[136r]

1 Nr. 2

2 Relation

3 Von der reise der röm. ksl. großbotschafft an die ottomannische Pforte, so anno 1719 geschehen, und zwar von Belgrad× aus bis nach Constantinopel×, auch was längst besagten marches vor militarische observationes zu machen.

4 Den 30. Maii de anno seyndt ihro excellenz herr Damian Hugo, des heyligen röm. reichsgraff von Virmond×, ksl. geheimbder und hoffkriegsrath, generalfeldzeugmeister über ein regiment infanterie, als ksl. großbottschaffter an die ottomannische Pforte unter dreymahliger lösung 60 canonen mit 70 schiffen auf der Donau× von Wien× zu Belgrad× ankommen, allwo ihro excellenz der herr großbottschaffter×, von ihro excellenz, dem herrn graffen von Oduyer×, ksl. generalfeldwachtmeister und commendanten empfangen und mit dero suite als cavaliers und gentil hommes zur taffel geladen wor Marches Nr. 18 19 20 21 et 22 Zu der türckischen carten Nr. 12 [136v] den. Unter wehrender zeit bey den gesundheit trincken iedes mahl mit 6 canons gefeuert worden.

5 Biß den 7. Iunii des morgens um 3 uhr haben ihro excellenz, der herr graff von Oduyer×, mit ausmachung undt unterschreibung derer ceremonien bey der auswechslung der großbottschafft mit dem reczep aga als türckischen darzu gevollmächtigten zugebracht.

6 Den 7. Iunii wurde der ksl. ingenieurhauptmann von Öbschelwitz× mit dem türckichen obbesagtem reczep aga auf die gräntze zwischen Baragin× und Raschanic oder zwischen der Nissaer Landstraße und Stolatz× vorausgeschicket, umb allda die gräntzseulen zur auswechslung gedachter großbotschafft setzen zu laßen.

7 Besagte seulen nun wurden gesetzet wie folget: Das loch zur mittlern säule, welche gleich denen übrigen zweyen von stein, wurde auf die linie von der gräntze von beyderseits gleich vielen arbeitern gegraben. Auch die säule mit dergleichen arbeitern aufgehoben, eingesetzet und feste gemachet. Die löcher zu den [137r] andern zwey säulen wurden 20 schritt genau von der mittleren säule, eines herüber und das andere hinüber gemeßen und gezeichnet und diese säulen von iederseits arbeitern allein, sonder einander zu helfen, eingesetzet. Als dann wurden 5 schritte von der mittlern nach der äusern säule auf beyden seiten gleichfals genau gemeßen und gezeichnet, allwo die herren principal commissarii und herren großbotschaffter× von den pferden abstiegen, auch hernach dero cavalliers, welche vorhero 15 schritt von der äusern säule von beyder seiten eine stange gestecket wurde, von denen pferden abgestiegen, stehen bleiben solten, wie auch 60 schritt von leztbesagter säule, bis wohin die commandirte miliz derer herren großbotschaffter marchiren und stehen bleiben solte.

8 Der 9. Iunii seyndt ihro excellenz, der herr großbotschaffter×, in begleitung verschiedener cavalliers mit zwey schiffen von Belgrad× bis Krotzka× gegangen. Deren übrige suite und pagage aber ist so wohl vom ksl. fuhrwesen als andern vorspannungen zu lande [137v] fortgeschicket worden und hat man bey der abfarth von Belgrad× die 60 canonen wiederum 3 mahl lösen laßen. Ihro excellenz, der herr graff von Oduyer×, aber seynd gleichfals zu lande gegangen. Der march zu lande von Belgrad× bis dahin ist 6 stunden.

9 Den 10. seyndt ihro excellenz der herr großbotschaffter×, mit dero völligen suite zu lande bis Colar× gegangen. Der march war 3 stunden 30 minuten.

10 Den 11. über Hassan Bascha Palanka× nacher Battachim. Weilen aber der weg durch das stete regen wetter immer schlimmer worden, ist die meiste pagage diesen tag zurück geblieben. Der march 9 stunden 45 minuten.

11 Den 12. über Devibakerdan nach Iagodin×. Von dar giengen ihro excellenz, der herr graff von Oduyer×, nach Morova Palanka, die brücke, welche zurißen wieder machen zu laßen. Der march war 7 stunden 20 minuten.

12 Den 13., weilen vorige nacht die schiffsbrücke vom großen waßer wieder zerrißen worden, giengen ihro excellenz, der herr general graff [138r] von Oduyer×, des morgens wieder voraus nach Morova Palanka, um die brücke allda wiederum verfertigen zu laßen, welchem ihro excellenz, der herr großbotschaffter×, mit deßen suite folgete. Weiln aber die brücke, ehe sie fertig, zum dritten mahl von denen herabschwimmenden bäumen zerrißen wurde, muste die großbotschafft biß nach mittage an der Morova warten, worauf sie dann nach verfertigung der schiffsbrücken über die Morova und Ravenaz fluß passireten und bis Baragin× giengen, allwo beyde excellenzen× in dasigem palanka logireten, deren suite und commandirte aber meist campiren musten. Der march war 4 stunden 11 minuten.

13 Den 14. Iunii war rasttag und wurden von beederseits herrn großbotschafftern× durch officirer briefe überschicket, wie auch der tag und stunde zur auswechslung gewiß gemachet.

