Werk 1
Kommentar
Werk 2
Werk 3
Werk 4
Werk 5
Vernichtungslager in der Nähe des Dorfes Treblinka nordöstlich von Warschau
Kofler bezieht sich auf Peter Handkes Theaterstücke »Publikumsbeschimpfung«, »Weissagung«, »Selbstbezichtigung« (1966 uraufgeführt) und »Kaspar« (1968) – alle erstmals 1972 in Buchform publiziert (»Stücke 1«, vgl. Handke 1972).
Sarah Kane (1971–1999), britische Dramatikerin, Autorin von fünf Theaterstücken, die durch ihre Direktheit und den Einbau von vulgären Stoffen und Schockelementen Aufsehen erregte. Der Theaterkritiker Aleks Sierz prägte für diese Art des Londoner Theaters der 1990er Jahre, das neben Kane noch Mark Ravenhill und Anthony Neilson umfasste, den Begriff des »In-yer-face-Theatre« (»In-dein-Gesicht-Theater«; vgl. Sierz 2001).
Die Mozart-Oper ist einer der zentralen Bezugspunkte des Kofler’schen Œuvres, angefangen von der »Grenzlandtheaterzauberflöte« in »Am Schreibtisch« (s. Eintrag »Grenzlandtheaterzauberflöte«) über das Hörspiel »Was geschah mit der Königin der Nacht?« und den Abschnitt »Mutmaßungen über die Königin der Nacht« in »Hotel Mordschein« bis zu späteren Spuren in »Manker« (s. Eintrag ›Der, welcher wandert diese Straße voll Beschwerden‹) und »ZU SPÄT« (s. Eintrag ›nur stille/ stille/ stille/ stille‹).
Als Geburtsjahr des Stadttheaters Klagenfurt gilt das Jahr 1737, als das Ballhaus in ein Theater umgewandelt wurde. 1811 erfolgte ein Neubau. 1910 wurde das Klagenfurter »Jubiläums-Stadt-Theater« (zum 60. Regierungsjubiläum Franz Josephs 1908 begonnen) in dem heute bestehenden klassizistischen Neubau eröffnet. Das Theater musste 1931 wegen mangelnder Rentabilität geschlossen werden. Im Sommer 1938 wurde das Theater mit einer Subvention, einem »Geschenk des Führers«, wiederbelebt und in »Kärntner Grenzlandtheater« umbenannt (vgl. Jamritsch 2010, 585). Als »Grenzlandtheater« bezeichnete man im »Dritten Reich« Theater in den an damaligen Reichsgrenzen gelegenen Städten (z.B. Bautzen, Hof, Flensburg, Saarbrücken, Trier). »Nun wird [das Kärntner Grenzlandtheater] also im Großdeutschen Reich, seiner Bestimmung gemäß, Träger und Künder deutscher Kultur an der Südostgrenze des Reiches werden« (Kärntner Grenzruf, 1.9.1938; s. Eintrag »Grenzlandtheaterzauberflöte«). Das Theater wurde im Oktober 1938 mit dem »chauvinistischen Tendenzstück« (Jamritsch 2010, 600) »Der 18. Oktober 1932« von Walter Erich Schäfer eröffnet.
Das Gedicht Gustav Bartelmus’ entstammt dem Programmheft des »Kärntner Grenzlandtheaters« für die Spielzeit 1939/1940 und ist hier wortwörtlich wiedergegeben (Kärntner Grenzlandtheater 1939, o.S.). Auch das von Kofler für die »Projektionsleinwand« vorgeseheneFoto Bartelmus’ dürfte dieser Quelle entstammen, der Seite mit dem Gedicht gegenüberliegend ist ein Foto mit der von Kofler angegebenen Bildunterschrift »Gustav Bartelmus [/] Intendant« abgedruckt.
Gustav Bartelmus (1898–1984), »Sohn eines Regierungsrates am Verwaltungsgerichtshof, humanistisch gebildet« (Kosch 1953, 77), arbeitete in Beuthen am Oberschlesischen Landestheater als Regisseur, 1933 stürzte er den damaligen Leiter des Theaters (der daraufhin Selbstmord begann; vgl. Trapp 1999, 445) und wurde Direktor. 1938 wurde Bartelmus von Goebbels’ Ministerium zum Intendanten des »Kärntner Grenzlandtheaters« in Klagenfurt ernannt. Er war auch Leiter der örtlichen Stelle der Reichstheaterkammer. Im Sommer 1941 verließ er aus nicht mehr rekonstruierbaren Gründen Klagenfurt (vgl. Jamritsch 2010, 589), ab 1942 führte er in Berlin gemeinsam mit dem Schauspieler Richard Handwerk die Gastspielbühne »Bartelmus & Handwerk« (vgl. Baur/Gradwohl-Schlacher 2011, 43). Nach 1945 Rückkehr nach Klagenfurt, editorische Tätigkeit, u. a. Bearbeitung und Herausgabe von Stücken Ludwig Anzengrubers (1947/48), und Leitung der Abteilung Hörspiel und Literatur von Studio Kärnten (vgl. Schmitz-Mayr-Harting 1977, 354). S. Eintrag ›Gustav Bartelmus‹
PersonSchauspielerIn/RegisseurInNationalsozialistInAutorIn/JournalistIn
Kofler bezeichnet die Aufführung später im Stück auch als »Kriegswinterzauberflöte«. Im November 1939 stand Mozarts»Zauberflöte« auf dem Programm des »Kärntner Grenzlandtheaters«, eine Übernahme der Inszenierung aus der Spielzeit 1913/14. Im Oktober 1943 wurde das Stück unter der Regie des damaligen Intendanten Willy Meyer-Fürst neu inszeniert (vgl. Rudan 1960, 318 u. 328; s. Eintrag »Grenzlandtheaterzauberflöte«).
PersonMusikerInSchauspielerIn/RegisseurInMedienMusikEreignis
Sowohl »Spielwart« als auch »Einhelfer«, »Einhelferin« sind keine explizit nationalsozialistischen Vokabeln – »Einhelfer« besteht laut dem Grimm’schen Wörterbuch (zumindest) seit Goethes Zeiten (www.woerterbuchnetz.de/DWB?lemma=einhelfer) –, wurden aber im »Dritten Reich« den Begriffen »Inspizient« und »Souffleur«, »Souffleuse« vorgezogen.
Kofler bezieht sich hier auf einen Bericht der Journalistin Trude Polley (1912–1992) im »Getreuen Eckart« aus dem Februar 1940: »Erst Ende November hat in dieser Spielzeit das Kärntner Grenzlandtheater mit drei einander folgenden glanzvollen Premieren – desEgmont, derZauberflöteund desZigeunerbaron – seine Tore geöffnet« (Polley 1940; s. Eintrag »glanzvolle Premiere«).
Das Klagenfurter Café Lerch war vor 1938 ein beliebter Treffpunkt für Anhänger und Mitglieder der während des Austrofaschismus verbotenen NSDAP. Auch Ernst Lerch (1914–1997), der Sohn des Lokalbetreibers, war ein »Illegaler«. Nach seiner NS-Karriere, seiner Beteiligung an der Judenvernichtung im »Generalgouvernement« Polen und einiger Zeit in Verstecken nach 1945 konnte Lerch 1950 das Lokal seines Vaters übernehmen und als beliebtes »Tanzcafé« etablieren. Das Lokal bestand bis in die 1970er Jahre, heute ist dort eine McDonald’s-Filiale untergebracht (s. Eintrag ›Tanzcafé Lerch‹).
