäter verurteilt (vgl. Lehmann/Schmidt 2001, 16). Koflers Angaben in diesem Absatz beziehen sich auf den Artikel Höllrigls (vgl. Höllrigl 1978).
1941 gab es in Salzburg zum 150. Todestag des Genius loci zahlreiche Aktivitäten: »Am Vorabend des 185. Geburtstages ertönte im Landestheater die »Zauberflöte« . Der Gauleiter, Reichsleiter [Martin] Bormann u.a. NS-Größen nahmen an dieser Festveranstaltung teil.« (Kerschbaumer 1988, 251)
TopographieOrtschaftPersonNationalsozialistInMedienMusikEreignis
Dieser Satz findet sich wortwörtlich in dem von Horst Kurnitzky und Marion Schmid herausgegebenen Band »Deutsche Stichworte« (vgl. Schmid 1984, 30). Obwohl »Deutsche Markenbutter« drei Jahre früher erschien, ist durchaus denkbar, dass Kofler den Satz von Kurnitzky (s. Eintrag ›Kurnitzky‹) bezog. Kurnitzky war Herausgeber der Publikation »Nachstellungen« (1981), in die »Deutsche Markenbutter« aufgenommen wurde. Für diese Provenienz spricht auch der Umstand, dass sich der Satz nicht in Texten Scholtz-Klinks findet. Ein Bezug besteht zum Begriff »Geburtenkrieg«, den der Journalist und Autor Paul Danzer, Mitarbeiter des Rassenpolitischen Amts der NSDAP, prägte (vgl. Danzer 1936). Hitler sagte bei einer Rede auf dem Reichsparteitag 1934 über die Rolle der Frau: »Jedes Kind, das sie zur Welt bringt, ist eine Schlacht, die sie besteht für das Sein und das Nichtsein ihres Volkes« (Hitler/Scholtz-Klink 1934, 4). Und »Reichsorganisationsleiter« Robert Ley schreibt in einem Vorwort 1942: »Jedes Kind, das durch eine deutsche Mutter zur Welt gebracht wurde, war eine gewonnene Schlacht für unser Volk« (Ley 1942).
Anspielung auf den Psychiater Heinrich Gross, mit dem sich Kofler im Text »Der Kriminalfall G.« ausführlich beschäftigt, s. Eintrag »Doktor Groß«
Gustav Bartelmus (1898–1984), »Sohn eines Regierungsrates am Verwaltungsgerichtshof, humanistisch gebildet« (Kosch 1953, 77), arbeitete in Beuthen am Oberschlesischen Landestheater als Regisseur, 1933 stürzte er den damaligen Leiter des Theaters (der daraufhin Selbstmord begann; vgl. Trapp 1999, 445) und wurde Direktor. 1938 wurde Bartelmus von Goebbels’ Ministerium zum Intendanten des »Kärntner Grenzlandtheaters« in Klagenfurt ernannt. Er war auch Leiter der örtlichen Stelle der Reichstheaterkammer. Im Sommer 1941 verließ er aus nicht mehr rekonstruierbaren Gründen Klagenfurt (vgl. Jamritsch 2010, 589), ab 1942 führte er in Berlin gemeinsam mit dem Schauspieler Richard Handwerk die Gastspielbühne »Bartelmus & Handwerk« (vgl. Baur/Gradwohl-Schlacher 2011, 43). Nach 1945 Rückkehr nach Klagenfurt, editorische Tätigkeit, u. a. Bearbeitung und Herausgabe von Stücken Ludwig Anzengrubers (1947/48), und Leitung der Abteilung Hörspiel und Literatur von Studio Kärnten (vgl. Schmitz-Mayr-Harting 1977, 354). S. Eintrag ›Gustav Bartelmus‹
PersonSchauspielerIn/RegisseurInNationalsozialistInAutorIn/JournalistIn
1941 war ein »Mozart-Jahr«, man feierte den 150. Todes- und den 185. Geburtstag – in Salzburg gab es zahlreiche Aktivitäten: »Am Vorabend des 185. Geburtstages ertönte im Landestheater die »Zauberflöte«. Der Gauleiter, Reichsleiter Bormann u.a. NS-Größen nahmen an dieser Festveranstaltung teil.« (Kerschbaumer 1988, 251)
Kofler zitiert hier aus einem Artikel einer Mitarbeiterin der »Reichsfrauenführerin« Gertrud Scholtz-Klink, Erna Köpke (»Hauptabteilungsleiterin des Deutschen Frauenwerks, Mütterdienst«), im Muttertagsheft 1939 der Zeitschrift »NS-Frauen-Warte« (Ausgaben dieser Zeitschrift lieferten auch Material für »Am Schreibtisch«, s. Eintrag ›NS-Frauenwarte‹): »Zum fünfzigsten Geburtstag des Führers hat so manche Mutter ihren Jungen oder ihr Mädel ihm begeistert entgegengestreckt, weiß sie doch, daß er erst die Voraussetzungen schuf, daß manche Kinder das Licht der Welt erblicken konnten!« (Köpke 1939, 722f.)
1940 wurde auf dem Gelände der »Heil- und Pflegeanstalt der Stadt Wien Am Steinhof« die städtische »Fürsorgeanstalt« »Am Spiegelgrund« eingerichtet. »Der Spiegelgrund war eine der 37 Kinderfachabteilungen im Deutschen Reich, in denen ›unwertes Leben‹ vernichtet wurde«. Dort starben zwischen 1940 und 1945 knapp 800 Kinder, davon bis zu 250 mit »Nachhilfe« der Ärzte (Lehmann/Schmidt 2001, 12). Heinrich Gross war an den Tötungen beteiligt.
Da über Jakob Winkler, den in »Hotel Mordschein« (s. Eintrag »dieser eigentliche Lagerkommandant heißt Winkler«) erwähnten Kommandanten des Konzentrationslagers am Loiblpass, wenig biographische Details greifbar sind, bleibt unklar, ob er hiermit gemeint ist. Winkler dürfte 1938 bereits SS-, nicht SA-Mitglied gewesen sein.
Quelle für Koflers Angaben ist erneut der Artikel Wolfgang Höllrigls (vgl. Höllrigl 1978). Den SA-Rang Gross’ gibt Kofler anders wieder. Höllrigl berichtete im Mai 1979 auch von der Zeugenaussage Gross’ im Prozess gegen Werner Vogt (s.u.): »›Es ist richtig. Ich bin schon im Jahre 1932 der Hitlerjugend beigetreten, wurde dann zur SA überstellt, wo ich den Rang eines Obertruppenführers bekleidete.‹« Er gab an, kein Luminal verordnet und sich sogleich an die Front gemeldet zu haben, als er vom »Euthanasie«-Programm am »Spiegelgrund« erfahren habe (Höllrigl 1979b).
Der Erlass auf Adolf Hitlers persönlichem Briefpapier lautet: »Berlin, den 1. Sept. 1939 [/] Reichsleiter Bouhler [/] und Dr. med. Brandt [/] sind unter Verantwortung beauftragt, die Befugnisse namentlich zu bestimmender Ärzte so zu erweitern, dass nach menschlichem Ermessen unheilbar Kranken bei kritischster Beurteilung ihres Krankheitszustandes der Gnadentod gewährt werden kann. [/] A. Hitler« (Hitler 1989).
Das Klagenfurter Café Lerch war vor 1938 ein beliebter Treffpunkt für Anhänger und Mitglieder der während des Austrofaschismus verbotenen NSDAP. Auch Ernst Lerch (1914–1997), der Sohn des Lokalbetreibers, war ein »Illegaler«. Nach seiner NS-Karriere, seiner Beteiligung an der Judenvernichtung im »Generalgouvernement« Polen und einiger Zeit in Verstecken nach 1945 konnte Lerch 1950 das Lokal seines Vaters übernehmen und als beliebtes »Tanzcafé« etablieren. Das Lokal bestand bis in die 1970er Jahre, heute ist dort eine McDonald’s-Filiale untergebracht (s. Eintrag ›Tanzcafé Lerch‹).
Was Kofler hier als »Premiere« bezeichnet, dürfte er auf die erwähnte Festaufführung der »Zauberflöte« am 26. 1. 1941, dem Vorabend des 185. Geburtstags des Genius loci, beziehen (vgl. Kerschbaumer 1988, 251). Salzburger Gauleiter war zu dieser Zeit Friedrich Rainer (1903–1947), Ende 1941 wurde er »Reichsstatthalter« in Kärnten und Krain, ab 1943 machte ihn Hitler zusätzlich zum Leiter der Zivilverwaltung in der »Operationszone Adriatisches Küstenland«.
Adolf Hitler machte im Vorfeld der Volksabstimmung am 10. April 1938über den »Anschluss« ans Deutsche Reich eine Österreich-Tournee, am 2. April war er in Graz, am 4. April in Klagenfurt, tags darauf in Innsbruck, wohin ihn Sonderzug, der durch Villach kam, brachte. Am 6. April ist er in Salzburg(vgl. Bruppacher 2018, 31f.).
Otto Scrinzi (1918 – 2012), Psychiater, s. Eintrag »der Irrenarzt und Erbgesundheitspfleger Scrinzi«
Bernhard Rust (1883–1945), Reichsminister für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung
Oskar Kraus (1887–1972), Beteiligung am Kärntner »Abwehrkampf« 1919, 1929 NSDAP-Beitritt, Bürgermeister von Villach 1938–1945, Inhaftierung 1945–1947; Kraus blieb dem nationalsozialistischen Gedankengut bis zu seinem Tod treu (vgl. Rettl/Koroschitz 2006).
André Heller lud 30 internationale Künstler ein (u.a. Salvador Dalí, Roy Lichtenstein, Jörg Immendorf, Christian Ludwig Attersee), sich an »Luna Luna« zu beteiligen. Der Schweizer KünstlerDaniel Spoerri (* 1930) gestaltete die Toilettenhäuschen und hielt sich dabei an die »Imponier-Architektur des Nazi-BaumeistersAlfred SpeerfürHitlers Reichskanzlei« (Michaelis 1987).
Uwe Johnson schreibt, Hitler verlässt am (5. April 1938) »das Parkhotel zuGrazund begibt sich zu seinem Sonderzug nach Klagenfurt. […] in allen durchfahrenden Bahnhöfen sind die Bahnsteigedicht bestellt mit jubelnden Menschen […]. Noch kurz vor 14 Uhr war der Bahnhof Klagenfurt erfüllt vom Jubel der Verehrer«(Johnson 1974, 37).
TopographieOrtschaftPersonAutorIn/JournalistInNationalsozialistInEreignis
»In diesem Jahr nun wird die Frau als Erhalterin des Lebens und als mitverantwortliche Staatsbürgerin einen besonderen Platz in Nürnberg einnehmen« (Scholtz-Klink 1939, 136). Zitat aus Gertrud Scholtz-Klinks Text »Frau und Mutter – Lebensquell des Volkes« zur gleichnamigen geplanten Ausstellung in der Nürnberger Noris-Halle (der »Reichsparteitag des Friedens« und die Ausstellung im September 1939 wurden wegen des Kriegsbeginns abgesagt)
Zitat aus Scholtz-Klinks Text »Frau und Mutter – Lebensquell des Volkes«, die den oben genannten »besonderen Platz« der Frau beim bevorstehenden (wegen des Kriegsbeginns abgesagten) Reichsparteitag 1939 begründet: »Einmal war es die tapfere Haltung österreichischer Frauen, die unter persönlichstem Einsatz mithalfen, die Ostmark auf ihren großen Tag der Vereinigung vorzubereiten« (Scholtz-Klink 1939, 136).
Martin Bormann (1900–1945) war ab 1933 einer der 18 »Reichsleiter« der NSDAP und bis 1941 Sekretär von Rudolf Heß, Hitlers Stellvertreter. Bormanns »Ernennung zum Sekretär des Führers im April 1943 war eine späte und von außen kaum wahrgenommene Kaschierung seiner tatsächlichen Position als Stellvertreter des Führers, die er weniger durch eine Vielzahl von Ämtern als über den Zugang zu Hitler regelte« (Weiß 2002, 50). s. Eintrag ›Bormann‹
Hans (Johann) Rexeisen (1894–?), aus Villach gebürtiger SS-Offizier, bis 1938 Kontorist bei einer Villacher Holzfirma, 1933 NSDAP-Beitritt (vgl. Walzl 2003, 14, 36), während des Austrofaschismus illegale NS-Tätigkeit (Aufbau des SD, »Sicherheitsdienstes«, in Villach), direkt nach dem »Anschluss« provisorischer Stadtkommandant und Leiter des Polizeiamts in Villach, im Herbst 1938 beim SD Klagenfurt (»Grenznachrichtendienst«), 1941 zur »Einsatzgruppe Fuchs« in Kroatien, danach in Belgrad Chef der Abteilung III des SD (vgl. Vukić 2019, 89; Manoschek 1995, 176), ab 1944 verschiedene Einsatzorte, gegen Kriegsende Mitarbeiter Globocniks in Triest (vgl. Ferenc 1989, 219), keine Anzeichen für eine politisch-militärische Karriere (vgl. Walzl 2003, 85), 1945–1948 in Haft (PoW-Camp Wolfsberg).
Ernst Illing (1904–1946), 1929 Promotion zum Dr. med., 1933 NSDAP-Beitritt, Ausbildung zum Nervenarzt, Tätigkeit in Psychiatrien in Sachsen und Brandenburg, 1938 Tätigkeit für das »Rassenpolitische Amt« der NSDAP, 1942–1945 ärztlicher Leiter der städtischen »Jugendfürsorgeanstalt« »Am Spiegelgrund«. Im Juli 1946 vor dem Volksgericht Wien zum Tode verurteilt.
Feldherrnhalle: 1844 fertiggestellte klassizistische Loggia am Münchner Odeonsplatz; während des »Hitler-Ludendorff-Putschs« am 8. und 9. November 1923marschierte ein von Hitlerund Ludendorffangeführter bewaffneter Trupp vom Bürgerbräukeller zur Feldherrnhalle, die Polizei hatte den Odeonsplatz abgeriegelt, es kam zu einer kurzen Schießerei, bei der dreizehn Putschisten starben. Die insgesamt 16 getöteten Putschisten wurden nach 1933 zu Märtyrern stilisiert, 1939 erklärte Hitler den 9. November als »Gedenktag für die Bewegung« zum staatlichen Feiertag.
Ein Zitat Adolf Hitlers – »Worte des Führers an die deutschen Frauen« am Reichsparteitag 1935: »Wir sehen in der Frau die ewige Mutter unseres Volkes und die Lebens-, Arbeits- und auch Kampfgefährtin des Mannes« (Hitler 1935, 3). Kofler zitiert den Satz aus Scholtz-Klinks Text »Frau und Mutter«»– Lebensquell des Volkes« (Scholtz-Klink 1939, 136), die Ausgabe der »NS-Frauen-Warte« ist im Kofler-Nachlass erhalten (11/W7/S1).
Marianne Türk (1914–2003), österreichische Kinderärztin, nach dem Medizinstudium ab 1939 Tätigkeit in der Trinkerheilstätte »Am Steinhof«, 1941 Wechsel in die Kinderklinik »Spiegelgrund«, wo sie an der Erfassung und »Behandlung« behinderter Kinder beteiligt war. Türk wurde beim »Steinhof-Prozess« 1946 zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt, 1948 aus gesundheitlichen Gründen vorzeitig entlassen, sie arbeitete fortan als Verkäuferin.
Franz Pfeffer von Salomon (1888–1968), 1926 von Hitler zum »Obersten SA-Führer« ernannt; s. Eintrag ›FRANZ PFEFFER VON SALOMON‹
Mit »Bormann – beschnitten!« in »Zu spät. TIEFLAND, Obsession« (s. Eintrag ›Reichsleiter Bormann‹) greift Kofler das Motiv noch einmal auf: Wie bei »Jude Goebbels« (»Manker«, s. Eintrag ›Jude Goebbels‹) dürfte Kofler hier auf die Gerüchte über die jüdische Abstammung von Nazigrößen hinweisen– Gerüchte, die sich etwa in Flüsterwitzen manifestierten. Damit verweist Kofler auf das »historische Problem der Nationalsozialisten« (Bering 1991, 142), das »Jüdische« auf rassistische Weise – etwa über physische Merkmale – zu definieren, weil die meisten Menschen jüdischen Glaubens an ihrem Äußeren nicht zu erkennen waren. Daraus ergaben sich Widersprüchlichkeiten – etwa, dass die »schärfsten Vertreter physiognomischer Diffamierungen selbst zur Zielscheibe der von ihnen popularisierten Stereotype wurden« (Thurn 2015, 141).
