Briefe 1891

Die untenstehende Briefliste ist mit Klick auf die jeweiligen Kategorien sortierbar. Absender und Empfänger werden nach Familiennamen sortiert.

Die mit * markierten Briefnummern entstammen der ersten Version dieser Edition, in welcher Briefe bis zum Jahre 1880 erschlossen wurden. Briefe ohne alte Numerierung und mit einer Datierung vor 1880 wurden nachträglich eingefügt.

KennungMarker KennungAbsenderMarker AbsenderEmpfängerMarker EmpfängerDatumMarker DatumOrtMarker Ort
L.1895Adolf SchauensteinAlexander Rollett[v.1891] [?] [?][Graz]
L.1896Adolf SchauensteinAlexander Rollett[v.1891] [?] [?][Graz]
L.1897Moritz HollAlexander Rollett1891 [?] [?]Neapel
L.1898Moriz HollAlexander Rollett1891 [?] [?]Neapel
L.1899Leopold Pfaundler von HadermurAlexander Rollett[1891-1903][?] [?][Graz]
L.1900Anton WölflerAlexander Rollett[1891/1892][?] [?]Graz
L.1901Emil RollettAlexander Rollett1891 I 12Wien
L.1902Iwan Michael SetschenowAlexander Rollett1891 I 12Paris
L.1903Iwan Michael SetschenowAlexander Rollett1891 I 20Paris
L.1904Julius KratterAlexander Rollett1891 I 21Innsbruck
L.1905Alexander RollettEmil Rollett1891 I 25Graz
L.1906Max GruberAlexander Rollett1891 I 29Wien
L.1907Hermann Franz MüllerAlexander Rollett1891 I 31Wien
L.1908[?] Julius HanselAlexander Rollett1891 II 5Grottenhof
L.1909Ewald HeringAlexander Rollett1891 II 8Prag
L.1910[?] Julius HanselAlexander Rollett1891 II 10Grottenhof
L.1911Hermann Franz MüllerAlexander Rollett1891 II 14Wien
L.1912Rudolf Jaksch von WartenhorstAlexander Rollett1891 II 19Prag
L.1913[NN] SteegAlexander Rollett1891 II 21Homburg
L.1914Ewald HeringAlexander Rollett1891 II 23Prag
L.1915Viktor von LangAlexander Rollett1891 II 23Wien
L.1916Julius KratterAlexander Rollett1891 II 25Innsbruck
L.1917Viktor von LangAlexander Rollett1891 II 28Wien
L.1918Isidor RosenthalAlexander Rollett1891 III 2Erlangen
L.1919[NN] SteegAlexander Rollett1891 III 3Homburg
L.1920Ferdinand KlugAlexander Rollett[1891] [III] [n.3][Budapest]
L.1921Julius KratterAlexander Rollett1891 III 16Innsbruck
L.1922Hermann Franz MüllerAlexander Rollett1891 III 18Wien
L.1923Max von VintschgauAlexander Rollett[1891] [IV] [?][Innsbruck]
L.1924Heinrich StreintzAlexander Rollett1891 IV 11Graz
L.1925Hermann Franz MüllerAlexander Rollett1891 IV 14Wien
L.1926Hermann Franz MüllerAlexander Rollett1891 IV 15Wien
L.1927Heinrich Wilhelm WaldeyerAlexander Rollett1891 IV 18Berlin
L.1928Max GruberAlexander Rollett1891 IV 23Wien
L.1929Gustav PommerAlexander Rollett1891 IV 26Innsbruck
L.1930Eduard SuessAlexander Rollett1891 IV 28Wien
L.1931Paul GrütznerAlexander Rollett1891 IV 29Tübingen
L.1932Eduard SuessAlexander Rollett1891 V 2Wien
L.1933Hermann Franz MüllerAlexander Rollett1891 V 9Wien
L.1934Hermann Franz MüllerAlexander Rollett1891 V 14Wien
L.1935Emil RollettAlexander Rollett1891 V 20Wien
L.1936Gustav PommerAlexander Rollett1891 V 25Innsbruck
