Religionsgravamina der katholischen Reichsstände (1576-09-19)
Textgrundlage: Stade NLA, 4 Sammlungen / 4.4 Handschriften / Rep. 32 Erskein'sche Aktensammlung ("Stader Reichsarchiv"), 1506-1655 Nr. 8, fol. 174r-184v
Gemaine gravamina der catholischen stennden.
Gemaine gravamina, so den catholischen stenden dem einmal aufgerichten und hochbeteüerten religion friden1 zu wider zu unbillikheit gantz unleidenlich zuegefüegt worden.
Wiewol die catholische stende, gaistlich und weltlich, dem geliebten friden zu guettem, auch damit, was ainmal eingewilliget und verabschiedt, getreulich aufrecht und vesstigclich gehalten würde, den gemachten religion friden ires thails zum fleissigisten in acht genomen und dagegen im wenigisten nichts handlen und fürnemmen lassen, ja dabey sich getruckht und etwan auch nit geringe molestationes, allein dem friden zu guettem geduldig über sich gehen läßen, allein der hoffnung, es solte auf der andern seitten dergleichen auch beschehen, und in betrachtung irer, der catholischer[!], guet willige geduldt irer desto mehr verschonet worden sein.
So erzaigt sich doch gegen alles versehen dz werckh von tag zu tag, ye lenger, je beschwerlicher, also dz die catholische stende auch irer christlichen gewissen halber nit haben umbgehn künden noch sollen, der ksl. Mt. als irer hohen obrigkheit, gerechtem kaiser und handthabern der gerechtigkheit nachvolgende vasst hohe beschwernußen, [175v] so von dem widerthail der catholischen stenden2 samentlich ins gemain und dann etlichen insonderheit begegnen, allerunderthenigist antzubringen.
Dann zum ersten, ob wol gesetzt und geordnet, dz kain andere religion und glauben dann die baide, im religion friden vermeldet, im Hl. Reich zuegelassen und gedultet werden solten, so ist doch offenbar am tag und der ksl. Mt. gar unverporgen, wie manicherlay secten und irrige verdampte lehr mit dem nammen der augspurgischen confession sich itzt beclaiden und unter solchem schein offentlich in kirchen und schuelen gepredigt und gelert werden, so doch der augspurgischen confession so wol als der alten catholischen religion strackhs zu wider. Ob es aber nur geringe schulstritt und disputationes oder spaltungen in den haubt articln sein, referiert man sich kurtz halben auf die hinc inde ausgangne schrifften und büecher, darin es vil anders laut und die gelarten, so davon on affection tractieren, selbst bekhennen3.
Zum andern, so ist dem context des religions friden austrückhlich versehen und geordnet, wan ein ertz-, bischof, prelat oder ein ander gaistlichen standts von der alten religion abtretten würdt, das es[!] dz ertz-, bistumb, [176r] prelatur und benefitia fürbehalten seines[!] ehren verlassen und davon abtretten sol4.
Dem aber zugegen werden etliche ansehenliche ertz- und bistumb, prelaturn und beneficia von der augspurgischen confession verwandten behalten, besessen und genossen; wie das alles mit etlichen beschwerlichen exempln, deren vil der ksl. Mt. für sich selbst wol bewüsst und auf den notturffts fahl gar wol und mer, dann guet ist, specificiert und erclert werden mögen.
Zum dritten würdt im religion friden bey dem § (Dieweil aber etc.)
5 der stifft und clöster halb diser underschiedt gemacht: Erstlich, dz die stifft und closter, dem Reich on mitl underworffen, sie seien vor oder nach dem passawischen vertrag6 mit der that occupiert, den catholischen widerumb restituiert werden sollen.
Was aber die stifft, clöster und gaistliche güetter anlangt, die dem Reich on mitl unterworffen[!], würdt diser underschaidt gemacht, dz die jhenige, so vor dem passawischen vertrag verendert und zu milten und andern sachen angewendt worden, also bleiben mögen.