Franz Pfeffer von Salomon(1888–1968), Offizier im Ersten Weltkrieg, danach Freikorps-Führer, frühe NSDAP-Mitgliedschaft, 1926 von Hitler zum »Obersten SA-Führer« ernannt, er hatte das Amt nur bis 1930 inne.
Heinrich Gross, der nach seiner Rückkehr aus sowjetischer Kriegsgefangenschaft Ende 1947 untergetaucht war, wurde im April 1948 in der Steiermark verhaftet und kam in Untersuchungshaft. Beim Prozess 1950 wird er wegen Totschlags, nicht wegen »Meuchelmords« angeklagt, weil das Gericht zu der Erkenntnis gelangte, »dass an Geisteskranken oder -schwachen kein heimtückischer Mord begangen werden könne, weil den Betroffenen ›die Einsicht fehlt‹« (Lehman/Schmidt 2001, 105). Im Prozess glaubt das Gericht Gross, der stets nur das zugibt, was bekannt ist, und den wissenschaftlichen Charakter seiner Tätigkeit betont. Urteil: zwei Jahre Kerker. Bei der Berufungsverhandlung 1951 verzichtete die Staatsanwaltschaft auf eine Neuaufnahme der Verfahrens.
Ernst Röhm (1887–1934), Offizier im Ersten Weltkrieg, Freikorps-Mitglied, 1930 »Oberster SA-Stabschef«
Gerhart Harrer (1917–2011), österr. Psychiater, 1935 Mitglied der illegalen SS, gehörte »der SS-Standarte 89 (mit der SS-Nr. 303.067) an« (Pinwinkler 2020, 126), während des Zweiten Weltkriegs Arbeit als neurochirurgischer Assistenzarzt, 1940 NSDAP-Mitglied, nach 1945 als »minderbelastet« eingestuft, wie bei Gross funktionierte seine Wiedereingliederung in ein erfolgreiches Berufsleben über den Bund Sozialistischer Akademiker (BSA), 1960–1984 ärztlicher Leiter der Salzburger Landesnervenklinik.
Trawniki ist eine Ortschaft südöstlich von Lublin. Hier wurde im Mai 1942 von der SS ein Ausbildungs- und Arbeitslager in einer ehemaligen Zuckerfabrik errichtet, in dem Kriegsgefangene für eine paramilitärische Polizeieinheit ausgebildet wurden. Das Lager diente zur »Ausbildung ›fremdvölkischer Einheiten‹ des SS- und Polizeiführers Lublin,Odilo Globocnik« (Jäckel/Longerich/Schoeps 1993, 1426). Die Hauptaufgaben der »Trawniki-Männer« waren Bewachung und Partisanenbekämpfung, sie kamen auch in Auschwitz und bei der »Aktion Reinhard« zum Einsatz, etwa beim Betrieb der Gaskammern oder der Leichenverbrennung.
Gemeint: Alois Maier-Kaibitsch (1891–1958), Offizier im Ersten Weltkrieg, Beteiligung am »Kärntner Abwehrkampf«, ab 1921 Leiter des »Kärntner Heimatdienstes«, der eine strikt slowenenfeindliche Politik verfolgte; über die »Kärntner Bodenvermittlungsstelle« betrieb Maier-Kaibitsch die Ansiedlung »deutscher« Siedler im slowenischsprachigen Gebiet Kärntens (Danglmaier/Koroschitz 2015, 426); 1934 NSDAP-Beitritt, unmittelbar nach dem »Anschluss« SS-Mitgliedschaft, Leitung der »Volkstumsstelle«, Hauptverantwortlicher der Deportation der Kärntner Sloweninnen und Slowenen; 1947 Verurteilung zu lebenslanger Haft.
In der Nacht vom 30. 6. auf 1. 7. 1934wurden jene SA-Mitglieder, die als feindlich eingestuft und verhaftet worden waren, von SS-Mitgliedern ermordet. Die Geschehnisse wurden auch »Niederschlagung des Röhm-Putsches«, die »Juni-Morde« genannt (vgl. u.a. Hermanns 2018, 256).
Der Arbeitskreis für Forensische Psychiatrie und Neurologie veranstaltet im Jänner 1979 in der Landesnervenklinik Salzburg eine Tagung zum Thema »Tötungsdelikte von Geisteskranken«. Neben Harrer ist auch Gross als Referent vorgesehen, Gross lässt seinen Vortrag dann allerdings verlesen.
Rudolf Heß (1894–1987), NSDAP-Politiker, von Hitler 1933 zu seinem Stellvertreter in der Parteileitung ernannt, Reichsminister ohne Geschäftsbereich. 1941 flog er auf eigene Initiative nach Großbritannien, um seine Idee, durch Friedensverhandlungen mit Churchill die Kräfte Deutschlands auf den Krieg gegen die Sowjetunion bündeln zu können, umzusetzen. Er wurde gefangen gesetzt und im Nürnberger Prozess zu lebenslanger Haft verurteilt.
Ernst Röhm (1887–1934), 1930 »Oberster SA-Stabschef«; s. Eintrag ›Röhm […] Ernst Röhm, SA-Stabschef, der Dicke‹
Viktor Lutze (1890–1943), nationalsozialistischer Politiker und SA-Führer. Er war an der Niederschlagung des so genannten Röhm-Putsches beteiligt und wurde auf Vorschlag Himmlers Röhms Nachfolger als Stabschef der SA (vgl. Weiß 2002, 310).
Karl Dönitz (1891–1980), Marineoffizier, ab 1943 Admiral; von Hitler persönlich dazu auserwählt, wurde er im Mai 1945 der letzte Regierungschef des Deutschen Reichs.
Die »Arbeitsgemeinschaft kritische Medizin« war eine Gruppe junger Mediziner, Schwestern und Pfleger, die sich mit gesundheitspolitischen Themen beschäftigte. Die AG beschließt, Heinrich Gross mit den im »Kurier«-Artikel im Dezember 1978 veröffentlichten Vorwürfen seiner Beteiligung an der »Euthanasie« zu konfrontieren (vgl. Pinwinkler 2019, 228) und druckt ein Flugblatt als Anlass des Salzburger Vortrags von Gross mit dem Titel »Tötungsdelikte Schizophrener«: »Nun also macht sich Gross, der selbst an der Tötung hunderter Kinder beteiligt war, über die Tötungsdelikte Geisteskranker her« (zit. n. Lehmann/Schmidt 2001, 159). Als Autor fungiert das AG-Mitglied Werner Vogt. Gross verklagt Vogt wegen übler Nachrede. Das Urteil in erster Instanz ergeht nach der Veröffentlichung von Koflers Artikel im Februar 1980: Vogt wird verurteilt. In der Berufungsverhandlung vor dem Oberlandesgericht Wien wird 1981 der Wahrheitsbeweis Vogts anerkannt, Vogt freigesprochen und der Staatsanwaltschaft vom Richter empfohlen, ein Verfahren wegen Beihilfe zum Mord einzuleiten – diese sieht aber erneut nur Totschlag vorliegen (vgl. Lehmann/Schmidt 2001, 64).
Gertrud Scholtz-Klink (1902–1999), 1934–1945 »Reichsführerin« der NS-Frauenschaft und des Deutschen Frauenwerks, s. Eintrag ›Gertrud Scholtz-Klink‹
Ermordung feindlicher SA-Mitglieder von SS-Mitgliedern (»Niederschlagung des Röhm-Putsches«, »Juni-Morde«); s. Eintrag ›der sogenannte Röhm-Putsch, die Nacht der langen Messer‹
Kofler bezieht sich auf Heinrich Gross (1915–2005), österr. Arzt, der als Stationsleiter der »Reichsausschuß-Abteilung« an der »Euthanasie«-Klinik »Am Spiegelgrund« in Wien während der NS-Zeit behinderte Kinder für Forschungszwecke missbrauchte und an ihrer Ermordung beteiligt war. 1948 wurde er verhaftet, er saß zwei Jahre in Untersuchungshaft. Der Prozess 1950 brachte ein mildes Urteil. 1955 kehrte er auf den »Steinhof«, an den Ort der von ihm begangenen Verbrechen, zurück, er war vollständig rehabilitiert. Ein zweiter Prozess im Jahre 2000, diesmal mit Mordanklage, wurde wegen eines Gutachtens eingestellt. s. Eintrag »Doktor Groß«
Kofler bezieht sich auf den Film Die Verdammten (I/D 1969, orig. La Caduta degli Dei, R: Luchino Visconti), in dem die deutsche Industriellenfamilie von Essenbeck sich den Nationalsozialisten anbiedert und dadurch in eine vernichtende Gewaltspirale gezogen wird, bei der auch der »Röhm-Putsch« eine Station darstellt
PersonSchauspielerIn/RegisseurInNationalsozialistInMedienFilm/Fernsehen/Radio
Untertitel (ohne »aber«) des Textes »Frau und Mutter – Lebensquell des Volkes« von Gertrud Scholtz-Klink (Scholtz-Klink 1939, 136)
Der deutsch-sowjetische Nichtangriffspakt wurde am 24. 8. 1939 vom deutschen Außenminister Ribbentrop in Moskau unter Anwesenheit Stalins unterzeichnet. Hitler hatte damit freie Hand beim geplanten Angriff auf Polen, weil die Sowjetunion im Pakt Neutralität zusagte und in einem geheimen Zusatzprotokoll das östliche Polen im Angriffsfall der UdSSR zugesprochen wurde.
TopographieOrtschaftPersonPolitikerInNationalsozialistInEreignis
Josef Dietrich (1892–1966), 1928 Beitritt zur NSDAP und zur SS, 1932 übernahm er den Personenschutz Hitlers (Leiter des SS-Begleitkommandos »Der Führer«), 1934 organisierte er die Ermordung der in München-Stadelheim Inhaftierten SA-Führer, während des Zweiten Weltkriegs wurde er als Kommandierender verschiedenen SS-Einheiten in ganz Europa eingesetzt, im April 1945 war er Kommandant der »Schlacht um Wien«.
Im Sommer 1977 unternimmt eine österreichische Delegation auf Einladung Moskaus eine »Studienreise« in die UdSSR. Mit dabei sind neben Heinrich Gross und Gerhard Harrer auch die Psychiater Willibald Sluga und Otto Schiller. Der mit Gross befreundete Schiller wurde 1977 vom Justizministerium beauftragt, ein neuerliches Gutachten zum Geisteszustand Zawrels zu erstellen – was zu einem für Gross günstigen, exkulpierenden Ergebnis führte (Gutachten in Auszügen: Lehmann/Schmidt 2001, 143f.). Die Delegation besuchte psychiatrische Anstalten und trat in ihrem Bericht den Vorwürfe von Menschenrechtsorganisationen entgegen, in den Anstalten würden Dissidenten misshandelt oder gefoltert.
Josef Dietrich (1892–1966), Leiter des SS-Begleitkommandos »Der Führer«) und während des Zweiten Weltkriegs Kommandierender verschiedenen SS-Einheiten in ganz Europa; s. Eintrag ›SS-General Dietrich, Sepp Dietrich‹
Fäustel: schwerer Hammer für Steinmetz- und Maurerarbeiten. Ein 1957 überführter brutaler Serientäter wurde aufgrund des regelmäßig verwendeten Tatwerkzeugs »Mörder mit dem Maurerfäustel« genannt. s. Eintrag ›Maurerfäustel‹)
Im September 1929 erschien in der von Joseph Goebbels herausgegebenen Zeitschrift der Berliner NSDAP, »Der Angriff«, das Gedicht »Die Fahne hoch« von Horst Wessel (1907–1930). Das Gedicht wurde – nach einer überlieferten Melodie gesungen – zu einem »Kampflied« der SA. Nachdem Wessel 1930 bei einem Schussattentat schwer verletzt wurde und bald darauf starb, stilisierte man seinen Tod zu einem »Märtyrertod«, ab 1933 wurde das Lied zur Parteihymne der NSDAP. s. Eintrag ›Horst Wessel‹
PersonNationalsozialistInAutorIn/JournalistInMedienZeitung/ZeitschriftZitate
Martin Bormann (1900–1945) war ab 1933 einer der 18 »Reichsleiter« der NSDAP und bis 1941 Sekretär von Rudolf Heß, Hitlers Stellvertreter. Bormanns »Ernennung zum Sekretär des Führers im April 1943 war eine späte und von außen kaum wahrgenommene Kaschierung seiner tatsächlichen Position als Stellvertreter des Führers, die er weniger durch eine Vielzahl von Ämtern als über den Zugang zu Hitler regelte.« (Weiß 2002, 50)
Bevor die Deutsche Wehrmacht am (12. 3. 1938) die österreichische Grenze überschritt, waren bereits deutsche Polizeikräfte in Wien per Flugzeug – mit Heinrich Himmler an Bord – angekommen. »Zu den ersten Aufgaben dieser Polizeieinheit gehörte die Verhaftung von prominenten NS-Gegnern, Mitgliedern und hohen Beamten der Regierung Schuschnigg und Angehörigen der illegalen ArbeiterInnenbewegung. […] Bis Monatsende wurde aus den bis dahin Verhafteten eine Liste von 150 Personen zusammengestellt« (Kuretsidis-Haider/Leo 2019, 11). Am 1. April wurden diese Personen, unter denen sich auch Künstler und Wirtschaftstreibende befanden, mit dem Zug in das Konzentrationslager Dachau überstellt. Kofler entnahm die Liste, der er in Wortlaut und Schreibweise exakt folgt, offensichtlich dem Ausstellungskatalog »Wien 1938« (vgl. Ganglmair 1988, 232f.), den er am Ende des Typoskripts unter den Quellen anführt (die Liste ist als PDF im Netz abrufbar: www.doew.at/cms/download/62o86/532_dachau_liste.pdf). Kofler gibt die Namen von zwanzig Inhaftierten an – eine Publikation 2019 liefert biographische Skizzen zu allen Personen des »Österreichertransports«. Die von Kofler ausgewählten seien hier mit der für ihre Inhaftierung im März 1938 maßgeblichen beruflichen Stellung erwähnt: Walter Adam (1886–1947), Generalsekretär der Vaterländischen Front, 1936–1938 Leiters des Bundespressedienstes; Richard Alexander (1902–?), Kommandant des »Sturmkorps«, einer paramilitärischen Organisation der Vaterländisches Front; Raoul Auernheimer (1876–1948), Schriftsteller; Josef Bick (1880–1952), Generaldirektor der Österreichischen Nationalbibliothek, Mitglied des »Kulturrats«; Stefan Billes (1909–2002), sozialdemokratischer Parteifunktionär; Wilhelm Blitz (1903–1987), Immobilienbesitzer, Kunstsammler; Friedrich Bock (1911–1993), stellvertretender »Bundeswerbeleiter« der Vaterländischen Front; Josef Langer (1900–1942), Adjutant des steirischen Landesgendarmeriekommandanten; Gabriel Lax (1892–1944), Schauspieler, Kabarettist, Impresario; Hugo Lehrer (1896–1990), Kriminalbeamter; Liebmann Lenk (1874–1939), keine Angaben; Fritz Löhner-Beda (1883–1942), Librettist; Josef Luda (1913–1955), kommunistischer Funktionär; Eduard Ludwig (1883–1967), bis 1936 Leiter des Bundespressedienstes; Joseph [sic] August Lux (1871–1947), Schriftsteller; Rudolf Manda (1882–1958), Generalinspektor der Wiener Sicherheitswache; Anton Marek (1889–1976), hoher Kriminalbeamter; Viktor Matejka [sic] (1901–1993), Obmann einer Volkshochschulfiliale, Bildungsreferent der Arbeiterkammer; Emil Maurer (1884–1967), sozialdemokratischer Parteifunktionär; Karl Ferdinand Mayer (1891–1946), Antiquitätenhändler (Kuretsidis-Haider/Leo 2019, passim).