14 Den 15. brachen die commandirten des morgens auf und marchirten nach der gräntze, worauf ihro ex [138v] cellenz, der herr großbotschaffter×, nebst ihro excellenz dem herrn grafen von Oduyer×, als ksl. principal commissarius mit der völligen suite folgeten und bis 1.000 schritt von der gräntze anhielten. Allda wurde ein zelt aufgeschlagen, aus welchem beyde herren großbotschaffter×, nebst die herren commissarii, ihro ankunfft durch officirer einander zu wißen thun ließen. Die commandirte cavallerie und infanterie aber, so wohl ksl. als türckischer seits, rückten bis 80 schritt von der gräntze en ordre de bataille gegen einander an, allwo sie bis zu endigung stehen blieben. Nachdem nun die complimente von beyden seiten abgeleget, begaben sich ihro excellenz, der herr graff von Oduyer×, mit dero cavalliers zu pferde und giengen in begleitung deren bedienten in kostbarer rothen mit silber portirten livree zu fuß dem seraskier, als ottomannischen principal commissarium, biß auf die ausgemachte 15 schritt von der äusern säu [139r] le entgegen, allwo die cavalliers beederseits abstiegen, die pferde stehen ließen undt die herren principal commissarii bis an die 5 schritt von der mittlern oder rechten gräntzsäule zu fuß begleiteten, allwo auch beyde herren principal commissarii von den pferden abstiegen, die herren cavalliers biß einen allda laßend und giengen mit gleichen schritten bis an die mittlere gräntzsäule vollends zusammen, allwo sie einander embrassireten und auf seßeln sitzende ihre complimente ablegeten. Nachdem nun gehörige fragen und antwort geschehen, schicketen besagte herren commissarii dero adiutanten an ihro herren großbotschaffter× und ließen ihnen zu wißen machen, daß sie kommen möchten. Worauf sich denn die herren großbotschaffter× auch zu pferde begaben und mit dero suite in grosser pracht und ordnung zwischen die infanterie durch, gleich denen herren principal commissariis einzogen und einander bey der mittlern säule empfiengen, setzten sich zur rechten ihrer herren [139v] commissarien gleichfals auf taborets nieder, worauf ihro excellenz, der ksl. herr großbotschaffter× seine anrede in lateinischer sprache thate, welche der türckische vezier Mückerem Kumeli Valesi Baiesile Toia Sade Ibrahim bascha× in der seinigen beantwortete. Dann wurden bey einigen andern discoursen einander allerhandt erfrischungen gereichet. Wehrender dieser zeit wurde so wohl aus 6 feldstücken als auch von der sämtlichen miliz in 1.700 mann bestehend, von beyden theilen dreymahlige salve gegeben. Auch wurde die pagage beordert umzupacken und die gräntze zu passiren. Darauf überreichte ieder commissarius seinem herren großbotschaffter× aus seiner rechten hand in die rechte hand des anderen. Als denn nahmen sie allerseits von einander abschiedt, passireten nebst ihrer suite die gräntze, worauf sie sich wieder zu pferde setzten, und nahm ieder offtbenambte commissarius seinen überkommenen herrn großbotschaffter× und begleiteten ihn nach denen zuvor ausge [140r] machten puncten, mit denen bey sich habenden 1.700 mann commandirten, und zwar die rechte handt laßend bis eine stunde vor der gräntze, umb selben allda nach dem ihnen in einem aufgeschlagenem zelt einige confecturen und refrigements gereichet, zu verlaßen.

15Weil nun der seraskier, Urumli Beiglen Beky Abdula bascha Duhum Schade×, als ottomannischer principal commissarius, eine mehrere höfligkeit als in vorigen punckten ausgemachet zeigen wollen, also führete er den ksl. herrn großbotschaffter× 5/4 stunden von der gräntze, allwo so wohl ihro excellenz, der herr großbotschaffter×, als auch deßen gantze suite in einigen darzu aufgeschlagenen zeltern gespeiset und auf türckische art mit waßer und scherbet geträncket worden. Als nun die ceremonien mit der taffel vorbey, beurlaubete sich der seraskier× und gieng mit seinem gefolge, nachdem er den capiczi bascha als spesirungs commissarius mit behöriger convoy an ihro excellenz, den herrn großbotschaffter×, [140v] übergeben, wieder nach Nissa×. Wir aber giengen in unser angewiesen lager, so etwan eine halbe stunde lincker hand der straße und ¾ stunden von Raschanic×, allwo wir die zelter, so uns die Türcken zu unserer reise gereichet, bereits aufgeschlagen funden. Der march war 3 stunden 15 minuten.

16 Den 16. Iunii, weilen die pagage erst die nacht und des morgens völlig in das lager kam, wurde allda rasttag gehalten, welchen tag sich dann auch einige erdbeben spüren ließen.

17 Den 17. marchireten so wohl wir als die pagage, allezeit längst auf einer höhe, lincker hand der straße biß nach Raschanie×, bis wohin 1 stunde 40 minuten. Alsdenn von besagten Raschanie× nach Alexinize, allwo dißseits unser lager zu stehen kam. Der ganze march war 5 stunden 31 minuten.

18 Den 18. Iunii durch Alexinize und bis über Toppolnize bach, allwo wir campiret. Der march war 4 stunden.

[141r]

19 Den 19. marchirten wir mit völliger parade und halber galla unter lösung der 18 ausgemachten canons durch Nissa×, in welchem wir den Nissova fluß passireten und kommen gleich oberhalb Nissa× zwischen den campirenden seraskier× zu stehen. Und ob zwar ausgemachet, daß wir in der festung logiren solten, so wolte es sich doch wegen der engen gaßen und unserer vielen pagage nicht thun laßen. Der march war 2 stunden.

20 Von Belgrad× biß Nissa× nun, wie auch von besagter vestung Nissa von sich selbst, ist folgendes zu observiren: Die straße von Belgrad× bis Iagodin× ist vor eine armee zwar passable, aber nicht allzu commode, weil das land in flachen bergen, auch recht und lincker handt in lauter wald bestehet. Dahero bis zu obbesagtem Iagodin× nirgends genug terrain, allwo eine gantze armee, sondern nur einige regimenter campiren können, und ist die straße von Hassan Bascha Palancka bis Devibakerdan, allwo die berge schon höher, vor artillerie und wägen nicht gar geschwind zu passiren. Dahero müste sich die armee zertheilen und eine part die straße über Abila [141v] und das gebürge Swinia Clissura auf Kraiogawatz und dann nach Iagodin× gehen. An welcher straße nun, so zwar hin und wieder bevoraus auf dem Siwinia Clissura gebürge vor wägen müste repariret werden, besagter theil der armee als denn gnugsame plätze von march zu march zu campiren findet.

21 Bey Iagodin× hat eine große armee zum campement plaz übrig gnug. Von besagten Iagodin× nun biß Nissa× ist die straße so breit und beßer als vorige zu passiren und ist dieselbe auf rechter seite von Morova und lincker hand von denen hohen gebürgen, welche vor wenig infanterie sehr schwer und vor cavallerie gar nicht zu passiren seynd, wohl bedecket, daß also ein feind, so er nicht zuvor an der bäche einem, so von denen gebürgen in die Morova gehen, mit verschantzungen posto faßet, keine diversion machen kan, indem man durch vorausschickung der zimmerleuthe einige brücken über die bäche vor infanterie geschwinde kan machen laßen, [142r] damit gedachte infanterie recht und lincker hand der straße durch den wald gehen, die cavallerie, artillerie und wägen aber auf die straße verbleiben kan. Fourage und gelegene campements finden sich an dieser straße auch von einem march zum andern, es sey denn, daß durch ein sehr trockenes iahr der Schuppellag und Raschanske bach austrocknete, so könte der march von Baragin× biß Raschanie× verändert und von Iagodin× bis auf die plaine bey Stolatz× an der Morova und von dar biß gegen Alexinize genommen werden. Übrigens, weilen die Morova im frühiahr meistentheils groß und nicht allzu krumm wie unterhalb lauffet, könte man auch auf derselben mit fahrzeugen fast biß an Nissa× ein und anders zur armee nöthiges mit hinauf bringen.