Bestandteil der Uniform der SA; s. Eintrag ›Schirmkappe‹
Währender der NS-Herrschaft verächtliche Bezeichnung für die Zeit der Weimarer Republik (Deutschland) bzw. des Austrofaschismus (Österreich 1933–1938), in der die NSDAP verboten war (vgl. Schmitz-Berning 2000, 598f.); s. Eintrag ›Systemzeit‹
Erik Frey (1908–1988), österr. Schauspieler, ab 1935 Mitglied des Ensembles des Theaters in der Josefstadt. Frey, seit 1934 NSDAP-Mitglied (vgl. Veigl 2009, 120), trat mehreren Überlieferungen nach zur Zeit des »Anschlusses« 1938 gemeinsam mit seinem Kollegen und Gesinnungsfreund Robert Horky in SA-Uniform auf: Ernst Lothar, der von den beiden abgesetzte Direktor des Josefstädter Theaters, schreibt in seinen Erinnerungen von »SA-Uniform und Röhrenstiefel[n]« an den beiden (Lothar 2020, 91). Frey konnte nach 1945 unbehelligt weiter am Theater in der Josefstadt arbeiten.
Wahrscheinlich eine Anspielung auf den NS-Propagandafilm »Heimkehr« (1941, R: Gustav Ucicky), in dem eine wolhyniendeutsche Minderheit in Polen drangsaliert wird und schließlich in das verheißungsvolle Deutsche Reich auswandert. Die Schauspielerin Paula Wessely (1907–2000) spielte die Hauptrolle, was sie nachträglich bereute (vgl. Glück 2007), was ihr aber lebenslang nachhing und Kritik einbrachte – die bekannteste kritische Stimme dürfte Elfriede Jelineks Theaterstück »Burgtheater« (UA 1985) sein, in das Originalzitate aus dem Film montiert sind.
PersonSchauspielerIn/RegisseurInAutorIn/JournalistInMedienFilm/Fernsehen/RadioZitate
Feldherrnhalle: 1844 fertiggestellte klassizistische Loggia am Münchner Odeonsplatz; während des »Hitler-Ludendorff-Putschs« am 8. und 9. November 1923 kam zu einer kurzen Schießerei, bei der dreizehn Putschisten starben; s. Eintrag ›Feldherrnhalle, München, Putschversuch München‹
Franz Pfeffer von Salomon (1888–1968), 1926 von Hitler zum »Obersten SA-Führer« ernannt; s. Eintrag ›FRANZ PFEFFER VON SALOMON‹
NS-Propagandafilm (1933), s. Eintrag ›SA-Mann Brand‹
Gemeint: Alois Maier-Kaibitsch (1891–1958), Offizier im Ersten Weltkrieg, Beteiligung am »Kärntner Abwehrkampf«, ab 1921 Leiter des »Kärntner Heimatdienstes«, der eine strikt slowenenfeindliche Politik verfolgte; über die »Kärntner Bodenvermittlungsstelle« betrieb Maier-Kaibitsch die Ansiedlung »deutscher« Siedler im slowenischsprachigen Gebiet Kärntens (Danglmaier/Koroschitz 2015, 426); 1934 NSDAP-Beitritt, unmittelbar nach dem »Anschluss« SS-Mitgliedschaft, Leitung der »Volkstumsstelle«, Hauptverantwortlicher der Deportation der Kärntner Sloweninnen und Slowenen; 1947 Verurteilung zu lebenslanger Haft.
Ernst Röhm (1887–1934), 1930 »Oberster SA-Stabschef«; s. Eintrag ›Röhm […] Ernst Röhm, SA-Stabschef, der Dicke‹
Ermordung feindlicher SA-Mitglieder von SS-Mitgliedern (»Niederschlagung des Röhm-Putsches«, »Juni-Morde«); s. Eintrag ›der sogenannte Röhm-Putsch, die Nacht der langen Messer‹
»Die Verdammten« (I/D 1969, orig. »La Caduta degli Dei«, R: Luchino Visconti); s. Eintrag ›der Film von Visconti‹
Helmut Berger (* 1944), österr. Schauspieler, der auch in Viscontis »Die Verdammten« mitspielt; s. Eintrag ›Helmut Berger‹
Josef Dietrich (1892–1966), Leiter des SS-Begleitkommandos »Der Führer«) und während des Zweiten Weltkriegs Kommandierender verschiedenen SS-Einheiten in ganz Europa; s. Eintrag ›SS-General Dietrich, Sepp Dietrich‹
Das Winterhilfswerk war eine der »Volkswohlfahrt« unterstellte Organisation zur Unterstützung notleidender »Volksgenossen« im »Dritten Reich«. Arbeitnehmern wurde eine »Freiwillige Winterhilfe« gleich vom Lohn abgezogen.
»Kampflied« der SA sowie nach 1933 Parteihymne der NSDAP; s. Eintrag ›Horst Wessel‹
Anspielung auf das »Horst-Wessel-Lied«; s. Eintrag ›Horst Wessel‹
Der Ursprung der Bezeichnung »Reichskristallnacht« für die gewaltsamen Ausschreitungen gegen jüdische Einrichtung in der Nacht vom 8. auf den 9. 11. 1938 ist unklar, oft wird der »Berliner Volksmund« als »Urheber« genannt (vgl. Schmid 2001, 183). Diese Bezeichnung für die Novemberpogrome setzte sich noch im »Dritten Reich« durch, wurde aber von Historikerinnen und Historikern – in Österreich etwa früh von Erika Weinzierl (1973) – als verharmlosend abgelehnt.
Das Textilkaufhaus von Simon Friedländer am Klagenfurter Neuen Platz (heute Filiale der Textilkette »C & A«) kam bei den Novemberpogromen 1938 nicht zu Schaden, es war vorher bereits von Alois Krischke und Max Kogler, zwei Mitarbeitern Friedländers, »arisiert« worden. Friedländer wurde in das KZ Dachau deportiert, kam frei und konnte mit seiner Familie nach Palästina flüchten (vgl. Danglmaier/Koroschitz 2015, 224; Fransecky 2010, 35).
Dieser Sänger mit dem seltenen Vornamen Eitel taucht nur in Dokumenten aus der Zeit des »Dritten Reichs« auf, dem »Deutschen Bühnen-Jahrbuch« 1941 etwa (485), für die Spielzeiten 1939/40 und 1940/41 (unter der Ägide von Gustav Bartelmus) wird er als »Tenorbuffo« des Ensembles des »Kärntner Grenzlandtheaters« genannt (Rudan 1960, 177f.); zwischen den Spielzeiten 1947/48 und 1954/55 wird unter dem Namen »Fritz Fischer« ein »Opernbuffo« als Ensemblemitglied des Klagenfurter Stadttheaters genannt, es dürfte sich um dieselbe Person handeln (Rudan 1960, 185–199); in Kutsch/Riemens’ »Großem Sängerlexikon« (2004) findet sich kein Eintrag unter seinem Namen.
Harry Piel (1892–1963), deutscher Schauspieler, begann 1912 mit eigenen Filmen, 1933 NSDAP-Mitglied, spielte vornehmlich in Abenteuer- und Unterhaltungsfilmen mit
Anspielung auf die im Bundespräsidentenwahlkampf 1986 virulent gewordene Affäre um die NS-Verstrickungen des ÖVP-Kandidaten Kurt Waldheim, der in biographischen Angaben seine Tätigkeit als Wehrmachtsoffizier am Balkan und in Griechenland nicht erwähnt hatte (vgl. Gehler 1997; s. Eintrag »Waldheim, er ist gerade nicht da«). Die Zeitschrift »profil« brachte die Affäre ins Rollen, indem sie Waldheims Mitgliedschaft in einem NS-Studentenbund sowie der »Reiter-SA« mit Dokumenten belegte (vgl. Czernin 1986).