TopographieOrtschaftPersonNationalsozialistInPolitikerInAutorIn/JournalistInSchauspielerIn/RegisseurInEreignis
Kontamination aus »Hitlerjugend«, der NSDAP-Jugendorganisation, und Haider: Jörg Haider (1950 – 2008), österr. Politiker; der ausgebildete Jurist wurde 1976 FPÖ-Landesparteisekretär in Kärnten, 1979 Nationalratsabgeordneter, 1986 – 2000 war er Vorsitzender der FPÖ, 2005 Mitbegründer des »Bündnis Zukunft Österreich« (BZÖ), 1989 – 1991 und 1999–2008 Kärntner Landeshauptmann, s. Eintrag »kein Haider, welchen Vornamens immer«
Ende August 1977 beginnt die »Volksstimme«, die Zeitung der Kommunistischen Partei Österreichs, eine Serie über den Besuch einer »Delegation namhafter Psychiater« in der UdSSR. Die Delegation habe »die Gelegenheit, sich an Ort und Stelle mit der von der westlichen Propaganda hochgespielten Frage der angeblichen Inhaftierung von politisch mißliebigen Personen, von sogenannten Dissidenten, in psychiatrischen Kliniken der Sowjetunion zu befassen« ([red.] 1977a, 1). Die Führung der Delegation habe »Universitätsprofessor Dr. Harrer« übernommen, »[i]hr gehörten an dessen Frau, die selbst Nervenärztin ist, Primarius DoktorGrossvon Psychiatrischen Krankenhaus der Stadt Wien, Dozent Dr. Sluga, Leiter der Abteilung für gerichtliche Psychiatrie an der Wiener Universitätsklinik […], Gerichtspsychiater Medizinalrat Dr. Schiller und Dr. Waegner, klinischer Psychologe und gerichtlicher Sachverständiger« ([red.] 1977a, 1). Bei den in den Klinken Einsitzenden handle es sich »um schwerkranke Menschen […], die an Depressionen, Psychosen und Schizophrenie (Spaltungsirrsinn) leiden«; Harrer habe in einem abschließenden Gespräch das »Geschrei nichtfachlicher Kreise« verurteilt ([red.] 1977a, 2). Amnesty International warf der Sowjetunion vor, Dissidenten in psychiatrische Kliniken abzuschieben; zusätzlichen Zündstoff erfuhr die Reise durch den in den USA zeitgleich stattfindenden Kongress des »Weltverbands für Psychiatrie«, die »Volksstimme« rückte zur ideologischen Abwehr der »westlichen Hetzer« ([red.] 1977b) und des »Feldzug[s]« der österreichischen Presse gegen die TeilnehmerInnen der Studienreise ([red.] 1977c) aus. Der stellvertretende Chefredakteur der »Volksstimme«, Hans Wolker, begleitete als »Sekretär« die Delegation und veröffentlichte einen zehnteiligen Bericht über die vom sowjetischen Gesundheitsministerium genau getaktete Reise (vgl. Wolker 1977a). Die von Amnesty International beanstandeten Kliniken habe man aus Zeitmangel nicht besuchen können (vgl. Wolker 1977b), in einem Krankenhaus wird der Delegation ein an »Wahnvorstellungen« Leidender vorgeführt, ein Teil seines Wahns sei eben die politische Verfolgung: »Und solche schwerkranke Menschen werden zur politischen Hetze mißbraucht« (Wolker 1977c).
PersonNationalsozialistInAutorIn/JournalistInMedienZeitung/Zeitschrift
Anspielung auf das Horst-Wessel-Lied, in dem es heißt: »Die Fahne hoch, die Reihen dicht geschlossen.« Horst Wessel (1907 – 1930), »Sturmführer« der SA in Berlin, wurde 1930 bei einem Schussattentat getötet. Er verfasste den Text des nach seinem »Märtyrertod« nach ihm benannten Liedes auf eine populäre Melodie. Das Lied avancierte zum »Kampflied« der SA, ab 1933 wurde es zur Parteihymne der NSDAP und zu einer zweiten Nationalhymne. s. Eintrag ›Horst Wessel‹
Kofler paraphrasiert in diesem Absatz, nahe am Wortlaut der Publikation, eine Stellungnahme Heinrich Gross’, die Wolfgang Höllrigl im Februar 1979 im »Kurier« veröffentlichte (und zu der Gross natürlich nicht »gezwungen« wurde). Den Aussagen Gross’ fügt Kofler nur die Ergänzung zu Ybbs in der Klammer sowie den Begriff »Aktion T4« hinzu (vgl. Höllrigl 1979a).
TopographieOrtschaftPersonNationalsozialistInAutorIn/JournalistInMedienZeitung/Zeitschrift
Georg Coldewey, SS-Zahnarzt im Konzentrationslager Buchenwald, gehört seit »Hotel Mordschein« zum Personeninventar des Kofler’schen Œuvres. Coldewey (1910–?) war SS-Zahnarzt im Konzentrationslager Buchenwald. Er hatte zuvor noch nie praktisch gearbeitet und machte seine ersten Experimente an Häftlingen. »Seiner Unfähigkeit entsprachen seine sadistischen Neigungen« (Kogon 1977, 140). s. Eintrag »ein Zahnarzt und SS-Scharführer Coldewey«
Georg Coldewey ( 1910–?) war SS-Mitglied und erster SS-Zahnarzt im Konzentrationslager Buchenwald. Er hatte zuvor noch nie praktisch gearbeitet und machte seine ersten Experimente an Häftlingen. »Seiner Unfähigkeit entsprachen seine sadistischen Neigungen« ( Kogon 1977, 140).
Polen wurde unter deutscher Besetzung 1939–1945 als »Generalgouvernement« bezeichnet und in vier Distrikte (Warschau, Lublin, Krakau, Radom; ab 1940 kam als fünfter der Distrikt Galizien dazu) eingeteilt. Odilo Globocnik (s. Eintrag »die rechte Hand vom Globus, vom Globocnik«) war während der »Aktion Reinhardt«, der systematischen Ermordung der jüdischen Bevölkerung, »SS- und Polizeiführer für den Distrikt Lublin«.
Bezeichnung einer NSDAP-Fahne, die 1923 in Münchenim Zuge des gescheiterten Hitler-Ludendorff-Putschs beim »Marsch auf die Feldherrnhalle«mitgeführt worden war; »[n]ach Vorstellung der Nationalsozialisten hatte sie durch das Blut der getöteten Putschisten eine besondere Weihe erfahren. Seit 1926 wurden alle neuen Fahnen und Standarten der Partei durch Berührung mit dem Tuch der Blutfahne geweiht«(Lorenz 2017, 308).
»Lebensborn« war ein 1935 vom »Reichsführer-SS« Heinrich Himmler gegründeter Verein, der im Umfeld vonHimmlers »Germanisierungsphantastereien« (Koop 2007, 5) zu sehen ist. Der Verein betrieb in Deutschland und den besetzten Ländern Heime, in denen Frauen uneheliche Geburten ermöglicht wurden. Die Frauen mussten strengen Aufnahmekriterien entsprechen, also etwa »guten Blutes«, »erbrein« sein. s. Eintrag »Mütter guten Blutes bei der Besamung«
Odilo Globocnik, ab 1942 Leiter der »Aktion Reinhardt«, der systematischen Ermordung der jüdischen Bevölkerung im »Generalgouvernement« Polen, Koflers »Lieblingsmassenmörder« (s. Eintrag ›Globotschnigg‹)
Die SS-Führung unternahm mehrere Versuchsreihen, um ein Verfahren zu finden, mit dem man Menschenmassen sterilisieren könne. In einer wissenschaftlichen Zeitschrift veröffentlichte die Firma Madaus & Co. entsprechende Experimente an Tieren (vgl. Kogon 1977, 184) mit der südamerikanischen Schweigrohrpflanze. Heinrich Himmler wurde im August 1941 durch den Leiter des Gauamtes Niederdonau für Rassenpolitik, Anton Fehringer, auf diese Idee aufmerksam gemacht. Dieser schlug vor, entsprechende Versuche an Insassen des »Zigeunerlagers« Lackenbach durchzuführen (vgl. Mitscherlich/Mielke 2004, 309f.)
Franz Stangl (1908–1971), der oberösterreichisches Polizist war ab 1941 als Büroleiter der Tötungsanstalt Hartheim an der systematischen Ermordung behinderter Menschen beteiligt, ab 1942 war er unter Globocnik einer der maßgeblichen Verantwortlichen der »Aktion Reinhardt«, zuerst als Lagerleiter in Sobibor, anschließend in Treblinka. 1948 gelang ihm die Flucht aus dem Linzer Untersuchungsgefängnis, bis zu seiner Verhaftung 1967 lebte er in Syrien und Brasilien unter seinem Echtnamen.
Aus dem Reservoir der »Allgemeinen SS« im Frühjahr 1933 entstandene Sondereinheit, die Hitler direkt unterstellt war (Schmitz-Berning 2000, 592)
Christian Wirth (1885–1944), einer der maßgeblichen Verantwortlichen der 1940/41 durchgeführten »Aktion T4«, der Tötung von Kranken und Behinderten – Volker Rieß spricht vom »Manager der Euthanasie-Aktion« (Rieß 2004, 242). Ab Ende 1941 war er erster Kommandant des Vernichtungslagers Belzec, er wurde danach auch Lagerinspekteur der »Aktion Reinhardt«. Im Herbst 1943 folgte er seinem Vorgesetzten, Odilo Globocnik, nach Nordostitalien. Er wurde 1944 bei einem Partisanenüberfall getötet.
Müller und Aurich sind die Namen zweier Gestapo-Beamter, die für die Ermordung des Geigers und Musikwissenschaftlers Zdeněk Němec (1914–1945) verantwortlich waren. Dieser hatte (unter dem Kürzel »ek«) die Aufführung von Smetanas »Mein Vaterland« durch die Tschechische Philharmonie kurz vor Kriegsende, am 4. Februar 1945 in Prag, an der er mitwirkte, in einer Prager Zeitung positiv besprochen (das Werk reiße »das Volk in den schwersten Augenblicken mit sich und bringt ihm Erlösung und Befreiung aus den Fesseln der Sklaverei und des Dunkels«). Er wurde verhaftet und zu Tode misshandelt. (Prieberg 1982 , 396)
TopographieOrtschaftPersonNationalsozialistInMusikerInMedienMusik
Spitzname von Odilo Globocnik, den sein Vorgesetzter, Heinrich Himmler, mitunter in seinem Dienstkalender verwendete (vgl. Witte 1999, 204, 306, 566), Briefe an Globocnik begann Himmler mit der Anrede »Mein lieber Globus« (vgl. Schwindt 2005, 142 FN 114). s. Eintrag »die rechte Hand vom Globus, vom Globocnik«
Ernst Kaltenbrunner (1903–1946), Jurist (daher der Titel), 1931 SS-Mitglied, 1943 Leiter des »Reichssicherheitshauptamtes« s. Eintrag ›Kaltenbrunner‹
Heinrich Gross (1915–2005), österreichischer Arzt, der als Stationsleiter der »Reichsausschuß-Abteilung« an der »Euthanasie«-Klinik »Am Spiegelgrund« in Wien während der NS-Zeit behinderte Kinder für Forschungszwecke missbrauchte und an ihrer Ermordung beteiligt war. 1948 wurde er verhaftet, er saß zwei Jahre in Untersuchungshaft, der Prozess 1950 brachte ein mildes Urteil. 1955 kehrte er auf den »Steinhof«, an den Ort der von ihm begangenen Verbrechen, zurück, er war vollständig rehabilitiert. Ein zweiter Prozess im Jahre 2000, diesmal mit Mordanklage, wurde wegen eines Gutachtens eingestellt.
Kurt Franz (1914–1998), seit 1937 SS-Mitglied, 1940 Beteiligung an der »Aktion T4«, ab 1941 Mitarbeiter Odilo Globocniks in Lublin, 1942 Stellvertreter Franz Stangls, des Lagerkommandanten von Treblinka, im Herbst 1943 Kommandant von Treblinka. Danach wurde er mit Globocnik in die »Operationszone Adriatisches Küstenland« versetzt. 1965 im Treblinka-Prozess zu lebenslanger Haft verurteilt, 1993 krankheitshalber entlassen. s. Eintrag ›Kurt Franz‹
Odilo Globocnik (1904–1945), ab 1942 Leiter der »Aktion Reinhard«, der systematischen Ermordung der jüdischen Bevölkerung im »Generalgouvernement« Polen. Die eingedeutschte Namensversion wurde wenig verwendet, es existiert auch die Form »Globotschnig«. Die von Kofler erwähnte Anrede »Globus« verwendete sein Vorgesetzter, Heinrich Himmler, manchmal in seinem Dienstkalender (vgl. Witte 1999, 204, 306, 566), Briefe an Globocnik begann er mit der Anrede »Mein lieber Globus« (vgl. Schwindt 2005, 142 FN 114). s. Eintrag »die rechte Hand vom Globus, vom Globocnik«
Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs legte der »Reichsführer SS« Heinrich Himmler den Sicherheitsdienst und die Sicherheitspolizei zum Reichssicherheitshauptamt (RSHA) zusammen, es war eines der »Hauptämter« der SS. Leiter war Reinhard Heydrich, nach dessen Tod 1941 und einer halbjährigen Leitung durch Himmler übernahm der Österreicher Ernst Kaltenbrunner 1942 die Leitung. »Einsatztruppen« des RHSA in den besetzten Ostgebieten führten systematische Ermordungen durch; Adolf Eichmanns Referat, das an der »Endlösung der Judenfrage« führend beteiligt war, war ebenfalls dem RSHA unterstellt.
Ernst Kaltenbrunner(1903–1946), 1931 SS-Mitgliedschaft, 1938 Leiter der SS und Polizei in Österreich, 1943 Leiter des »Reichssicherheitshauptamtes« – damit stand er u. a. dem Gestapo-Amt vor; im Nürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher wurde er zum Tode verurteilt, s. Eintrag ›Kaltenbrunner‹
1935 vom »Reichsführer-SS« Heinrich Himmler gegründeter Verein, der in Deutschland und den besetzten Ländern Frauen uneheliche Geburten ermöglichte; s. Eintrag »Mütter guten Blutes bei der Besamung«
Der Klagenfurter Ernst Lerch (1914–1997) war ab 1934 Mitglied der SS. Nach dem »Anschluss« wurde er Adjutant und Büroleiter Odilo Globocniks und war mitverantwortlich für die Deportation und Ermordung der jüdischen Bevölkerung des »Generalgouvernements« Polen; 1943 folgte er Globocnik in die »Operationszone Adriatisches Küstenland«. Nach Kriegsende floh Lerch aus britischer Gefangenschaft und versteckte sich. Zwei gegen Lerch angestrebte Prozesse führten zu keiner Verurteilung (s. Eintrag ›Tanzcafé Lerch‹).
Arno Breker (1900–1991), deutscher Bildhauer und Architekt, ab 1936 einer der prominentesten Künstler des NS-Staates, von Adolf Hitler protegiert; später zeigte sich der mit zahlreichen Privilegien ausgestattete Vorzeigekünstler des »Dritten Reichs« uneinsichtig: »Aber ich habe nichts zu bedauern, nichts zu bereuen, nichts hinzuzufügen« (Witter 1980).
Friedrich Entress (1914–1947), Arzt in mehreren Konzentrations- und Vernichtungslagern, 1941 erste Tätigkeit im Lager Groß-Gosen, danach Lagerarzt in Auschwitz und seinen Außenlagern, pharmakologische Menschenversuche, Tötungen durch Wasserstoffinjektionen, 1942 Doktortitel ohne Doktorarbeit per Sonderverordnung, 1943/44 Arzt im KZ Mauthausen. »Zu den Aufgaben der KZ-Ärzte gehörte die Verschleierung der Verbrechen« durch fingierte Todesursachen (Klee 2013, 109), im Falle Löhner-Bedas war es »Altersschwäche«, Schwarberg gibt die Todesurkunde wieder und erwähnt die Verbrennung im »Stammlager« (Schwarberg 2000, 171f.).
