Der Regensburger Reichstag von 1576

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Editorische Einführung: Editionsgeschichte: Deutsche Reichstagsakten, Reichsversammlungen 1556-1662

1 Entwicklung und Editionen der Abteilung Deutsche Reichstagsakten, Reichsversammlungen 1556-1662 der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften

In der langen Editionsgeschichte der Deutschen Reichstagsakten1, der ältesten Einrichtung der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, wurde deren vierte Abteilung, die Reichsversammlungen 1556-1662, als letzte ins Leben gerufen: Ausgehend von der Initiative Heinz Angermeiers im Jahr 1978 begannen nach der Billigung durch die Plenarversammlung der Historischen Kommission 1980 die Arbeiten zunächst im Rahmen eines von der Volkswagenstiftung geförderten Pilotprojekts im Jahr 1982, ehe die neue Reihe 1986 als Abteilung der Historischen Kommission fest eingerichtet wurde. In grundsätzlicher editorischer Hinsicht prägend für die neue Abteilung war zum einen die Einbeziehung weiterer Reichsversammlungstypen neben dem Reichstag, also von Reichsdeputationstagen, Kurfürstentagen und Reichskreistagen2, um deren gewachsener historischer Bedeutung im institutionalisierten Reich nach 1555 gerecht zu werden. Zum anderen wurden neue Editionsrichtlinien konzipiert, die es ermöglichen, die mit der zunehmenden Verschriftlichung des Geschäftsgangs in der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts anwachsenden Aktenmassen, wenn nicht geschlossen für das gesamte Umfeld eines Reichstags zu edieren, so doch inhaltlich stringent in allen Aspekten, jedoch beschränkt auf das unmittelbare Verhandlungsgeschehen während der Dauer der Reichsversammlung, zu dokumentieren, um so den Umfang der Publikationen im Druck und die Bearbeitungszeit in einem akzeptablen Rahmen zu halten3.

Die erste, als Pilot-Band konzipierte Edition der neuen Reihe mit den Akten des Speyerer Reichstags 1570 wurde bereits 1988 vorgelegt, 1994 folgte mit den Akten des Wormser Reichsdeputationstags 1586 die Dokumentation einer Reichsversammlung neben dem Reichstag. Seither konnten unter der Leitung von Heinz Angermeier (bis 2003), Maximilian Lanzinner (2003-2014) und Gabriele Haug-Moritz (seit 2014) einschließlich der vorliegenden Edition die Akten von sieben Reichstagen, zwei Reichsdeputationstagen, zwei Kurfürstentagen und einem Reichskreistag in insgesamt neun gedruckten Bänden (15 Teilbände) und hier erstmals in digitaler Form dokumentiert werden, die den Zeitraum von 1556 bis 1594 für die wichtigeren Reichsversammlungen weitgehend abdecken4.

2 Gedruckte Edition - digitalisierte Edition - digitale Edition: Der Weg ins Digitale

Seit dem Jahr 2002 baut die Historische Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften ihr digitales Angebot systematisch aus5 und stellt es Open Access kostenfrei zur Verfügung6. Die Reichstagsakten wurden vorerst weiterhin in gedruckter Form publiziert, ehe in der Abteilung Reichsversammlungen die 2013 ebenfalls gedruckt erschienene Edition zum Reichstag 1556/57 im Jahr 2014 als erster Band der Deutschen Reichstagsakten daneben auch als digitalisierte Online-Version präsentiert wurde7. Das nachträglich digitalisierte Manuskript der Druckfassung bietet die Vorzüge einer digitalisierten Online-Edition: neben der uneingeschränkten Zugriffsmöglichkeit und allzeitigen Verfügbarkeit insbesondere erweiterte Darstellungsformen, bandinterne und einige externe Verlinkungen sowie diverse Suchfunktionen, die eine gezielte Benutzung erleichtern und effizienter gestalten. Seither sind weitere Reichstagsaktenbände auch aus anderen Reihen in dieser Form digitalisiert worden und stehen damit als Hybrid-Edition gedruckt und online zur Verfügung8.

Beruht die digitalisierte Editionsform noch auf dem Druckmanuskript, so beschreitet die für die vorliegende Dokumentation des Reichstags 1576 als Pilotprojekt (gefördert von der DFG und dem FWF) erstmals erprobte, genuin digitale Edition einen anderen Weg, der an dieser Stelle nur kurz skizziert werden soll9. Eine wichtige Voraussetzung für die Realisierung der digitalen Edition ist die intensive Kooperation zwischen Historiker/innen und Editor/innen einerseits und Expert/innen im Bereich der Digital Humanities andererseits in einem interaktiven Team. Die Zielsetzung der digitalen Edition muss sein, die bisherigen editorischen Standards zu erfüllen und gleichzeitig die erweiterten Möglichkeiten und Chancen dieser neuen Editionsform zu nutzen, zunächst im Hinblick auf Quellenauswahl und -darbietung: Da der für die Buchform vorgegebene Zwang zur inhaltlichen Reduktion und Komprimierung (restriktive Aktenauswahl, Regestierungen, Aktenreferat etc.) entfällt, ist es möglich, bislang nicht oder nur reduziert aufgenommene Quellengruppen zu berücksichtigen und zudem alle Dokumente im Volltext zu präsentieren. Die Eingriffe des/r Editors/in in den Textkorpus werden dadurch ganz wesentlich minimiert. Des Weiteren kann die digitale Edition nicht nur die inhaltliche Seite des Reichstagsgeschehens abbilden, sondern darüber hinaus Kommunikation und Interaktion des Reichstagspersonals durch die Aufschlüsselung der vielschichtigen Kommunikationsprozesse verdeutlichen. Die Anwendung von XML/TEI ermöglicht die enge Einbindung der Ergebnisse der Archivrecherche (Archivdokumentation) in die Edition durch wechselseitige Verlinkungen, mit der Verwendung fester Personen- und Ortskennungen (GND) die Anbindung an externe, u.a. biografische Dienste und nicht zuletzt aufgrund der XML/TEI-Kodierung über die Volltextsuche hinausgehende, komplexe Suchstrategien nach Personen, Themen und Kommunikationsmustern.

Verfasst von: Josef Leeb

1 Vgl. Wolgast, Deutsche Reichstagsakten, S. 79-120.

2 Eine Übersicht der Reichsversammlungen (mit Literaturhinweisen) seit 1556 findet sich hier.

3 Zur Entwicklung und Konzeption der Abteilung: Angermeier, Reichstagsakten, S. 39-45; Wolgast, Reichstagsakten, S. 113 f.; Lanzinner, Steppe, S. 38-42 (Volltext); zu den Editionsgrundsätzen: Lanzinner, RTA RV 1570, S. 65-113.

4 Mehr zum Editionsstand hier.

5 Zwischenbilanz 2008: Gelberg, Aufbruch, S. 23-25 (Volltext).

6 Aktueller Stand.

7 Vgl. die Online-Version.

8 Eine Auflistung mit Links findet sich hier.

9 Ausführlicher: Einleitung.