Welche aber zu zeit des passawischen vertrags noch in irem wesen onentsetzt und bey der catholischen kirchen gewesen, dz dieselben dabey khunfftig auch gelassen werden solten.
Nun ist ja unlaugbar, sonder offenbar, dz in vielen der augspurgischen confession verwandten churfürsten und fürsten, grafen und herrn landen, auch stetten vil kirchen, stifft, closter und gotsheüser, so zur zeit des passawischen vertrags nit von innen eingetzogen, sonder noch unverendert bey der alten religion unnd irer administration gewesen, darumb dieselbigen auch vermög itzt allegirter disposition des religion fridens dabey hetten sollen sicherlich unnd unbetrüebt gelassen werden.
Aber doch weiset die laidige erfarung aus, wie unmilt an vilen ortten mit den datzumal noch uberigen stifften, kirchen unnd clöstern umbgangen, da die alte religion verpotten und abgeschafft, die kirchen verwüesstet, altar abgerissen, clinodia, brief, sigel und register wegg genummen, der lieben heiligen reliquien & corpora martyrum Christi verunehret, die heiligen ostien[!] mit füessen getretten.
Die prelaten und capitln werden irer administration in gaistlichen und weltlichen sachen entsetzet, was durch verhaissung, auch betrawung nit abtsehen wellen, in verstrickhung genommen, mit wagen und karren an andere ort in gefenckhnuß geschlaipfft, denen renunt iationes fürgeschriben und sie zu sigelung und underzaichnung genöttigt und getrungen; welches nachmallen für freywillige renuntiationes gerüembdt und angetzogen wöllen werden.
Zu dem, ob wol durch kaiserliche mandata, ja auch durch ir Mt. auf churfürsten, fürsten und stendt guet achten und einhelligen beschluß die restitutiones solcher entnommen stifft ernstlich anbevolhen worden7, dz doch kain gehorsam darauf bis noch ervolget, sonder müesst wider alle solche rechtmessige, anbevolhne restitutiones derselben noch in mangel stehen.
Zum vierten würdt in dem § (Damit auch etc.)
8 die gaistliche jurisdiction allein in dennen fählen eingestöldt, in welchen dz exercitium der augspurgischen confession verhindert werden mechte, mit dem austrücklichen fürbehalt, wie der versicul [177v](Aber in andern sachen )
9, da sonst in andern fählen die ubung der geistlichen jurisdiction, wie sy an jedem ortt hergebracht, in irem exercitio gelassen werden solle.
Dem zu gegen würdt in solchen fehlen, die mit der religion gar nichts zuthuen, doch die geistliche, lang hergebrachte jurisdicton[!] gentzlich und gar in der augspurgischen confessions landen und gebiett abgeschnitten und mit der tatt gewert.
Zum funfften ist wol bey dem § (Und ob solcher )
10 versehen, wie es gehalten werden solle mit der bestellung der ministerien und raichung der competentien.
Und ob wol diser seits den stenden der augspurgischen confession und der jhenigen, so sich derselben riemen, in iren landen und gebietten auf die pfarr kirchen, deren die catholische stendt collatores seindt, personen, dem gegentail gefellig, bestellen, so understehn sich doch etliche vom gegenpart, den catholischen stenden anderer dann der alten religion zuegethane pfarrherrn und kirchendiener in der catholischen gebiett eintzudringen, allein under dem schein, dz sy sich der alten collation von wegen eines eingezognen [178r] stiffts oder closters unbefüegt anmassen; zu etlichen fehlen ist es durch getrungen, in etlichen aber deshalb dorfschafften nun ein guete zeit one pfarrherrn und seelsorger verbliben, ja das man auch wol in andern gebiett kirchen gar niderreissen und verbrennen lassen.
Im andern fahl aber der competentien könden die catholische stende und ire unterthanen der disposition des § (Und ob solcher)
11 an vil ortten gar nichts genüessen, werden durch arresta und andere thätliche weege angehalten, allein des gegentails willen bis zum uberfluß so wol mit unnöttigen pewen als mit raichung der competentien zulaissten.