TopographieOrtschaftPersonNationalsozialistInAutorIn/JournalistIn
Erich Isselhorst (1906–1948), deutscher Jurist, 1934 Beitritt zur SS, ab 1935 Tätigkeit für die Gestapo, rascher Aufstieg in beiden Organisationen, 1936 Leiter der Gestapo in Köln, nach den »Anschluss« Österreichs einige Monate mit dem Aufbau der Gestapo-Stelle in Klagenfurt betraut
Hans-Jürgen Syberberg(* 1935), Regisseur, Vertreter des Neuen Deutschen Films; bekannt wurde sein Interview mit Winifred Wagner, einer engen Vertrauten Hitlers, die bekannte: Käme Hitler heute zur Tür herein, »ich wäre genauso froh und glücklich, ihn hier zu sehen und zu haben, wie immer«(o.A./dpa 2015). Syberbergs Darstellung des Nationalsozialismus ist seit seinem Film Hitler, ein Film aus Deutschland(1977), in dem auch André Hellermitspielt, umstritten, sie fand, etwa in Susan Sontag(Sontag 1980), auch Befürworter.
PersonSchauspielerIn/RegisseurInNationalsozialistInAutorIn/JournalistInPhilosophInMedienFilm/Fernsehen/Radio
Gegründet wurde der Sicherheitsdienst (SD) als Geheimdienst der NSDAP und der SS, er stand unter der Leitung von Reinhard Heydrich. War die Gestapo für die Bekämpfung der NS-Gegner zuständig, so der SD für ihre Ausforschung. 1939 wurde die Sicherheitspolizei im Reichssicherheitshauptamt dem SD zugeschlagen – es entstand ein effizienter Nachrichtenapparat, 1944 gehörten ihm rund 6400 hauptamtliche Mitarbeiter an. Der SD war eine vielgestaltige Organisation aus Inlands- und Auslandsnachrichtendienst sowie »Einsatztruppen« zum systematischen Massenmord in den besetzten Ostgebieten (vgl. Wildt 2003).
Sobibór: Anfang 1942 im Rahmen der »Aktion Reinhard« errichtetes Vernichtungslager im Osten des damaligen »Distrikts Lublin«, strukturell und personell eng verknüpft mit dem Vernichtungslager Belzec; von April bis August 1942 war Franz Stangl Kommandant; von Mai bis Juli 1942 wurden in Sobibór rund 100.000, insgesamt bis zu 250.000 Menschen ermordet (vgl. Muhle 2016, 152). Im Oktober 1943 organisierte eine Häftlingsgruppe einen Aufstand, durch schließlich 47 ehemalige Häftlinge das Kriegsende erleben konnten.
Kofler lehnt diese Figur in einigen Details an Karl Lütgendorf (1914–1981) an, 1971–1977 österreichischer Verteidigungsminister. Lütgendorf war Lobbyist für Waffenexporte, personifiziert also die Kofler hier wichtige Verstrickung von Rüstungsindustrie und Politik. Er war mit Udo Proksch (s. Eintrag ›der Herr Industrieideologe,‹) befreundet – eine Verbindung, die Kofler in die Prosa »Traum und Wirklichkeit« der Sammlung »Amok und Harmonie« (1985) hineinnimmt, dort wird auch der Name Mattschacher weiter verwendet. Lütgendorf musste 1977 zurücktreten, weil der Verdacht auf Unterstützung illegaler Waffengeschäfte bestand. Der »mysteriöser Tod« Mattschachers, von dem Kofler weiter unten schreibt, dürfte an den Suizid Lütgendorfs angelehnt sein. Eine auffällige Namensähnlichkeit, die kein Zufall sein dürfte, gibt es zudem mit Hans Malzacher (1896–1974) einen Bezug. Malzacher war am Aufbau der »Hermann-Göring-Werke« in Linz, der späteren Voest, beteiligt (1938–1941 als deren Leiter), er stieg im »Dritten Reich« bis zu einem der vier Stellvertreter von Rüstungsminister Albert Speer auf. In der Zweiten Republik war er u.a. Aufsichtsratsvorsitzender der Steyr Daimler Puch AG, Österreichs führendem Waffenproduzenten.
Ernst Kaltenbrunner (1903–1946), Leiter der SS und Polizei in Österreich, 1943 Leiter des »Reichssicherheitshauptamtes«; s. Eintrag ›Kaltenbrunner‹
Nach Belzec ab November 1941 und Sobibór ab Februar 1942 wurde in der Nähe des Dorfes Treblinka nordöstlich von Warschau ab Mai ein drittes Vernichtungslager errichtet. »Die meisten der im Generalgouvernement ermordeten Juden starben in den drei neuen Todeslagern« (Wachsmann 2018, 343) – eine Vernichtungsaktion, die in der historischen Literatur als »Aktion Reinhard« (nach einem NS-Codewort, das sich an den 1942 ermordeten Leiter des Reichssicherheitshauptamtes, Richard Heydrich anlehnt) bezeichnet wird. Die drei Vernichtungslager unterstanden dem Kommando von Odilo Globocnik, das Todeslager Treblinka kommandierte zu Beginn Irmfried Eberl, ihm folgten Franz Stangl (wie Globocnik und Eberl Österreicher) und Kurt Franz. Im August 1943 gelang einem Teil der Häftlinge ein Aufstand, es konnten 200–300 Menschen fliehen. Das Vernichtungslager wurde daraufhin geschlossen, die nicht am Aufstand Beteiligten wurden in das Vernichtungslager Sobibór transferiert. Die Spuren des Mordens sollten möglichst vollständig beseitigt werden, das Lager wurde eingeebnet und zur Tarnung ein Bauernhof errichtet. s. Eintrag ›Treblinka‹
Hanns Albin Rauter (1895–1949), aus Klagenfurt stammender SS-Offizier, seit 1933 in Deutschland tätig, ab 1940 war er in den besetzten Niederlanden »Generalkommissar für das Sicherheitswesen«, er verantwortete die Deportation der jüdischen Bevölkerung und den Kampf gegen den Widerstand. Er wurde 1948 von einem niederländischen Gericht zum Tode verurteilt und 1949 hingerichtet.
Das erste, ab Ende 1941 unter dem Kommando von Christian Wirth errichtete Todeslager der »Aktion Reinhard« im »Distrikt Lublin« des »Generalgouvernements« Polen. Im Vergleich zu Treblinka und Sobibór gibt es weniger Überlieferungen und Dokumente. Im Dezember 1942 waren die Massentötungen abgeschlossen, das Lager wurde aufgelöst, die Spuren – samt der Hunderttausenden Leichen – beseitigt und die verbliebenen Zwangsarbeiter in Sobibór ermordet.
August Eigruber (1907–1947), 1928 NSDAP-Beitritt, ab 1935 Gaugeschäftsführer der illegalen NSDAP in Oberösterreich, nach dem »Anschluss« oberösterreichischer Landeshauptmann, nach der Umbenennung Gauleiter, ab 1940 »Reichsstatthalter« von »Oberdonau«.
s. Eintrag ›Lagerkommandant‹
Abgewandeltes Zitat aus Gerhard Roths Roman Der stille Ozean: »Vor dem Haus lag ein toter Maulwurf mit rosa Pfoten« (Roth 1980, 24).
»Aktion Reinhard« (auch »Aktion Reinhardt« oder »Reinhart«): Tarnname für die in den drei Vernichtungslagern Sobibór, Treblinka und Belzec durchgeführte Vernichtung der jüdischen Bevölkerung des »Generalgouvernements« und Bialystoks. Der Name leitet sich von dem im Mai 1942 in Prag einem Attentat erlegenen Reinhard Heydrich, Leiter des Reichssicherheitshauptamtes und Stv. »Reichsprotektor« in Böhmen und Mähren, her. Himmler beauftragte Globocnik (wahrsch. im Herbst 1941) mit der Durchführung.
Odilo Globocnik (1904–1945) kam 1918 mit seiner Familie nach Klagenfurt. Er übernahm in Kärnten führende Tätigkeiten während der Zeit der »Illegalität« im Austrofaschismus. Nach dem »Anschluss« war er Gauleiter in Wien, 1939 wurde er »SS- und Polizeiführer« im Distrikt Lublin und war dort für die Vernichtung der jüdischen Bevölkerung verantwortlich. 1943 wurde er in die »Operationszone Adriatisches Küstenland« versetzt, auch dort organisierte er Deportationen und verantwortete die Partisanenbekämpfung (s. Eintrag »die rechte Hand vom Globus, vom Globocnik«.).
Der genaue Ursprung des für die Ausrottung der europäischen Juden stehenden euphemistischen Begriffs »Endlösung der Judenfrage« ist nicht mehr auszumachen, er könnte von Hitler selber stammen. Belegt ist er in einem Brief Görings an Heydrich aus dem Juli 1941. Bei der sogenannten Wannsee-Konferenz (20. 1. 1942) wurde er von Heydrich als organisationsinternes Verschleierungswort etabliert (vgl. Schmitz-Berning 2000, 175–176).
Hauptstadt der gleichnamigen Woiwodschaft im Osten Polens. Von Lublin aus wurde 1942/43 unter der Leitung von Odilo Globocnik die »Aktion Reinhardt« organisiert, die systematische Ermordung der jüdischen Bevölkerung im »Generalgouvernement« Polen. s. Eintrag »Lubliner Sturm, Lerch Globocnik, Pohl« und gehäuft in »Tanzcafé Treblinka«
In einer Villa am Berliner Wannsee, dem Gästehaus der Sicherheitspolizei, trafen sich am 20. Jänner 1942 fünfzehn SS- und Regierungsfunktionäre, um unter dem Vorsitz Reinhard Heydrichs organisatorische Details der Deportation und Vernichtung der jüdischen Bevölkerung zu besprechen. Heydrich war daran gelegen, dass die Fäden dafür in dem von ihm geleiteten Reichssicherheitshauptamt zusammenliefen. Protokollant des Treffens war Adolf Eichmann, »Referent für Judenangelegenheiten«. Auf diesem rund zweistündigen Treffen wurde nicht der Beschluss zur »Endlösung der Judenfrage« gefasst, es war ein wichtiges Informations- und Koordinierungstreffen (vgl. Klein 2012).
Anspielung auf den in Triest geborenen, in Klagenfurtlebenden Odilo Globocnikund den in Oberösterreich geborenen Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider
Reinhard Heydrich (1904–1942), 1931 NSDAP- und SS-Beitritt, rascher Aufstieg in Himmlers Einflussbereich, Aufbau des »Sicherheitsdiensts«, 1936 Chef der »Sicherheitspolizei«, 1939 Zusammenfassung der beiden Organisationen im »Reichssicherheitshauptamt« unter Heydrichs Leitung, 1941 stellvertretender »Reichsprotektor« in Böhmen und Mähren, als der er drakonische Maßnahmen gegen die tschechische Bevölkerung durchführte – der »Henker von Prag« wurde bei einem Attentat in Prag am 27. Mai 1942 schwer verletzt und starb acht Tage später.
Der Anatom und SS-Hauptsturmführer August Hirt ließ für seine Schädel- und Skelettsammlung an der Universität Straßburg 1943 Häftlinge aus Auschwitz in das Konzentrationslager Natzweiler-Struthof (s. Eintrag ›Natzweiler‹) bringen und sie dort in einer Gaskammer mit Cyanhydratsalzen ermorden. (vgl. Mitscherlich/Mielke 1997, 227–229)
Anspielung auf Heinz Kindermann (1894–1985), österreichischer Theater- und Literaturwissenschaftler, berüchtigte für seine NS-Karriere (seit 1933 NSDAP-Mitglied) und die erfolgreiche Reintegration in die Nachkriegsgesellschaft (ab 1954 außerordentlicher, ab 1959 ordentlicher Professor am Wiener Institut für Theaterwissenschaft).
Lidice: Eine der Racheaktionen nach dem Prager Attentat auf Heydrich war die Ermordung aller männlichen Bewohner sowie der meisten Kinder der Ortschaft Lidice, 20 km westlich von Prag, am9. und 10. Juni 1942, die Frauen wurden in Konzentrationslager deportiert. Oradour-sur-Glane: In der kleinen Stadt im zentralfranzösischen Limousin ermordeten am 10. Juni 1944 Mitglieder der SS-Panzerdivision »Das Reich« (s.o.) über 600 Menschen als Vergeltungsaktion für die bei Kämpfen mit Widerstandskämpfern in der Region um Leben gekommenen deutschen Soldaten; Marzabotto: Auch hier in der Gegend der südlich von Bologna gelegenen Gemeinde im Apennin tötete eine SS-Panzerdivision als Vergeltungsaktion für Partisanenangriffe eine große Zahl an Zivilisten, dem Massaker vom 29. und 30. September 1944 fielen um die 770 Personen zum Opfer.
Heinrich Himmler, Odilo Globocniks Vorgesetzter, verwendete in seinem Dienstkalender manchmal den Spitznamen »Globus« (vgl. Witte 1999, 204, 306, 566), Briefe an Globocnik begann er mit der Anrede »Mein lieber Globus« (vgl. Schwindt 2005, 142 FN 114; s. Eintrag »die rechte Hand vom Globus, vom Globocnik«.).
Reinhold von Mohrenschildt (1915–1990), österr. SS-Hauptsturmführer, höchster Repräsentant der Siedlungspolitik Himmlers im Distrikt Lublin; Mohrenschildt bildete mit Odilo Globocnik, Ernst Lerch, dem SS-Arzt Siegbert Ramsauer und dem Kärntner Gauleiter Friedrich Rainer eine Gruppe von fanatischen Nationalsozialisten, die in Klagenfurt ihren Ausgangspunkt und im Schloss der Mohrenschildts in Freudenberg (südlich des Magdalensbergs) einen Treffpunkt hatte. s. Eintrag »Von Mohrenschild«
Zwar wurden die ersten Autobahnen in Deutschland in der Weimarer Republik gebaut, mit dem nach Hitlers »Machtergreifung« 1933 erlassenen »Gesetz über die Errichtung eines Unternehmens ,Reichsautobahnen‘« setzte der Ausbau eines Autobahnnetzes – und die Mythisierung als »Straßen des Führers« (vgl. Schütz/Gruber 1996, 18) – ein. Ende 1943 waren rund 3900 km Autobahnen fertiggestellt. Und Adolf Hitler versprach eine künftige Massenmotorisierung, die Deutschen sollten für einen leistbaren »KdF-Wagen« (»Kraft durch Freude-Wagen«, »Volkswagen«) ansparen. 1938 wurde das Volkswagenwerk in der »Stadt des KdF-Wagens bei Fallersleben« (ab 1945 Wolfsburg) errichtet, wo allerdings nur einige Hundert »KdF-Wagen«, vor allem aber Kübel- und Schwimmwagen für die Wehrmacht produziert wurden. (vgl. Schütz 2001)
Im Mai 1943 besuchte Maximilian von Herff (1893–1945), Chef des SS-Personalhauptamtes, die SS-Einrichtungen im »Generalgouvernement Polen«, seine Einschätzung Globocniks hat sich in dessen Personalakte (Zentrale Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen, Ludwigsburg) erhalten. Kofler greift in das Zitat ein: »Sein Draufgängertum läßt ihn oft die gegebenen Grenzen vergessen, jedoch nicht aus persönlichem Ehrgeiz, sondern vielmehr um der Sache wegen. Der Erfolg spricht unbedingt für ihn.« Im folgenden Absatz ist »will zuviel alleine machen« dem Herff-Bericht entnommen (Pucher 1997, 144 – das war auch Koflers Quelle).
Kofler bezieht sich hier wahrscheinlich auf eine Rezension des Buches »Vom Unglück und Glück der Kunst in Deutschland nach dem letzten Kriege« (1990) von Hans-Jürgen Syberberg (* 1935), in der Helmut Karasek kritisiert, dass ein Buch, das Hitler relativiere, überhaupt einen Verleger und in Günther Nenning und André Heller zwei (positive) Rezensenten gefunden habe: »Syberberg, ein ›engagierter Antifaschist‹? Bestenfalls ein ewiger Hitler-Junge, der sich idealistisch einen netten, sauberen Faschismus wünscht – umweltfreundlich, heimatverbunden und mit einem anständigen, weil prinzipientreuen Antisemitismus« (Karasek 1990, 245). Syberbergs Darstellung des Nationalsozialismus ist seit seinem Film »Hitler, ein Film aus Deutschland« (1977), in dem auch André Heller mitspielt, umstritten, sie fand, etwa in Susan Sontag(Sontag 1980), auch Befürworter.
