Replik der innerösterreichischen Ständegesandten an die Reichsstände zur Supplikation um Türkenhilfe (1576-08-17)
Textgrundlage: Wien HHStA, MEA RTA 72/2, fol. [119r]-[124v]
Supplication unnd gehorsambs anbringen an die hochloblichen stannde des Heilligen Romischen Reichs, an jetzo alhie bey gegen würtigem Reichs tag versamblet, der gesandten aus Steyr, Khärntten unnd Crain sambt der f. grafschafft Görtz, in churfürsten rath zu ubergeben1. Lectum 20. Augusti anno 76 a prandio. Bleib bei Ma[unleserlich]. Präs. Regenspurg, 17. Augusti anno 1576.
Auf das die hochlöblichen stännde des Heilligen Romischen Reichs in der relation den articl, die türckhenhülf belangent, gegen der ksl. Mt., unnserm allergenedigisten herrn, wegen diser armen unnd fasst hochbedranngten lannden Steyer, Khärnntten unnd Crain sambt der fürstlichen grafschafft Görtz unnd bemelter lannde, windischen unnd crobatischen gränitzen, dise anregung gethonn2, nemblich das ir ksl. Mt. dieselben lannde unnd leyth nit weniger alls die hungerische unnd osterreichische frontier unnd lanndtschafften iro allergenedigist bevolhen sein lassen unnd die anordnung unnd austaillung diser des Heiligen Reichs bewilligten contribution also verordnen wollen, damit auch die angrentzenden päß unnd ortt fleckhen bemelter lannde not wendigclichen verwart unnd sy, die lannde, in iren zuesteenden nötten derselben hilffen sich erfreyen unnd die geniessen mügen etc. merers inhalts. Und weil dann die hochlöblichen stennde unns verrer auf die ksl. Mt. gewisen, also haben wir auch gehorsamblich nit unndterlassen, bey höchsternantter ksl. Mt. in aller unnderthenigkhait verrer anzuhaltten3. Unnd ist uns von derselben gantz vätterliche, allergnedigiste unnd soliche vertrösstung gegeben worden, das sy gewislich diser obbemelter lannde unnd derselben gränitzen khaines weegs vergessen, sonndern aus des Reichs bewilligten contribution ganntz gern die austaillung auf dise so woll alls anndere [unfoliiert] hungerische unnd zipserische unnd osterreichische frontier machen und die gebür daheer anwennden wolten lassen. Aber der Reichs stennde bewilligung sey der zeit also geschaffen, dz sy an ainem ortt, geschweigen an sovil grenitzen unnd ortten die notdurfft unnd gebürliche fursehung nuer zu fridens zeitten nit bestellen khunnen, daheer dann höchsternentte ksl. Mt. nit khündte umbgeen, auf disen articl verrer zu repliciren[Falz].
Nun dringt unns, Gott waiß, die höchste und eüsseriste noth, wie gern wir sonnsten der stennde des Heilligen Reichs verschonen unnd verrer unbehelligter lassen wolten, das wir nochmaln mit disen unnseren underthenigen flehen und bitten dieselbigen[Falz] ersuechen müessen. Unnd wöllen an jetzo geschweigen die laidigen fäll unnd erbärmclicgs rauben, plundern, hinwegg füren der armen vil hundert christen seelen unnd eroberung so ansehenlicher fleckhen unnd ein grosse weitte ann lanndt, vil mehr alls do der türkhisch wüetrich selbst persondlich anno im 66. heervor gewesen, weliches sich nuer in der zeit, weil alhie der Reichs tag gehalten wirdt, begeben unnd noch khain aufhören ist, an unnderschiedlichen orttn mit aller macht die gränitz heüser unnd fleckhen anzugreiffen, das an jetzo nunmehr dise lannde selbst in höchster gefar steen unnd des feindts einfall täglich und stundtlich in irem lieben vatterlanndt bey iren heüsern und schlössern nach schickhung [unfoliiert] des almechtigen mit weib unnd khindt erwartten müessen. Es haben ungezweifelt soliche noth die hochlöblichen stännde des Reichs nunmehr uberflüssig in annder weeg vernumen. Ob aber demselben allerdings glauben gegeben oder dise erbärmcliche zuesteeunde gfar des überlegnen feindts etwo der gebür nach bedacht umd[!] zwgemueth gefürt werden will, das khünnen wir nit wissen, aber zw unnserm grossen hertzenlaidt unnd betrüebnuß, im faal es nit beschäche, müessten wir dasselbig auch hinzuelegen unnd dem lieben Gott die sachen treulich clagen unnd bevelhen.