Nationalsozialistisches Kraftfahrkorps (NSKK): paramilitärische Unterorganisation der NSDAP, verantwortlich für die Ausbildung des Kraftfahrer- und Kraftfahrsportnachwuchses, während des Krieges als Nachschuborganisation von Bedeutung; nach dem Angriff auf die Sowjetunion unterstützten »NSKK-Verkehrskompagnien« in den besetzten Ostgebieten »Ordnungspolizei« und SS bei der systematischen Ermordung von Zivilisten und jüdischer Bevölkerung (vgl. Hochstetter 2005, 460–477).
Krad: alte militärische Abkürzung für »Kraftrad«, gemeint Motorrad; die Bezeichnung »Kradfahrkorps« existierte im »Dritten Reich« nicht
Bezeichnung einer NSDAP-Fahne, die 1923 in München im Zuge des gescheiterten Hitler-Ludendorff-Putschs beim »Marsch auf die Feldherrnhalle« mitgeführt worden war; s. Eintrag ›Blutfahne‹
»Orden für die Teilnehmer an dem gescheiterten Hitlerputsch am8. und 9. November 1923« (Schmitz-Berning 2000, 117), der Orden wurde 1933 gestiftet und galt als höchste Auszeichnung der NSDAP, die Kriterien der Zuerkennung wurden bald ausgeweitet. Da sich Kofler in dieser periphrastischen Passage auf die SS bezieht (s. die Beschreibung der SS-Uniform), könnte er hier auf das pseudoreligiöse Selbstverständnis der SS als Orden (im Sinne einer Elite) anspielen – in der NS-Nomenklatur galt die SS als »Orden guten Blutes« (Schmitz-Berning 2000, 448). Am NSDAP-Parteitag 1926 übergab Hitler der SS die Münchner »Blutfahne« und gestattete der Organisation, sich als »Orden« zu bezeichnen (vg. Bahro 2013, 34).
Ordensburg Sonthofen: Ab 1934 errichtete Bildungsanstalt für den Führungsnachwuchs der NSDAP; s. Eintrag ›SS-Ordensburg Sonthofen‹
1935 vom »Reichsführer-SS« Heinrich Himmler gegründeter Verein, der in Deutschland und den besetzten Ländern Frauen uneheliche Geburten ermöglichte; s. Eintrag »Mütter guten Blutes bei der Besamung«
1939 wurden Teile der »SS-Verfügungstruppe« und Teile der »SS-Totenkopfverbände« zur »SS-Verfügungsdivision« zusammengelegt, 1941 beim Angriff auf die Sowjetunion in die SS-Panzerdivision »Reich« umorganisiert, 1942 in »Das Reich« umbenannt; s. Eintrag ›die SS-Division Das Reich‹
Die Totenkopfverbände entstanden aus den SS-Wachverbänden, deren erster 1933 im KZ Dachau aufgestellt worden war. 1936 wurden die Wachverbände als »SS-Totenkopfverbände« reorganisiert und das Totenkopfabzeichen am Kragen eingeführt – der Totenkopf als Symbol, »den Tod zu geben und zu nehmen« (Wegner 1988, 59). Seit dem Überfall auf Polen 1939 führten die Totenkopfstandarten hinter der Front »Säuberungs-« und »Sicherungsmaßnahmen« durch; 1941 erfolgte die Eingliederung in die »Waffen-SS«, nach der nur die »SS-Division Totenkopf« sowie die KZ-Wachverbände weiterhin das Totenkopfabzeichen tragen durften. Die Totenkopfverbände verstanden sich als Elite innerhalb der SS, verfügten über einen ausgeprägten »Kameradschaftsgeist« und hatten eine unbarmherzige Disziplin zu gewärtigen (vgl. Orth 1999, 62ff.).
Eines der »Hauptämter« der SS, bestehend aus Sicherheitsdienst und die Sicherheitspolizei; s. Eintrag ›Reichssicherheitshauptamt, SD‹
Gegründet wurde der Sicherheitsdienst (SD) als Geheimdienst der NSDAP und der SS, er stand unter der Leitung von Reinhard Heydrich. War die Gestapo für die Bekämpfung der NS-Gegner zuständig, so der SD für ihre Ausforschung. 1939 wurde die Sicherheitspolizei im Reichssicherheitshauptamt dem SD zugeschlagen – es entstand ein effizienter Nachrichtenapparat, 1944 gehörten ihm rund 6400 hauptamtliche Mitarbeiter an. Der SD war eine vielgestaltige Organisation aus Inlands- und Auslandsnachrichtendienst sowie »Einsatztruppen« zum systematischen Massenmord in den besetzten Ostgebieten (vgl. Wildt 2003).
Ernst Kaltenbrunner (1903–1946), Leiter der SS und Polizei in Österreich, 1943 Leiter des »Reichssicherheitshauptamtes«; s. Eintrag ›Kaltenbrunner‹
Hanns Albin Rauter (1895–1949), aus Klagenfurt stammender SS-Offizier, seit 1933 in Deutschland tätig, ab 1940 war er in den besetzten Niederlanden »Generalkommissar für das Sicherheitswesen«, er verantwortete die Deportation der jüdischen Bevölkerung und den Kampf gegen den Widerstand. Er wurde 1948 von einem niederländischen Gericht zum Tode verurteilt und 1949 hingerichtet.
Per-Albin-Hansson-Siedlung: Mehrere ab 1947 gebaute Siedlungen in Wien-Favoriten tragen den Namen des sozialdemokratischen schwedischen Ministerpräsidenten Per Albin Hansson (1885–1946), was auf schwedische Hilfslieferungen nach dem Zweiten Weltkrieg zurückzuführen ist. Der Bauteil West der Siedlung war der erste große Wohnhausbau Wiens der Nachkriegszeit. s. Eintrag ›Per-Albin-Hansson-Siedlung‹
Seebühne, auch »Wörtherseebühne«: 1999 auf Betreiben des damaligen Landeshauptmanns Jörg Haider errichtete Konstruktion neben dem Klagenfurter Strandbad, die rund 2000 BesucherInnen Platz bot. Organisatorisch war die Seebühne dem Klagenfurter Stadttheater eingegliedert; von Anfang an war sie defizitär, 2015 erfolgte der Abriss.
Werner Egk (1910–1983), deutscher Komponist, passte sich dem NS-Kunstgeschmack an und machte Karriere, etwa als Kapellmeister an der Berliner Oper Unter den Linden und Funktionär in der Reichsmusikkammer. »Die Zaubergeige« (1935), eine »Spieloper«, war sein größter Erfolg, »[d]as Werk kam mit seinem volkstümlichen Märchenstoff und einer Musik voller bayerischer Volksmelodien dem neuen Zeitgeschmack sehr entgegen« (Karner 2002, 147). Die Figur Guldensack ist nicht als Jude bezeichnet, aber allein der Name spricht für sich, Guldensack wird als Wucherer dargestellt. s. Eintrag ›Guldensack‹
Ernst Bloch prägt in seinem Hauptwerk »Das Prinzip Hoffnung« (1954–1959) den Begriff »Vorschein«, um den Zusammenhang von Kunst und Utopie darzulegen. s. Eintrag »Vorschein, wie der Philosoph B. schreibt«
Nothung: Name des Schwerts in Richard Wagners Oper »Siegfried«(1876). s. Eintrag »Nothung, Nothung«
Der genaue Ursprung des für die Ausrottung der europäischen Juden stehenden euphemistischen Begriffs »Endlösung der Judenfrage« ist nicht mehr auszumachen, er könnte von Hitler selber stammen. Belegt ist er in einem Brief Görings an Heydrich aus dem Juli 1941. Bei der sogenannten Wannsee-Konferenz (20. 1. 1942) wurde er von Heydrich als organisationsinternes Verschleierungswort etabliert (vgl. Schmitz-Berning 2000, 175–176).
