[Nr. 4](/o:vipa.i.hbg.1720) d.d. Belgrad
3. Junii 1719
Hochlöblichster ksl. hof-kriegs-rath p.
Gleich wie eüer hochfürstlichsten durchleüchtigsten excellenzien und meine
hochgeehrtiste herren durch lezte ordinaire post gehorsambst und dienstlich
berichtet habe, daß zwar damahls ein aga allhier angekomben,
welchen der seraskier von Nissa abgeschickht, umb
das caeremoniale zur verwechslung auf der gränize meiner und des ottomannischen pottschaffters, alß eines und des anderen
reception zu vergleichen, man aber damahls noch nichts zuständen gebracht gehabt
oder verläßliches davon schreiben können. Also ist sodan anjezo der herr general Oduyer mit ihme nach villen
schwärigkeiten übereinsgekomben und hat sich auf verschidene zu papier gebrachte puncta einverstanden, welche er, wie zu hoffen, noch mit
heünt abgehender post einem hochlöblichsten ksl. hof-kriegs-rath einsendten wirdt
können und ich mich auf deren enthalt und was er sonsten dabey ausführlich
berichtet, gehorsambst und dienstlich beziehe. Es hat mir wehrend diser abhandlung
ermelter herr general Oduyer allzeit das, was
dabey vorgekomben, referirt und habe ich zwar jedesmahlen meine mainung ihme darüber
eröffnet, das werckh aber auszuführen alle hand gelassen, wie es dan auch ihme
aufgetragen ware und er es schon noch vor meiner ankhunfft durch den vormahls hier
gewesten
aga, in denen vornembsten puncten bey dem seraskier zu Nissa angebracht, also daß auch der articul wegen der revisite
und des vorsitz oder ehrenplaz bey denen besuchungen schon auf dem tapet gelegen und
obwollen der zu tractiren anhero geschickhte aga sich sehr
hartnäckhig dargegen bezaiget, auch ex capite religionis und mit unterschidlichen
vorwanden, besonders mit dem, daß ein bassa mit drey roßschwaiffen niemandt besuchen
därffte, sich opponiren wolte, so hat man doch geglaubt, daß diser articul noch zu
erhalten seyn wirdt und da mir der Türckhen tractirens arth von Posaroviz her bekhant ist, so bin auch nicht zuwider gewest, daß standthafftig darauf getrungen worden,
sondern gleichfahls meines orths diejenige rationes und argumenta suggerirt und
alles das an die hand gegeben, was mich gedunckhte, des aga
seine allegirungen zu widerlegen und dise grosse vortheyll zu erlangen. Besonders
aber hat nicht wenig darzue gedienet, daß auf mein anhandgebung dem aga remonstrirt und wohl in kopff gebracht worden, daß es
gleichfahls umb die mehrere erheb- und beleüchtung seines sultans hochheit dabey zu thuen seye, weillen ihrer ksl. und cathol. Mt. intention, seinem pottschaffter darumben sovill ehr anthuen zu lassen, damit sie ihre hochachtung gegen einen
ottomannischen kayser besser und umb so kentlicher vor der welt an tag geben und
durch dergleichen höfflichste tractament disen von anderen potentaten zu
distinquiren, wohingegen dieselbe durch sye, Türckhen, selbst davon abgekheret
wurden, wan man nicht auch dero pottschaffter auf gleiche arth honoriren solte. Ich
mueß sonderlich des herrn general feldwachtmaisters grafens von Oduyer in diesem ganzen werckh erwisenen und
angewendtem beschaidenen eyfer, auch geschickhlichkeit rüehmen und were unter
anderen auch auß disem abzunehmen, wie schwähr es denen
Türckhen geschehen seyn müesse, den articulum receptionis auf eine solche weis
(davon noch kein exemple) einzugehen, da der aga, wie mir mehrgedachter herr general Oduyer gesagt, fünffzig beütl
geld angetragen, wan man desistiret hätte, zuesezend, daß der seraskier dem sultan selbst, wan er zu ihn nach Nissa kombete, nicht
mehrer venerirung anzuthuen wuste, alß für mich, alß ihrer ksl. und cathol. Mt. pottschaffter in disem vergleich
bedungen worden, welches ich zwar für eine etwelche exagerirung halte, die dahin
muethmassentlich abzihlet, umb zu verstehen zu geben, wie
grosse sachen sie eingestandten hätten. Es seye aber, wie ihm wolle, so ist nicht
ohne, daß es zu ihrer ksl. und cathol. Mt.
decor vortrefflich geraichet und es einer allerunterthänigsten schuldigkeit zu seyn
erachte, sich mit derselben darüber allergehorsambst zu erfreüen.
Solchemnach ist zwar dise sach geschlüchtet, ich mues
aber beklagen, daß sowohl zu hemmung ihrer ksl. und cathol.
Mt. dienst, alß zu meinen last ville täge schon dahier verlohren und noch
mehrers verliehren werde müessen, weillen die zu fortbringung meiner bagage nöttige wäg, alß eben auch die zum permutations-actum commandirte trouppen noch nicht an der hande, sonderlich
aber die von denen löblichen regimentern Vasquez und Cordova nach der ihnen
vorgeschribenen marche-route erst ohngefehr den fünfften
dises hier eintreffen sollen, obwollen man noch gar nichts gehört, wo sie
zu stund seyn möchten.
Es seyndt zwar vorgestern die auß dem Bannat commandirte mannschafft und wägen auf der andern
seitten der Donau unweit von hier angelangt, so hatte sich aber wegen transportirung
derselben ein differenz eraignet, indeme das wasser starckh ausgegossen ist und man nicht an die gewöhnliche überfuhr komben kan, welches
doch mittels meiner gehoben und ausgemacht worden, daß sie zwischen morgen und übermorgen
disseiths gebracht sollen werden, dahero auch ich künfftigen montags, alß den fünfften dises, mich
moviren und nach Semendria zu wasser hinabruckhen werde, umb alles meines orths anzukheren,
was möglichst meinen weitheren zug und reys beförderen kan.
Eben wegen der noch ermangleten commandirten mannschafft und nicht zusamben
gebrachten vorspann hat man in denen caeremonial
vergleichen oder reglement den tag der permutation soweit hinauß sezen müessen, umb
sicher zu seyn, biß dahin an der stell einzutreffen und allen mißvergnügen und
beschwehrden der Türckhen vorzukomben, wan sie etwan alda widerumb wartten müesten.
Ich empfehle mich hiemit gehorsambst und verbleibe.
Euer hochfürstlichsten durchleuchtigsten excellenzien und meiner
hochgeehrtisten herren.
Gehorsambst und dienstschuldiger diener Damian Hugo graff von Virmonten
Belgrad
den 3. Junii 1719
1719 3. Iunii
Exped. Wienn den 11. Junii
1719