PersonSchauspielerIn/RegisseurInAutorIn/JournalistInNationalsozialistInPhilosophInMedienFilm/Fernsehen/RadioZitate
Nachträgliche Bezeichnung für Lastkraftwagen, die in den ab 1939 eroberten ostdeutschen Gebieten zur Ermordung von Juden eingesetzt wurden. »Gaswagen« kamen auch in der »Aktion T4« (s. Eintrag ›Rassehygiene‹) zur Ermordung behinderter Menschen zum Einsatz. Durch die Einleitung von Kohlenmonoxid wurde der LKW, der als Warentransporter getarnt sein konnte (»Kaisers Kaffee«), zu einer »auf Räder gestellte[n] Gaskammer« (Beer 1987, 405), auch Auspuffgase wurden verwendet. Ab Sommer 1941 wurde auf Befehl Himmlers am »Kriminaltechnischen Institut« der Sicherheitspolizei systematisch an einer technischen Weiterentwickelung der »Gaswagen« gearbeitet, die in der Folge hauptsächlich im Vernichtungslager Chelmno eingesetzt wurden.
Irmfried Eberl (1910–1948), in Bregenz geboren, in Innsbruck Medizinstudium (1935 abgeschlossen), NSDAP-Beitritt 1931, ab 1936 Tätigkeit in Deutschland, 1940–1942 medizinischer Leiter der Tötungsanstalten Brandenburg und Bernburg (»Aktion T4«), im Sommer 1942 erster Leiter des Vernichtungslagers Treblinka. Ende August wurde er von diesem Dienst suspendiert, weil die Entsorgung der Leichen mit der Tötungsgeschwindigkeit nicht Schritt halten konnte. Nach dem Zweiten Weltkrieg Niederlassung als Arzt in Blaubeuren, 1948 Suizid.
In Bernburg an der Saale in Sachsen-Anhalt wurde 1940 im psychiatrischen Krankenhaus eine Tötungsanstalt im Rahmen der »Aktion T4« eingerichtet. Vor seinem Antritt als Kommandant des Vernichtungslagers Treblinka hatte von November 1940 bis August 1941 Irmfried Eberl die Leitung inne.
Der gebürtige Schweizer Leonardo Conti (1900–1945) wuchs in Berlin auf, 1925 Promotion zum Dr. med., frühe Aktivität in verschiedenen nationalsozialistischen Gruppierungen, nach stetem Aufstieg 1939 »Reichsgesundheitsführer« (Leiter der Reichsärztekammer, des Ärztebundes und des Hauptamts für Volksgesundheit).
Im Oktober 1939 wurde eine Verwaltungseinheit eingerichtet, »die diejenigen Teile von Polen umfaßte, die von Deutschland besetzt, aber nicht unmittelbar dem Reich einverleibt worden waren« (Jäckel/Longerich/Schoeps 1993, 511). Das »Generalgouvernement für die besetzten polnischen Gebiete« war in vier Distrikte unterteilt, Krakau, Warschau, Lublin und Radom. Nach dem Angriff auf die Sowjetunion kam Ostgalizien als fünfter Distrikt dazu. Dem Gebiet stand der Generalgouverneur (Hans Frank) sowie der »Höhere SS- und Polizeiführer« vor.
Odilo Globocnik (1904–1945), »SS- und Polizeiführer« im Distrikt Lublin; s. Eintrag »die rechte Hand vom Globus, vom Globocnik«
Der Klagenfurter Ernst Lerch (1914–1997), Adjutant und Büroleiter Odilo Globocniks; s. Eintrag ›Tanzcafé Lerch‹
Der Vater von Jörg Haider (s. Eintrag »kein Haider, welchen Vornamens immer«), Robert Haider (1914–2004), war nach dem »Anschluss« Gaujugendwalter der Deutschen Arbeitsfront in Linz. s. Eintrag ›Gaujugendwalter des Gaues Oberdonau‹
Globocnik versteckte sich nach der Befreiung im Mai 1945 mit anderen NS-Größen (darunter sein Adjutant Ernst Lerch und Kärntens Gauleiter Friedrich Rainer) im Gebiet des Kärntner Weißensees, offensichtlich in Vorbereitung der weiteren Flucht nach Italien. Am 31. Mai wurden sie von einer britischen Patrouille verhaftet, Globocnik verübte nach einem ersten Verhör Selbstmord. Seine Leiche wurde am Ufer der Drau auf einem Feld mit dem Flurnamen »Sautratten« verscharrt (vgl. Pucher 1997, 142; Sachslehner 2014, 353). Der SchriftstellerJosef Winkler verarbeitete diesen Umstand in seine Prosa »Laß dich heimgeigen, Vater«, einen Dialog des Ich-Erzählers mit dem toten Vater, der von der Begräbnisstätte Globocniks unter dem Acker, von dem die Familie Getreide bezogen habe, gewusst haben muss, darüber aber nicht gesprochen habe (vgl. Winkler 2018).
Spitzname von Odilo Globocnik (s. S. II/391f.); s. Eintrag ›Tanzcafé Lerch‹
Beurteilung Globocniks durch Maximilian von Herff (1893–1945), Chef des SS-Personalhauptamtes; s. Eintrag ›Tanzcafé Lerch‹
Ostwall (auch »Panther-Stellung«): Verteidigungslinie im Zweiten Weltkrieg entlang der Ostfront, die nach Hitlers »Führerbefehl Nr. 10« im August 1943 errichtet wurde; da nur wenig Zeit zur Verfügung stand, konnte kein durchgehendes Festungswerk errichtet werden. In erster Linie wurden Zwangsarbeiter zur Errichtung herangezogen
Himmler und Globocnik planten für das »Generalgouvernement Polen« die Absiedlung der polnischen Bevölkerung nach Sibirien und die »Regermanisierung« deutschstämmiger Bevölkerungsteile (»Programm Heinrich«). Um diese Maßnahmen, darunter die »Fahndung nach deutschem Blut« und die Errichtung eines SS-Siedlungssystems, durchführen zu können, sollten im Distrikt Lublin sechs SS- und Polizeistützpunkte und in Lublin selbst ein SS- und Polizeiviertel errichtet werden (vgl. Schwindt 2005, 62).
Ernst Kaltenbrunner (1903–1946) war seit 1931 SS-Mitglied und in der Zeit der Illegalität im Austrofaschismus ein wichtiger Kontaktmann Himmlers in Österreich. Nach dem »Anschluss« machte ihn Himmler zum Leiter der SS und Polizei in Österreich, 1943 wurde er Leiter des »Reichssicherheitshauptamtes«. Im Nürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher wurde er zum Tode verurteilt und im Oktober 1946 hingerichtet. s. Eintrag ›Kaltenbrunner‹
Von 1923 bis zu seinem Suizid am 1. Mai 1945 führte Joseph Goebbels Tagebuch, es sammelten sich bis zu 7000 handgeschriebene und 50.000 diktierte Seiten an. Die in der Berliner Reichskanzlei erhalten gebliebenen Dokumente wurden im Mai 1945 auseinandergerissen – nach wechselvoller Auffindungs- sowie Editionsgeschichte von Teilen der Tagebücher liegen mit der 2008 abgeschlossenen Edition des Instituts für Zeitgeschichte (Hg.: Elkre Fröhlich) 98 Prozent der Tagebücher gedruckt vor.
Kofler hält sich ziemlich genau an den bekannten Tagebucheintrag Goebbels’ vom 27. März 1942, in dem dieser vom Holocaust als einem »Strafgericht«, das die Juden verdient hätten, und der sich nun »auf die furchtbarste Weise« verwirklichenden Prophezeiung des »Führers« spricht. Kofler übernimmt einen Satz nicht: »Aus dem Generalgouvernement werden jetzt, bei Lublinbeginnend, die Juden nach dem Osten abgeschoben. Es wird hier ein ziemlich barbarisches und nicht näher zu beschreibendes Verfahren angewandt, und von den Juden selbst bleibt nicht mehr viel übrig. Im großen kann man wohl feststellen, daß 60 % davon liquidiert werden müssen, während nur noch 40 % in die Arbeit eingesetzt werden können. Der ehemalige Gauleiter von Wien, der diese Aktion durchführt, tut das mit ziemlicher Umsicht und auch mit einem Verfahren, das nicht zu auffällig wirkt« (Goebbels 1994, 561).
Gemeint ist damit der »Freundeskreis Reichsführer SS«, der aus dem sogenannten »Kepplerkreis« um Wilhelm Keppler entstand. Der Industrielle Keppler bekam 1931 den Auftrag Hitlers zur Gründung eines Netzwerks zur Gestaltung des wirtschaftspolitischen Programms der NSDAP. Der »Kepplerkreis« diente dazu, »der Partei unter der Industrie die nötige Resonanz zu verschaffen, die Hitler für seine Kanzlerschaft brauchte« (Vogelsang 1972, 44). Ein Mitarbeiter Kepplers, Fritz Krahnefuß, betrieb den »Freundeskreis« dann für die SS weiter, einerseits um sich zu profilieren (vgl. Vogelsang 1972, 78), andererseits zur Lukrierung von Spenden an die SS. Himmler selbst war bei den ab 1939 monatlich stattfindenden Treffen selten und nur kurz zu Gast, 1941–1943 gar nicht mehr.
Die österreichisch-britische Journalistin Gitta Sereny führte 1971 ausführliche Gespräche mit dem inhaftierten Franz Stangl (s.u.), die sie 1974 mit Zeugenaussagen und Recherchen im Umfeld Stangls veröffentlichte (»Into that Darkness«). Die unter dem Titel »Gespräche mit dem Henker« (1979) erschienene deutsche Übersetzung war eine wichtige Quelle für Kofler, etwa für die Schilderung der ersten Begegnung zwischen Stangl und Globocnik: »›Es war ein wunderschöner warmer Frühlingstag‹, erinnerte sich Stangl. ›[…] Ungefähr zehn Meter von dem Gebäude entfernt fand ich Globocnik. […] Er begrüßte mich sehr herzlich. ›Setzen Sie sich doch her‹, sagte er und klopfte auf die Bank neben sich‹« (Sereny 1995, 117).
Franz Stangl (1908–1971), ab 1931 im Polizeidienst in Linz und Wels tätig, 1939 Übertritt zur Gestapo, ab 1940 Tätigkeit im Rahmen der »Aktion T4« als Büroleiter der Tötungsanstalt Hartheim, Anfang 1942 von Globocnik mit dem Aufbau des Vernichtungslagers Sobibór beauftragt, ab September 1942 Lagerleiter von Treblinka, nach dem Aufstand in Treblinka im August 1943 Versetzung nach Oberitalien, im »Operationsgebiet adriatisches Küstenland« an verschiedenen Stellen mit der Deportation von Juden beschäftigt. 1945 wurde Stangl inhaftiert, 1948 gelang ihm die Flucht über Rom nach Syrien, 1951 emigrierte er nach Brasilien. Erst 1967 wurde er verhaftet und an die BRD ausgeliefert, 1970 Verurteilung zu lebenslanger Haft vor dem Landgericht Düsseldorf. Koflers Quelle von Globocniks Belobigung von Stangl konnte nicht eruiert werden. Überliefert ist Globocniks briefliche Anfrage bei Himmler aus dem November 1943, in der er bittet, Vorschläge für die Verleihung Eiserner Kreuze »für die besonderen Leistungen dieser harten Aufgabe« (gemeint ist die Durchführung der »Aktion Reinhard«) machen zu dürfen (vgl. IMT 1949, 69).
Reinhold von Mohrenschildt (1915–1990), österr. SS-Hauptsturmführer; s. Eintrag »Von Mohrenschild«
Kofler gibt hier weiter die Sereny mitgeteilten Erinnerungen Stangls an das erste Zusammentreffen mit Globocnik paraphrasierend wieder. Demnach habe Globocnik von »einige[n] Nachschublagern« (nicht von »eine[r] Art Nachschublager«) gesprochen, die zur Unterstützung der zurückgedrängten Armee im Osten notwendig seien. »Er hatte die Absicht, mir den Aufbau so eines Lagers – es hieß Sobibor – anzuvertrauen. Er rief einen Adjutanten […] und befahl ihm, die Pläne zu bringen. […] Er breitete die Pläne zwischen uns auf der Bank und vor uns auf dem Boden aus«. Stangl gibt auf Nachfrage Serenys an, von Globocnik mit keinem Wort auf »die Juden«, auf den eigentlichen Zweck Sobibórs hingewiesen worden zu sein. (Sereny 1995, 118).
Das Klagenfurter Café Lerch war vor 1938 ein beliebter Treffpunkt für Anhänger und Mitglieder der während des Austrofaschismus verbotenen NSDAP. Auch Ernst Lerch (1914–1997), der Sohn des Lokalbetreibers, war ein »Illegaler«, ab 1934 war er Mitglied der SS. Nach dem »Anschluss« wurde er Adjutant und Büroleiter Odilo Globocniks (s. Eintrag ›Globotschnigg‹) und war mitverantwortlich für die Deportation und Ermordung der jüdischen Bevölkerung des »Generalgouvernements« Polen; 1943 folgte er Globocnik in die »Operationszone Adriatisches Küstenland«. Nach Kriegsende floh Lerch aus britischer Gefangenschaft und versteckte sich. Lerch konnte 1950 das Lokal seines Vaters übernehmen und als beliebtes »Tanzcafé« etablieren. Zwei gegen Lerch angestrebte Prozesse führten zu keiner Verurteilung.
Odilo Globocnik (1904–1945) kam 1918 mit seiner Familie nach Klagenfurt. Er übernahm in Kärnten führende Tätigkeiten während der Zeit der Illegalität im Austrofaschismus. Nach dem »Anschluss« war er Gauleiter in Wien, 1939 wurde er »SS- und Polizeiführer« im Distrikt Lublin und war dort für die Vernichtung der jüdischen Bevölkerung verantwortlich. 1943 wurde er in die »Operationszone Adriatisches Küstenland« versetzt, auch dort organisierte er Deportationen und verantwortete die Partisanenbekämpfung. Im Mai 1945 beging er in britischer Gefangenschaft Selbstmord. Sein Vorgesetzter, Heinrich Himmler, verwendete für Globocnik in seinem Dienstkalender manchmal den Spitznamen »Globus« (vgl. Witte 1999, 204, 306, 566), Briefe an Globocnik begann er mit der Anrede »Mein lieber Globus« (vgl. Schwindt 2005, 142 FN 114).
Ernst Kaltenbrunner (1903–1946) wuchs in Oberösterreich auf und schloss in Graz ein Jusstudium ab, 1931 wurde er SS-Mitglied und war in der Zeit der Illegalität im Austrofaschismus ein wichtiger Kontaktmann Himmlers in Österreich. Nach dem »Anschluss« machte ihn Himmler zum Leiter der SS und Polizei in Österreich, 1943 wurde er Leiter des »Reichssicherheitshauptamtes« – damit stand er u.a. dem Gestapo-Amt vor. Im Nürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher wurde er zum Tode verurteilt und im Oktober 1946 hingerichtet.
Gitta Sereny schreibt vonStangls Erzählung einer »übergegangenen« Leichengrube in Bezec: Diese Erzählung sei nur in einer von zwei Versionen seines ersten Besuch in Belzec vorgekommen; in Wirths Büro habe man ihm davon erzählt, dass eine Grube übergegangen sei, weil man zu viele Leichen hineingelegt habe – »die Verwesung war so weit fortgeschritten, daß unten alles flüssig wurde. Die Leichen sind übergequollen, aus der Grube hinaus – und den Hang hinuntergerollt« (Sereny 1995, 129).
Christian Wirth (1885–1944), Kriminalpolizist, 1922 NSDAP-Mitgliedschaft, 1939 Wechsel von der SA zur SS, im Zuge der Aktion »T4« war er als Büroleiter an den Standorten von »Euthanasie«-Tötungsanstalten tätig, u.a. im oberösterreichischen Hartheim; von Dezember 1941 bis Sommer 1942 war Wirth Kommandant des Vernichtungslagers Belzec, danach wurde er von Globocnik zum Inspektor für die Vernichtungslager der »Aktion Reinhardt« berufen, im Herbst 1943 ging er mit Globocnik nach Triest, er wurde im Mai 1944 bei einem Partisanenüberfall getötet.
