GL 1 Bischof Altmann von Passau Wissenschaftliche Bearbeitung Friedrich Hausmann Historische Landeskommission für Steiermark Historische Landeskommission für Steiermark Institut für Geschichte, Karl-Franzens-Universität Graz Austria Zentrum für Informationsmodellierung - Austrian Centre for Digital Humanities, Karl-Franzens-Universität Graz Austria GAMS - Geisteswissenschaftliches Asset Management System Creative Commons BY-NC-SA 4.0 2007 2021 Graz o:stub.58 Urkundenbuch des Herzogtums Steiermark Projektleitung Historische Landeskommission für Steiermark Angebl. Or. Linz LA: Gleink U 1 (A). Abschr. Mitte 13. Jh. München HStA: Passau L. 4 fol. 12r (B). Bischof Altmann von Passau erhebt die Kapelle zu Dietach zur Pfarrkirche Latein Urkunde Siegel aus rotbraunem Wachs, durchgedrückt, leicht beschädigt, rund, + ALTMANNVS . DI (D mit waagrechten Kürzungsstrich in der Schaftmitte) . G[RA . PAT]AVIENSIS . EPS (P mit waagrechten Kürzungsstrich in der Schaftmitte), Bischof in halber Figur im Ornat mit Mitra (hohe Hörner über den Schläfen), in der Rechten Stab, in der Linken ein schmales, geschlossenes Evangelienbuch vor der Brust haltend. — Abbildung bei Zauner a. a. O. nach S. 32 Nr. 1 und Steiner a. a. O. 2 (1998) Tafel XI Abb. 36. Unecht. 1088 Juli 19, Lorch. Lorch Bischof Altmann von Passau Gleink Pusch, Chronologia 1 (1715) 31f. und 255-257 unvollst. = Hansiz, Germania sacra 1 (1727) 279 Nr. 38 = Caesar, Annales 1 (1768) 739 Nr. 2. — Kurz, Beytr. 3 (1808) 294 Nr. 1 aus A. — Mon. Boica 29/2 (1831) 44 Nr. 44 aus B. — UBLOE 2 (1856) 117 Nr. 82 aus A irrig zu August 19. Ausz.: Hormayr, Archiv 6 (1815) 469 = Hormayr, Beytr. 2 (1819) 170f. — Zauner in MOÖLA 9 (1968) 46f. Anm. 121-124. Reg.: Frölich, Specimen 2 (1758) 183. — Hormayr, Archiv 3 (1812) 218 = Hormayr, Taschenbuch 3 (1813) 227 = Hormayr, Archiv 6 (1815) 499 = Hormayr, Beytr. 2 (1819) 111f. — Pritz, Gesch. v. Garsten u. Gleink (1841) 212 Nr. 1. — Muchar, Gesch. 4 (1848) 327. — Zauner a. a. O. 135 Nr. 1 irrig zu August 19. — Boshof, RBP 1 (1992) 121 Nr. †408. Schriftprobe: Stülz in AÖG 3 (1849) Tafel I Nr. 1.

Stülz a. a. O. 270 und 278f. erachtete die Urkunde trotz der schon von ihm festgestellten “großen Ähnlichkeit" der Schrift mit jener der mit 1128 datierten Ur­kunde des Bischofs Otto I. von Bamberg (s. Nr. Gl 3) dennoch als echt, desgleichen der Druck im UBLOE. Seit Melzer, Urkunden (1905) 25-28, Mitis, Studien (1908) 151, 156f. und 170, insbesondere Zauner a. a.  O. 45-47 und 116f. und diesem folgend Fichtenau, Urkundenwesen (1971) 248 und Reichert, Landesherrschaft (1986) 276 ist sie als eine um 1230 angefertigte Fälschung erkannt. Zur Problematik der “Stiftbriefe" des 11./12. Jahrhunderts, insbesondere mit Bezugnahme auf Bischof Altmann s. Fichtenau a. a. O. 248ff. und Boshof in MGH Schriften 33/1 (1988) 519ff.

Von gleicher Hand wurden auch die unechten Urkunden für Gleink auf die Namen von Bischof Otto I. von Bamberg von 1128 Januar 1 (s. Nr. Gl 3) und Herzog Ludwig I. von Bayern von 1220 September 23 (UBLOE 2, 620 Nr. 420) sowie für das Spital am Pyhrn von 1225 Juni 16 (UBLOE 2, 655 Nr. 453) angefertigt, desgleichen die echte Urkunde des Herzogs Leopold VI. von Österreich und Steier für Gleink von 1224 Juni 14 (BUB 2, 80 Nr. 262); damit ergibt sich die zeitliche Einordnung dieser Gruppe von Fälschungen.

