Duplik der Reichsstände zum 1. Hauptartikel (Türkenhilfe) (1576-09-29)
Textgrundlage: Wien HHStA, RK RTA 54a/2, fol. 144r-148v
Gemainer stendt duplic ad 1. articulum. Duplica statuum in 1. articulo, turckenhilff. Ubergeben 29. Septembris 76.
Den anwesenden stenden, auch der andern räthen unnd potschafften ist im gemainen rath referirt unnd verlesen worden, was die röm. ksl. Mt., unnser allergnedigster herr, auf ir, der stenden und abgesanten, aller underthenigst übergeben wolmainendt bedencken zum ersten articul der ksl. proposition, das turckisch wesen belangendt, allergnedigst sich erclert unnd daneben zum weitern bericht der fürwesenden und je lenger, je mehr zunemenden turckischen gefahr auf den hungerischen unnd anderer angrentzenden christlicher landen frontier außfürlich in schrifften fürpringen unnd ferners zuberathschlagen aller gnedigst begeren läßen.
Wiewol nun die stende unnd abgesandten in voriger irer relation das unvermügen und verarmung des gemainen manß, dan auch erschöpffung der stendt unnd obern selbst an iren cammergütter unnd einkommen irer ksl. Mt. in aller underthenigkeit zuvermelden nit umbgehen mögen, darumb sie dero hoffnung gewesen, es solte bey irem daneben aller underthenigst gethonem erpieten dieser zeit pleiben mögen, dweil aber ir ksl. Mt. in irer darauf eröffneten allergnedigsten resolution fernern bericht thun, [145v] das solche bewilligte hülfflaistung dem türckischen fürprechenden gewalt zu wöhren nit gnugsamb, das auch ir Mt. unnd derselben künigreich und landen den last allein zutragen onmöglich:
Alß haben sie, die stende, räth unnd pottschafften, ferner fleißig nachdenckens bey diesem gemeinen wichtigen werck zuhaben nit unterläßen.
Damit dan ir ksl. Mt. der chur- unnd fürsten, auch gemeiner stende aller underthenigsten gehorsamb unnd mögliche hülfflaistung neben irer ksl. Mt. unnd deroselben künigreichen unnd erblanden gemeinem zuthun unnd hülffen gegen unnsers christlichen namens erbfeindt, den türcken, zu errettung der hungerischen unnd anderer anrainenden betrangten christlichen landen unnd leüth spüren mögen, ist im gemainen Reichs rath tractirt unnd bewilliget worden, irer ksl. Mt. zur beharlichen defensiffhilff auf den einfachen römer zug sechtzig monat in sechs jarn richtig zuerlegen[Marginalie: Beharlich defensiffhilffe: 60 monat in 6 jharen, als 10 monat zw 2 zilen.]: Der gestalt, das jedes jars zehen monat darvon in zweien zilen, nemblich auf sontag Laetare und dan Na[146r]tivitatis Mariae, zu Franckfortt, Nürmberg, Regenspurg, Augspurg oder Leipzig hinter burgermaister unnd rath gegen empfahung gepürlicher urkundt in gutter grober, gangkbar gülden oder silbern müntz onsaumblich von einem jeden standt seinem gepürenden anschlag nach betzalt werden sollen[Marginalie: 1)]. Aber dieweil alberaith die noth auf den gränitzen bevor, seindt die stendt deßen aller underthenigsten erpietens [Marginalie: Erste zill anticipirt.], das erst zill auf negstkünfftig Martini, das ander folgents auf sontag Laetare, das dritt darnach auf Nativitatis Mariae das 77. jars unnd also weiters nach einander biß zum sontag Laetare des 82. jars einschließlich (darin dan die obvermelte sechszig monat begriffen seindt) richtig zuerlegen.
Dan weiters zum fall, da immittelst derselben sechs jarn der türck entweder selbst oder durch einen bellerbeg oder baßa mit einem kriegshör heraußer ziehen unnd die hungarische oder andere anrainende christliche landen mit einem hauptkrieg angreiffen würde (welches doch Gott nach seiner gütte verhüetten wolle) [Marginalie: Eilendt hilffe 10 monat zuschuß.], alß dan seindt sie, die stende, auch erpietig, im selben jar neben den vorigen [146v] bewilligten zehen monat noch zehen monat zur eilenden hülff (das seindt zwaintzig simpell monat im selbigen jar) auch auf baide bestimpte ziel Laetare et Nativitatis Mariae mitleidentlich zusteüren unnd zuentrichten. Im fall aber kein sölcher turckischer übertzug in den sechs jarn, wie jetzo gemelt, fürgehen würde (des man dan zu Gott gentzlich verhoffen will), so sollen auch die stende nichts mehr, dan die obbewilligte sechtzig monatt innerhalb sechs jarn zur beharlichen hülff (als oben gerürt) zuerlegen schuldig sein; wie dan auch immittelst die underthönen mit den übrigen zehen monatt von iren obern unbelegt pleiben sollen.