Darüber inen auch gegen dem buechstaben des vorgehenden § (Als auch )
12 ire ordenliche zehenden, rendten und gfell13 durch manicherlay arressten unnd gebott, alles underm schein der teurung und andern gesuechten ursachen, angehalten würdt, inen zu zeiten der geringist thail gefolgt, dz uberig, umb halb gelt zuverlassen, angeschlagen, und würdt inen dartzue solch gelt langsam unnd wenig betzaldt.
Dabey dann auch zum sechsten nit one sondere beschwernuß fürkhombdt, das auch bistumb und capitl sein, den[!] anrainenden fürstenthumben und herrschafften gelegen dörffer haben, in welchen dorffern nit allein die geistliche jurisdiction, auch der pfarrn und pfrienden ius patronatus14 und lehenschafften, sonder auch alle andere ober- und gerechtigkeit vogtei, raiß15, steur, fron dienst, gebott und verbott (alein di halß gerichtlich obrigkheit ausgenummen) dem stifft und einem capitl zuegeherig sein, und sein dieselben des stiffts und capitls unterthanen niemandts andern dann ain bischoff und capitl gelobt und geschworn und kainem andern herrn in ainig weeg verpflicht, in denselben dörffern hat ain bischof und capitl von alters wegen auch nach dem passawischen vertrag und gemachten religion friden bisher die pfarrn und pfriendt mit catholischen briestern besetzt und noch. Aber dem zuwider underfahen sich itzo die fürsten und herrschafften, der augspurgischen confession anhengig, die catholische briester von den pfarren in solchen dorffern abtzuschaffen, vermainen und nemmen für, dieselben pfarren und pfriendt in crafft fraichlicher[!] oder malefitzischer obrikheit mit predicanten irer religion zubesetzen, verschaffen [179r] der pfarrn und pfrüendten güldt, zünß, nützung und einkhomen iren predicanten, dardurch dann des stiffts underthanen der catholischen religion und der heiligen christlichen sacrament beraubt und also per indirectum, dieweil man bey iren pfarrkhirchen kain catholischen briester gedulden wil, zu der andern religion getrungen werden. Welches dem religion friden entgegen, in welchem geordnet, dz kain standt den andern noch desselben underthanen zu seiner religion tringen noch practicieren solle.
Danebens underfahen sich die bemelte fürsten und herrschafften der gotsheüser, pfarren und pfrüenden einkommen, disponieren mit denselben ires gefallens und, da die hintersässen der gotsheüser, pfarren oder pfrüenden hievor aller weil die pfarren oder inhaber der pfrüenden noch catholisch gewesen, dem stifft oder capitl mit vogtey, steur, dienst gerichtpar und anderer obrigkheit ausser des malefitzes zuegeherig gewesen, werden sy itzt mit solcher obrikheit in verenderung der religion von den malefitz oberherrn auch eingetzogen und dem stifft oder capitl angeregte ober- und gerechtigkheit entwendet.
Zu dem, ob gleich ein pfarrkirch in des stiffts hohen obrikheit gelegen, die mit den catholischen briestern besetzt ist, in welchen pfarrkirchen aines[!] oder mehr filial geherig, die ausserhalb des stiffts hohen obrikeit gelegen, so wil man von den pfarrherrn haben, dz sy die pfarrkinder derselben filial sollen nach der augspurgischen confession religion versehen; wo nit, laßen sy den pfarrern die gült, zünß und zehenden, so die pfarrkirchen in iren obrikheiten haben, nit volgen, so doch bilch[!] die filiales eclesiae matrici nachvolgen und sich der religion der pfarrkhirchen gemeß betragen sollen.
