Beilage C zur Replik des Kaisers beim 1. Hauptartikel (Türkenhilfe): Gutachten zur Anordnung und Organisation der Grenzverteidigung gegen die Türken im Kriegsfall
Textgrundlage: Wien HHStA, MEA RTA 72/2, fol. 211r-214v
C.
Nachdem die römisch ksl. Mt., unser allergenedigister herr, in irer replick die obligendt not der beharrlichen und ordenlichen defensiffhilff und bestellung der frontier unnd dann in ainer nebenschrifft die ordenlichen frontiern sampt iren besatzungen und darauf lauffenden uncossten und dem mehrern kriegsfolckh, so daruber von nöthen1, den stenden zuerkhennen geben, so hat ir Mt. noch weitter die anstellung deß gantzen turckhischen kriegswesens und, wie ir Mt. ermessens dem vheindt auf alle weeg zubegegnen sein möchte, den churfursten und der fursten und stende außschussen genedigist und vertrewlich hiemit gleichsfahls wöllen zuerkhennen und zubedenckhen geben.
Erstlichen so ist sich in drey weeg über notwendige bestellung der frontier und gegenwehrlicher innhaltung der veinden gewöndlichen außfäll, straiff und rauberey von sölchem veindt offner angriff und überfall im feldt zubefahren, wie auch in der proposition und replic davon anmeldung beschehen:
Nämlichen wann unversehenlich wie im verschinen jar die turckische bassa ins feldt ruckhen, den friden prechen und thättliche handlung mit belegerung aines oder mehr platzs und sonst in andere weege furnemen wurden.
Zum andern, wann ain frembder bassa oder beglerbegh mit ainem volckh frembder turckhen heraus ziehen und zu den bassen auf der frontier stossen solte.
Zum dritten, wann der türckisch kaiser selbs persönlich ain zug heraus soll furnemen.
Dargegen vermaint ir Mt., auch durch dreyerlay weeg solchen anfallenden geferlichaiten zubegegnen:
Und erstlich halt ir Mt. fur unzweyfenlich, wann die frontiern dermassen, wie in der übergebnen schrifft zubefinden, angeordnet, besetzt und gesterckt und mit ordenlicher bezalung erhalten werden, das der veinden rauberey und straiffen genuegsamer widerstandt und abhaltung solte begegnen und irer Mt. arme christliche underthanen besser dann bisheer geschutzt und die frontier auch nicht allain vor weiterm einpruch erhalten, sonder das dieselb auch guets thails widerumb bewohnt und erpawet werden möchte.
Gleichsfahls wurdt auch den bassa und beghen auf der frontier, das sie schon ins veldt zusamen ziehen, notturfftigclich durch irer Mt. frontier obristen begegnet werden mögen, dann sie mit dem überentzigen2 kriegsfolckh, deß sie also zur handt haben, deßgleichen mit den yhenigen, so sie zur zeit der gefahr auß den besatzungen nemen und mit andern landtleuthen [212r] ersetzen mugen, item von dem auffpott des dreissigisen mans auß den nechsten umbligenden irer Mt. erblanden und dem eylenden zuetzug der gerusten pferdt von der ritterschafft vermug gemainer erblanden angestelten defension ordnung3 (deren sich ir ksl. Mt. mit denselben zuvergleichen in arbeit stehet, auch alberait angefangen) den veinden im veldt starckh genueg sein werden, auch yhe ainer dem andern sein hilffliche handt wurdt bietten mugen.
Zum andern, da ain new turckisch kriegs volckh solt heraus khommen, es were unter ainem frembden bassa oder beglerbegh, so köndte man abermals erstlich mit obgenantem ordenlichen kriegsfolckh auf der frontier und in besatzungen und dann den vermelten eylenden zuetzugen gefast sein, oder auch, wo vonnötten (dieweyl die herauskonfft solches frembden kriegs folckhs so eylendts und unwissendt nit geschehen und etwa auch dem landtvolckh nicht so gar vertrawt werden möchte), noch daruber etliche tausendt theutscher pferdt und etliche regiment knecht auß dem Reich von desselben vorrath bestellen und in eyl unter gueten ritterlichen und darzue verpensionierten und bestelten öbristen hinabfüeren und also vermittelst göttlicher gnaden dem veindt auch disfahls vorstehn.
Zum dritten, da der turggisch kaiser selbs persöndlich heraus zuge, so hette ir Mt. abermals obgemelte mittl des auffpotts [212v] und zuezugs irer ritterschafft und landtvolckhs neben notturfftiger und mehrer bestellung der befahrten frontir plätz an der handt; deß genedigisten und gentzlichen zuegetrestens, es wurden alsdann die stendt des Reichs in der so grossen vorstehenden gefahr und noth neben anderer christlichen potentaten verhoffentlicher hilff ir allereußserst vermugen darzue thuen, damit man ainem solchen grossen vheindts gewaldt widerstehn und dz vatterlandt erretten mechte.