Unnd nachdem diese hülfflaistung ein gemain nothwendigs werck, daran dem Hailigen Römischen Reichs, ja eines jeden hail unnd wolfartt zum höchsten gelegen, sollen nit allein die stendt unnd obern, sonder auch derselben underthonen, vermögende hospitalia unnd dergleichen, wie auch anno 66 zu Außpurg[!] verabschidet, dartzu ire gepürnuß zucontribuiren schuldig sein; doch mit dero gepürlicher mäß unnd clausulen, wie [147r] im selbigen abschiedt unnd dan von irer ksl. Mt. in irer negster replic im versicul (Was dan sonsten die übrigen)
1 auf gemainer stenden unnd abgesandten aller underthenigst fürprachte erste relation unnd darin gemelten clausuln2 aller gnedigst auch erclert unnd beliebt worden. Welches alles künfftigem abschiedt einverleibt werden soll.
Es wehren auch die anwesende stende, räthe und pottschafften woll bedacht, auf jetzigem Reichs tag darvon beschließlich zureden, wie sölche ansehenliche bewilligte Reichs steüren (zu unterhaltung des kriegs folcks auf den gränitzen, dergleichen zu beßerer versehung der vestungen unnd zu andern nothwendigkeitten) am nützligsten angelegt unnd außgeben werden möchten; in massen dan ir ksl. Mt. selbst in angeregter irer replica beim versicul (Unnd damit churfürsten etc.)
darvon andeüttung thun[Marginalie: 2)]3. Dieweil aber dieser punct bey jetziger deliberation dero wichtig- unnd weitleüfftigkeit befunden, das es fast nöttig, solches alles in fernern bedacht zunemen und zuvorderst an die abwesende chur- unnd fürsten, auch andere stende zureferiren, also hatt man solche [147v] berathschlagung zu negstbestimpten deputation tag einstellen müßen.
Gleichwol wil man nit zweiffelen, auch darneben ire ksl. Mt. aller underthenigst gepetten haben, dieselbige wöllen diese allergnedigste sondere versehung thun, damit die erlegte Reichs steüren nirgent anders wohin dan zur nothwendigen defension der christlichen landen unnd frontier gegen dem türckischen gewaltigen einbrechen angewendet, damit dieselbige frontier besser besetzt, die päß unnd vestungen auf den gränitzen der notturft nach mit gepewen, auch teütschem kriegs folck, geschutz, proviant unnd anders versehen[Marginalie: 3)], den kriegs leütten ire besoldung durch die verordente bevelchaber nit an tuch, wein, proviant oder andern eigennützigen gesüch, sonder an parem gutten gelt, wie daßelbig im Hailigen Reich gangkpar[Marginalie: 4)], zu gepürlicher rechter zeitt onabzuglich dargeben, auch sonsten inen gutte proviandt im billigen wertt nach gelegenheit zugeschafft unnd in dem allem richtige gewiße ordnung mit gutter aufsicht (wie es dan fast nöttig) gehalten werde, damit gutte, erfarne kriegsleüth in irer ksl. Mt. dienst der endts desto williger pleiben, [148r] leib unnd gutt für die betrangte christen aufsetzen unnd sonderlich in den nötten manlich unnd getrewlich gegen den erbfeindt zustreitten desto begiriger sein möchten.
Unnd nachdem von wegen der von Steyr, Kernten, Krayn unnd Görtz abgesandten abermals ein erinnerung unnd pittschrifft einkommen4, dieselben hochbetrangten christlichen landen dieser zeit mit gemainer hülff auch nit zulaßen etc.[Marginalie: Steir, Carnten, Crain etc.], wöllen gemaine stende unnd abgesandten nit zweiffeln, ire ksl. Mt. werden selbst die allergnedigste versehung unnd außtheilung solcher Reichs hülff zuthun geneigt sein, damit sie derselben auch mittleidentlich unnd empfindlich genießen mögen; deßen dan in verfaßung des abschiedts auch gedacht werden soll.
Unnd wöllen sie, die stende unnd abgesandten, nunmehr hierauf dero aller underthenigster hoffnung sein, es werden ir ksl. Mt. diese ir allerunderthenigste gehorsambste fernere [148v] erklerung, erpietung , bedencken unnd pitt zu kayserlichen gnaden aufnemen, auch in ansehung dieser gröser ansehenlichen steür und dan, das dergleichen bey den underthanen weitters zuerheben beschwerlich, sie, die stende, mit fernerm begern zur hülfflaistung soviel möglich allergnedigst verschonen läßen, damit auch sowol die stende alß derselben beschwerte underthönen sich etwas widerumb erholen mögen, auf die mittel unnd wege allergnedigst bedacht sein, wie doch die langwirige jämerliche unruhe in den Niderlanden einmäl gestillet[Marginalie: Niderland.], die päß eröffnet und die commercia widerumb frey unnd onverhindert gelaßen werden mögen.
Daran ertzaigen ir ksl. Mt. ein ksl. hochlöblich nutzlich werck, so auch die stende unnd underthönen gegen ire Mt. in aller underthenigkeit zuverdienen unvergessen sein wöllen.
Siehe textkritische Fassung.