Zusätzlich zur Schrift und dem für 1088 ungewöhnlich voll ausgebildeten Formular liefern auch die personellen und sachlichen Angaben in der Urkunde weitere eindeutige Beweise für die Fälschung: Die Zustimmung der Kanoniker und Ministe­ria­len zu Verfügungen des Bischofs über Kirchengut ist zum angegebenen Zeitpunkt einzigartig. Markgraf Otakar I., der Vater des Tauschpartners, konnte in Hinblick auf seine Lebenszeit — er ist erst seit 1048 urkundlich faßbar und starb wahrscheinlich 1075 (s. Dopsch in Werden d. Stmk. (1980) 91ff.) — und der Sedenzzeit des Bischofs Pilgrim — 971 bis 991 — unmöglich von diesem Lehen erhalten haben. Graf Arnulf — richtig wäre Arnold (II.) — von Lambach und Wels, seit 1035 Vorgänger Otakars I. in der Karantanischen Mark, der diesem als Blutsverwandter die Lehen vererbte, war gleichfalls kein Zeitgenosse Pilgrims. Auffallend sind auch die der neuen Pfarrkirche gewährten besonderen Vergünstigungen. Von den geistlichen Zeugen ist der Dompropst Dietmar nur noch in einer anderen Fälschung, die anderen gar erst in Urkunden des 12. Jahrhunderts, überdies dort in anderen Funktionen faßbar; bei der Entlehnung ihrer Namen aus der Vorlage hat der Fälscher die dort zur Kennzeichnung der in Gruppen zusammengefaßten Dignitäre notwendigen Interpunktionen hier irrig anders gesetzt. Auch die als Zeugen angeführten Laien sind erst im 12. Jahrhundert nachweisbar.

Anlaß für die Fälschung war einerseits das Fehlen von Urkunden aus der Grün­dungszeit. Diesbezüglich findet man in der echten Urkunde des Herzogs Leopold VI. von Österreich und Steier betreffend Dietach von 1220 Juli 12 (BUB 2, 32 Nr. 229) die Bemerkung, daß durch Brand, Gleichgültigkeit oder sonstwie die älteren Urkunden des Klosters in Verlust geraten sind (privilegia ... Glvnicensi cenobio collata, que per incendium et per negligentiam seu quocumque alio modo sunt deperdita). Andererseits benötigte man im vorliegenden Fall einen urkundlichen Beweis für den Erwerb der Pfarrechte für die Gleink benachbarte, früher zur Pfarre Sierning gehörende Kapelle in Dietach, die Eigenkirche der Otakare war und erst von Herzog Leopold V. von Österreich und Steier 1194 dem Kloster überlassen wurde (s. BUB 1, 111 Nr. 83), desgleichen für die Sicherung der Inkorporation. Der dadurch entstandene Streit mit dem Pfarrer von Sierning wurde erst durch ein von Papst Urban IV. eingesetztes Schiedsgericht 1263 beendet; vgl. dazu im einzelnen Zauner a. a. O. 40-51.

Für die Textgestaltung bediente sich der Fälscher mehrerer Vorlagen im eigenen Haus und in der unmittelbaren Nachbarschaft: Die Invokation in erweiterter Form ist der echten undatierten Urkunde des Bischofs Ulrich I. von Passau für Garsten (s. Nr. Ga 2) entnommen (= VL I), die Intitulation dagegen der unechten Urkunde des Bischofs Altmann für St. Florian von 1071 Juni 25 (UBLOE 2, 96 Nr. 75 (= VL II). Für den Anfang der Arenga diente die im Kloster befindliche Urkunde des Passauer Bischofs Konrad I. von 1151 (s. Nr. Gl 4) als Vorbild (= VL III). Die Ankündigung der Zeugen und der Spitzenzeugen stammen aus der Vorlage II, die danach genannten Passauer Kanoniker sind der echten Urkunde des Bischofs Reginbert von Passau für Pfarre bzw. Spital zu Vöcklabruck von 114(6) Dezember 26 (UBLOE 2, 241 Nr. 161; zur Datierung vgl. Boshof a. a. O. 196 Nr. 643), deren Original seit der 1159 erfolgten Unterstellung unter das Stift St. Florian (s. UBLOE 2, 298 Nr. 201) dort verwahrt wird, nachgebildet (= VL IV). Die Archi­dia­kone, Dekane und Kapellane, unzutreffend durch den erwähnten Abschreibfehler des Fälschers, stammen aus der Vorlage I. Die als Zeugen angeführten Laien sind abwechselnd den Vorlagen IV und I entnommen. Der letzte Zeuge (ohne Zuname) wird in der ebenfalls vom Fälscher angefertigten unechten Urkunde des Bischofs Otto I. von Bamberg von 1128 (s. Nr. Gl 3) als Reinherus de Stire bezeichnet. Für die Datierung war die unechte Urkunde des Bischofs Altmann von Passau für Garsten von 1082 (s. Nr. Ga 1) zum Teil Vorbild (= VL V), von der auch die Textgestaltung als Tausch übernommen wurde. Auch die Bemerkung, daß Markgraf Otakar I. in Rom verstarb, weist auf den Einfluß von Garsten hin (vgl. dazu Nr. Ga 5 sowie die Fälschungen Nr. Ga 6 und Ga 10).