Und wiewol in dem religion friden disponiert, wann bestallung halb der ministerien zwispalt und mißverstandt fürfallen, deren sich die partheien nit vergleichen künen, wie man derhalben sol zu vergleichung und austrag kommen, doch dz die jhenigen, so der underhaltung halb der ministerien angefochten werden, vor austrag der sachen des iren, so sy in posseß sein, nit sollen endtsetzt werden, so würdt doch demselben nit gelebt und werden der catholischen ire güldt, zünß und zehenden, die sy in der augspurgischen confession verwandten [180r] obrikheiten haben, gespert und arrestiert und durch dieselben obrikheit von solchen arrestierten güldten, zünsen und zehenden zu underhaltung der münisterien eingezogen, nach irem gefallen on alle vorgehende erkhantnus.
Item es seindt auch seidt des passawischen vertrags vil pfarren, kirchen und pfrüendten, die ein stifft nit allein extraordinaria iurisdictione, sonder plena dispositione, oder dem capitl oder andern gaistlichen das ius praesentandi zuestendig gewesen, an etlichen ortten oder fleckhen, da schon der stifft oder capitl die vogtey oder gericht perkheit[!]16 nit haben, bey der catholischen religion gelassen und, da catholische priester oder clerici daselbst hin presentiert und infestiert17, darbey gelassen werden. Dem zu wider aber aller erst in wenig jaren uber und wider gemachten religion friden die weltlich obrikheit der augspurgischen confession kain catholischen priesster oder beneficiaten mer gedulden wil, sonder setze mit gewaldt predicanten der neuen lehr ein.
Also auch zum sibenden im religion friden von den gemainschafften18 nichts neues disponiert und kain [180v] meldung beschiecht, so soll es billich aller vernunfft nach bey dem alten herkomen und der gemain rechts regl, quod non mutatur cur stare non permittitur & in re communi potiorem esse causam prohibontis ea, quae novantur
gelassen werden. Dem strackhs zugegen thuent die mechtigern stendt der augspurgischen confession in villen ortten in den gemainschafften ire mit consorten in religions sachen hechlichen beschwern, in dem sich[!] die alte catholische re ligion abschaffen und die augspurgisch confession mit der gewalt eintringen.
Zum achten, wiewol in dem religion friden mit außdrückhlichen wortten versehen, dz kainer den andern seine underthanen zu seiner religion oder glauben ab practiciern solle, so haben doch etliche obrikheiten, so sich zu der augspurgischen confession bekhennen, dem zugegen understanden, undere[!], der catholischen obrikheiten angeherige underthanen nit allein von irer obrikheit religion und glauben abtzuhalten, sonder auch die underthanen mit offentlichen und haimlicher beschickhung und beistandt dahin gesterckht, dz sy iren obrikheiten kain gehorsam in dem laisten sollen. Welches dan [181r] den stenden catholischer religion nit wenig beschwerlich, in ansehung, dz damit dem religion zum hechsten zu wider gehandlt und, gleich wie die catholischen sich in dem, wie es die stendt der augspurgischen confession in irer landen anstellen, nicht einlassen, sonder vil mehr die ding derselben vor Gott verantwortten lassen, also solten die catholischen in regirung irer landen und kirchen von jhenen billich auch unangefochten und unverhindert gelassen werden.
