Urkundenbuch des Herzogtums Steiermark


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OB 1

Verunechtet.

Patriarch Pilgrim [I.] von Aquileja bezeugt, daß der Edle Diebald von Kager und dessen Gemahlin Truta von ihm ermuntert und mit Rat vieler Klugen ihr Eigengut Oberburg mit allen Zugehörungen und Gerechtigkeiten sowie Hörigen samt Besitz der Kirche von Aquileja rechtmäßig und in der Art übertragen haben, daß die Burg mit zugehöriger Hofstatt, 10 Hufen, 2 Sendboten mit ihren Hufen, Wald und Forst mit der Forsthufe, eine Mühle mit zugehöriger Hufe und <etwa 100> Ministerialen beiderlei Geschlechtes, <die nach dem Recht der Aquilejer Dienstmannen zugestimmt haben>, mit deren Besitz seiner Kirche zufallen, alles Übrige, gleich ob bebaut oder unbebaut, und <etwa 500> Eigenleute mit Frauen und Kindern den von ihm und Diebald sowie Truta gestifteten Benediktiner-Kloster für immer zu dienen haben, des weiteren, daß den Mönchen <al­lein, mithin weder ihm noch sonst wem> erlaubt ist, Mühlen zu errichten, <Wald und Forst nach ihrem Ermessen für sich und ihre Leute zu roden, zu bebauen und mit Bauern zu besiedeln, daß sie berechtigt sind Mühlen zu errichten, zu fischen und zu jagen, Felle von Hirschen und anderen wilden Tieren sowie Jagdfalken zum Gebrauch in Forst und Wald anzunehmen.> Auf Anregung von Diebald und Truta <sowie mit Rat und Zu­stimmung des gesamten Kapitels der Aquilejer Kirche> werden dem Kloster 2 Teile des Zehentes von Neubrüchen in den Pfarren Fraßlau und Oberburg, die bisher Diebald von ihm und seinen Vorgängern zu Lehen hatte, für immer überlassen und seine Nachfolger gebeten, seine Schenkungen zu beachten und notfalls persönlich zu schützen. <Ferner werden dem Kloster 10 Hufen in Friaul zu Buttrio für die Beschaffung von Salz und Öl als Lehen und für Bauten 30 Mark in bar gegeben. Die mit den Stiftern getrof­fenen Vereinbarungen dürfen weder von ihm noch von seinen Nachfolgern verändert und dem Kloster darf nichts weggenommen, zu Lehen ausgegeben oder sonstwie entfremdet werden, diesbezügliche Verfügungen seiner Nachfolger sind ungültig.>

1140 April 7, Aquileja in der Kirche S. Maria.

Angebl. Or. Laibach Erzbischöfliches A: AUR (A). — Insert im Or.-Trans­sumpt des Patriarchen Berthold von Aquileja ddo. 1243 Juni 19, Sacile, ebenda: AUR (B).

Pusch – Frölich, Dipl. Styr. 2 (1756) 286 Nr. 20 aus A. — StUB 1 (1875) 188 Nr. 180 aus A. — Orožen, Oberburg (1876) 4-7 aus A. — Mayer, Alpenländer (1883) 194. — Bernhard, Documenta (2006) 316 Nr. G 1 aus A.

Ausz.: Stegenšek in Časopis za zgodovino 7 (1910) 1-3. — Kos, Gradivo 4 (1915) 94 Nr. 157. — Bernhard in MIÖG 108 (2000) 268ff. passim.

Dt. Übers.: Muchar, Gesch. 4 (1848) 380-383.

