Zielsetzung
Den Einstieg in die digitale Edition neuzeitlicher nicht-serieller Quellen zu erproben und für ein integraleres Verständnis der Geschichte der Reichstage der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts fruchtbar zu machen, ist das primäre Anliegen. Nur durch die enge Kooperation von Experten für die Edition von RT-Akten mit solchen Kolleginnen und Kollegen, die über Expertise im Bereich der Digital Humanities verfügen, kann dieses Anliegen realisiert werden. Im binationalen Projektteam sind diese Kenntnisse gebündelt.
Die Erfahrungen, die das Team im Pilotprojekt sammelt, können für die weitere Arbeit der Reichstagsaktenedition der Historischen Kommission genutzt werden.
Zentrales Anliegen ist es, die Möglichkeiten digitalen Edierens auszuloten, die digitale Infrastruktur für die weitere editorische Arbeit der Reihe aufzubauen und neue Forschungszugänge zu erproben, um den dynamischen Beratungsprozess systematisch beschreibbar zu machen.
Das auf dieser Website präsentierte Ergebnis des Projektes macht die Reichstagsaktenedition zugleich zum integralen Bestandteil ähnlich gelagerter Forschungs- und Editionsunternehmen, die sich derzeit z.B. in England, den Niederlanden und Polen darum bemühen, die Erscheinungsformen vormoderner politischer Repräsentation digital zugänglich zu machen.
Das Pilotprojekt ist von der Annahme geleitet, dass mit den Möglichkeiten digitalen Edierens gegenüber gedruckten Editionen nicht nur ein gradueller, sondern ein prinzipieller Mehrwert verbunden ist.
Dieser Mehrwert liegt für uns vor allem im Folgenden begründet:
1. Unter konsequenter Nutzung der im Archiv- und Bibliotheksbereich immer umfänglicher zur Verfügung stehenden digitalen Daten und systematischer Dokumentation der Datenerhebung wird es möglich, den Editionsprozess und die mit ihm zwangsläufig einhergehenden editorischen Selektionsentscheidungen transparent zu machen.
2. Besonders digitale Editionsformen können von einem Textverständnis ausgehen, das über die Abbildung des wörtlich Gesagten in geschriebenem Text hinausgeht. Sie können, neben der inhaltlichen Dokumentation der Reichstagsverhandlungen, weitere Eigenschaften der Kommunikation integrieren und die Schriftlichkeit selbst der Erklärung zugänglich machen. Denn der Zwang, die im Laufe des 16. Jahrhunderts exponentiell wachsende Aktenüberlieferung zwischen zwei - im Falle der Reichstagsüberlieferung teilweise acht - Buchdeckel pressen zu müssen, entfällt.
3. Digitale Editionen können zudem die Grenzen der gedruckten Edition aufbrechen, indem sie andere Dokumentationsformen wie z.B. Faksimiles integrieren. Seit - wiederum: jüngst - im Vorzeichen des sich beschleunigenden digitalen Wandels die restriktiven archivpolitischen Leitlinien bezüglich der Veröffentlichung digitalisierter Akten aufgegeben wurden, eröffnen sich in dieser Hinsicht gänzlich neue Optionen.
4. Durch die Anreicherung von Editionen durch hochstrukturierte Daten mit Methoden des Semantic Web wird es nicht nur möglich, das Versammlungsgeschehen als komplexes kommunikatives Geflecht zu repräsentieren, sondern die Edition generell für vielfältigere Fragestellungen nutzbar zu machen. Das Semantic Web bietet insbesondere die Möglichkeit, externe Ressourcen direkt mit der Edition zu verbinden.