22 Die stadt Nissa× nun an sich selbst ist in dem ober oder dißeitigem theil ein wenig größer als die ietzige festung Belgrad× mit einem hohen wall, welcher hin und wieder und gegen die waßer seite fast meist in mit altem mauerwerck ausgefütterten gräben versehen. Um besagten wall ist [142v] ein glacis, welches den wall so bedecket, daß man nichts von selbem als die crone der brustwehr und die batterien auf denen pointen sehen kan. Umb den hohen wall und vorglacis befinden sich trockene gräben, gleich unter ohne böschung ausgegraben. Ienseits oder bulgarischer seite des Nissava flußes ist die brücke (unter welcher eine große mühle) über besagten fluß mit einem regularem horn werck bedecket, umb welches durch den graben die Nissava fließet. Der graben aber ist gleichfalls wie die andern sonder böschung ausgehoben und nicht gefüttert. Um die auf besagter seite liegende vorstadt ist eine linie mit einem banquet 3 ½ schuch hoch und einem graben von 14 biß 16 schuch breit, in welchem gleichfals die Nissava herumfließet, gezogen. Der linie defension bestehet rund herum in kleinen bastions mit face und flanquen und nicht in places des armes oder halben redouten, wie der conducteur Rosseau gezeichnet. Die länge der courtinen von einem kehlpunct zum andern ist 150 biß 180 schritt.

[143r]

23 Die ober stadt× ist dicht und mehr als die vorstadt bebauet, in welcher letztern aber noch bis dato viele neue gebäude aufgerichtet werden. Dahero die gaßen sehr enge und in feuersgefahr große noth haben würde. NB. Weilen durch das mühlwehr an der brücke, wie auch in denen gräben obbsagter wercke, der Nissava fluß kan geschwellet werden, ist so wohl die vorstadt als auch deren äuseres terrain, welches niedriger als das dißeitige, gar leicht zu inundiren, welche inundation aber wiewohl durch ziemliche arbeit abzugraben ist.

24 Die situation nun um die gantze stadt× herum bestehet in gleicher ebene und ist eine circumvallation über die in rechter distanz umher liegende berge gar vortheilhafftig herumzuführen. Die eroberung der stadt× könte nach der zeit daran befindlichen defension und nach eröffnung derer trenchein mit völliger force innerhalb 14 tagen vollzogen werden. Der plan hiervon wird alles deutlicher zeigen.

[143v]

25 Von Nissa× gehet eine hauptstraße oder pass in Bosnien× nach Serallien über Carvin Grad, Palanka Corsumblia und Novi× oder Geni Bazar. Ferner gehet eine hauptstraße von dar über Courvin Grad nach Scopia und weiter hinein.

26 Den 20. Iunii gaben ihro excellenz, der herr großbotschaffter×, in halber galla dem seraskier× die visite, umb ihm den brief von ihro hochfürstlichen durchleuchtigsten dem prinz Eugen überreichen zu laßen. Bey welcher visite denn die gantze suite gespeiset und nachgehends ihro excellenz, der herr großbotschaffter×, nebst denen herren cavalliers und drey gentil hommes mit cafftans verehret wurden.

27 Den 21. gab der seraskier× an ihro excellenz, den herrn großbotschaffter×, die gegen visite, so sonst niemals geschehen, bey welcher die Türcken denn wiederum mit caffee und confecturen, nebst ein und andern refraichements tractiret wurden, da dann auch nach dem abschied der Türcken, ihro excellenz, der herr großbotschaffter×, dem seraskier× die kostbaren ksl. geschencke überschicket. [144r] Bey der visiten war zu observiren, daß so wohl der herr großbotschaffter×, als seraskier× durch die gestellete parade biß in das vorzelt ritten, ehe sie abstiegen.

28 Den 22. marchirten wir wieder unter 3 mahliger lösung der 18 canons von Nissa× ab und giengen zwischen den gebürgen und dem Nissava fluß biß an das Kutinska flüßgen, allwo unweit Koritniack unser lager zu stehen kam. Der march war 1 stunde 9 minuten.

29 Den 23. giengen wir ferner zwischen der Suah felsigten gebürge, aus welchem viele warme bäder entspringen, und den Nissava fluß biß nach Mussa Bascha Palanka×, allwo wir zwischen dem Nissava und Luschniz fluß campirten. 4 stunden von Nissa× kamen wir auf bulgarischen boden. Der march war schwer und 5 stunden 33 minuten.

30 Weilen nun von Nissa× auf Pirot× und Sophia× keine andere straße und eine armee dahin oder hergehen solte, wäre ihr der pass etwan 1 ¾ stunden von Nissa×, allwo eine karaule oder banturen wacht zwischen dasigen hohen gebürgen, so mit wald bewachsen, gar leicht [144v] abzuschneiden und könten ein paar tausend mann, die allerstärckste armee allda aufhalten.

31 Von besagter koraula gegen Mussa Bascha Palanka× nun, gehet die straße etwas lincker hand einen hohen berg hinauf, welche nachdem sie zuvor repariret, dennoch gar schwer vor eine artillerie zu passiren wäre. Wenn man nun von besagten berg, so biß 2 stunden währet, wieder herunter kommet, befindet sich von dasigen Toppolniz bach biß nach Mussa Bascha Palancka× längst dem Nissava fluß ein überaus morastiger und schlimmer weg, so im frühiahr und herbstzeit sonder viele ausbeßerung von einer armee unmöglich zu passiren. Was das campement einer armee an anbelanget, so findet dieselbe so wohl bey Nissa× als Mussa Bascha Palanka× platz und zu einem lager gehöriges auf ein paar tage gnug.

32 Mussa Bascha Palanka× an sich selbst bestehet in einer starcken, in 4 seitigt gemauerten palanka mit 8 thürmen auf der mauer, so bey dieser zeit mit spahi besetzet war und weilen in dieselbe von dem nahe daran liegenden gebürge mit kleinem gewehr gar leicht hinein geschoßen werden kan, hat dieselbe nichts zu bedeuten.

[145r]

33 Den 24. Iunii marchirten wir bis durch den marcktflecken Pirot× oder Schardkier×, allwo in dasigem schloß 3 canons 3 mahl gelöset wurden. Das lager kam gleich bey dem städtgen an der Nissava zu stehen. Der march war 4 stunden 48 minuten.