In einer Villa am Berliner Wannsee, dem Gästehaus der Sicherheitspolizei, trafen sich am 20. Jänner 1942 fünfzehn SS- und Regierungsfunktionäre, um unter dem Vorsitz Reinhard Heydrichs organisatorische Details der Deportation und Vernichtung der jüdischen Bevölkerung zu besprechen. Heydrich war daran gelegen, dass die Fäden dafür in dem von ihm geleiteten Reichssicherheitshauptamt zusammenliefen. Protokollant des Treffens war Adolf Eichmann, »Referent für Judenangelegenheiten«. Auf diesem rund zweistündigen Treffen wurde nicht der Beschluss zur »Endlösung der Judenfrage« gefasst, es war ein wichtiges Informations- und Koordinierungstreffen (vgl. Klein 2012).
Reinhard Heydrich (1904–1942), 1931 NSDAP- und SS-Beitritt, rascher Aufstieg in Himmlers Einflussbereich, Aufbau des »Sicherheitsdiensts«, 1936 Chef der »Sicherheitspolizei«, 1939 Zusammenfassung der beiden Organisationen im »Reichssicherheitshauptamt« unter Heydrichs Leitung, 1941 stellvertretender »Reichsprotektor« in Böhmen und Mähren, als der er drakonische Maßnahmen gegen die tschechische Bevölkerung durchführte – der »Henker von Prag« wurde bei einem Attentat in Prag am 27. Mai 1942 schwer verletzt und starb acht Tage später.
Lidice: Eine der Racheaktionen nach dem Prager Attentat auf Heydrich war die Ermordung aller männlichen Bewohner sowie der meisten Kinder der Ortschaft Lidice, 20 km westlich von Prag, am9. und 10. Juni 1942, die Frauen wurden in Konzentrationslager deportiert. Oradour-sur-Glane: In der kleinen Stadt im zentralfranzösischen Limousin ermordeten am 10. Juni 1944 Mitglieder der SS-Panzerdivision »Das Reich« (s.o.) über 600 Menschen als Vergeltungsaktion für die bei Kämpfen mit Widerstandskämpfern in der Region um Leben gekommenen deutschen Soldaten; Marzabotto: Auch hier in der Gegend der südlich von Bologna gelegenen Gemeinde im Apennin tötete eine SS-Panzerdivision als Vergeltungsaktion für Partisanenangriffe eine große Zahl an Zivilisten, dem Massaker vom 29. und 30. September 1944 fielen um die 770 Personen zum Opfer.
Der deutsche Internist Emil Pfeiffer (1846–1921) beschrieb als Erster die vom Epstein-Barr-Virus, einem Herpesvirus, ausgelöste infektiöse Mononucleosis. Das Pfeiffer-Drüsenfieber ist eine häufige, meist harmlos verlaufende Erkrankung, mitunter mit den typischen Symptomen Lymphknotenschwellung und Fieber.
Während der NS-Herrschaft »verhüllendes, sehr bald zynisches Codewort für Exekution« (Schmitz-Berning 2000, 584). s. Eintrag ›SONDERBEHANDLUNGEN‹.
»Sonderkommandos« waren Einheiten verschiedener Polizei- und SS-Einheiten, die den Massenmord an Juden durchführten; in Konzentrationslagern wurden »Sonderkommandos« aus Häftlingen spezielle Aufgaben, etwa dem Beseitigen von Leichen, übertragen.
Kofler bezieht sich hier wahrscheinlich auf eine Rezension des Buches »Vom Unglück und Glück der Kunst in Deutschland nach dem letzten Kriege« (1990) von Hans-Jürgen Syberberg (* 1935), in der Helmut Karasek kritisiert, dass ein Buch, das Hitler relativiere, überhaupt einen Verleger und in Günther Nenning und André Heller zwei (positive) Rezensenten gefunden habe: »Syberberg, ein ›engagierter Antifaschist‹? Bestenfalls ein ewiger Hitler-Junge, der sich idealistisch einen netten, sauberen Faschismus wünscht – umweltfreundlich, heimatverbunden und mit einem anständigen, weil prinzipientreuen Antisemitismus« (Karasek 1990, 245). Syberbergs Darstellung des Nationalsozialismus ist seit seinem Film »Hitler, ein Film aus Deutschland« (1977), in dem auch André Heller mitspielt, umstritten, sie fand, etwa in Susan Sontag(Sontag 1980), auch Befürworter.
PersonSchauspielerIn/RegisseurInAutorIn/JournalistInNationalsozialistInPhilosophInMedienFilm/Fernsehen/RadioZitate
Die »Selektion« war die Grundlage des nationalsozialistischen Vernichtungs- und Ausbeutungssystems in Vernichtungs-, Konzentrations- und Arbeitslagern. Zum einen betraf es die Aussonderung »unwerten Lebens«, als das behinderte Menschen angesehen und die der »Euthanasie« zugeführt wurden, zum anderen ging es um die Aussonderung von Gefangenen, deren Arbeitskraft man ausbeuten wollte. In beiden Fällen wurden die Selektionen meist von Ärzten durchgeführt.
Zum Inbild der Selektion in NS-Vernichtungssystem wurde für die Nachwelt die Eisenbahnrampe im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau: Unmittelbar nach dem Verlassen der Deportationszüge und der Aufteilung in Männer und Frauen begann (ab Sommer 1942) die Selektion, meist durch den diensthabenden Lagerarzt: die Entscheidung über sofortigen Tod oder zeitweisen Aufschub (vgl. Wachsmann 2018, 362).
Der Namen der Mezzosopranistin taucht etwa in Kutsch/Riemens’ »Großem Sängerlexikon« (2004) nicht auf, er findet sich vereinzelt in den Onlinearchiven des Wiener Konzerthauses und Musikvereins (ab 1940), ihre »Soubrettenleichtgewichtigkeit«findet sich in einer von der RAVAG 1944 produzierten Rundfunkaufnahme von Giovanni Bononcinis »Polifemo«(http://operalounge.de/cd/oper-cd/aus-wiener-schatztruhen [20.5.2020]).
Nachträgliche Bezeichnung für Lastkraftwagen, die in den ab 1939 eroberten ostdeutschen Gebieten zur Ermordung von Juden eingesetzt wurden. »Gaswagen« kamen auch in der »Aktion T4« (s. Eintrag ›Rassehygiene‹) zur Ermordung behinderter Menschen zum Einsatz. Durch die Einleitung von Kohlenmonoxid wurde der LKW, der als Warentransporter getarnt sein konnte (»Kaisers Kaffee«), zu einer »auf Räder gestellte[n] Gaskammer« (Beer 1987, 405), auch Auspuffgase wurden verwendet. Ab Sommer 1941 wurde auf Befehl Himmlers am »Kriminaltechnischen Institut« der Sicherheitspolizei systematisch an einer technischen Weiterentwickelung der »Gaswagen« gearbeitet, die in der Folge hauptsächlich im Vernichtungslager Chelmno eingesetzt wurden.