Das falsche Siegel ist nach der Meinung von Mitis a. a. O. 237 einem Siegel des Bischofs Konrad I. von Passau nachgebildet, dazu neigt auch Steiner, Bischofs­siegel 1 (1998) 64 Nr. 4, doch ist eher der Ansicht von Zauner a. a. O. 34 der Vorzug zugeben, daß man das falsche Siegel der vorerwähnten Altmann-Urkunde für Garsten nachahmte.

1088 Juli 19, Lorch. Lorch 1088-07-19

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Urkundenbuch des Herzogtums Steiermark

Mit den hier zusammengestellten 164 Texten beginnt eine Neuedition jener rechtserheblichen mittelalterlichen Dokumente (Urkunden) aus der Zeit bis 1192, welche einen Bezug zur Steiermark aufweisen. Erfasst wird damit jener Zeitraum, in welchem die Steiermark noch nicht in Personalunion mit Österreich verbunden war. Die wissenschaftliche Bearbeitung erfolgt durch em.Univ.-Prof. Dr. Friedrich Hausmann im Auftrag der Historischen Landeskommission für Steiermark.

MARC Relators für Rollen

DCTerms Datumsspezifikation

Bischof Altmann von Passau erhebt, nachdem Markgraf Otakar [II.] von Steier entfremdete Lehen um den Hausruck und vor dem Keßlawald sowie verstreute Lehen bei den Bächen Trattnach, Innbach und Aschach bis hin zur Donau und die an Passauer Ministerialen ausgegebenen Lehen im Traunfeld zurückgestellt und auf das Präsenta­tions- und Zehentrecht in den Pfarren Pichl und Gunskirchen verzichtet hat — dies alles hatte der Markgraf und sein in Rom verstorbener Vater Markgraf Otakar [I.] einst von Bischof Pilgrim von Passau zu Lehen und war von dem blutsverwandten Grafen Arnulf von Wels und Lambach an die Markgrafen gekommen —, dafür im Tausch mit Zustimmung seiner Kanoniker und Ministerialen die auf Eigengrund errichtete und zur Burg Steyr gehörende, schon von Bischof Pilgrim und nach einem Brand abermals von ihm geweihte exemte Kapelle in Dietach zur Pfarrkirche mit allen ihr zustehenden Rechten, bestimmt die Grenzen des Pfarrsprengels und erlaubt, daß bei einem vom Diözesanbischof verhängten Interdikt daselbst Gottesdienste gehalten und von diesem Exkommunizierte bestattet werden dürfen.

Online-Erstpublikation der Neubearbeitung als PDF basierend auf LaTeX Zusätzliche Überführung der Daten von LaTeX ins TEI-Format unter Verwendung eines speziellen Schemas für Urkunden und Anreicherung mit Normdaten (GeoNames für Orte, GND für Personen); PDF der Erstpublikation bleibt unverändert erhalten
Band I München, Bayerisches Hauptstaatsarchiv Linz, Oberösterreichisches Landesarchiv 1050 - 1099 Gleink