34 Den 25. war rasttag.

35 Von Mussa Bascha Palanka× nach Pirot× ist wieder eine schlimme straße. Denn auf 43 minuten von der palanka gehet selbige eine viertelstunde hoch den Zernicoir berg gar schrege hinauf, alsdann oben an einer gäh abfallenden höhe hin, allwo es wegen denen herabfallenden quellwäßern viele garstige löcher hat, biß etliche 20 minuten weit fort und eine gute halbe stunde lang zwischen sehr hohes gebürge durch. In dasigem grunde lieget eine karaula, allwo man ohnweit derselben eine armee gar leicht wieder arretiren könte. Nach 10 minuten von besagter karaula gehet die straße wieder an einer abdachung eines berges bis 43 minuten weit hinunter, und zwar von wo sie den berg herauf kommet biß daher allezeit nur einfach, daß dahero eine armee gar schwer zu defiliren hätte. Weil aber das gebürge in kleinen schieferstein bestehet und holtz genug hat, könte die straße durch [145v] vorausschickung der pionniers gar leicht 2 und 3 fach neben einander gemachet werden. So man nun den berg herunter, passiret man noch ein paar kleine höhen und bäche, so ein wenig auszubeßern wären und dann bis Pirot× über lauter acker feld.

36 Pirot× oder Schardkier× lieget lincker hand an den Nissava fluß, zwischen felsen und morast, hat ein alt klein gemauertes schloß, in welchem zu der zeit 3 canons und 1 fahne ianitzscharen zur besatzung waren. Könte auch schon, weiln wegen des daran liegenden scharffen felsens die canons nicht wohl anzubringen, einem kleinem corpo diversion machen, es sey denn, daß man ein paar starcke mortiers dahin brächte, mit welchen man, weilen das schloß sehr enge, die besatzung bald heraus iagen könte. Weil aber auch eine straße zwischen demselben und dem gebürge rechter hand vorbey gehet, kan es einer armee gar nicht schaden, sondern leicht occupiret werden. Auch hat es platz und zugehöriges zum lager einer armee gnug allda. Nach dem ich auf der rückreise in das castell gelaßen wurde, habe gefunden, daß es also ruiniret, daß nicht ein mann einen stand darinnen findet, von wo er heraus feuern könte. [146r] Die 3 canons, so darinnen sind, stehen auf höltzernen batterien. Ist auch kein gebäude darinnen, als heraußen in dem vorgemäuer befindet sich ein wachthauß, in welches nur wache gehet, wenn ein großer herr dar passiret. Auserdem schließen sie nur das thor zu.

37 Zehen minuten über Pirot× gehet eine straße rechter hand ab, über das gebürge, Palanka Tern.

38 Den 26. Iunii marchireten wir allezeit im schmahlen grunde zwischen denen bergen, rechter hand den Nissava fluß hinauf, biß nach dem dorffe Zaribrod, unter welchen das lager zu stehen kam, biß wohin wir 9 bäche zu passiren und gegen Zaribrod gar morastigen weg hatten, daß die wägen fast bis an die axen eingiengen. Der march war 3 stunden 50 minuten.

39 Den 27. durch den Ieschowiz felsen dem dorffe Dragomann, allwo eine straße von Vidin× herkommet, rechter hand vorbey bis nach dem dorffe Slibnick. Der march war 5 stunden 6 minuten.

40 Den 28. Iunii sind wir bis 1 stunde von Sophia× marchiret und ohnweit dem dorff Obello zu stehen kommen. Der march war 5 stunden.

[146v]

41 Den 29. hielten wir den einzug in Sophia× und kam die gantze großbotschafft auser die cavalliers in ein palais oder seraglium zu logiren. Der march biß an die stadt war 1 stunde 30 minuten. Daß palais hatte über hundert zimmer.

42 Den 30. war rasttag und wurde die vorspannung abgelöset.

43 Zwischen Pirot× und Nissa× nun ist 5/4 stunden von Zaribrod gegen Slibnick der dritte und von wägen oder artillerie gleichfals gar schlimme pass durch den Ieschowiz felsen, welcher zu beyden seiten gerade in die höhe stehet und auch 20 minuten lang ist, bey welcher alda befindlichen karaule (oder semen banturen wacht) ebenfalls eine armee durch ein wenig arbeit gar leicht aufzuhalten ist, wiewohl man gegen infanterie das gebürge eine halbe stunde rechter handwerts biß über das Lucovo flüßgen besetzen müste.

44 Weiln nun eine armee bey Zaribrod zum campement, außer sehr zerstreuet zu stehen keinen plaz hat, auch bey Slibnick, allwo zwar plaine genug, aber die berge gantz kahl, man also kein holtz findet, müste dieselbe das lager über Pirot× herauf nehmen, umb folgenden [147r] march biß an das dorff Dragomann zu machen, allwo man sich wegen waßer gleichfals nicht allzuweit extendiren dörffte.

45 Von besagtem Dragomann bis Sophia× ist die straße gantz gut und längst derselben 2 bis 3 stunden breit. Zu beyden seiten viel felder und dörffer, daß also unweit Sophia× gar leicht wieder ein lager kan genommen werden.

46 Was das land von Nissa× bis Sophia× anbetrifft, so bestehet daßelbe rechter hand der straße bis Dragomann in lauter hohem gebürge und wald, welches aber dennoch in thälern, mit Christen bewohnet und befindet sich von Nissa× bis Pirot× das sehr hohe Suba gebürge in lauter felsen bestehend. Bey Dragomann wendet sich das gebürge von der straße etwas rechter hand ab und ist oben meist gantz kahl. Lincker hand der straße aber, gehet das mit wald bewachsene gebürge nur bis Pirot×, allwo sich das Stara Planina oder alte gebürge anfänget undt biß gegen Constantinopel× gehet. Bestehet oben in puren todten felsen, so gantz kahl, woher es auch den nahmen haben mag. Unten in den gründen der felsen aber, und biß auf die helffte hinauf, seynd die schönsten felder, wiesen, weinberge und waldungen, [147v] dahero es auch, wie dasige bauern selbst sagen, durchgehends gar starck soll bewohnet seyn.

47 Sophia× vor sich selbst ist nach türckischer art eine ziemliche große stadt, hat viel einwohner und schöne moscheen, aber gleich einem dorfe gantz offen, könte aber der situation halber schön fortificiret werden, wenn man nicht von dem berge Witoscha, so 1 stunde ablieget, in die stadt hinein sehen könte. Denn ob man schon von demselben mit canons nicht hinein schießen kan, würde man doch in alle wercke sehen, und der garnison thun und laßen wahrnehmen können.