»Rassenhygiene«: Im nationalsozialistischen Verständnis »Maßnahmen zur optimalen Erhaltung und Verbesserung der rassischen Eigenart und Erbgesundheit eines Volkes« (Schmitz-Berning 2000, 511) – das »Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses« (1933) war eine der ersten solchen Maßnahmen, die Sterilisation »erbkranker« Menschen wurde dadurch legalisiert. Der Begriff war 1895 vom deutschen Arzt und Mitbegründer der Eugenik Alfred Ploetz (1860–1940) geprägt worden (»Grundlinien der Rassenhygiene«). s. Eintrag ›Rassehygiene‹
Technische Desinfektion in der Gesundheitstechnik: Name einer Abteilung des SS-Hygiene-Instituts. Im Sommer 1942 etwa arbeitete der Leiter der Abteilung, Kurt Gerstein, gemeinsam mit dem Bakteriologen Wilhelm Pfannenstiel (s. Eintrag »Heute ist Pfannenstielabend...«) an der Möglichkeit, Blausäure als Mittel für die Massenvernichtung und ZyklonB für die Desinfektion von Kleidungen einzusetzen (vgl. Kuwalek 2008, 348).
In den Vernichtungslagern waren die Gaskammern, um keine Panik ausbrechen zu lassen, als Duschen oder Desinfektionsräume getarnt. In Belzec hing ab der zweiten Ausbauphase über dem Gebäude mit den Gaskammern ein Schild mit der Aufschrift »Duschen und Desinfektionsräume« (vgl. Jäckel/Longerich/Schoeps 1993, 179).
Kofler spielt hier auf die in den Vernichtungslagern übliche Ausbeutung sämtlicher Besitztümer der Ermordeten sowie ihrer verwertbaren Teile des Körpers an: Den Frauen wurde das Kopfhaar entfernt; den Ermordeten wurde von einer Spezialgruppe aus Gefangenen »mit der Bezeichnung ›Zahnärzte‹« die Goldzähne gezogen (Jäckel/Longerich/Schoeps 1993, 178).
Irmfried Eberl (1910–1948), in Bregenz geboren, in Innsbruck Medizinstudium (1935 abgeschlossen), NSDAP-Beitritt 1931, ab 1936 Tätigkeit in Deutschland, 1940–1942 medizinischer Leiter der Tötungsanstalten Brandenburg und Bernburg (»Aktion T4«), im Sommer 1942 erster Leiter des Vernichtungslagers Treblinka. Ende August wurde er von diesem Dienst suspendiert, weil die Entsorgung der Leichen mit der Tötungsgeschwindigkeit nicht Schritt halten konnte. Nach dem Zweiten Weltkrieg Niederlassung als Arzt in Blaubeuren, 1948 Suizid.
In Bernburg an der Saale in Sachsen-Anhalt wurde 1940 im psychiatrischen Krankenhaus eine Tötungsanstalt im Rahmen der »Aktion T4« eingerichtet. Vor seinem Antritt als Kommandant des Vernichtungslagers Treblinka hatte von November 1940 bis August 1941 Irmfried Eberl die Leitung inne.
Kofler nennt im Stück einige konkrete Opferzahlen: Die Zahlen der in Tötungsanstalten, Konzentrations- und Vernichtungslagern Ermordeten unterscheiden sich je nach Quelle und können immer nur Schätzungen sein. Eine im Juni 1945 in der Tötungsanstalt Hartheim aufgefundene Statistik (»Hartheimer Statistik«) nennt für Bernburg 1941 8601 »desinfizierte« Personen, die von Kofler genannte Zahl von 18.000 gilt laut dieser Statistik für die Tötungsanstalt Hartheim in den Jahren 1940 und 1941 (vgl. Kepplinger 2011, 84). »Der Gesamtumfang der Morde durch ›Euthanasie‹, die auf ständig neue Gruppen von ›lebensunwerten‹ Menschen ausgedehnt wurde, läßt sich nicht präzise rekonstruieren« (Jäckel/Longerich/Schoeps 1993, 425).
Der gebürtige Schweizer Leonardo Conti (1900–1945) wuchs in Berlin auf, 1925 Promotion zum Dr. med., frühe Aktivität in verschiedenen nationalsozialistischen Gruppierungen, nach stetem Aufstieg 1939 »Reichsgesundheitsführer« (Leiter der Reichsärztekammer, des Ärztebundes und des Hauptamts für Volksgesundheit).
Im Oktober 1939 wurde eine Verwaltungseinheit eingerichtet, »die diejenigen Teile von Polen umfaßte, die von Deutschland besetzt, aber nicht unmittelbar dem Reich einverleibt worden waren« (Jäckel/Longerich/Schoeps 1993, 511). Das »Generalgouvernement für die besetzten polnischen Gebiete« war in vier Distrikte unterteilt, Krakau, Warschau, Lublin und Radom. Nach dem Angriff auf die Sowjetunion kam Ostgalizien als fünfter Distrikt dazu. Dem Gebiet stand der Generalgouverneur (Hans Frank) sowie der »Höhere SS- und Polizeiführer« vor.
Tarnname für die in den drei Vernichtungslagern Sobibór, Treblinka und Belzec durchgeführte Vernichtung der jüdischen Bevölkerung des »Generalgouvernements« und Bialystoks; s. Eintrag ›Aktion Reinhard‹
Die Opferzahl der »Aktion Reinhard« wurde zu Beginn der 1970er Jahre nach »offizieller polnischer Schätzung – der vorsichtigsten und nicht allgemein anerkannten« – mit »ungefähr 2 Millionen Juden und 52.000 Zigeuner« angegeben (Sereny 1995, 114). Die »Enzyklopädie des Holocaust«, die Kofler konsultierte (s. Nachlass Kofler, 125/Bestandserw.), spricht von »über zwei Millionen« ermordeten Juden (Jäckel/Longerich/Schoeps 1993, 18).
Odilo Globocnik (1904–1945), »SS- und Polizeiführer« im Distrikt Lublin; s. Eintrag »die rechte Hand vom Globus, vom Globocnik«
Der Klagenfurter Ernst Lerch (1914–1997), Adjutant und Büroleiter Odilo Globocniks; s. Eintrag ›Tanzcafé Lerch‹
Der Vater von Jörg Haider (s. Eintrag »kein Haider, welchen Vornamens immer«), Robert Haider (1914–2004), war nach dem »Anschluss« Gaujugendwalter der Deutschen Arbeitsfront in Linz. s. Eintrag ›Gaujugendwalter des Gaues Oberdonau‹
Deutsche Bezeichnung der slowenischen Ortschaft Tržič, südlicher Ausgangspunkt der Loiblpassstraße; bereits in der Habsburgermonarchie war hier nur ein sehr geringer Teil der Bevölkerung deutschsprachig.