L.1937Adolf SamitzAlexander Rollett1891 V 25Trifail
L.1938Alexander RollettEmil Rollett1891 V 26Graz
L.1939Alexander RollettEmil Rollett1891 VI 1Graz
L.1940Hermann Franz MüllerAlexander Rollett1891 VI 19Wien
L.1941Hermann Franz MüllerAlexander Rollett1891 VII 7München
L.1942Ludwig von ThanhofferAlexander Rollett1891 VII 13Siófok
L.1943Rudolf KlemensiewiczAlexander Rollett1891 VIII 1Graz
L.1944Emil RollettAlexander Rollett1891 VIII 1Wien
L.1945Adolf SchauensteinAlexander Rollett1891 VIII 5[Graz]
L.1946Max von KarajanAlexander Rollett1891 VIII 10Markt Aussee
L.1947Johannes GadAlexander Rollett1891 VIII 13Ostseebad Misdroy
L.1948Hans EppingerAlexander Rollett1891 VIII 15Schladming
L.1949Emil RollettAlexander Rollett1891 VIII 18Wien
L.1950Ludwig von ThanhofferAlexander Rollett1891 IX 1Siófok
L.1951Johannes GadAlexander Rollett1891 IX 2Misdroy
L.1952Alexander RollettEmil Rollett1891 IX 6Stübing
L.1953[NN] SaytzeffAlexander Rollett1891 IX 19Kasan
L.1954Moriz HollAlexander Rollett[1891/1892] [?] [?]Graz
L.1955Alexander RollettEmil Rollett1891 X 6Graz
L.1956Emil RollettAlexander Rollett1891 X 12Wien
L.1957Alexander RollettEmil Rollett1891 X 16Graz
L.1958Toni SchauensteinAlexander Rollett[1891] [n.X] [?][Graz]
L.1959Paul MayerAlexander Rollett1891 X 17Neapel
L.1960Hermann Franz MüllerAlexander Rollett1891 X 17München
L.1961Michael BorysiekiewiczAlexander Rollett1891 X 22[Innsbruck]
L.1962Hermann Franz MüllerAlexander Rollett1891 X 23München
L.1963A. PinterAlexander Rollett1891 X 24Kirchbach
L.1964Julius KratterAlexander Rollett1891 X 26Innsbruck
L.1965[Leopold] Pfaundler [von Hadermur]Alexander Rollett1891 X 28Graz
L.1966Alexander RollettEmil Rollett1891 X 29Graz
L.1967Johannes GadAlexander Rollett1891 X 31Berlin
L.1968H[ugo] KroneckerAlexander Rollett1891 XI 3Berlin
L.1969Alexander RollettEmil Rollett1891 XI 8Graz
L.1970Max von FreyAlexander Rollett1891 XI 11Leipzig
L.1971Johannes GadAlexander Rollett1891 XI 11Berlin
L.1972Rudolf HeidenhainAlexander Rollett1891 XI 15Breslau
L.1973Heinrich Wilhelm WaldeyerAlexander Rollett1891 XI 15Berlin
L.1974 [NN]Alexander Rollett1891 XI 19[?]
L.1975Rudolf HeidenhainAlexander Rollett1891 XI 22Breslau
L.1976Michael BorysiekiewiczAlexander Rollett1891 XI 25[Innsbruck]
L.1977Max von VintschgauAlexander Rollett1891 XII 8Innsbruck
L.1978Hugo SpitzerAlexander Rollett1891 XII 16Graz
L.1979Michael BorysiekiewiczAlexander Rollett1891 XII 18[Innsbruck]
L.1980[Hans] LandoltAlexander Rollett1891 XII 18Berlin
L.1981Alois BirnbacherAlexander Rollett[1891] [XII] [n.18][Graz]
L.1982Julius KratterAlexander Rollett1891 XII 23Innsbruck
L.1983[August] TewesAlexander Rollett1891 XII 30Graz
L.1984Emil RollettAlexander Rollett1891 XII 30Wien
L.1985Alexander RollettEmil Rollett1891 XII 30Graz
L.1986Rudolf HeidenhainAlexander Rollett1891 XII 31Breslau

[v.1891] [?] [?], [Graz]

Lieber Freund!