48 Von hier aus gehet eine straße von Leschkowatz U Vranie nach Serallien. Eine gute stunde davon zur rechten lieget der hohe berg Witoscha, von welchem wegen deßen schönen prospects und nutzbarkeit etwas zu melden meritiret. Besagter berg ist 4 stunden hoch, unten um den fluß deßelben, aus welchem 2 schöne in hohem werth gehaltene warme bäder kommen, liegen etliche dörffer mit schönen feldern und weingärten, wird auch weiter zur rechten daßelben viel eysen gegraben. Den berg hinauf hat es etliche absätze oder flächen, auf welchen ersten die schönsten äcker felder. Weiter hinauf verändert sich ieder [148r] absatz und fruchtbarkeit undt clima. Denn da das untere land von der hitze gantz verbrandt oder verdorret, findet man oben das schönste lange graß, welches stehet, als wäre es in einer nacht gewachsen. In denen gründen und an den höhen hat es auch wald oder pusch, so sich gleichfals nach denen höhen oder absätzen verändert. So man weiter hinauf kömmet, seynd auf dasigen wiesen eine sonderliche art wacholderbeersträucher, auch allerhand schöne blumen und kräuter, so ich sonst nirgends gesehen. Gantz oben auf befinden sich sehr hohe berge von gar großen steinen aufgesetzet und läst sich ansehen, als ob sie mit fleiß aufeinander gelegt wären. Aus diesen entspringen viel starcke bäche, so bald über, bald unter der erden des berges herunter rauschen, auch oben gar sumpfichte wiesen verursachen. Zwischen diesen aufeinander liegenden steinen oder felsen lieget gar viel und tieffer schnee, so niemals vergehet. Auf besagtem berge (über welchem eine fahrstraße, so zwar schlecht gehet) werden etliche tausend schaafe und pferde von weiten her erhalten. Übrigens hat man unterschiedener orten des berges ein ungewöhnliches und weites aussehen, so wohl über die darunter befindliche plaine [148v] und dörffer als auch dem herumliegenden hohen, mit schnee bedeckten gebürge.

49 Den 1. Iulii marchirten wir biß nach dem dorff Grublian und kamen über alldasigen fluß Iskar zu stehen. Der march war 2 stunden.

50 Den 2. nach Ieni oder Novi Haan, welches gleichfals ein dorff mit einem schönen haan. Der march war 3 stunden 7 Minuten.

51 Den 3. bey dem dorff Wokerel vorbey nach Ichtemann und wegen der felsigten berge ein sehr schlimmer weg. Der march war 4 stunden 46 minuten.

52 Den 4. war rasttag. Diesen abend war ein gar entsetzliches donnerwetter, welche da zu lande zwischen denen hohen gebürgen gar gemein seyn sollen, und weil zu beyden seiten des thals die berge gar hoch, bließ der wind gleich als in einem blaserohr darinnen her, daß auch die meisten zelte zerrißen und umgeworffen, auch theils wagen in eine ecke fortgetrieben wurden.

53 Den 5. marchirten wir der Porta Traiani unter etwan ¾ stunden rechter hand vorbey und zwar längst in einem bache und sehr tieffen, steinigten, auch schmalen, hohlen wege fort, [149r] so über eine stunde lang und kamen wieder in einem grunde oder ebene bey dem fluße Marize 1 ½ stunde von Banga, so rückwerts lieget, zu bestehen, allwo zur rechten das mit schnee bedeckte Rillo gebürge. In dieser gegend giebt es viel warme bäder. Der march war 2 stunden 50 minuten.

54 Den 6. Iulii passireten wir über dasige brücke die Marize und giengen allezeit zur rechten zwischen denen felsen, längst derselben hin, allwo wir viel schöne marmor felsen antraffen, passirten das dorff Iabrowize und Kisderwen, kamen endlich in einer großen ebene bey dem dorff Serambeick zu stehen. Diesen march kamen wir aus Bulgarien× auf romanischen boden. Der march war 4 stunden 43 minuten.

55 Den 7. marchireten wir nach Passarezick, allwo wir wieder die Marize pasireten, und in häusern logirten. Der march war 2 stunden 51 minuten.

56 Der 8. war rasttag.

57 Von Sophia× bis Passarezick hat eine armee folgendes zu observiren: Erstlich, obschon die aue von besagten Sophia× bis Geni oder Novi Haan bis 2 stunden breit, so ist dieselbe doch von gar viel kleinen bächen, so zur sommerszeit [149v] meistens trocken, und nur vom regen entstanden, dahero sie gar tief ausgewaschene ufer haben. Weilen nun über besagte bäche nur eine einfache straße gehet, welche vor eine armee im marche nicht zulänglich, als wäre nöthig, etliche hundert pionniers voraus zu schicken, umb mehr wege durch die bäche zu machen. Ingleichen befindet sich unweit Geni Haan gegen Ichtemann wiederum eine sehr schlimme passage, so ¾ stunden lang, über einen felsigten berg eingehauen, und gleichfalls zu repariren ist, worauf man dann bis unter Porta Traiani wieder viel bäche, wie vorige, zu passiren hat. Bey der Porta Traiani ist der 4. pass und seynd alda zwey straßen. Die eine, so von unten über den berg eingehauen, gehet durch besagte Porte, die andere gehet unten etwas rechter hand ab und zwar in einem sehr tiefen grunde, in welchen ein bach fließet über eine stunde lang fort, hat auf beyden seiten gar hohe felsen und ist so schmal, daß gar selten ein wagen den andern passiren oder umwenden kan. Ingleichen gehet die straße etliche mahl aus dem bach in die höhe an den felsen über einige brücken weg, allwo man mit langen wagen gar schwer wenden kan. Die brücken auch sehr schlecht sind. Allda könte man wiederum mit einer kleinen gegenwehr [150r] die allerstärckste macht zurücke halten. Und ob ich schon vor dieses mahl von der straße, so durch die Porta gehet, keinen weitlauffigen rapport geben kan, welches bis zu der rückkunfft verschieben muß, so kan doch aus der situation so viel urtheilen, daß, wann man die beyden straßen mit einer linie oder schlantze zusammen hienge, die obere straße auf dem berge gleichfalls zu disputiren sey. NB. Die straße, so lincker hand durch die Porta Traiani nach Passarezick gehet ist kürtzer und fast beßer, als die unten zur rechten hand, aber gleichfals gar schmal und gehet zwar von unten ½ stunde an den berg hinauf, allwo sich besagte Porta (so noch in einem baufälligem bogen von ziegeln bestehet) befindet. Von dar gehet die straße wieder bergunter, bey oben lincker hand liegenden palanka× vorbey, über eine kurtze steinerne brücke, so 1.100 schritt von der Porte, und dann zwischen dem hohen bergen längst einen bach eine stunde weit hinunter, allwo lincker hand am berge eine karaule. Aus diesem grunde gehet die straße wieder längst einem bach eine gute halbe stunde bergauf, biß allwo eine gemauerte palancke, Hissarzig genannt, lincker hand am wege zwischen den bergen liegt und gleich der karaula mit semen besetzet ist. Von besagter palanka× gehet die straße [150v] wieder wie zuvor zwischen den bergen 46 minuten weit bergunter, allwo am ende des paßes das dorff Novaselle, biß wohin die straße meist in felsen eingehauen. Von besagtem Novaselle biß Passarczick gehet die straße auf lauter ebene lincker hand der Marize hin.