Reg.: Marian, Austria sacra 7 (1786) 253 Nr. 1. — Richter in Hormayr, Beytr. 2 (1819) 40f. irrig zu April 13 = Richter in (Hormayr) Archiv 10 (1820) 248. — Schmutz, Lexicon 3 (1882) 54. — Muchar, Gesch. 3 (1846) 162f. — Ankers­hofen in AVGT 2 (1850) 115 Nr. 237 = Ankershofen in AÖG 5 (1850) 220 Nr. 250. — Klum, Regesten (1864) 17 Nr. 52. — Schumi, UB Krain 1 (1882/83) 92 Nr. 87. — Stegenšek, Dekanija Gornjegrajska (1905) 122f. — Paschini in Mem. stor. forogiul. 10 (1914) 16f. — Puschnig, Urkundenwesen (1933) Reg. 4 Nr. 18. — Wiesflecker, Reg. Görz 1 (1949) 57 Nr. 206. — Pirchegger, Landesfürst 1 (1952) 169. — Pirchegger, Untersteiermark (1962) 194. — Gioppo, Repertorio (1982) 197 Nr. 247. — Dolinar, Samostani (1991) 100 Nr. 0 1 (slow.) und 102 Nr. 0 1 (dt.).

Abb.: Bernhard in MIÖG 108 (2000) 276 Abb. 1.

Teilabb.: Molinar a. a. O. 95.

Die Urkunde kam nach der 1473 erfolgten Aufhebung des Klosters Oberburg, das seit 1461 bereits Mensalgut des neuerrichteten Bistums Laibach war, in dessen Archiv und 1872 mit allen Urkunden des Klosters mit Zustimmung des Fürstbischofs Bartholomäus Widmer als Depot in das Landesarchiv in Graz: AUR 86. Die Rückstellung des Depots an das Arhiv Slovenije in Ljubljana erfolgte 1978 und im Jahr darauf an das nunmehrige Nadškofijski Arhiv/Erzbischöfliche Archiv daselbst.

Bereits Josef Zahn vermerkte bei seiner Edition a. a. O. 190 Anm. 1, daß die Urkunde aufgrund der Schrift noch im 12. Jahrhundert ausgefertigt wurde. Nach dem Gutachten des Archivdirektors Anton Mell setzte Stegenšek in seiner “Ge­schichte des Oberburger Kreises" 1910 (s. oben) S. 3 die Urkunde dagegen in das 13. Jahrhundert, ihm folgte diesbezüglich Franc Kos 1915 a. a. O. Als nachträgliche Ausfertigung betrachtete auch Maria Laura Iona, Note (1983) 266f. die Urkunde, wobei sie darauf hinwies, daß hier die Unterfertigung des Paginus notarius eine ganz andere ist als die des nur noch einmal in der Urkunde des Patriarchen Pilgrim für das Stift San Giorgio in Verona ddo. 1140 Dezember 1, Verona (Or. Udine Archivio capitolare: Pergamene I Nr. 12) auftretenden gleichen Notars.

Entscheidend für die Beurteilung dieser Urkunde ist die eingehende Untersuchung derselben durch Günther Bernhard, in seinen beiden oben schon genannten Ver­öffentlichungen, nämlich in MIÖG 108 (2000) 268-290 und in Documenta (2006) 127-147: Die Ausfertigung durch einen Oberburger Schreiber, der auch die Urkunden für sein Kloster von Patriarch Berthold von Aquileja ddo. 1231 September 18, Rietz (Or. Laibach a. a. O., einst Graz LA: AUR 480; StUB 2, 382 Nr. 285; Abb. in MIÖG 108, 277 Abb. 2) und von Graf Wilhelm IV. von Heunburg ddo. 1241 Dezember 18, Praßberg (Or. Laibach a. a. O., einst Graz LA: AUR 563; StUB 2, 513 Nr. 400; Abb. in MIÖG 108, 279 Abb. 3) ausfertigte.

Der Text beruht einerseits wohl auf der tatsächlich 1140 ausgestellten Urkunde, die in der Urkunde des Patriarchen Berthold ddo. 1243 Mai 27, Oberburg (Or. Laibach a. a. O., einst Graz LA: AUR 575; StUB 2, 532 Nr. 420) bezüglich des Rechtes der Mönche zur Errichtung von Mühlen angeführt wird, andererseits auf der als Vorlage dienenden Urkunde des Patriarchen Pilgrim von 1146 (s. unten Nr. ..).