Hauptstadt der gleichnamigen Woiwodschaft im Osten Polens. Von Lublin aus wurde 1942/43 unter der Leitung von Odilo Globocnik (s. Eintrag ›Globotschnigg‹) die »Aktion Reinhardt« organisiert, die systematische Ermordung der jüdischen Bevölkerung im »Generalgouvernement« Polen.
Der Ausschnitt aus dem Herff-Bericht lautet: »Lerch gerhört zu dem Kreis der Ostmärker, die […] Globocnik sich selbst herangezogen hat. Jahrelanger alter Mitkämpfer von Globocnik schon in der Kampfzeit [vor 1938] und völlig sein Mann« (zit. nach Elste 1997, 110).
Rudolf Höß (1901–1947), NSDAP-Beitritt 1922, seit 1933 SS-Mitgliedschaft, ab 1934 Tätigkeit im KZ Dachau, ab 1938 im KZ Sachsenhausen, ab Mai Mai 1940 bis November 1943 Kommandant des KZ Auschwitz, 1947 nach Prozess in Polen hingerichtet.
In den Aufzeichnungen, die Höß während seiner Haft 1946/47 in Polen verfasste, erwähnt er auch einen Besuch Globocniks in Auschwitz: Die Aufzeichnungen Höß’ wurden 1958 vom Münchner Institut für Zeitgeschichte in Ausschnitten publiziert. Kofler dürfte die Passage Puchers Globocnik-Buch entnommen haben (Pucher nahm Einsicht in die Kopie der in Polen aufbewahrten Höß-Aufzeichnungen am Münchner Institut für Zeitgeschichte): »Im Sommer 43 war Glob. auch in Auschwitz, um sich auf Befehl des RFSS [Reichsführer-SS Heinrich Himmler] die Krematorien und die Vernichtung anzusehen. Er fand dies alles aber nichts Besonderes. Seine Stellen arbeiteten vielrascher, und er fing an, mit Zahlen herumzuwerfen über Tagesleistungen und Vernichtungen […] und abgelieferten Werten, die in die Milliarden gingen. Er übertrieb maßlos bei jeder sich bietenden Gelegenheit« (Pucher 1997, 121).
Auch diese Passage aus Höß’ Aufzeichnungen entnahm Kofler sehr wahrscheinlich Puchers Globocnik-Buch: »Globočniks ›fleißige und strebsame‹ Mitarbeiter bezeichnet Höß als ›gescheiterte Existenzen. Sie verstanden es aber, sich bei Glob. unentbehrlich und beliebt zu machen‹« (Pucher 1997, 150).
Hitler setzte 1941 einen Wehrmachtsbefehlshaber im Südosten ein, »um im besetzten Balkanraum klare und einheitliche Befehlsverhältnisse zu schaffen«. ( Hubatsch 1983, 122) Der Bericht der Historikerkommission zum Fall Waldheim beginnt mit der Darlegung der Situation am Balkan, um zu erläutern, in welche »Befehlslage« Waldheim 1942 gekommen sei, er sei dort mit Fragen der »Bandenkriegführung«, der »Gefangenenbehandlung und der Sühnepraxis bekannt« geworden. (Schmiederer 1988, 5)
»Die Gesamtzahl der Mordopfer in Belzec wird auf 600.000 geschätzt« (Jäckel/Longerich/Schoeps 1993, 180). Die von Kofler angegebene Zahl des »Tagesmaximums« entstammt dem »Gerstein-Bericht«: Kurt Gerstein (1905–1945) trat 1941 der Waffen-SS bei und war Mitarbeiter des SS-Hygiene-Instituts. Dort war er für die »technische Desinfektion« zuständig und hatte für den Nachschub an Zyklon B, das man zur Desinfektion von Kleidern und Unterkünften in den Vernichtungslagern und für die Tötungen selbst einsetzte, zu sorgen und »Verbesserungen« bei den Tötungsmethoden auszuarbeiten. Gerstein versuchte einen holländischen Freund dazu zu bewegen, sein Wissen über die Vernichtung der osteuropäischen Juden nach London zu melden. Im April 1945 stellte er sich der französischen Armee und verfasste einen Bericht über seine Zeugenschaft, der eine Grundlage der Nürnberger Prozesse wurde. Gerstein berichtet über einen Besuch beiGlobocnik in Lublin, wo dieser ihm über die drei zu diesem Zeitpunkt (17. 8. 1945) bestehenden »Anlagen« Auskünfte erteilte, darunter bezüglich Belzec: »Maximum täglich 15.000 Personen« (Gerstein fügt hier ein »Gesehen!« hinzu; Joffroy 1995, 510).
Die Enzyklopädie des Holocaust gibt die »Summe der in Sobibor insgesamt ermordeten Juden« mit »annähernd 250.000« an (Jäckel/Longerich/Schoeps 1993, 1333). Die »Tagesleistung« entnimmt Kofler wieder dem »Gerstein-Bericht«, in dem Gerstein davon schreibt, nicht selber in Sobibór gewesen zu sein und von Globocnik die Erläuterung »20.000 Personen täglich« bekommen zu haben (Joffroy 1995, 510).
Alexander Löhr (1885–1947), österreichischer Offizier in der k.u.k. Armee, im Bundesheer der Ersten Republik und in der Luftwaffe der Wehrmacht. Unter seinem Oberbefehl wurden durch die Bombardierung Belgrads (1941) ohne Kriegserklärung und dann auf dem Balkan Kriegsverbrechen verübt, für die er nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs in Belgrad hingerichtet wurde. 1943 und vom 25. März 1945 bis zur deutschen Kapitulation war er »Oberbefehlshaber Südost«. Waldheim diente als Ordonnanzoffizier unter Löhr in Saloniki, als dort an die 40 000 Juden nach Auschwitz und Treblinka deportiert wurden, und war danach unter Löhr in Jugoslawien stationiert, »als dort Massaker an Partisanen verübt, ganze Dörfer eingeäschert und ganze Bevölkerungsteile niedergemacht wurden« (Strothmann 1986). s. Eintrag ›Waldheim, er ist gerade nicht da‹eer
TopographieOrtschaftPersonNationalsozialistInPolitikerInMedienEreignis
Artur Martin Phleps (1881–1944), rumänisch-deutscher Offizier im Zweiten Weltkrieg. Seit 1941 war er Angehöriger der Waffen-SS, er befehligte die vor allem am Balkan eingesetzte SS-Division »Prinz Eugen«.
Kurt Waldheim gab gegenüber der Historikerkommission an, »wegen hoher Verluste seien bei der Vorausabteilung v. Pannwitz Kavalleristen fallweise auch als Infanteristen eingesetzt worden.« Es sei ihm aber nichts darüber bekannt gewesen, »daß sich neben uns angeblich eine SS-Einheit befand und auch Partisanen in der Gegend waren«. Sein Zug habe aber »zwei Tage in den Pinsker Sümpfen gelegen.« (Schmiederer 1988, 7) Helmuth von Pannwitz (1898–1947), Kommandierender General des XV. Kosaken-Kavallerie-Korps der Wehrmacht
Die Zahlen über die Anzahl der in Treblinka Ermordeten differieren. Stangls Verurteilung 1971 liegt die Schätzung von 900.000 zugrunde, Franciszek Zabecki, der während der gesamten Zeit, die das Vernichtungslager in Betrieb war, als Bahnhofsvorstand in Treblinka Dienst verrichtete und Aufzeichnungen führte, meinte gegenüber Gitta Sereny: »Die Zahl der in Treblinka Ermordeten war 1,200.000, und daran besteht nicht der geringste Zweifel« (Sereny 1995, 298). Kofler entnahm die Zahl 870.000 der »Enzyklopädie des Holocaust« (Jäckel/Longerich/Schoeps 1993, 1430). Koflers Quelle für die Angabe des täglichen »Ausstoßes« konnte nicht eruiert werden.
TopographieOrtschaftPersonNationalsozialistInAutorIn/JournalistIn
Kofler zitiert in dieser Passage aus dem »Gerstein-Bericht« (s.o.): Kurt Gerstein bezeugt darin die Ermordung hunderter Menschen in einem Durchgang in der Gaskammer des Vernichtungslagers Belzec. Auf dem Weg zur Gaskammer habe ein SS-Mann den nackten Menschen »mit lauter, salbadernder Stimme« gesagt: »Euch wird nicht das Geringste passieren! Ihr braucht nur tüchtig zu atmen, dieses Inhalieren stärkt die Lungen, es ist nötig gegen ansteckende Krankheiten, es ist eine schöne Desinfizierung!«
Kofler zitiert aus Serenys Buch, hier eine Aussage von Franz Suchomel (1907–1979), Mitglied der SS-Mannschaft in Treblinka, über Stangls erste Zeit im Vernichtungslager. Stangl habe den Vorschlag gemacht, im »Schlauch« Kübel für die Frauen aufzustellen, das habe sich in Sobibór als hilfreich erwiesen, Wirth habe daraufhin geantwortet: »Es schert mich einen Dreck, was Sie in Sobibor mit der Scheiße gemacht haben. Sollen die sich doch anscheißen. Das kann nachher saubergemacht werden« (Sereny 1995, 186).
Kofler zitiert frei aus Serenys Buch – hier eine Aussage des Adjutanten von Christian Wirth, Josef Oberhauser (1915–1979), im Düsseldorfer Treblinka-Prozess. Laut Serenys Überlieferung habe Oberhauser ausgesagt, dass Globocnik bei einer Inspektion mit Wirth vor Ort den bisherigen Kommandanten Irmfried Eberl entlassen, dabei »an eine Barackentür auf dem Platz gelehnt«, und gesagt habe,»er würde all das am nächsten Morgen von seinem Büro aus organisieren« (Sereny 1995, 187).
Sämtliche Summen und Mengenangaben, die Kofler in diesem Abschnitt erwähnt, entstammen sämtliche exakt einem Dokumentkonvolut, das für den Nürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher aufbereitet und 1949 veröffentlicht wurde. Darin finden sich die Berichte von Globocnik an Himmler aus den Jahren 1943/44 betreffend die wirtschaftliche Seite der »Aktion Reinhard«. Es ist darin nicht wörtlich von einer »Endabrechnung« die Rede, die Überschrift lautet: »Abgelieferte Werte aus der Aktion Reinhard« (IMT 1949, 58). Welcher Publikation Kofler das Dokument entnahm, ist nicht mehr eruierbar.
Kurt Franz (1914–1998), Kochausbildung, 1932 NSDAP-Beitritt, verschiedene Tätigkeiten, 1937 SS-Beitritt, ab 1939 Mitarbeit in der »Aktion T4«, ab Frühjahr 1942 beim Stab Globocniks in Lublin, ab Sommer 1942 Adjutant von Stangl in Treblinka, nach dessen Abberufung im Herbst 1943 Kommandant von Treblinka; er musste das Lager auflösen und alle Spuren beseitigen; danach mit Globocnik, Lerch, Stangl nach Oberitalien; erst 1959 verhaftet, wurde er 1965 zu lebenslanger Haft verurteilt, 1993 Haftentlassung aus gesundheitlichen Gründen. Franz war berüchtigt für seine Brutalität und seinen Sadismus. Mit den von Kofler erwähnten »Wettkämpfe[n], die erst mit dem Tod des Verlierers entschieden waren«, könnten die in der Literatur erwähnten »Strafläufe« in Treblinka gemeint sein: Kurt Franz und Fritz Küttner hätten diese nach dem Abendappell veranstaltet und dabei Häftlinge mit Peitschenhieben zu Tode gehetzt (vgl. Hoffmann 2008, 44).
In Gitta Serenys Buch wird die Erinnerung von Franz Suchomel (1907–1979), Mitglied der SS-Mannschaft in Treblinka, an Kurt Franz wiedergegeben: Franz habe den Hund »Bari« abgerichtet – Sereny ergänzt in einem Einschub, dass es sich dabei um Angriffe auf Menschen, besonders auf ihre Genitalien, gehandelt habe (Sereny 1995, 238).
Bei der Verhaftung Kurt Franz’ 1959 wurde in seiner Wohnung ein Fotoalbum sichergestellt, in dem auf einer Doppelseite Fotos aus seiner Zeit in Treblinka mit der Überschrift »Schöne Zeiten« versehen waren. 1988 gab dieser Eintrag den Buchtitel einer Sammlung aus Texten und Dokumenten von Mördern, Mittätern und Beobachter des Judenmords, die Doppelseite aus dem Album (eine Seite zeigt sechs Fotos eines Fuchses aus dem »Lagerzoo« in Treblinka) wurde abgedruckt (Klee/Dressen/Riess 1988, 206f.).
Im Zuge der Besetzung Italiens durch die Deutsche Wehrmacht nach dem Waffenstillstand von Cassibile im September 1943 wurde im Nordosten Italiens die »Operationszone adriatisches Küstenland« als Verwaltungseinheit installiert. Sie umfasste das heutige Friaul, Istrien und Teile Westsloweniens samt Ljubljana. Chef der Zivilverwaltung mit Sitz in Triest wurde der Kärntner Gauleiter Friedrich Rainer, Globocnik wurde als »Höherer SS- und Polizeiführer in der Operationszone adriatisches Küstenland« u.a. mit der »Bandenbekämpfung« betraut.
Konstantin Hierl (1875–1955) baute ab 1931 den »Arbeitsdienst« der NSDAP auf, ab 1934 leitete er den »Reichsarbeitsdienst« (RAD), 1935 erhielt er den Titel »Reichsarbeitsführer«. Ab 1935 musste jeder junge Mann, ab 1939 auch jede junge Frau eine halbjährige Arbeitspflicht im RAD ableisten.
»Wehrwirtschaftsführer« war ein Titel, den das Wehrwirtschaftsamt im Oberkommando der Wehrmacht ab 1935 an Leiter rüstungswichtiger Betriebe, ab 1940 auch an kriegswirtschaftlich wichtige Betriebe verliehen. Die Firma Dr. Oetker, als »Nationalsozialistischer Musterbetrieb« ausgezeichnet, war für die Nahrungsmittelversorgung von Bedeutung. Ab 1920 leitete Richard Kaselowsky, mit der Firmenerbin Ida Oetker verheiratet, das Unternehmen, nach dessen Tod 1944 sein Stiefsohn Rudolf-August Oetker. Sowohl Kaselowsky als auch Oetker waren NSDAP- und SS-Mitglieder, die Zuerkennung des Titels »Wehrwirtschaftsführer« an Rudolf-August Oetker ist in der einschlägigen Literatur nicht belegt. (vgl. Finger/Keller/Wirsching 2013)
s. Eintrag ›Löhr‹s. Eintrag ›Löhr‹
Dieser, dem altdeutschen Gemeinderecht entsprechende Grundsatz wurde Bestandteil des 1920 von Hitler verkündeten Parteiprogramms der NSDAP: Die Partei »bekämpft den jüdisch-materialistischen Geist in und außer uns und ist überzeugt, daß eine dauernde Genesung unseres Volkes nur erfolgen kann von innen heraus auf der Grundlage: Gemeinnutz geht vor Eigennutz« (zit nach. Schmitz-Berning 2000 , 260). Bereits der franz. Schriftsteller und Staatstheoretiker Montesquieu (1689–1755) schrieb in seinem Hauptwerk »Vom Geist der Gesetze«: »Le bien particulier doit céder au bien public« (wörtlich übersetzt: »Das Wohl des Einzelnen muss dem öffentlichen Wohl weichen«, Montesquieu 1967, 302f.)
Michael Kühnen (1955–1991), Gottfried Küssel (* 1958) und Rainer Sonntag (1955–1991), drei Schlüsselfiguren der Neonazi-Szene der 1980er Jahre.
August Hirt (1898–1945), deutscher Anatom, führte Versuche mit Senfgas an Häftlingen des Konzentrationslagers Natzweiler-Struthof durch und war maßgeblich an der Ermordung von 86 jüdischen Häftlingen aus dem KZ Auschwitz beteiligt, die zur Anlage einer Skelettsammlung am Anatomischen Institut in Straßburg dienen sollten.