Wie sich dann nit one geringe beschwernuß erfindet, dz in Reichs stetten, so der alten wahren catholischen religion ye und albeg19, so lang sie gestanden, zuegethan gewesen und noch, etlich derselben sonderbare burger der augspurgischen confession sich anhengig machen und nit allein es dabey verbleiben lassen, sonder über dz unangesehen sy in güette vermahnet, aus dem fueßstapffen irer lieben voreltern nit zuweichen, die catholischen und dero uralte religion in offentlichen zechen20 dagegen schmechlich antassten, [181v] dem rath irer obrikheit übel nachreden, haimliche conventicula halten, winckel predigen anrichten, offentliche schandt dichten und gmäll[!]21 ausgehen laßen, in suma alles dz jhenig nur thuen, was irer catholischen obrikheit nur laidt ist. Bey disem es auch nit genueg ([!] sonder als ain rath zu vor kommung gemainer statt und burgerschafft zerrüttung solcher aufwigler halsstarrigkheit vermerckht, dz auch in verbleibung deren nichts guets daraus gevolgen wurde)[!] nit on zeitlich bewegt worden, erlaubter weiß einem und dem andern auftzulegen, sein glegenheit, da er gleich seiner religion wol auswartten künde, anderstwohin zusuechen, dz sein zuverkauffen und nach glaisster gebüer von dannen zutziehen, so hat doch dis bey solchen unrüebigen burgern auch nit statt finden mügen, sonder suechen frembde hilff, machen der statt ain anhang, henckhen sich an die benachparten fürsten, stendt und stett irer religion, dardurch sie auch wol so vil zu wegen bracht, dz ainem rath mit betroung aller handt unnachperschafft sovil under augen gegangen, als solten und müessten sie solche rebelische burger under innen dulden und leiden. Daraus nichts [182r] anderst ervolget als veracht der obrikheit und dz sy dessto mer gehalß sterckht darauf offentlichen hinaus in solche herrschafften ziehen, die kirchen besuechen, derselben religions verwante predicanten in die statt füren, darinen haimliche predig halten und also entlich understehn, andere fromme catholische burger auch zufüern und auf ir mainung zutziehen; alles so wol den kaiserlichen hirüber ausgangnen beschaidt und bevelhen als dem hochbedeuerten religion friden strackhs zu wider und sonderm veracht ires vorgesetzten magistrats und deroselben herbrachten, alten, wahren chatolischen[!] religion.
Mann beschwerdt sich auch verner und zum neünten, das in stetten, so sich der augspurgischen confession anhengig gemacht, etliche nit allein nit ersettigt seindt, dz innen zu übung irer religion notturfftige einraumung an clöstern und sonsten aus guettem willen und kheiner gerechtikheit fridlebens wegen geschehen, sonder fahren auch zue, nemmen andere pfarrhen, den stifften zuestendig, de facta[!] hinweckh, achten weder ksl. mandata noch, [182v] was in ausgangnen ksl. commissionen innen selbst aus guettem willen sonsten eingewilliget, sonder, hindan gesetzt solches alles und damit sie desto lenger in solchem thetlichen beginnen der stifften zu trutz verfarren mügen, suechen sich vernere neue weeg, alles zuveracht angemelter ksl. mandat und was fürter durch kaiserliche commissionen verricht und verabschiedet worden und sonsten religion friden gentzlich zuwider.
Neben dem und zum zehenden findet sich auch nit mit geringer beschwernuß in dergleichen stetten, da noch uralte von kaisern und königen privilegierte stiffter seindt, dz der rath, der andern religion zugethan, an gebürlicher weiß sich anmasst, der stifft haab und güetter, auch die clerisey selbst unter iren gerichts zwang und weltlichen gwaldt zu zwingen, ire kirchen und der catholischen burgerschafft die schuelen zuenttziehen und also der catholischen religion zu der wurtzl zu greiffen; gebietten auch auf allen zunfften den burgern, so catholisch, bey schwerer straff, ire kinder in kain andere schuelen gehen zulassen als in ire, gebietten auch den catholischen predigern, nit mer zu predigen, noch auch mehr nit als ein glockhen zuleitten und dergleichen, [183r] dem offentlichen religion friden zu wider, on zimlicher ding mehr.
Ob auch zum ailfften die constitution des religion fridens im § (Nachdem aber etc.)