58 Von itztbesagtem pass eine stunde weit gegen Passarezick fänget sich der 5. stärckste pass an, so dicht zur rechten an dem Marizefluß 2 ½ stunde lang hingehet. In diesem pass nun, welcher zur lincken über der Marize gar hohe, zur rechten aber etwas niedrigere felsen hat, gehet der weg dichte an den scarpirten marmor felsen über brücken hin. Zwischen diesen zwey angehenden brücken aber, über 4 starcke bäche, so ein sehr hohes felsigtes ufer haben und weiter rechter hand hinauf nicht passiret werden können, sondern nur allein über die hohe und sehr schmale steinerne brücke, so über ieden an den mund deßelben, wo sie in die Marize fallen, gebauet sind. So man nun die felsen lincker hand über der Marize, so sehr hoch und höher als die zur rechten, auch von der natur den weg recht zu bestreichen geleget, nur mit etlichen 100 mann, nebst etliche kleine canons besetzete, [151r] könte die allerstärckste macht, mit was art und weise sie auch nur könne abgehalten werden.

59 Weiln der pass bey Hissarzeg palanka nicht über eine halbe stunde von diesem, wäre gar leicht eine communication über gebürge von einem zum andern zu machen. Zwischen dem vorigen und diesem 5. pass gehet die hauptstraße nach Serallien rechter hand hinein ab, und zwar über Panga, Samkon, Tubnize, Zestentil Panga, Gridere Palanka und Prischtena.

60 Wann man aus besagtem paß heraus kommet, ist eine ziemlich weite plaine, in lauter feld bestehend, und hat biß Passarezik weiter nichts als 6 kleine bäche oder reißgräben zu passiren, über welche, so eine armee nicht längsam defiliren wolte, durch pionniers noch einige brücken könte machen laßen. Zu denen campements findet eine armee auser denen passen, platz und zugehöriges aller orthen gnug.

61 Was das land zwischen Sophia× und Passarezick anbelanget, so bestehet daßelbe zu beyden seiten der straße in lauter gebürge mit wald bewachsen, zwischen welchen aber sich dennoch gar schöne auen und dörffer befinden. Wird auch in dem gebürge zur rechten viel eysen gegraben.

62 Etwas rechter hand ab lieget das Rillo gebürge, so [151v] gleich dem andern, welches weiter gegen Dalmatien× hinein lieget, allezeit mit schnee bedecket. Obschon ich das land recht und lincker hand nicht kundig, so kan doch aus den vielen gebürgen so viel schlüßen, daß eine armee anfänglich bis Passarezick, sonder andre zufuhr über winters schwerlich wirdt subsistiren können, weiln die einwohner aus mangel der verführung (es sey denn nach Serallien) wenig mehr frucht bauen, als sie selbst genüßen können. Was die Marize anbetrifft, ist dieselbe bis hieher mit pferden aller orthen zu passiren, man kan auch hin umd wieder zu fuß durchgehen, es sey denn, daß sie vom regen oder schnee waßer extraordinair groß würde.

63 Die stadt Passarezik an sich selbst liegt an der Marize, über welche eine höltzerne brücke. Ist fast so groß und handelbar wie Sophia×, hat aber noch beßere, auch mehr pallais oder herren häuser, ist im diametro ½ stunde breit und gleichfals wie ein dorff rund herum offen. Ist aber die gelegenste und am besten situirte stadt von allen, so zwischen Belgrad× und Constantinopel× zu fortificiren.

64 Den 9. Iulii marchireten wir an der Marize lincker seits hinunter, giengen durch [152r] Philippopel×, allwo wir die Marize wieder passireten. Und weil die pest in der stadt, haben wir unser lager 24 minuten über dieselbe hinaus genommen. Der march war 6 stunden 18 minuten.

65 Von Passarezik bis Philippopel× hat man lauter plaine, so in ackerfeldern bestehet, und ist zur lincken der Marize 3 biß 4 stunden breit, bis an das gebürge zur rechten der Marize, aber nur 1 biß 1 ½ stunde breit. Es befinden sich aber in dieser gegend viel waßergräben, so express, umb die reißfelder zu überschwemmen, gemacht sind. Daher es auch ohnweit von Passarezik heraus, von dem aus denen gräben getretenem waßer so stehen bleibt, gar übler undt morastigter weg, von deßen gestanck auch die lufft gar unrein wirdt.

66 So nun eine armee darzwischen campiren wolte, müste sich dieselbe aus mangel des holtzes zur rechten der Marize an das gebürge halten.

67 Die stadt Philippopel× ist ohngefehr in der größe wie Sophia×, hat vor alters mauern gehabt, von welchen aber anitzo nicht viel zu sehen. Allhier beginnet die Marize schiffreich zu werden, dahero auch auf denen von bretern [152v] zusammen geschlagenen flößen viel eysen und getrayde von dar nach Adrianopel× geführet wirdt.

68 Den 10. Iulii marchireten wir rechter hand an der Marize hinunter und kamen über den bach Stannimock zu stehen, allwo 2 stunden zur rechten das städtgen Stannimock, nebst einem großen kloster, am gebürge Rupeza lag. Der march 1 stunde 10 minuten.

69 Den 11. längst den Marize fluß so fort durch das dorff Papasli× und kamen bey Hali Aga Czeschma oder röhrbrunnen zu stehen, so etwan ¾ stunden von dem fluß Marize rechter hand ab. Der march 4 stunden 21 minuten.

70 Den 12. kamen wir durch das dorff Niderwen oder Novomahale, so 24 minuten von dem gewesenem lager. Ferner durch das dorff Kogali, Kuruczeschma und Semischcze, allwo auch gleich hinter dem leztern das lager zu stehen kam. Der march 4 stunden 53 minuten.

71 Den 13. rasttag.

72 Den 14. giengen wir durch den marcktflecken Usumschewa und das städtgen Hermanli, bey welchem leztern eine schöne steinerne brücke und haan, kamen endlich bey einem [153r] röhrbrunnen an der Marize zu stehen. Der march gar schwer und 6 stunden 32 minuten.

73 Den 15. marchirten wir durch das dorff Hebibcze und kamen dißeits bey dem städtgen Mustapha Bascha Tzgupri an der Marize zu stehen. Alda ist wiederum eine schöne steinerne brücke von 21 pfeilern und 400 schritt lang über die Marize. Auf diesem march, eine halbe stunde vom lager, ist uns das castell Marco 5/4 stunden vom weg rechter hand am gebürge liegen blieben. Ist nicht groß, aber doch besetzet. Der march 4 stunden 33 minuten.