Globocnik versteckte sich nach der Befreiung im Mai 1945 mit anderen NS-Größen (darunter sein Adjutant Ernst Lerch und Kärntens Gauleiter Friedrich Rainer) im Gebiet des Kärntner Weißensees, offensichtlich in Vorbereitung der weiteren Flucht nach Italien. Am 31. Mai wurden sie von einer britischen Patrouille verhaftet, Globocnik verübte nach einem ersten Verhör Selbstmord. Seine Leiche wurde am Ufer der Drau auf einem Feld mit dem Flurnamen »Sautratten« verscharrt (vgl. Pucher 1997, 142; Sachslehner 2014, 353). Der SchriftstellerJosef Winkler verarbeitete diesen Umstand in seine Prosa »Laß dich heimgeigen, Vater«, einen Dialog des Ich-Erzählers mit dem toten Vater, der von der Begräbnisstätte Globocniks unter dem Acker, von dem die Familie Getreide bezogen habe, gewusst haben muss, darüber aber nicht gesprochen habe (vgl. Winkler 2018).
Bezug auf Thomas Bernhards Poetik; s. Eintrag ›Tanzcafé Lerch‹
Spitzname von Odilo Globocnik (s. S. II/391f.); s. Eintrag ›Tanzcafé Lerch‹
Beurteilung Globocniks durch Maximilian von Herff (1893–1945), Chef des SS-Personalhauptamtes; s. Eintrag ›Tanzcafé Lerch‹
Ostwall (auch »Panther-Stellung«): Verteidigungslinie im Zweiten Weltkrieg entlang der Ostfront, die nach Hitlers »Führerbefehl Nr. 10« im August 1943 errichtet wurde; da nur wenig Zeit zur Verfügung stand, konnte kein durchgehendes Festungswerk errichtet werden. In erster Linie wurden Zwangsarbeiter zur Errichtung herangezogen
Westwall: Verteidigungslinie im Zweiten Weltkrieg entlang der Westgrenze des Deutschen Reichs aus Panzersperren, Punkern und Gräben – von Xanten an der niederländischen Grenze bis in die Nähe von Basel
Himmler und Globocnik planten für das »Generalgouvernement Polen« die Absiedlung der polnischen Bevölkerung nach Sibirien und die »Regermanisierung« deutschstämmiger Bevölkerungsteile (»Programm Heinrich«). Um diese Maßnahmen, darunter die »Fahndung nach deutschem Blut« und die Errichtung eines SS-Siedlungssystems, durchführen zu können, sollten im Distrikt Lublin sechs SS- und Polizeistützpunkte und in Lublin selbst ein SS- und Polizeiviertel errichtet werden (vgl. Schwindt 2005, 62).
Von 1923 bis zu seinem Suizid am 1. Mai 1945 führte Joseph Goebbels Tagebuch, es sammelten sich bis zu 7000 handgeschriebene und 50.000 diktierte Seiten an. Die in der Berliner Reichskanzlei erhalten gebliebenen Dokumente wurden im Mai 1945 auseinandergerissen – nach wechselvoller Auffindungs- sowie Editionsgeschichte von Teilen der Tagebücher liegen mit der 2008 abgeschlossenen Edition des Instituts für Zeitgeschichte (Hg.: Elkre Fröhlich) 98 Prozent der Tagebücher gedruckt vor.
Kofler hält sich ziemlich genau an den bekannten Tagebucheintrag Goebbels’ vom 27. März 1942, in dem dieser vom Holocaust als einem »Strafgericht«, das die Juden verdient hätten, und der sich nun »auf die furchtbarste Weise« verwirklichenden Prophezeiung des »Führers« spricht. Kofler übernimmt einen Satz nicht: »Aus dem Generalgouvernement werden jetzt, bei Lublinbeginnend, die Juden nach dem Osten abgeschoben. Es wird hier ein ziemlich barbarisches und nicht näher zu beschreibendes Verfahren angewandt, und von den Juden selbst bleibt nicht mehr viel übrig. Im großen kann man wohl feststellen, daß 60 % davon liquidiert werden müssen, während nur noch 40 % in die Arbeit eingesetzt werden können. Der ehemalige Gauleiter von Wien, der diese Aktion durchführt, tut das mit ziemlicher Umsicht und auch mit einem Verfahren, das nicht zu auffällig wirkt« (Goebbels 1994, 561).
Die österreichisch-britische Journalistin Gitta Sereny führte 1971 ausführliche Gespräche mit dem inhaftierten Franz Stangl (s.u.), die sie 1974 mit Zeugenaussagen und Recherchen im Umfeld Stangls veröffentlichte (»Into that Darkness«). Die unter dem Titel »Gespräche mit dem Henker« (1979) erschienene deutsche Übersetzung war eine wichtige Quelle für Kofler, etwa für die Schilderung der ersten Begegnung zwischen Stangl und Globocnik: »›Es war ein wunderschöner warmer Frühlingstag‹, erinnerte sich Stangl. ›[…] Ungefähr zehn Meter von dem Gebäude entfernt fand ich Globocnik. […] Er begrüßte mich sehr herzlich. ›Setzen Sie sich doch her‹, sagte er und klopfte auf die Bank neben sich‹« (Sereny 1995, 117).
Franz Stangl (1908–1971), ab 1931 im Polizeidienst in Linz und Wels tätig, 1939 Übertritt zur Gestapo, ab 1940 Tätigkeit im Rahmen der »Aktion T4« als Büroleiter der Tötungsanstalt Hartheim, Anfang 1942 von Globocnik mit dem Aufbau des Vernichtungslagers Sobibór beauftragt, ab September 1942 Lagerleiter von Treblinka, nach dem Aufstand in Treblinka im August 1943 Versetzung nach Oberitalien, im »Operationsgebiet adriatisches Küstenland« an verschiedenen Stellen mit der Deportation von Juden beschäftigt. 1945 wurde Stangl inhaftiert, 1948 gelang ihm die Flucht über Rom nach Syrien, 1951 emigrierte er nach Brasilien. Erst 1967 wurde er verhaftet und an die BRD ausgeliefert, 1970 Verurteilung zu lebenslanger Haft vor dem Landgericht Düsseldorf. Koflers Quelle von Globocniks Belobigung von Stangl konnte nicht eruiert werden. Überliefert ist Globocniks briefliche Anfrage bei Himmler aus dem November 1943, in der er bittet, Vorschläge für die Verleihung Eiserner Kreuze »für die besonderen Leistungen dieser harten Aufgabe« (gemeint ist die Durchführung der »Aktion Reinhard«) machen zu dürfen (vgl. IMT 1949, 69).
Reinhold von Mohrenschildt (1915–1990), österr. SS-Hauptsturmführer; s. Eintrag »Von Mohrenschild«
Sobibór: Vernichtungslager im Osten des damaligen »Distrikts Lublin«; s. Eintrag ›Sobibor‹
Kofler gibt hier weiter die Sereny mitgeteilten Erinnerungen Stangls an das erste Zusammentreffen mit Globocnik paraphrasierend wieder. Demnach habe Globocnik von »einige[n] Nachschublagern« (nicht von »eine[r] Art Nachschublager«) gesprochen, die zur Unterstützung der zurückgedrängten Armee im Osten notwendig seien. »Er hatte die Absicht, mir den Aufbau so eines Lagers – es hieß Sobibor – anzuvertrauen. Er rief einen Adjutanten […] und befahl ihm, die Pläne zu bringen. […] Er breitete die Pläne zwischen uns auf der Bank und vor uns auf dem Boden aus«. Stangl gibt auf Nachfrage Serenys an, von Globocnik mit keinem Wort auf »die Juden«, auf den eigentlichen Zweck Sobibórs hingewiesen worden zu sein. (Sereny 1995, 118).