Anlaß zur Verfälschung der tatsächlich erhaltenen Stiftungsurkunde war die widerrechtliche Errichtung einer Mühle am Drietbach/Dreta bei der alten Burg von Oberburg durch den Amtmann des Patriarchen. Dagegen erhob Abt Heinrich mit dem Konvent, als Patriarch Berthold im Mai 1243 in Oberburg weilte, Klage und hatte Erfolg. Um in Zukunft für mögliche weitere Auseinandersetzungen mit dem Amtmann des Patriarchen gerüstet zu sein, zugleich um die erst nach der Gründung erlangten Güter und Gerechtigkeiten auf die Zeit der Stiftung zurückzuführen und sich gegen mögliche Veränderungen in der Zukunft abzusichern, fertigte man im Kloster die vorliegende verfälschte Urkunde an. Es fällt schwer zu entscheiden, ob diese Verfälschung schon vor oder erst nach der Entscheidung des Patriarchen Berthold vom 17. Mai 1243 erfolgte. Es erscheint aber wahrscheinlicher, daß dieses angebliche Original erst danach angefertigt wurde, das wenig später im entfernten Sacile am 19. Juni gleichen Jahres zur Transsumierung vorgelegt wurde und mit dem Insert Rechtskraft erlangte.

Zur Bezeichnung syntmannus vgl. Niermayr, Mittellateinisches Wörter­buch 2 (2002) 1269.