22 austrucklich wil, dz in dennen Reichs stetten, da baide religionen zu zeit des augspurgischen religion fridens im brauch und ubung gewesen, dieselbige hinfüro auch also bleiben und in denselbigen stetten auch also gehalten werden und derselben frey- und Reichs stett burger und andere einwohner, gaistlichen und weltlichen standts, fridlich und ruehig beyeinander wohnen und kain tail des andern religion ceremonien und kirchen gebreüch abthuen oder sie davor zutringen , so ist doch auch, dem strackhs zu gegen, in villen Reichs stetten, in dennen baide religionen zur zeit gemachten religion fridens in übung gewesen, die alte catholische religion seithero gar abgeschafft, als zu Straspurg23, Eßlingen24, Reütlingen25, Mülhausen in Tyringen26 und andern mehr, in etlichen gleich wol eins tails die divina officia horae canonicae27 und andere ceremoniae gestattet, aber die predigen wie obangeregt verpotten, auch, dz volckh, so es begert, mit den christlichen sacramenten catholischem [183v] christlichem brauch nach zuversehen, dartzue nit gestattet würdt; wie bey der statt Ulm zusehen, da unlangst ein catholischer priester in seinem gaistlichen claidt uber dem altar im teütschen hauß gefenckhlich angenommen und damit offentlich der catholischen religion und person zu sonderm spott uber die gassen in das gefenckhnus gefürt worden28.
Diser ding aller haben die ksl. Mt. selbst guett wissenschafft, auch den rath und gemain zu Ulm aus genuegsamer irer ksl. Mt. commissarien eingenommener erkhundigung und relation mer mallen allergenedigist ermant und bevolhen, die catholischen zum gebrauch der sacramenten, predigen und übung gebreüchlicher ceremonien zu restituiern29. Und beschwerdt die catholische stendt nit wenig, dz bey inen zu sambt dennen zu Mülhausen und andern nit so gleich und vil rechts als gegen dem rath zu Dinkelspil, da es doch bey weittem so klar nit gewesen30, erhalten werden mag; zugeschweigen, dz noch ire deren von Ulm angehörigen und umbsassen, wan sie sich der catholischen religion gebrauchen, mit schweren abträgen und in andere weeg gestrafft werden.
Zu dem ist auch zum zwelfften unverporgen, wie allenthalben in viller herrn hohen und nidern [184r] standts gebüett, stetten und landtschafften die fromme catholische, christliche underthanen, als lang sie sich zur catholischen religion bekhennen, so gar übel gehalten, geplagt, verhasst und verfolgt werden; ja es nun mehr dahin gerathen, dz auch dieselbige obrikheiten iren predicanten verstatten (wo nit auch bevelhen), solche catholische burger und underthanen offentlich auf der cantzel in iren predigen gantz schmelich zuverhönen, zuverachten und beim andern tail verhasst zumachen. Darneben werden sy zu keinen burgerlichen ehrnstandt, also zum rathganng, zum gericht und was der ding mehr, erwolt noch gelaßen, sonder darvon, als weren sie keine piderleüth noch christen, ausgeschlossen; ja es auch dahin kommen, dz man sie zu den hochtzeitten, kindertauff und andere ehrlaisstung nit beruffen wil.
Und über dz alles werden sie auch an vielen ortten (alsbaldt man nur vernimbdt, dz sie, ire weiber und kinder etwo bey den catholischen zur predig gangen, dz hailig sacrament entpfangen oder sonsten der catholischen religion und ceremonien sich gemeß verhalten) den negst von der obrikheit streng angefarn, thails mit harter thurn straff31, thails mit schweren abträgen und also an ehrn, leib und [184v] guett gestrafft. Und da sie auch begeren, von dannen mit fürbehaltung irer ehrn und verkhauffung irer güetter und[!] andere catholische oberkheit sich zubegeben, wil man inen dz selbig auch nit zuelassen; welcher proceß doch gar unmildt, unchristlich und vil harter, als da innen austzutziehen gebotten würde.
Und beschlüesslich seindt auch die jhenige gra vamina, anno 59 und 66 von den catholicis auf baiden der zeit zu Augspurg gehaltnen Reichs tagen übergeben, vom andern tail nit allein nit abgestöldt noch gemiltert, sonder werden, je lenger, je mehr, accumuliert; dessen man sich gleichwol vermög des religion fridens nit versehen hett. Wie man auch, da es nöttig, solche oberzelte gravamina verners in specie, wa und an welchen ortten und von wanen dieselbige den catholischen zuegefüegt, antzuzaigen und dartzu thuen, urbittig ist.
Siehe textkritische Fassung.