74 Den 16. Iulii rasttag.

75 Den 17. passireten wir die Marize und durch obbsagtes städtgen, giengen längst an der Marize lincker hand hinunter, marchireten Teckie Haan vorbey und kamen ¼ stunde von Ekmeckcziquoi oder bey einem brunnen an der Marize zu stehen. Der march 3 stunden 38 minuten.

76 Den 18. marchireten wir vollends nach Adrianopel×, in welchen wir den einzug wie ordinari in halber galla hielten, und kamen alda in die häuser zu logiren, weilen wir wegen der pest [154v] nicht wehlen konten, schlecht genug waren. Der march 1 stunde 30 minuten.

77 Den 19. und 20. war rasttag, unter welcher zeit denn die vorspannung wieder abgelöset wurde.

78 Von Philippopel× bis an das dorff Papasli×, so auf 6 stunden austräget, befindet sich zu beyden seiten der Marize eine ziemlich große ebene in lauter feld bestehend, so aber doch zur lincken der Marize breiter als zur rechten, und beyderseits von etlichen bächen, so von dem seitliegendem gebürge in die Marize fallen zertheilet, und ist das holtz bis daher sehr rar. Von besagtem Papasli× aber, bis an den marcktflecken Usunschewa hat es lauter flache höhen mit busch und feld vermischet, so mit vielen kleinen bächen durchschnitten, welche, ob sie schon im sommer meist trocken, einer armee im schleunigem march gleichwohl hindernüße machen solten. Ingleichen ist vor iztbesagtem marcktflecken eine heide oder wiese von einer stunde lang, über welche der weg bey regenwetter ziemlich schlimm seyn wirdt.

79 Von Usunschewa nach Hermonli befindet sich wegen der vielen gründe wieder ein schlimmer weg, [154r] welcher, weil das gebürge allda zu beyden seiten wieder höher, nicht zu umgehen ist, und wäre allhier vor den 6. pass zu rechnen. Denn so man ein paar hohe berge, so dicht zur rechten an der straße liegen, besetzete und mit einer linie längst den allda befindlichen bach auf der höhe ½ stunde lang biß an die Marize hinunter gienge und den berg zur lincken über die Marize, so gleichfals einen bach vor sich, mit anhienge, könte man sich gleichfalls gegen eine ziemliche macht defendiren.

80 Von dar aus bis vollends nach Adrianopel×, befindet sich die straße (welche über lauter feld mit busch vermenget, gehet) gar gut, auser daß dieselbe wie ordinair mit vielen bächen, so meist vom regen entstanden und tief ausgewaschen, traversiret wirdt. Dahero, weil nur eine brücke über ieden, die pionniers allezeit nöthig voraus zu schicken wäre. Was das lager anbelanget, kan daßelbe bis daher aller orten genommen werden.

81 Was das land zwischen hier und Philippopel× anbelanget, so ist daßelbe weit beßer als rückwerts und ob es schon seitwerts noch strichweise gebürge giebet, so ist es doch nicht allzuhoch. Und ist das land aller orthen [154v] so wohl gut bewohnet als gebauet, dahero eine armee dieser gegend schon viel beßer als rückwerts subsistieren könte. Eine stunde rechter hand von Hepipcze und Mustapha Bascha Tzgupri lieget das Karrata oder Schwartze Gebürge, in welchem viel eisen gegraben wirdt. An diesem gebürge lieget auch etwan eine stunde von der straße das castell Macco, welches dem weiten ansehen nach nicht viel zu sagen hat.

82 Die einwohner dieses landes betreffende, so befinden sich in denen marcktflecken und städtgen fast lauter Türcken. Die dörffer aber sind noch meist von Christen bewohnet.

83 Adrianopel× an und vor sich selbst ist sehr groß und volckreich, hat innerhalb eine alte ringmauer, so hin und wieder gar baufällig und mit häusern verbauet ist. In besagter ringmauer oder inneren stadt wohnen meist Christen und Iuden. Neben der stadt× ist ein schloß oder seraglium von großsultan, so ein sehr groß und weitläuffig mit bley bedeckt gebäude, auch meist in wilden gärten bestehet. Gleich unter Adrianopel× fället der Tuncza fluß, so durch die stadt gehet, in die Marize, daher dieselbe schon ziemlich navigable ist.

[155r]

84 Neben der stadt fällt noch über der Tuncza der Arta fluß in die Marize. Aus der stadt× gehet eine steinerne brücke über die Marize, biß unter welche die handelsschiffe von Schmirna gehen können.

85 Zu fortificiren ist die stadt gar nicht, weiln sie in der tieffe und fast rund herum gar hohe berge hat. Um die stadt× herum seynd gar viel weinberge.

86 Den 21. Iulii seynd wir aus Adrianopel× wieder aufgebrochen und bis durch das dorff Habsa marchiret, allwo hart an demselben das lager zu stehen kam. Der march 4 stunden 45 minuten.

87 Den 22. durch das dorff Minorelligoi und biß an das städtgen Babeisky, allwo wir dißeits desselben campireten. Der march war 4 stunden 7 minuten.

88 Den 23. durch Babeisky, so gar klein und durch das städtgen Bürgas, hinter welchen wir wieder stehen blieben. Der march 3 stunden 47 minuten.

89 Bürgas ist eine der besten kleinen städte, hat auch feine herrn häuser und von hier ist das meer noch eine tagereise, biß wohin lauter ebene.

90 Den 24. rasttag.

91 Den 25. nahmen wir unser lager bey dem städtgen [155v] Karischran, allwo ein klein seraglium vom großsultan. Der march war 3 stunden 10 minuten.

92 Den 26. kamen wir gleich hinter dem städtgen Czorlu zu stehen, welches vor alters eine mauer gehabt, so aber anitzo gantz eingefallen. Von dar siehet man das meer. Der march war 3 stunden 47 minuten.

93 Den 27. marchirten wir bis an das dorff Kunikli. Der march war 2 stunden 45 minuten.

94 Den 28. kamen wir nach 2 stunden an das meer, langst welchem wir dann bis an die stadt Silivria marchireten. Der march war 4 stunden 3 minuten.

95 Den 29. war rasttag.

96 Silivria lieget an einem berge oder hohen ufer des meers, hat eine alte mauer mit gar eingefallenen thürnen, ist darinnen gar wüste und meist mit Christen und Iuden bewohnet. Die rechte stadt lieget auserhalb der mauer und ist durchgehends mit Türcken bewohnet. Allhier ist ein hafen, in welchem wegen fläche des meers nicht allzugroße schiffe gehen können.

97 Den 30. marchireten wir längst dem ufer des meers, passireten das dorff Bivatos und Gallos, welche beyde alte bleckthurne zuvor seeräuber [156r] gehabt. Unser lager kam dißeits an Ponte Grande× oder Buiukzczeckmercze× zu stehen. Der march war 5 stunden 7 minuten.