In einem Schreiben vom 9. 2. 1942 an Himmler schlägt August Hirt die »Sicherstellung der Schädel von jüdisch-bolschewistischen Kommissaren zu wissenschaftlichen Forschungen in der Reichsuniversität Straßburg« vor. Dort sollten vergleichende anatomische Studien, Forschungen über Rassenzugehörigkeit, über pathologische Erscheinungen der Schädelform, über Gehirnform und -größe durchgeführt werden. (vgl. Mitscherlich/Mielke 1997, 225f.)
Anspielung auf Wilhelm Pfannenstiel (1890–1982), Bakteriologe, SS-Sturmbannführer und »beratender Hygieniker« der Waffen-SS, war an der von Odilo Globocnik (s. Eintrag ›Globotschnigg‹p) geleiteten »Aktion Reinhard« beteiligt. (vgl. Kogon 1986 , 172) Kofler bezieht sich auf den Brauch des Räucherns, bei dem man in den sogenannten Raunächten (ab der Wintersonnenwende) mit einem metallenen Räuchergeschirr (Pfanne), in das Holzglut mit Weihrauch gestreut wird, durch das Bauernhaus geht.
Otto Scrinzi (1918–2012), Studium der Medizin, ab 1940 Mitarbeit am Innsbrucker »Institut für Erb- und Rassenbiologie«, bereits vor dem »Anschluss« in NS-Kreisen aktiv, SA- und NSDAP-Mitglied, 1949–1956 Landtagsabgeordneter und Landesobmann des »Verbandes der Unabhängigen«, der Vorgängerpartei der FPÖ, 1966 bis 1979 Nationalratsabgeordneter der FPÖ, 1986 Kandidatur bei der der Bundespräsidentenwahl. Als Neurologe am Landeskrankenhaus Klagenfurt lernte er Lavant in den 1960er Jahren als Patientin kennen, es entwickelte sich eine Freundschaft. Scrinzi betätigte sich auch als Lavant-Exeget (»Die furchtbare Geißel ihrer körperlichen Leiden und ihrer seelischen Not waren die Morgengabe ihrer Kunst.«Scrinzi 1975 , 170)
Das heutige Saarländische Staatstheater in Saarbrücken wurde 1938 von Adolf Hitler als »Gautheater Saarpfalz« eröffnet.
Ina Seidel (1885–1974), deutsche Schriftstellerin, Hauptwerk war der Roman »Das Wunschkind« (1930). Nach der »Machtergreifung« Hitlers beteiligte sie sich am Führerkult, nach 1945 veröffentlichte sie ohne Zäsur.
»Saat und Reife. Bekenntnisse der Liebe und des Glaubens« (1938): Buchveröffentlichung von Ingeborg Teuffenbach, die sie Adolf Hitler widmete. Odilo Globocnik (s. Eintrag ›Globotschnigg‹), 1938 Wiener Gauleiter, schrieb in seiner Vorbemerkung, dass hier eine »junge Nationalsozialistin« schreibe, die »Streiterin« der »Kampfzeit vor der Machtergreifung in Österreich« gewesen sei. (Teuffenbach 1938, 7) Im ersten Zitat gibt Kofler die ersten und die letzten beiden Verse des titelgebenden Gedichts wieder (Teuffenbach 1938, 9), im zweiten – unter Auslassung eines Verses – die mittlere Strophe des Gedichts »Kärntner Gelöbnis«: »Blut und Erbe der Germanen [/] ist in unserem Geschlecht; [/] Blut und Erbe läßt uns ahnen: [/] Nur des Führers heilige Fahnen [/] schützen unser heilig Recht!«
Fridjof Capra (* 1939), Sohn von Ingeborg Teuffenbach und dem SS-Offizier Heinz Capra, einem zeitweisen Assistent von Odilo Globocnik (s. Eintrag ›Globotschnigg‹). Capra promovierte 1966 in Theoretischer Physik in Wien, er lebt und lehrt seit Ende der 60er Jahre in den USA. Er vertritt einen ganzheitlichen Ansatz, der das westlich-analytische Denken durch östliche Philosophie und Spiritualität ergänzt sehen möchte.
Ab 1943 war Odilo Globocnik in der »Operationszone Adriatisches Küstenland« für Deportationen und Partisanenbekämpfung verantwortlich. s. Eintrag ›Globus‹
s. Eintrag ›Globus‹
»Jud Süß« (1940): nationalsozialistischer Propagandafilm um die historische Figur des jüdischen württembergischen Finanzbeamten Joseph Süß Oppenheimer, der als ruchloser Karrierist und Vergewaltiger dargestellt wird, der Film wurde von Goebbels 1939 in Auftrag gegeben (vgl. Koch 2011, 102). Lion Feuchtwanger behandelte den Stoff in seinem Roman »Jud Süß« (1925), die erste literarische Bearbeitung war die gleichnamige Novelle (1827) von Wilhelm Hauff, in der Oppenheimer gar nicht im Mittelpunkt steht und er nur durch »wenige antisemitische Klischees« beschrieben werde: »Geldgier, Gewissenlosigkeit, Hinterlist, Arroganz, Lüsternheit« (Mojem 2004, 152).
PersonSchauspielerIn/RegisseurInNationalsozialistInAutorIn/JournalistInMedienFilm/Fernsehen/RadioZitate
Reinhold von Mohrenschildt (1915–1990), österreichischer SS-Hauptsturmführer, als Beauftragter des »Reichskommissars für die Festigung deutschen Volkstums« (Himmler) der höchste Repräsentant der Siedlungspolitik Himmlers im Distrikt Lublin. Mohrenschildt bildete mit Odilo Globocnik (s. Eintrag ›Globotschnigg‹), Ernst de (s. Eintrag ›Tanzcafé Lerch‹), dem SS-Arzt Siegbert Ramsauer und dem Kärntner Gauleiter Friedrich Rainer eine Gruppe von fünf fanatischen Nationalsozialisten, die in Klagenfurt ihren Ausgangspunkt hatte. (vgl. Riess 2015 )
Von Lublin aus wurde 1942/43 unter der Leitung von Odilo Globocnik (s. Eintrag ›Globotschnigg‹) die »Aktion Reinhardt« organisiert, die systematische Ermordung der jüdischen Bevölkerung im »Generalgouvernement« Polen. In hohen Funktionen daran beteiligt waren Ernst Lerch (s. Eintrag ›Tanzcafé Lerch‹) und der Oswald Pohl (1892–1951), General der Waffen SS, der ab 1942 das SS-Wirtschafts- und Verwaltungshautamt leitete, dem die »Generalinspektion Konzentrationslagerwesen« unterstand.
Friedrich Rainer (1903–1947), 1923 SA-Mitglied, 1930 NSDAP-Mitglied, arbeitete als Notar in Klagenfurt, 1938 Gauleiter von Salzburg, 1941 Gauleiter von Kärnten, 1943 zusätzlich Leitung der Zivilverwaltung in der »Operationszone Adriatisches Küstenland«, wo Odilo Globocnik (s. Eintrag ›Globotschnigg‹), Rainers Freund, aufseiten der SS die Partisanenbekämpfung und Judendeportationen leitete.
Anspielung auf das 1939 gegründete »Reichssicherheitshauptamt«, eines der 12 »Hauptämter« innerhalb der SS-Organisationsstruktur. Ab 1943 war Ernst Kaltenbrunner der Leiter (s. Eintrag ›Kaltenbrunner‹).
s. Eintrag ›Kaltenbrunner‹
Bezug zu dem von Joseph Goebbels geführten Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda, 1918 existierte in Österreich ein »Ministerium für Volksgesundheit«.
Georg Coldewey, SS-Zahnarzt im Konzentrationslager Buchenwald, ein dem Buch »Hotel Mordschein« Entsprungener, s. Eintrag ›Zahnarzt und SS-Scharführer Coldewey‹
Odilo Globocnik, ab 1942 Leiter der »Aktion Reinhardt«, der systematischen Ermordung der jüdischen Bevölkerung im »Generalgouvernement« Polen (s. Eintrag ›die rechte Hand vom Globus‹). Die eingedeutschte Namensversion wurde wenig verwendet, es existiert auch die Form »Globotschnig«,
Von Lublin aus organisierte Globocnik die »Aktion Reinhardt«, s. Eintrag ›Lublin‹
In der Nähe des Dorfes Treblinka nordöstlich von Warschau wurde im Rahmen der »Aktion Reinhardt« ein Vernichtungslager errichtet. Hier wurden nach Schätzungen 1942/43 bis zu einer Million Menschen ermordet. In der Nähe befand sich 1941–1944 das Arbeitslager Treblinka. 2001 gab Kofler seinem Theaterstück über Ernst Lerch, den Adjutanten Globocniks, den Titel »Tanzcafé Treblinka «(s. Eintrag ›Tanzcafé Treblinka‹).
Theaterstück (1983 postum uraufgeführt) von Heinar Kipphardt (1922–1982), das Adolf Eichmann, den Chefkoordinator der Judendeportationen im »Dritten Reich«, als Mensch in den Mittelpunkt stellt
1976 beschäftigte ein Fall von Exorzismus die Öffentlichkeit: eine 23-jährige Studentin starb, weil katholische Priester und gläubige Eltern Dämonen beschworen und Ärzte zur Behandlung der psychotischen Störung verschmähten. Unter den Wesen, von denen die Frau angab, besessen zu sein, waren nicht nur Lucifer und Judas, Kain, Nero und Hitler, sondern auch ein »Pfarrer Fleischmann«, der im 16. Jahrhundert ein Mädchen verführt und umgebracht haben soll. (vgl. Der Spiegel 1978)
Anspielung auf Paul Celans »Todesfuge«: »Er ruft spielt süßer den Tod der Tod ist ein Meister aus Deutschland [...]« (Celan 2003, 40f.) Zugleich in dieser Schreibweise Bezug zu Fritz Todt (1891–1942), bis zu seinem Tod führender NS-Funktionär für die Bau- und Kriegswirtschaft.
Oskar Paul Dirlewanger (1895–1945), deutscher SS-Offizier, ab 1940 Kommandeur einer nach ihm benannten SS-Sondereinheit, die auf der Idee Himmlers beruhte, »anständigen« Wilderern Frontbewährung und Straferlass zu gewähren; die wegen zahlreicher Verbrechen berüchtigte »Sturmbrigade Dirlewanger« wurde in Osteuropa eingesetzt. (vgl. Weiß 2002, 92 ff.)
s. Eintrag ›Löhr‹
Josef Mengele (1911–1979), deutscher Mediziner und Anthropologe, von Mai 1943 bis Januar 1945 berüchtigter Lagerarzt im KZ Auschwitz. Er nahm Selektionen vor, überwachte die Vergasung der Opfer und führte menschenverachtende medizinische Experimente an Häftlingen durch (Weiß 2002, 316f.).
Kofler dürfte sich für dieses Bild an der Walhalla bei Regensburg orientiert haben. Am 6. Juni 1937 kam es dort zu einem großen Festakt anlässlich der Aufstellung einer Büste Anton Bruckners in der Ruhmeshalle – die vom Münchner Bildhauer Adolf Rothenburger geschaffene Büste blieb die einzige während der NS-Zeit in der Walhalla installierte. Ein Foto, das einen in Ehrbezeugung die Uniformmütze ziehenden Adolf Hitler vor der frisch enthüllten Büste auf einem schwarzen Postament mit Hakenkreuz zeigt, ziert das Cover des Standardwerks »Musik im NS-Staat « von Fred K. Prieberg, das Kofler offensichtlich für diese Passage konsultierte.
TopographieOrtschaftPersonMusikerInNationalsozialistInAutorIn/JournalistIn
Hans Pfitzner (1869–1949), deutscher Komponist und Musikschriftsteller. Fred K. Prieberg schreibt davon, dass Pfitzner bereits in den 1920er Jahren Verschwörungstheorien gegen linke Positionen vertrat und antisemitisch eingestellt war und damit »aus äußerster rechter Ecke […] eine scheinbar moralische Position [verfocht], die den Mythos von ,Blut und Ehre‘ vorwegnahm.« (Prieberg 1982 , 35) Pfitzners Musik war dann allerdings wenig »brauchbar« für den NS-Staat, die Zahl der Aufführungen seiner Werke ging nach 1933 zurück, Pfitzner hatte »das Gefühl der Enttäuschung über das Dritte Reich« (Kater 2004, 220). Das bedeutet aber nicht, dass er gar mit Repressalien zu kämpfen hatte: Er erhielt etwa von Goebbels eine persönliche Ehrengabe von 50.000 RM (vgl. Prieberg 1982, 131) und stand auf der Sonderliste der drei wichtigsten Musiker der »Gottbegnadetenliste« (vgl. Klee 2009, 413). Als sein Hauptwerk gilt die Oper »Palestrina« (1917).
PersonMusikerInAutorIn/JournalistInNationalsozialistInMedienMusik
Norbert Schultze (1911–2002), deutscher Komponist und Dirigent, war als Kabarettist, Opernkapellmeister, Aufnahmeleiter einer Schallplattenfirma tätig, ab 1937, durch den Erfolg der Oper »Schwarzer Peter« (1936) ermutigt, freier Komponist, schrieb Filmmusiken sowie Kampf- und Soldatenlieder. Im Juni 1941 erhielt er von Goebbels den Auftrag für ein »Lied vom Feldzug im Osten«, das den Angriff auf die Sowjetunion propagandistisch begleitete (»Vorwärts nach Osten«, Refrain: »Von Finnland bis zum Schwarzen Meer, vorwärts, vorwärts! Vorwärts nach Osten, du stürmend Heer. Freiheit das Ziel, Sieg das Panier! Führer, befiehl, wir folgen Dir!« (Schultze 1941)
Richard Strauss (1864–1949), deutscher Dirigent und Komponist, neben Hans Pfitzner der letzte Vertreter der musikalischen Spätromantik . Strauss’ Werk war »für das Ansehen des NS-Regimes von immenser kulturpolitischer Bedeutung, da schon bald nach der Machtübernahme die meisten bedeutenden Künstlerpersönlichkeiten Deutschland verlassen hatten« (Karner 2002 , 82). Er wurde als »unpolitischer Botschafter« instrumentalisiert. Strauss wurde 1933 von Goebbels zum Präsident der Reichsmusikkammer ernannt, 1935 des Amtes enthoben, weil er am Libretto »Die schweigsame Frau« des »Nicht-Ariers« Stefan Zweig festhielt und ein kritischer Brief an Zweig ab gefangen wurde. Seine Werke erfreuten sich im NS-Staat ungebrochen großer Beliebtheit, er konnte ungestört in Garmisch-Partenkirchen komponieren, aber seine Bedeutung schwand, er galt in Berlin zusehends »als Fossil aus einer anderen Epoche« (Prieberg 1982, 210).
PersonMusikerInNationalsozialistInAutorIn/JournalistInZitate
Lehár (1870–1948), österreichischer Operettenkomponist. Die Libretti seiner Operetten wie »Die lustige Witwe« (1905) stammten durchwegs von jüdischen Schriftstellern. Da sich Goebbels für ihn einsetzte, konnten die Werke nach 1933 weiterhin aufgeführt werden. Seine jüdische Gattin wurde 1938 zur »Ehrenarierin« erklärt (eine umgangssprachliche Bezeichnung für die von Hitler persönlich genehmigten Ausnahmen vom Nürnberger »Reichsbürgergesetz« 1935). 1942 wurde am Linzer Landestheater »Das Land des Lächelns« in einer »Führerausstattung« inszeniert, der Librettist dieser Operette, Fritz Beda-Löhner wurde im selben Jahr in Auschwitz ermordet. (vgl. Goldberger/Sulzbacher 2008, 91)
PersonMusikerInNationalsozialistInAutorIn/JournalistInMedienMusik
Anton Bruckner (1824–1896) gehörte zu den im Nationalsozialismus am stärksten vereinnahmten Komponisten, Hitler schätzte seine Musik. Albert Speers Pläne für den Ausbau von Linz umfassten auch eine »Brucknerhalle«. Das Stift St. Florian, wo Bruckner drei Jahre in die Schule ging und 1845–1855 als Lehrer und Stiftsorganist tätig war, sollte als Sitz der Deutschen Bruckner-Gesellschaft und der Reichsrundfunkgesellschaft sowie mit einer Musikhochschule »den angemessenen Rahmen für die Bruckner-Verehrung bieten« (Goldberger/Sulzbacher 2008, 90). Das »1.Großdeutsche Brucknerfest«1939 in Linz, St. Florian und Wien war Ausdruck dieser nationalsozialistischen Vereinnahmung. Die Wiener Philharmoniker waren beteiligt, unter den Dirigierenden waren Eugen Jochum und Wilhelm Furtwängler, Letzterer hielt die Festrede. (vgl. Deutsche Bruckner-Gesellschaft 1939)
»Bruder Eichmann« : Theaterstück (1983 postum uraufgeführt) von Heinar Kipphardt (1922–1982), das Adolf Eichmann, den Chefkoordinator der Judendeportationen im »Dritten Reich«, als Mensch in den Mittelpunkt stellt (s. Eintrag ›Heinar Kipphardt‹).