»Der, welcher wandert diese Straße voll Beschwerden, [/] wird rein durch Feuer, Wasser, Luft und Erden« (Assmann 2012, 122): Beginn des 28. Auftritts im zweiten Akt von Mozarts Zauberflöte. s. Eintrag »die beiden Geharnischten aus der Zauberflöte...«
Todeslager der »Aktion Reinhard« im »Distrikt Lublin« des »Generalgouvernements« Polen.
Gitta Sereny schreibt vonStangls Erzählung einer »übergegangenen« Leichengrube in Bezec: Diese Erzählung sei nur in einer von zwei Versionen seines ersten Besuch in Belzec vorgekommen; in Wirths Büro habe man ihm davon erzählt, dass eine Grube übergegangen sei, weil man zu viele Leichen hineingelegt habe – »die Verwesung war so weit fortgeschritten, daß unten alles flüssig wurde. Die Leichen sind übergequollen, aus der Grube hinaus – und den Hang hinuntergerollt« (Sereny 1995, 129).
Christian Wirth (1885–1944), Kriminalpolizist, 1922 NSDAP-Mitgliedschaft, 1939 Wechsel von der SA zur SS, im Zuge der Aktion »T4« war er als Büroleiter an den Standorten von »Euthanasie«-Tötungsanstalten tätig, u.a. im oberösterreichischen Hartheim; von Dezember 1941 bis Sommer 1942 war Wirth Kommandant des Vernichtungslagers Belzec, danach wurde er von Globocnik zum Inspektor für die Vernichtungslager der »Aktion Reinhardt« berufen, im Herbst 1943 ging er mit Globocnik nach Triest, er wurde im Mai 1944 bei einem Partisanenüberfall getötet.
Der Ausschnitt aus dem Herff-Bericht lautet: »Lerch gerhört zu dem Kreis der Ostmärker, die […] Globocnik sich selbst herangezogen hat. Jahrelanger alter Mitkämpfer von Globocnik schon in der Kampfzeit [vor 1938] und völlig sein Mann« (zit. nach Elste 1997, 110).
Rudolf Höß (1901–1947), NSDAP-Beitritt 1922, seit 1933 SS-Mitgliedschaft, ab 1934 Tätigkeit im KZ Dachau, ab 1938 im KZ Sachsenhausen, ab Mai Mai 1940 bis November 1943 Kommandant des KZ Auschwitz, 1947 nach Prozess in Polen hingerichtet.
In den Aufzeichnungen, die Höß während seiner Haft 1946/47 in Polen verfasste, erwähnt er auch einen Besuch Globocniks in Auschwitz: Die Aufzeichnungen Höß’ wurden 1958 vom Münchner Institut für Zeitgeschichte in Ausschnitten publiziert. Kofler dürfte die Passage Puchers Globocnik-Buch entnommen haben (Pucher nahm Einsicht in die Kopie der in Polen aufbewahrten Höß-Aufzeichnungen am Münchner Institut für Zeitgeschichte): »Im Sommer 43 war Glob. auch in Auschwitz, um sich auf Befehl des RFSS [Reichsführer-SS Heinrich Himmler] die Krematorien und die Vernichtung anzusehen. Er fand dies alles aber nichts Besonderes. Seine Stellen arbeiteten vielrascher, und er fing an, mit Zahlen herumzuwerfen über Tagesleistungen und Vernichtungen […] und abgelieferten Werten, die in die Milliarden gingen. Er übertrieb maßlos bei jeder sich bietenden Gelegenheit« (Pucher 1997, 121).
Auch diese Passage aus Höß’ Aufzeichnungen entnahm Kofler sehr wahrscheinlich Puchers Globocnik-Buch: »Globočniks ›fleißige und strebsame‹ Mitarbeiter bezeichnet Höß als ›gescheiterte Existenzen. Sie verstanden es aber, sich bei Glob. unentbehrlich und beliebt zu machen‹« (Pucher 1997, 150).
Udo Jürgens (eigentl. Udo Jürgen Bockelmann, 1934–2014), österr. Komponist und Schlagersänger, im Klagenfurter »Tanzcafé Lerch« hatte er als »Udo Bolán« zu Beginn der 1950er Jahre seine ersten Auftritte (vgl. Postl 2014). s. Eintrag »Udo oder Jürgen«
Otto Retzer (* 1945), österr. Schauspieler und Regisseur, absolvierte im Klagenfurter »Tanzcafé Lerch« eine Koch-/Kellner-Lehre, dort freundete er sich zu Beginn der 1960er Jahre mit Udo Jürgens an (vgl. Lux 2017). s. Eintrag ›Kahlkopf Retzer‹
»Die Gesamtzahl der Mordopfer in Belzec wird auf 600.000 geschätzt« (Jäckel/Longerich/Schoeps 1993, 180). Die von Kofler angegebene Zahl des »Tagesmaximums« entstammt dem »Gerstein-Bericht«: Kurt Gerstein (1905–1945) trat 1941 der Waffen-SS bei und war Mitarbeiter des SS-Hygiene-Instituts. Dort war er für die »technische Desinfektion« zuständig und hatte für den Nachschub an Zyklon B, das man zur Desinfektion von Kleidern und Unterkünften in den Vernichtungslagern und für die Tötungen selbst einsetzte, zu sorgen und »Verbesserungen« bei den Tötungsmethoden auszuarbeiten. Gerstein versuchte einen holländischen Freund dazu zu bewegen, sein Wissen über die Vernichtung der osteuropäischen Juden nach London zu melden. Im April 1945 stellte er sich der französischen Armee und verfasste einen Bericht über seine Zeugenschaft, der eine Grundlage der Nürnberger Prozesse wurde. Gerstein berichtet über einen Besuch beiGlobocnik in Lublin, wo dieser ihm über die drei zu diesem Zeitpunkt (17. 8. 1945) bestehenden »Anlagen« Auskünfte erteilte, darunter bezüglich Belzec: »Maximum täglich 15.000 Personen« (Gerstein fügt hier ein »Gesehen!« hinzu; Joffroy 1995, 510).
Die Enzyklopädie des Holocaust gibt die »Summe der in Sobibor insgesamt ermordeten Juden« mit »annähernd 250.000« an (Jäckel/Longerich/Schoeps 1993, 1333). Die »Tagesleistung« entnimmt Kofler wieder dem »Gerstein-Bericht«, in dem Gerstein davon schreibt, nicht selber in Sobibór gewesen zu sein und von Globocnik die Erläuterung »20.000 Personen täglich« bekommen zu haben (Joffroy 1995, 510).
Im Sommer 1942 wurde im Vernichtungslager Sobibór, während das Gleis der Zubringerbahn zum Lager repariert werden musste, neben weiteren Erstickungsräumen eine Schmalspurbahn errichtet. Auf den Loren der Bahn konnten die Leichen schneller zu den Massengräbern transportiert werden (vgl. Muhle 2016, 152).
Das sogenannte Lazarett in Treblinka war, wie Kofler, schreibt, ein Kulissengebäude und bestand nur aus Außenwänden. Es verfügte über kein Dach, an der Vorderseite war ein rotes Kreuz aufgemalt. An der Rückseite befand sich ein Erdwall entlang der ganzen Länge des Gebäudes, dahinter eine Grube. Am Wall wurden die Opfer mit einem Genickschuss getötet, sie fielen daraufhin in die Grube (vgl. Sereny 1995, 223).
Als »Schlauch« oder »Himmelfahrtsstraße« wurde in Treblinka der Weg zwischen den Auskleidebaracken in Lager I und den Gaskammern in Lager II bezeichnet (vgl. Sereny 1995, 170).