(C.) ‡ In1 nomine sancte et individue trinitatis, patris et filii et spiritus sancti1 , amen. Altemannus2 dei gratia ‡ * Patauiensis * episcopus et apostolice sedis legatus cunctis * Christi fidelibus imperpe­tuum2. Officii3 nostri ratio id postulare videtur, ut 3 iuxta apostolum sapientibus4 et insipientibus debitores4 effecti dominici tritici mensuram conservis devote dispensemus et tam fidelium laicorum quam etiam Christi ecclesiarum utilitatibus vigilanter insudare curemus. Unde notum facimus cunctis Christi fidelibus tam futuris quam et presentibus, quod nos universorum communi consilio canonicorum videlicet atque mini­sterialium nostrorum commutationem fecimus cum inlustri marchioni Stirie Otakkerio pro commodo sancte Pataviensis ecclesie, cui indigni deo favente presidemus. Ipse quippe marchio respectu Christi sed et nostra sedula commonitione inductus resignavit ecclesie per manum nostram plurima beneficia sua diu ab ipsa alienata, sita autem ubia circa montem Husruͦke atque supra Kezelarwaldeb, item sparsim posita circa istos rivvosc Trahtina, Innen atque Ahsa usque in Danubium, item supra Truͦnvelde sua beneficia, que ministeriales ecclesie ab illo suscepta in beneficio tenebant. Item resignavit ius petitionis ac decimationis parrochiarum Puhele et Gundeskirchen. Hec omnia predictus marchio atque pater eius Otakkerivs, qui Rome obiit, dudum ante etatem nostram a Pilgrimo Pataviensi episcopo in beneficium susceperat et ea ab Arnulfo magnifico comite de Welsa atque de Lambachha ipsorum consanguineo ad eos fuerant devoluta atque possessa. Itaque nos devotioni predicti marchionis obviantes quandam capellam Twedick nominatam ex iure fundi eius propriam castro Stire contiguam ac pertinentem libertate ecclesiastici iuris promovimus, speciales ei terminos instituimus, ius altaris ac nostrum marchioni contulimus, ut ipse potestative possideat, ipsamque capellam incen­dio tum violatam denuo consecravimus. Quam etiam a prefato pontifice P(ilgrimo) pridem consecratam, libertate donatam, prediis a kathedrali ecclesia exemptam paucasque ecclesias in illis locis tunc fuisse in evidenti eiusdem antistitis Pilgrimi privilegio inveni­mus, relegimus et, sicut congruebat, factum tanti pontificis ratum habuimus. Nomina autem terminorum eiusdem capelle, exordia et fines, dimensiones atque emensiones, si­cut ab eodem institutas ac expressas invenimus, nos quoque ei damus et confirmamus, hic interserimus sicque illos assignavimus: A terminis Chremismonasteriensisd ecclesie per silvas camposque, per plana et invia, ipsius termini inchoant complectentes culta et inculta sursumque e regione in prepetem fluvium Stire protendunt et secundum illius defluxum in flumen Anesum descendunt; in alio latere ab eisdem terminis et cum ipsis per vastum nemus ac per varias emensiones ipsi termini decurrentes culta incultaque complectentes profusius sese extendunt et usque ad terminos ecclesie sancti martyris Floriani pertingunt, a quibus et in quibus ad terminos Lauriacensis parrochie directim permaneant atque cum illis vicissim e regione decurrunt et in fluvium Anesum se determinant. Predicte itaque capelle potestatem conferimus et confirmamus integra iura in divinis dispensationibus, in decimatione, in divinorum plenaria ad­ministratione in illis locis, que infra predictos terminos posita esse dinoscuntur. Cui etiam con­cedimus, ut, si a dycesianoc suspensio divinorum exierit, ipsa libera existat atque ab eodem excommunicatos ad sepulturam recipiat. Utque istud pro bono factum nostrum ecclesie et marchioni semper firmum permaneat, paginam istam fecimus conscribi et si­gillo nostro communiri testibus subnotatis5 : Dietmarus3 maior prepositus5 , Vͦlricus Aquileiensis, Vͦlricus de Zwentendorf, Almarus, Heinricus, Hugo, Hugo 6 canonicie, Hartmannus7 prepositus * sancti Floriani, Engelbertus prepositus * sancti Yppoliti archydiaconi, Arnoldus, Eberhardus decani, Isembertus, Vͦlricus, Mengodus * capellani; isti de laicis Fridericus8 comes de Pilsteîn, Hartwicus de Hagnowe, Pabo de Zollinge, Dietricus de Pmgarten; * ministeriales8 ecclesie Hartwicvs9 de Krenzinge, Gerolt de Matse9, Porno10 de Holzhusen cum * filiis suis Rudigero, Vlrico, Porno, * Hartmvͦt pincerna, Siboto dapifer10; de11 militibus marchionis Walchun, Cholo, Vlricus, Aribo, Hartnidus, Otto, Arnehalmus11 , Renherus et alii multi. Data apud12 Lauriacum anno dominice incarnationis12 M LXXX VIIIº, XIIII kalendas augusti, anno pontifiactus nostri XXIIII, indictione XIª, regnante domino nostro I(esu) Christo in eternum, amen.

danach nochmals ubi nicht getilgt nach r ein d durch Punkte getilgt A Chrem(i)s­m(ona)­st(eri­)ensis A über der Zeile von gleicher Hand nachgetragen
In – sancti VL I Altemannus – imperpetuum VL II Officii – ut VL III sapientibus – debitores Röm. 1, 14 subnotatis – prepositus VL II Vͦlricus – Hugo VL IV Hartmannus – capellani VL I Fridericus – ministeriales VL IV Hartwicvs – Matse VL I Porno – dapifer VL IV de – Arnehelmus VL I apud – incarnationis VL V.