Und dieweyl dann auch wissentlich, dz der vheindt sich nit lang hieaussen saumen noch übern wintter schwerlich bleiben mag und seinem gebrauch nach sich ohne zweifl umb ain frontier platz annemen wurde, so were vonnöthen, auf solchen fahl die gelegenheit an die handt zunemen und ordnung zugeben, das man über genuegsame besatzung und versehung desselben an ain andern gelegnen sichern platz das länger in die nähne[!] schlagen, den veindt vor weitterm einpruch abhalten und eintweders auß verleihung des allmechtigen in der belegerung oder doch in seinem abziehen, sonderlich da er nichts verrichtet und etwan der sterbendt oder andere mängl under sein kriegsfolckh khommen solte, zu ainer vorthailligen sigreichen schlacht oder doch zu einem schedlichen abzug pringen möchte.
Zu dem so verhofft ir Mt. auch, die gelegenhait zuhaben, da yhe ain beglerbegh oder der turggisch kaiser selbs heraus ziehen solte, dz sie mit ainer antzal kriegsfolckh (doch mit des Reichs hülff) so zeitlich aufkhommen wolte, dz sie noch vor seiner ankonfft, welche vor der erndt kaum ervolgen mag, ain oder mehr vesstungen belegern und erobern, die geringe turggische besatzung und heuser zerreissen und dz gantz landt vor dem vheindt her eröden und also demselben allerlay gelegenheit und vortl zum krieg abstrickhen möchte; wie auch gleichsfahls eben solche mittl zu seinem abzug (da man den wintter und frueling über kriegen wolte) wol ins werckh gerichtet werden mechten.
Welches alles ir Mt. den stenden darumb genedigist in diser nebenschrifft vermelden wöllen, damit sie desto mehr zuspurn, mit was vätterlichen und getrewem eyffer sy die rettung des gemainen vatterlandts maine und wie gern sy der gemainen stendt und irer underthanen getrewe hilfflaistung und zuethuen notturfftigclich und wolfährig durch verleihung des allmechtigen anwenden wolte.
Auf welchem fahl sich ir Mt. auch noch weitters gegen inen, den stenden, will erclert und erpotten haben, dz sie gantz genedigist und wol zufriden, dz gemaine stendt des Reichs ir hülff gelt, wie auch in der replic vermeldet, durch [213v] ire commissarii und zalmaister ausgeben mögen. Wie dann auch ir Mt. umb mehrer richtigkeit willen und dz yhe an ordenlicher[Falz] underhaltung und betzalung der frontier und besatzungen furtter kain mangl leichtlich ervolgen möge, genedigist erpietens und willens, auff solchen fahl in iren erblanden ire anlagen und steurn, so weit sich dieselben immer erstreckhen, auf die zalung des kriegsfolckhs durch ire mittl selbs zuverwenden und außzutzalen, auch zubewilligen.
So ist ir ksl. Mt. auch gleichsfahls erpietig und vorhabens , dißfahls ain besondere abthailung der plätz und besatzungen auf sie, die stendt und ire underthanen, zumachen und vergleichen zulassen, damit yeder thail wisse, wahin er sein gelt wenden und vermug der gehaltnen musterungen und andern notturfften ordenlichen und nutzlichen ausgeben solle; und in disem und in all andere weege an gleichmessigem getrewen und aufrichtigen zuethuen an irer Mt. kains wegs erwindenzulassen .
Was dann angeregte irer lande und underthanen defension ordnung der auffpott und zuetzug belangt, da will ir Mt. höchstes vleiß und vermugens daran sein , dz dieselb furderlich verglichen und ins werckh gericht und erhalten werde und also yedes landt mit den seinigen [214r] bewehrt, gefast und berait seye, auf alle obvermelte notfäll fortzutziehen und mit darstreckung ires vermögens fur dz gemain vatterlandt ritterlich zustreitten; der getrösten und gentzlichen zuversicht, die stendt des Reichs werden dasselbig gleicher gestalt auch thuen und inen darzue hilffliche und ersprießliche handt pietten.
Siehe textkritische Fassung.
So wöllen auch ir ksl. Mt. dahin verdacht sein, dz die kriegs empter und bevelch mit erlichen, dapffern und ersamen kriegsleuthen bestellet werden, darzue irer geliebten sohn ainen zu veldt öbristen verordnen, auff dene menigclich an irer Mt. stat ain auffsehens habe; danebens aber ire ksl. Mt. nichts desto weniger, dem gantzen kriegs wesen mit allen getrewen vätterlichen sorgen, so lang ir der allmechtig gnad und dz leben verleihet, vorzusein und dasselbig nach irer pesten verstendtnus mit rath des Hayligen Reichs verordneten kriegscommissarien zu dirigirn, sich unbeschwerdt finden lassen.
Siehe textkritische Fassung.