Es möchte etwo hieneben auch das eingeworffen werden, wie es zuegeet, das man bey solicher statlichen unnd ansehenlichen besatzung unnd fursehung der grenitzen, so dennoch durch die ksl. Mt. unnd dise lannde beschiecht, solichen des feindts geringen furprechen nit khan steurn unnd wöhren. Darauf sagen wir gehorsamblich unnd mit guetem grundt unnd wolte Gott, das es ein jeder one seinen schaden selbst khündte erfaren, das gleich wol nit weniger die verlag und ausgaben auf die grainitzen, inmassen es ir ksl. Mt. allergnedigist anziehen, also beschehen unnd wo nit zugleich nach endung eines jeden monats, quottember, halben oder gantzen jars die völlige bezallung wirdt geraicht, noch dennoch mueß es dem khriegs volckh nach glegenhait der geföll, wie es von den [unfoliiert] lannden bey so immer werunder irer erschöpffung unnd ausmattung khan eingebracht, vollig dargegeben unnd auszalt werden. Aber an deme ligt der ganntze hanndl, das eben dise fursehung der gränitzen , inmassen die an jetzo an allen ortten gegen disem erbfeindt wird gehalten, ob sy gleich der ksl. Mt. selbst so woll alls disen irer f. Dlt. lannden auf das höchst unnd beschwarlichist ist angestelt unnd es hinfuron[!] disen armen, bedranngten lannden ires thaills also wie biß heer unmüglich zu halten wil fallen, noch dennoch bey weittem gegen dises erbfeindts furprechenden gwalt nit erkhleklich ist. Dann ob wol die besatzung der gränitzen unnd die ausgaben darauf auf ein ansehenliche suma gelts sich thuet erstreckhen, so ist doch das wesen noch also geschaffen, das do auf disen so weitschichtigen grännitzen bey einem jedem paß, fessten, schloß, fleckhen oder casstel noch sovil volckhs, alls an jetzo allenthalben vorhanden, gehalten solle werden, das soliches dennoch gegen disem feindt auch zur zeit des angestelten gwissens fridens, wann er denselben gar steüff vermaint zuhalten, schwärlich so weit gelanngen wurde, das man an allen ortten sein arglistigs einschleichen unnd alle schaden verhüetten khündte. Vil mehr haben die hochloblichen stännde zuerwegen, wann er anjetzo ain rennen anstelt, das bey so ungleicher besatzung unnd fursehung gegen ime zuraitten, die einfall nit khünnen [unfoliiert] verhüettet werden, dann das khriegs volckh, weliches hin und wider ausgetailt, das khan an4 merckhlichen grossen schaden und gefar von iren stellen nit hinweckh khomen und zusamen ziehen, unnd wann es gleich geschäche, so stunden dieselben plätz unnd heüser gar lär, dardurch der feindt sein glegenhait nach allem seinem vortl unnd wunsch one allen abbruch der seinigen khan verrichten. Also zuversteen, die windisch und crobatisch grenitzen, die wirdt an jetzo mit 4.000 mann zw fueß unnd 1.246 geringen phärdten versehen, die sindt dermassen auf alle fleckhen, päß unnd örtter aufgetailt, das sy von wegen weitte sonnderlich der crobatischen gränitzen unnd beywonung[?] der fleckhen, dahin sy geordnet worden, nit khunnen zusamen ziehen; unnd sindt dennoch alle fleckhen so gering mit disem volckh versehen, es khume der feindt, fur welichen fleckhen er wölle, so khümnen[!] sy sich nit erhalten, entweder das der fleckhen an ime selbst nitt gnuegsamb besetzt, ploß unnd unerpaut oder mit munition unnd profianndt der notdurfft nach nit fursehen.
Entgegen hat der feindt seine sachen auf dise gränitzen also bestelt, das er nit allain seine granitz heuser woll besetzt, sonndern, wann ain beeg gähling5 etwas wil furnemen, so hat er alls paldt etlich tausent beyeinannder unnd bleiben dennoch alle seine ortt unnd gränitz fleckhen wol besetzt unnd furgesehen.
Neben dem des feindts gränitzen volckhreich unnd unnsere von wegen des taglichen raubens unnd hinweeg fürens des armen volckhs, sonnderlich die chrabatischen granitzen, gantz unnd gar abgeödet unnd der bascha von Bossen allain jederzeit biß in die 20.000 man zw roß unnd fueß khan aufbringen. Solten dann alls palt die aufpott in lannden zw roß und fueß zw allen des feindts gählingen rennen aufgemanet werden, das wäre ir eüsseristes verderben, dann zw deme das lanndt volckh nach beschechner aufmanung inner 14 tagen nit wol zusamen khan khomen unnd der feindt hiezwischen, alle weil er in ainem tag von seinen gränitzen dise lannde erraichen, mit dem raub das seinig verrichten unnd in sein gwarsamb widerkhomen khan. Wann er aber mit starckher höres chrafft anzeucht, das man die khundtschafften zeitlich haben mag, so müessen alls dann die lannde mit den aufpötten das pesste thuen unnd alls vil müglich zur gegenwöhr greiffen.