98 Den 31. Iulii passirten wir den arm oder meerbusen über Ponte Grande× und durch den ienseits davor gelegenen flecken, kamen des großveziers garten, und dem dorff Horramidere vorbey, giengen noch über Ponte Piccolo× und dasigen flecken, kamen endlich an das lusthauß Hasnatar Czifftlick, so dem itzigem türckischem großbotschaffter× zugehörig, bey welchem wir wegen der pest in Constantinopel× ¾ stund von der stadt, und ein halbe stund vom meer stehen blieben. Der march 5 stunden.

99 Ist also der march von Belgrad× bis Constantinopel×, und zwar im schritt zu pferde zu verstehen, 162 stunden, 48 minuten.

100 Von Adrianopel× bis Constantinopel× ist die straße an sich selbsten sehr gut, auser daß dieselbe alle viertel oder halbe stunden (wegen der vielen bäche, so von der lincken zur rechten, wordurch die straße ins meer fließen) berg auf und unter gehet. [156v] Denn obschon die meisten bey sommers zeit trocken, so hat doch ieder durch die länge der zeit und des regenwetters sich so tief eingewaschen und einen grund oder thal formiret. Derer bäche nun giebt es von Adrianopel× bis Constantinopel× 85, über welche in der straße meist brücken sind und seitwerts derselben mit pferd und wagen selten zu passiren seyn.

101 NB. Von dem dorffe Gallos am meer, allwo ein ruinirter blockthurn, gehet längst der straße über Ponte Grande× und Piccolo× biß Constantinopel× ein steinweg, so zwar gar schmal und auser schlimmen wetter gar nicht gefahren wirdt.

102 Das land zwischen besagten beyden städten bestehet so weit man recht und lincker handt sehen kan in lauter feldern mit vielen dörffern bebauet. Das holtz und graß ist sehr rar und siehet man auser 9 stunden von Adrianopel× heraus weder busch noch bäume. Die dörffer sind allhier mit Grichen und Türcken bewohnet, die arbeit aber wird fast gantz von Griechen und andern Christen, so von weiten um geld zu verdienen anhero kommen, verrichtet. Dieser gegend regnet es sommerszeit wenig, soll aber im herbst und frühiahr desto heftiger seyn. [157r] So nun eine armee in dieses land kommen solte, müste es auf das späteste im monath Iunio geschehen, damit sie sich mit fourage versehen könte. Denn im monath Iulio wird schon alles getraydig gehauen und auf dem felde durch ochsen und pferde mit schleiffen in welchen viel feuersteine stecken, gantz zu hecker zerpflegget, daß das stoh fast gar nichts nütze wirdt. Das getrayde aber wird theils in die städte, theils aufs meer verkaufft, dahero eine armee, wenn das getreyde oder frucht aus dem felde, unmöglich subsistiren kan. Die zwey brücken oder marktfläcken, als Ponte Grande× und Piccolo× wären auch vor päße zu rechnen, sey dann, daß man dieselben lincker handt, oben durch das gebürge umb marchiren könte, von welchem keine gewißheit erfragen können. Umb Constantinopel× herum giebet es wenig dörffer, aber gar viel vorwerge oder herrenhöfe, welchen das herumliegende feld zukömbt. NB. In diesen vorwergen oder lusthäusern sind gar schöne und grosse bäume als cypressen-, granat-, lorbeer- undt feigenbäume und dergleichen, so gantz wild wachsen.

103 Constantinopel× an sich selbst ist wie bereits welt [157v] kündig sehr groß, hat gegen die landseite gedoppelte mauer mit unterschiedenen eckigten thürnen, so in ieder mauer etliche 90 biß 100 schritt voneinander. Die dritte mauer, so am graben, ist gar niedrig und mit schießlöchern, ist mehrentheils eingefallen. Gegen die waßerseite ist meist einfache mauer, so gleichfals mit thürnen versehen, und sind die mauern und thürne, ohngeachtet des großen alters noch ziemlich gut. Eine weitere beschreibung darvon zu machen wird ohnnöthig seyn, weilen man deren ohne dem bereits genug hat.

104 So man nun in diesen landen einen krieg bekäme oder führen müste, so hielte ich meines erachtens vor das rathsambste zu seyn, Vidin× und Nissa× zuerst wegzunehmen, um dadurch Bosnien× so wohl von der nissaer als auch von der dalmatier seite occupiren oder abzuschneiden können. Und weil wegen dem zur rechten hand liegenden Albanien× und Grichenland nicht rathsamb, den krieg ferner gegen Constantinopel× fortzusetzen, in deme man allezeit aus so großen ländern einen einfall oder occupirung zugewarten hätte, könte man die päße wohl ver [158r] wahren und den krieg ferner über der Donau× in der Wallachey und Moldau× fortführen, allwo man allezeit die flügel von der Donau× und Niesterfluß gedecket hätte, auch die in die Donau× herabfallende flüße sehr nützlich gebrauchen könte. Wann man sich nun des landes, so wohl neben als zwischen der Donau× und Niesterfluß bemeistert, könte man die länder als Grichenland, Albanien× und dergleichen, durch auswertige allianzen zur see, wie auch von der Donau× herüber entweder bey Adrianopel× (worzu der Marizefluß bequem) oder bey denen Dardanellen und Constantinopel× selbst occupiren, iedoch daß sich die aliirten zur see zuvor der benöthigten insulen bemächtiget und man sich der christlichen einwohner freundschafft versichert hätte.

105 NB. Was die 4 Dardanellen am Schwartzen Canal zwischen Constantinopel× und dem Schwartzen Meer anbelanget, so haben dieselben nicht gar viel zu bedeuten, indem sie nur in bloßen mauern mit thürnen bestehen und so man etliche biß 16 canons aufs land brächte, könte man von denen allda befindlichen bögen die mauren in kurtzen übern hauffen schießen. Einige thürne darinnen seyn wohl vor canons gebauet, weiln dieselben aber von der höhe auf das waßer [158v] schlechten effect thun, stehen keine darinnen, sondern haben bey ieder Dardanelle unten am ufer des canals biß 23 canons unter ein dach gesetzet, umb den canal auf dem waßer hin desto beßer zu bestreichen. Deßgleichen befinden sich an dem ksl. seraglio außer der mauer am meere 70 canons, theils mit, theils ohne laffetten, ingleichen auf dem Leonderthurm 7 canons. Dieses wäre denn, was man von besagter reise oder straße mit kurtzem melden können.

106 Otto Friedrich von Öbschelwitz×

107Ksl. ingenier haubtman

[159r] [159v] 1719, 30. Mai - 31. Iuli N. 1