Die Zahlen über die Anzahl der in Treblinka Ermordeten differieren. Stangls Verurteilung 1971 liegt die Schätzung von 900.000 zugrunde, Franciszek Zabecki, der während der gesamten Zeit, die das Vernichtungslager in Betrieb war, als Bahnhofsvorstand in Treblinka Dienst verrichtete und Aufzeichnungen führte, meinte gegenüber Gitta Sereny: »Die Zahl der in Treblinka Ermordeten war 1,200.000, und daran besteht nicht der geringste Zweifel« (Sereny 1995, 298). Kofler entnahm die Zahl 870.000 der »Enzyklopädie des Holocaust« (Jäckel/Longerich/Schoeps 1993, 1430). Koflers Quelle für die Angabe des täglichen »Ausstoßes« konnte nicht eruiert werden.
TopographieOrtschaftPersonNationalsozialistInAutorIn/JournalistIn
Die von Kofler angegebe Zahl ist unklaren Ursprungs, die »Enzyklopädie des Holocaust« spricht von geschätzten 250.000 Menschen, die in Majdanek durch Hunger oder Krankheit zu Tode gebracht oder ermordet wurden (Jäckel/Longerich/Schoeps 1993, 918).
Kofler zitiert in dieser Passage aus dem »Gerstein-Bericht« (s.o.): Kurt Gerstein bezeugt darin die Ermordung hunderter Menschen in einem Durchgang in der Gaskammer des Vernichtungslagers Belzec. Auf dem Weg zur Gaskammer habe ein SS-Mann den nackten Menschen »mit lauter, salbadernder Stimme« gesagt: »Euch wird nicht das Geringste passieren! Ihr braucht nur tüchtig zu atmen, dieses Inhalieren stärkt die Lungen, es ist nötig gegen ansteckende Krankheiten, es ist eine schöne Desinfizierung!«
Kofler zitiert aus Serenys Buch, hier eine Aussage von Franz Suchomel (1907–1979), Mitglied der SS-Mannschaft in Treblinka, über Stangls erste Zeit im Vernichtungslager. Stangl habe den Vorschlag gemacht, im »Schlauch« Kübel für die Frauen aufzustellen, das habe sich in Sobibór als hilfreich erwiesen, Wirth habe daraufhin geantwortet: »Es schert mich einen Dreck, was Sie in Sobibor mit der Scheiße gemacht haben. Sollen die sich doch anscheißen. Das kann nachher saubergemacht werden« (Sereny 1995, 186).
Kofler zitiert frei aus Serenys Buch – hier eine Aussage des Adjutanten von Christian Wirth, Josef Oberhauser (1915–1979), im Düsseldorfer Treblinka-Prozess. Laut Serenys Überlieferung habe Oberhauser ausgesagt, dass Globocnik bei einer Inspektion mit Wirth vor Ort den bisherigen Kommandanten Irmfried Eberl entlassen, dabei »an eine Barackentür auf dem Platz gelehnt«, und gesagt habe,»er würde all das am nächsten Morgen von seinem Büro aus organisieren« (Sereny 1995, 187).
Sämtliche Summen und Mengenangaben, die Kofler in diesem Abschnitt erwähnt, entstammen sämtliche exakt einem Dokumentkonvolut, das für den Nürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher aufbereitet und 1949 veröffentlicht wurde. Darin finden sich die Berichte von Globocnik an Himmler aus den Jahren 1943/44 betreffend die wirtschaftliche Seite der »Aktion Reinhard«. Es ist darin nicht wörtlich von einer »Endabrechnung« die Rede, die Überschrift lautet: »Abgelieferte Werte aus der Aktion Reinhard« (IMT 1949, 58). Welcher Publikation Kofler das Dokument entnahm, ist nicht mehr eruierbar.
Zitat aus dem vierten Vers von Paul Celans Gedicht »Todesfuge«: »wir schaufeln ein Grab in den Lüften da liegt man nicht eng« (Celan 2005, 40)
In den USA und in Brasilien aufgekommene Variante des Volleyballspiels, das mit zwei statt sechs SpielerInnen pro Mannschaft auf Sand gespielt wird; seit 1996 olympische Disziplin. In Österreich war Kärnten Vorreiter bei der Etablierung von Beachvolleyball-Veranstaltungen, 1996–2016 gab es in Klagenfurt ein von Hannes Jagerhofer organisiertes großes Turnier, 2001 erstmals die Beachvolleyball-Weltmeisterschaften.
Kurt Franz (1914–1998), Kochausbildung, 1932 NSDAP-Beitritt, verschiedene Tätigkeiten, 1937 SS-Beitritt, ab 1939 Mitarbeit in der »Aktion T4«, ab Frühjahr 1942 beim Stab Globocniks in Lublin, ab Sommer 1942 Adjutant von Stangl in Treblinka, nach dessen Abberufung im Herbst 1943 Kommandant von Treblinka; er musste das Lager auflösen und alle Spuren beseitigen; danach mit Globocnik, Lerch, Stangl nach Oberitalien; erst 1959 verhaftet, wurde er 1965 zu lebenslanger Haft verurteilt, 1993 Haftentlassung aus gesundheitlichen Gründen. Franz war berüchtigt für seine Brutalität und seinen Sadismus. Mit den von Kofler erwähnten »Wettkämpfe[n], die erst mit dem Tod des Verlierers entschieden waren«, könnten die in der Literatur erwähnten »Strafläufe« in Treblinka gemeint sein: Kurt Franz und Fritz Küttner hätten diese nach dem Abendappell veranstaltet und dabei Häftlinge mit Peitschenhieben zu Tode gehetzt (vgl. Hoffmann 2008, 44).
In Gitta Serenys Buch wird die Erinnerung von Franz Suchomel (1907–1979), Mitglied der SS-Mannschaft in Treblinka, an Kurt Franz wiedergegeben: Franz habe den Hund »Bari« abgerichtet – Sereny ergänzt in einem Einschub, dass es sich dabei um Angriffe auf Menschen, besonders auf ihre Genitalien, gehandelt habe (Sereny 1995, 238).
Bei der Verhaftung Kurt Franz’ 1959 wurde in seiner Wohnung ein Fotoalbum sichergestellt, in dem auf einer Doppelseite Fotos aus seiner Zeit in Treblinka mit der Überschrift »Schöne Zeiten« versehen waren. 1988 gab dieser Eintrag den Buchtitel einer Sammlung aus Texten und Dokumenten von Mördern, Mittätern und Beobachter des Judenmords, die Doppelseite aus dem Album (eine Seite zeigt sechs Fotos eines Fuchses aus dem »Lagerzoo« in Treblinka) wurde abgedruckt (Klee/Dressen/Riess 1988, 206f.).
NS-Propagandafilm (1933), s. Eintrag ›Hitlerjunge Quex‹
Im Zuge der Besetzung Italiens durch die Deutsche Wehrmacht nach dem Waffenstillstand von Cassibile im September 1943 wurde im Nordosten Italiens die »Operationszone adriatisches Küstenland« als Verwaltungseinheit installiert. Sie umfasste das heutige Friaul, Istrien und Teile Westsloweniens samt Ljubljana. Chef der Zivilverwaltung mit Sitz in Triest wurde der Kärntner Gauleiter Friedrich Rainer, Globocnik wurde als »Höherer SS- und Polizeiführer in der Operationszone adriatisches Küstenland« u.a. mit der »Bandenbekämpfung« betraut.