Damit aber neben anndern unngerischen, zipserischen und osterreichischen gränitzen zugleich auch dise windische und crabatische gränitzen zw der jetzigen besatzung beharrlich gesterckht unnd durch soliche besterckhung dem feindt etlichermassen gesteurt unnd gewöhret möchte werden, befinden wir, das die ksl. Mt. den hochloblichen Reichs stännden bey [unfoliiert] jetzt ubergebner replickha allergnedigist einen auszug mit C eingeschlossen, wie noch die gränitzen gesterckht müessen werden, alls nämblich die chrobatisch[!] gränitzen mit 200 teutschen, 200 hussarischen phärdten, 100 arcubusier zw roß, 200 teutschen schutzen unnd 400 haramia.
Die windisch gränitzen mit 200 teutschen, 200 husarischen phärdten, 100 arcubusier zw roß, 200 haramia. Diser überschlag ist gleich wol inmassen auf den anndern gränitzen gar gering gemacht unnd khümen[!] leicht erachten, ir ksl. Mt. hat das nuer zw verschonung der loblichen Reichs stännde also gering angestelt, das sy desto weniger beschwerung darob tragen sollen etc. Aber wir zaigen mit bestänndtigem grundt gwislich an, wann die hochloblichen Reichs stannde nit die gränitzen statlich unnd zum wenigisten mit diser angezognen besterckhung helffen versehen unnd dise gehorsame christliche arme lannde, neben dem sy sich auch zum höchsten angriffen, gegen disem erbfeindt retten werden helffen, so ist gwiß, das sy dem feindt in sein gwalt erbärmclich khomen, das teütsche lanndt diser irer so statlichen mitglider beraubt und entlich das verderben uber unnd über mueß ervolgen.
Unnd ist demnach an offt unnd vilgemelte stannde des Heilligen Reichs unnser in namen der lannde Steyer, Khärntten unnd Crain sambt der fürstlichen grafschafft Görtz ganntz unndertheniges unnd hochvleissigs seufftzen, flehen und bitten, die wöllen doch aus christlicher erparmung ein so geringe beharrliche hilff, weliche sy one allen iren unnd irer unnderthonnen beschwarung gantz wol noch erlanngen und mit solichen hülffen nit allain die gränitzen, sonndern dise ire mitglider unnd christliche lannde sambt vil tausent christen seelen aus des feindts rachen erretten khunnen, nit ansehen unnd zw erhaltung der christenhait, ires aignen vatterlanndts der teutschen nation dieselbig begerte beharrliche besterckhung dargeben. [Marginalie: 1)] Unnd weil die ksl. Mt. sonder- unnd austruckhenlich begern, das soliche des Reichs hülff durch eur chur-, f. Gnn., Gnn., gunsten unnd freundtschafften selbst aigene darzue deputierte personnen das volckh ordenlich musstern unnd auszallen sollen lassen, so stellen wir in khainen zweifl, die werden derselben gnedigen unnd gunstigen vertrösstung und der lannde unnderthenigem vertrauen und hoffnung nach an jetzo, weil die zeit nunmehr verhannden, das man zw hilff khomen solle unnd der feindt mit gwalt, je lennger, je mehr, auf dise lannde thuet dringen, ire christliche lieb gegen derselben mitglidern, weliche in schutz unnd schermb[!]6 des Heilligen Reichs sein, mit der that erzaigen unnd dieselbigen nit so erbärmclich von dem erbfeindt zerreissen unnd vertilgen [unfoliiert] lassen [Marginalie: 2)] unnd do der erbfeindt mit personndlichen anzug oder ein beglerweeg dise lannde anfallen wurde, sich mit einer statlichen hilf in sonnderhait mit gnaden zuerclären und zuerweisen; [Marginalie: 3)] unnd dann letzlich auf unnser hievor im anfang, auch jetzigs gehorsambs in namen der lannde an eur chur-, f. Gnn., Gnn., gunsten unnd freundtschafften beschechnes suppliciern, flehen und bitten unns ein gnedigiste, gnedige, gunstige und wilfarige schrifftliche antwordt geben lassen, auf das wir unsern principalln, von welichen wir alheer zw eur chur-, f. Gnn., Gnn., gunsten unnd freundtschafften an jetzo mit grossen unchossten geschickht worden, unnsers anbringens unnd darüber erlanngten bschaidts relation thuen mügen. Inmassen wir dann soliches gleichermassen dem fürssten rath, auch den frey- unnd Reichs stetten schrifftlich ubergeben7.
Soliches alles umb eur chur-, f. Gnn., Gnn., gunsten unnd freundtschafften werden offtbemelte lanndtschafften, auch wir, in allem, so immer menschlich unnd müglich, in gmain gegen den hochloblichen Reichs stännden, auch gegen jedem insonderhait zw vorsteeunder glegenhait ungespartt leibs unnd guetts zuverdiennen unnd zubeschulden willig unnd beflissen sein. Denselben wier unns hieneben in gehorsam unnd dienstlich [unfoliiert] bevelhendt. Regenspurg, in werundem reichstag, den sechzehenden Augusti anno 76.
Eur chur-, f. Gnn., Gnn., gunsten und freundtschafften
gehorsame unnd dienstwillige
N., der lanndtschafften Steyr, Kärnttn unnd Crain sambt der f. grafschafft Görtz gesanndte.
Siehe textkritische Fassung.