In nomine patris et filii et spiritus sancti, amen. ‡ Quoniam universis maxime ecclesiarum prelatis in vinea domini constitutis ita temporalia seminare convenit, quatenus in die districti examinis celestia cum gaudio metere merantur. Idcirco nos Peregrinus dei gratia sancte Aquilegiensis ecclesie patriarcha notum esse volumus omnibus Christum colentibus tam presentibus quam futuris, qualiter Dyebaldus nobilis quidam de Chagere et uxor eius Truta, perpendentes regnum celorum tantum cuique valere quantum voluerit, divicias et gloriam mundi detrimentum hereditatem in celo promissam eternam et beatam vitam anime esse, pensantes, ut et ipsi possessores illius hereditatis vel ultimi esse mereantur, nostro hortatu multorumque prudentum consilio allodium suum Obberemburch, sicut et ipsi usia sunt habere, cum castro, cum nemore, agris, pratis, pascuis, piscationibus, venationibus, accessionibus, exitibus, servis et ancillis et eorum peculis sancte Aquilegiensi ecclesie tradiderunt hoc iure et hoc modo, ut castrum et aream adiacentem castro et decem mansos et duos syntmannos cum suis mansis, nemus et forestarium cum uno manso nemori adiacenti, unum molendinum cum suo manso et ministeriales utriusque sexus <prope centum, qui legem et ius Aquilegiensium dienstmannorum eorum collaudatione deberent habere>, cum omnibus possessionibus suis. Sane cetera omnia, que remanent, culta sive inculta cum <quingentis fere alius condicionis> mancipiis cum suis mulieribus ac natis monasterio Obberemburch, quod a nobis et a nobili viro Dyebaldo de Chagere eiusque uxore Truta in honore gloriose ac perpetue dei ge­nitricis virginis Marie de novo fundatum est, monachis secundum regulam sancti Benedicti ibidem deo mancipatis perpetuo iure proprietario deserviant. Et liceat eisdem monachis, <nec nobis nec nemini cuiquam aliorum, nisi solis monachis,> molendina exigere, <de nemore sive forestario exstirpare per se et suos, quantum potuerint, et ad cultum suum redigere et confinia sua, prout melius valuerint, exstirpando et suos ibi colonos locando dilatare. Et plenam facultatem premomorati monachi habeant molen­dina edificandi, piscandi, venandi, * pelles cervorum sive aliarum bestiarum nec non accipitres nisos sine omni contradictione accipiendi in nemore sive forestario.> Insuper nos considerantes piam et devotam intencionem nobilis viri Dyebaldi de Chagere et uxoris ipsius Trutteb de consilio et consensu <tocius> capituli sancte Aquilegiensis ecclesie eidem monasterio duas partes similiter decimarum cum novalibus cultis sive incultis plebis sancte Marie de Frazlov̂ contulimus perpetuo possidendas, quantum tamen primam decimationem scilicet plebis Obberemburch nobilis Dyebaldus de Chagere a nobis et antecessoribus nostris iure feudali possidebat, sucessoresc nostros in domino rogantes, ut, quod causa devotionis fecimus, ratum et firmum habeant et manu defensonis teneant. <Dedimus etiam eisdem legalibus decem mansos in beneficium in Foro Iulii sitos in villa Budriach, ut salem et oleum in parte illa carum habere possint. Ad erigenda edificia ipsius monasterii dictis monachis ad manus triginta marcas persolvimus. Laudatum et firmiter compromissum est ab utraque parte sub fidei innodationibus tam nostra quam nobilis viri Dyebaldi de Chagere et uxoris ipsius Trutteb, ut neque nobis neque alicui successorum nostrorum nec ipsis viventibus aliquo tempore liceat quicquam de premissis superius, sicut sunt lucide expressa per ordinem, monasterio Obberemburch infringere, subripere vel inbeneficiare vel diripere vel quo­libet alio modo alienare, tamen siquis successorum nostrorum inmemor salutis proprie timore divino postposito fecerit, irritum omnino habeatur.> Preterea interdicimus, ne aliquis eiusdem ecclesie res invadere, ledere vel aliquo modo molestare audeat, quod si quis facere presumpserit, anathematis vinculo * subiacere et cum1 Anania et Saphyra1 deputatum se esse cognoscat. Huius igitur donationis testes sunt: Dyetmarus Tergestinus, Gerwicus Concordiensis, Adam Emonensis episcopi, comes Pernardus, Menhardus advocatus, Albertus de Manzano et filiid eius Hermannus, Wlschalcus de Tercento, Menhalmus de Cregne, Menhardus de Swarzemburch, Amelricus de Rotensteyn, Amelbertus de Cholmenz, Henricus de Tri­mian, Lvͦdewicus de Lauarian, Chonradus de Niwemburch, Wernherus de Fana, Amelricus des Bugula et Wido filius eiusf, Iohannes de Fontana bona, Merbotto de Salto, Werhenardus de Helagog, Hermannus de Pinsano, Leonardus, Eberhardus, Wolrich et alii multi, quorum copia interfuit tam clericorum quam laicorum. Ut autem hec donatio firma et inconvulsa permaneat, rogatu supradictorum iugalium hanc cartam donationis scribi et sigilli nostri inpressione insigniri fecimus. Actum est hoc Aquilegie in ecclesia sancte Marie feliciter anno dominice incarnationis Mº Cº XºL, indictione IIIa, septimo idus aprilis, anno pontificatus nostri nono, regnante domino Chonrado glorioso Romanorum rege. Datum per manum Pagini notarii sancte Aquilegiensis ecclesie.
(SP.D.)


a) A statt usui

b) A statt Trute

c) A statt successores

d) A statt richtig filius

e) A

f) e(ius) über der Zeile nachgetragen

g) h vom Schreiber statt dem falsch verstandenen (bajuwarischen) z

1) cum – Saphyra vgl. Act. 5, 1ff.

Das an der Plika mit Pergamentstreifen angehängte Siegel ist verloren.

Metadaten

Aussteller Patriarch Pilgrim I. von Aquileia
EmpfängerGornji Grad/Oberburg
RegestPatriarch Pilgrim I. von Aquileia beurkundet die Gründung des Klosters Oberburg
Datum (ISO 8601)1140-04-07
OrtAquileia
SpracheLatein
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MetadatenTEI anzeigen TEI
LizenzCreative Commons BY-NC-SA
Permalink/Handlehttps://gams.uni-graz.at/o:stub.31, hdl.handle.net/11471/505.10.91
ZitiervorschlagUrkundenbuch des Herzogtums Steiermark I,1, bearb. v. Friedrich Hausmann, OB 1, digitale Fassung: hdl.handle.net/11471/505.10.91, Graz: Historische Landeskommission für Steiermark, 2007 (28.03.2024)