Werner Egk (1910–1983), deutscher Komponist, von seinem Freund Carl Orff beeinflusst, stilistisch lehnte er sich an Strawinsky und Weill an, was nicht der orthodoxen NS-Kunstauffassung entsprach. Nach 1933 passte er sich an und machte Karriere, er war etwa Kapellmeister an derBerliner Oper Unter den Linden und Funktionär in der Reichsmusikkammer. Mit der 1935 uraufgeführten »Spieloper« »Die Zaubergeige« gelang Egk der musikalische Durchbruch, »[d]as Werk kam mit seinem volkstümlichen Märchenstoff und einer Musik voller bayerischer Volksmelodien dem neuen Zeitgeschmack sehr entgegen.« (Karner 2002, 147) Für die Olympischen Spiele 1936 erhielt Egk einen Auftrag zu einer »Festmusik«, die am Eröffnungstag im Berliner Olympiastadion uraufgeführt wurde. Seine Kompositionen waren in der NS-Zeit nicht unumstritten, aber seitdem sich Hitler von seiner Oper »Peer Gynt« (1938) begeistert zeigte, war er sakrosankt, er stand auf der »Gottbegnadeten-Liste«. Im Jänner 1945 kam er der Einberufung zum Volkssturm nicht nach und setzte sich ab. Das ermöglichte ihm nach der Befreiung die Einstufung als »Antifaschist«. Egk zählte zu den bekanntesten Komponisten Nachkriegsdeutschlands und hatte zahlreiche öffentliche Positionen inne.
Nachdem Josef Weinheber (1892–1945) mit dem Gedicht »Dem Führer« bereits eine Eloge zu Hitlers 50. Geburtstag 1939 geschrieben hatte, entstand – offensichtlich bei einem Treffen mit dem Intendanten des Reichssenders, Veit Roßkopf – im Jänner 1939 die Idee einer »Fleißaufgabe« (Berger 1999, 300). Das »Hörspiel« »Die Hohen Zeichen«, für das Werner Egk Fanfaren- und Orgelmusik komponierte, bezieht sich auf die Übersiedlung der Reichsinsignien von Wien nach Nürnberg. Im ersten Teil rufen Schwert, Krone, Zepter und Reichsapfel chorisch nach dem »Einen«, der zweite thematisiert die »Wanderschaft« der Insignien, der dritte sei, so Weinheber, »als Apotheose der endlich vollzogenen Einheit des Reiches und des Mannes zu verstehen, der sie schuf« (zit. n. Berger 1999, 299). Das Stück wurde am 19. April 1939, am Vorabend des »Führer-Geburtstags«, im Rundfunk gesendet, Egk dirigierte die Ursendung in Leipzig selber. (vgl. Herbort 1970)
PersonAutorIn/JournalistInNationalsozialistInMusikerInMedienMusikZitateEreignis
Gedichtband von Baldur von Schirach (s. Eintrag ›Baldur von Schirach‹), 1929 im »Deutschen Volksverlag zu München« erschienen. Dem Band, den er »Adolf Hitler, dem Führer«, zueignete, stellte er ein Motto voran: »Die neue Front! Das ist kein Schlagwort, sondern das Symbol einer Jugend, die sich ihres gewaltigen Erbes bewußt ist. Diese Front der Wollenden, Sehnsüchtigen und Brennenden kennt nur Freunde oder Feinde, weil ihre Ziele die des Volkes sind. Man mag sie darum bekämpfen oder bejahen: immer bleibt sie das Deutschland, das da kommt!« (Schirach 1929, 4)
Horst Wessel (1907–1930), »Sturmführer« der SA in Berlin ,wurde 1930 bei einem Schussattentat getötet. Er verfasste den Text des nach seinem »Märtyrertod« nach ihm benannten Liedes auf eine populäre Melodie. Das Lied avancierte zum "Kampflied" der SA, ab 1933 wurde es zur Parteihymne der NSDAP und zu einer zweiten Nationalhymne.
s. Eintrag ›Tanzcafé Lerch‹
s. Eintrag ›Globus‹
Kurt Schuschnigg (1897–1977) übernahm nach der Ermordung Engelbert Dollfuß’ 1934 die Regierungsspitze des austrofaschistischen Regimes. Im Februar 1938 zwang Hitler Schuschnigg zum »Berchtesgadener Abkommen«, er musste etwa den Nationalsozialisten Seyß-Inquart als Innenminister akzeptieren. Für den 13. März setzte er eine Volksabstimmung über die Unabhängigkeit Österreichs ein, der Einmarsch deutscher Truppen kam dieser zuvor. Schuschnigg verbrachte in St. Gilgen am Wolfgangsee 1935–1937 seine Sommerurlaube.
Einige SS-Männer fingierten am 31. 8. 1939 einen polnischen Überfall auf den Sender Gleiwitz (poln. Gliwice), um »Beweise« für polnische Aggression und damit einen Kriegsgrund zu haben; Adolf Hitler sprach die von Kofler zitierten Worte in seiner vom Rundfunk übertragenen Reichstagsrede am Vormittag des 1. 9. 1939.
Am 24. August 1939 unterzeichneten der deutsche Außenminister, Joachim von Ribbentrop, und sein sowjetischer Amtskollege, Wjatscheslaw Molotow, in Moskau einen Nichtangriffspakt (»Hitler-Stalin-Pakt«).
TopographieOrtschaftPersonNationalsozialistInPolitikerInEreignis
»Hitlerjunge Quex«: NS-Propagandafilm (1933, R: Hans Steinhoff, D: Heinrich George), Untertitel: »Ein Film vom Opfergeist der deutschen Jugend«, Romanvorlage (1932, im Auftrag des »Reichsjugendführers« Baldur von Schirach) von Karl Aloys Schenzinger, Liedtexte: Baldur von Schirach (s. Eintrag ›Baldur von Schirach‹, vgl. Gradwohl-Schlacher 2018, 717)
PersonSchauspielerIn/RegisseurInNationalsozialistInAutorIn/JournalistInMedienFilm/Fernsehen/Radio
Klagenfurter Etablissement, das Ernst Lerch, vor 1938 illegaler Nationalsozialist und während des Zweiten Weltkriegs Adjutant des NS-Verbrechers Odilo Globocnik, unbehelligt in der Nachkriegszeit betrieb (s. Eintrag ›Tanzcafé Lerch‹); hier hatte der Schlagersänger Udo Jürgens seine ersten Auftritte (vgl. Postl 2014).
TopographieOrtschaftPersonNationalsozialistInMusikerInMedien
Globocnik (1904–1945) war als »SS- und Polizeiführer« im Distrikt Lublin für die Vernichtung der jüdischen Bevölkerung in den »Ostgebieten« verantwortlich. s. Eintrag ›die rechte Hand vom Globus‹
Laut Eigenaussage Werner Koflers sei in der Wiener Kunstakademie ein Plakatentwurf Adolf Hitlers verwahrt worden, der seiner Bewerbungsmappe entstamme. (vgl. Corrêa 2004, 108) Hitler hatte im Herbst 1907 vergeblich versucht, für ein Kunststudium an der Allgemeinen Malerschule der Wiener Kunstakademie aufgenommen zu werden, ein Jahr später versuchte er es erneut, scheiterte aber bereits in der ersten Auswahlrunde, der Zulassung zum Probezeichnen. (vgl. Hamann 1998, 62 f. u. 195–197)
Kofler bezieht sich hier offensichtlich auf satirische Ausführungen Antonio Fians, der in einem Beitrag für die Zeitschrift »Wespennest« 1987 »auffällige Parallelen« zwischen Heller und »einem anderen Feldherrn aus Österreich« postulierte. (Fian 1987, 56) Zwar seien Heller und Hitler, so Fian, bei den verursachten Menschheitskatastrophen nicht vergleichbar, aber er sieht Bezüge etwa zwischen ihren beiden Machtphantasien. Die Übereinstimmung der Initialen ist eine zufällige, wobei der Gedanke einer Absicht »so abwegig nicht ist« (Fian 1987, 56). s. Eintrag ›André Heller‹
PersonAutorIn/JournalistInNationalsozialistInMedienZeitung/Zeitschrift
Kofler spielt mit diesem Bild auf die bereits in der NS-Zeit aufgekommene (falsche) Vorstellung von »Lebensborn«-Heimen als »Zuchtanstalten« für reinrassige »Arier« an. »Lebensborn« war ein 1935 vom »Reichsführer-SS« Heinrich Himmler gegründeter Verein, der im Umfeld von Himmlers »Germanisierungsphantastereien« (Koop 2007, 5) zu sehen ist. Der Verein betrieb in Deutschland und den besetzten Ländern Heime, in denen Frauen uneheliche Geburten ermöglicht wurden. (In Österreich gab es zwei solcher Heime.) Die Frauen mussten strengen Aufnahmekriterien entsprechen, also etwa »guten Blutes«, »erbrein« sein. Die im Kofler-Nachlass vorhandene Muttertagsausgabe der »NS-Frauenwarte_1939« aus dem Jahr 1939 (11/S3) widmet sich dem Thema »Frau und Mutter als Lebensquell des Volkes«: »Denn sie steht als Trägerin des Lebens zwischen Vergangenheit und Zukunft. Sie ist der unerschöpfliche Born des blutmäßigen Lebens unseres Volkes«.
s. Eintrag ›Globus‹
s. Eintrag ›Tanzcafé Lerch‹
Koflers Setzung deutet das »historische Problem der Nationalsozialisten« (Bering 1991, 142) an: Bedingt durch die Unmöglichkeit, das »Jüdische« auf rassistische Weise – etwa über physische Merkmale – zu definieren, weil die meisten Menschen jüdischen Glaubens an ihrem Äußeren nicht zu erkennen waren, ergaben sich Widersprüchlichkeiten – etwa, dass die »schärfsten Vertreter physiognomischer Diffamierungen selbst zur Zielscheibe der von ihnen popularisierten Stereotype wurden« (Thurn 2015, 141). Im Falle Goebbels’ war seine Gehbehinderung Ausgang von Spekulationen über eine »jüdische Abstammung«, die etwa in folgendem Flüsterwitz Ausdruck fanden: »Lieber Gott, mach mich blind, daß ich Goebbels arisch find« (Bering 1991, 432).
Artur Phleps (1881–1944), Berufssoldat, 1919–1941 Offizier in der rumänischen Armee, 1941 Übertritt zur Waffen-SS, 1942 Ernennung zum SS-Gruppenführer und Kommandant der Einheit »Prinz Eugen«, die auf »Banden- und Partisanenbekämpfung« am Balkan spezialisiert war, 1943 Ernennung zum SS-General, 1944 Erschießung durch die Rote Armee. Kurt Waldheim war zeitweise Phleps als Assistent zugeordnet (vgl. [red.] 1986).
Georg Coldewey (1910–?), SS-Mitglied und erster SS-Zahnarzt im Konzentrationslager Buchenwald (s. Eintrag ›Zahnarzt und SS-Scharführer Coldewey‹)
Adolf Hitlers Vater hieß ursprünglich Alois Schicklgruber. Er war ein uneheliches Kind der Anna Schicklgruber, als Vater kamen zwei Männer in Frage, beide mit Nachnamen Hiedler. In einem Notariatsakt ließ 1876 der Bruder des 1857 verstorbenen Johann Georg Hiedler diesen nachträglich zum Vater Alois Schicklgrubers erklären. Im Rahmen dieses »erstaunlichen Vorgangs« wurde der Nachname von Alois mit »Hitler« (und nicht mit »Hiedler«) protokolliert (Thamer 2018, 18).
»Traum und Trauer des jungen H. Elf Stationen«: Theaterstück von Robert Schneider, Uraufführung am 20. 11. 1993 im Niedersächsischen Staatstheater Hannover. Schneider orientiert sich in diesem Dialektstück »in auffallender Weise an den Stationen der mythischen Vita Hitlers und geizt dabei nicht mit Hinweise auf vermeintliche Parallelen zum Leben Jesu« (Atze 2003, 58).
Klara Pölzl (1860–1907) heiratete 1885 Hitlers Vater Alois.
Friedrich Rainer (1903–1947), während seines Jusstudiums in Graz Beitritt zur SA (1923), Karriere innerhalb der illegalen Nationalsozialisten in Kärnten, 1938 Gauleiter von Salzburg, 1941 Reichsstatthalter von Kärnten und Krain, 1943 Leiter der Zivilverwaltung in der »Operationszone Adriatisches Küstenland«
Salzburg-Maxglan war ein KZ-ähnliches Zwangsarbeiterlager, in dem rund 250 Sinti und Roma unter dem Regiment des SS-Sturmbannführers Anton Böhmer (s. Eintrag ›Es wird bestätigt‹) Schwerstarbeit verrichten mussten. Es befand sich rechts der Glan in Leopoldskron-Moos.
Martin Bormann (1900–1945), 1933 NSDAP-»Reichsleiter«, 1943 »Sekretär des Führers« (s. Eintrag ›Bormann‹). Mit »Bormann – beschnitten!« könnte Kofler wie bei »Jude Goebbels« (s. Eintrag ›Jude Goebbels‹) auf die Gerüchte über die jüdische Abstammung von Nazigrößen hinweisen.
Ursprünglich aus Mähren stammende Roma, hauptsächlich in Österreich ansässig – eine genaue »Qualifizierung« verschiedener Gruppen von »Zigeunern« war in erster Linie den NS-Rassenhygienikern wichtig, die Sinti und Lalleri als »reinrassig« einstuften und die Grundlage für Himmlers»Regelung der Zigeunerfrage aus dem Wesen dieser Rasse heraus« (1938) und den folgenden Genozid bildeten (vgl. u.a. Zimmermann 1998, 893).
Kofler bezieht sich hier auf eine im Nachlass in Kopie vorhandenen Vereinbarung zwischen der »Riefenstahl-Film G.m.b.H.« und der »Kriminalpolizeistelle Salzburg« aus dem Juli 1941 bezüglich der »Abstellung von Zigeuner [sic] für Filmaufnahmen – Aussengelände Mittenwald« für den »Tonfilm ›Tiefland‹«. Das zweiseitige Dokument ist von »Dr. Böhmer, SS-Sturmbannf. u. Krim.Rat« sowie »ppa. gez. Großkopf« (»ppa« bedeutet »per prokura«) gezeichnet.
TopographieOrtschaftPersonNationalsozialistInSchauspielerIn/RegisseurInMedienFilm/Fernsehen/RadioEreignis
Anton Böhmer, der Leiter des Lagers Salzburg-Maxglan, unterzeichnete am 19. 10. 1940 das bei Kinkel (Kinkel 2002, 231) wiedergegebene Dokument mit dem Verzeichnis der als Statisten angeforderten KZ-Häftlinge und bescheinigte, dass »die vorbezeichneten Zigeuner nicht jüdisch versippt sind«.
TopographieOrtschaftPersonNationalsozialistInMedienWerbung/Inserat
Josef Mengele (1911–1979), deutscher Mediziner und Anthropologe, von Mai 1943 bis Januar 1945 berüchtigter Lagerarzt im KZ Auschwitz. Er nahm Selektionen vor, überwachte die Vergasung der Opfer und führte menschenverachtende medizinische Experimente an Häftlingen durch (Weiß 2002, 316f.).