Hier folgt der Eingang zu der Denkschrift, den ich Dich ebenfalls durchzusehen bitte – was Du an Ergänzungen oder Änderungen für zweckmäßig hältst, bitte ich gleich neben dem Texte anzumerken – ich glaube, Freitag soll darüber beraten werden, bis dahin können also noch Modifikationen leicht angebracht werden.

Es war übrigens – offen gestanden – ein verdammt widerwärtiges Stück Arbeit, da man sich doch immer zurückhalten mußte, um nicht grob zu werden. Ob ich‘s hie und da nicht doch wurde, weiß ich nicht – schließlich muß man den Herren ja doch deutlich machen, was für eine miserable Pfuscherei sie geliefert?

Herzlichen Gruß

Schauenstein

Zur Datierung: Schauenstein ist am 16. 10. 1891 nach längerer Krankheit verstorben.

[v.1891] [?] [?], [Graz]

Lieber Freund!

Beiliegend die Rechnungen – bei der großen Anzahl von Objekten meinte ich, den niedersten Gebührenansatz wählen zu sollen, um nicht zuletzt das sparwütige Herabmindern herauszufordern.

Wenn Du aber glaubst, so könnten allerdings für die 13 Objekte, wo Blut wirklich nachgewiesen wurde, á 4.20 fl gefordert werden, das ist

13 á 4.20 = 54.60

10 á 2.10 = 21

75.60 für beide 151 fl 20 und diese Summe als Gebühr dürfte den Herren Juristen furchtbar erscheinen? Ich überlasse es ganz Deinem Ermessen, ob wir den Versuch machen sollen – und bitte Dich dann nur, mir es sofort wissen zu machen, so schreibe ich die Rechnung nur und sende sie sofort wieder.

Herzlich grüßend

Schauenstein

Anmerkung Zur Datierung: Das Stück fällt in die Zeit der gemeinsamen Gutachtertätigkeit Rolletts und Schauensteins, die wohl schon länger zurücklag, eine nähere Datierung war aber nicht möglich – Schauenstein ist am 16. 10. 1891 nach längerer Krankheit verstorben.

1891 [?] [?], Neapel

Hochgeehrter Herr Regierungsrat!

Ich erlaube mir Ihnen mitzuteilen, daß Professor Dohrn Sie freundlichst grüßen läßt. Ich habe bereits gesprochen, um Pimelia etc. zu erlangen. Es scheint aber nicht so rasch zu gehen, als ich glaubte. Rüsselkäfer sollen jetzt schwer erhältlich sein. Man glaubt, alles Gewünschte verschaffen zu können, wenn nicht, so müßte ich mich an Mingazzini in Rom wenden. Wie ich das Material erhalte, werde ich es gleich absenden. Zweck dieser Zeilen ist nur Ihnen mitzuteilen, daß ich Ihren geehrten Auftrag nicht vergessen habe, sondern gleich nach meiner Ankunft den betreffenden Personen mitteilte. Die Station hier ist wirklich großartig. Ich bin von den niedersten Meerestieren ganz gefesselt.

Genehmigen Sie, hochgeehrter Herr Regierungsrat, den Ausdruck meiner ausgezeichnetsten Hochachtung, womit ich verbleibe als Ihr ergebenster

Holl Dienstag

1891 [?] [?], Neapel

Hochgeehrter Herr Regierungsrat!

Da ich täglich auf den Erhalt des Materials warte, aber immer vergeblich, so wandte ich mich heute an Prof. Dohrn und trug ihm mein Anliegen nochmals vor. Er sagte mir, daß jetzt nichts erhältlich wäre, sondern erst im Sommer; er werde nicht vergessen, es abzuschicken. Ich schrieb ihm alles auf, und er antwortete, er werde die Sendung nicht vergessen.

Ich ging heute selbst auf verschiedene Anhöhen, um überhaupt etwas zu finden, fand aber nichts. Es scheint wegen der großen Kälte, die geherrscht, alles zurückgeblieben zu sein.

Nichtsdestoweniger werde ich auf der Rückreise mich in Rom aufhalten und Dr. Mingazzini besuchen; vielleicht ist dort etwas erhältlich.

Mir ist innerlich leid, daß ich Ihre geehrten Wünsche nicht gleich erfüllen kann, aber unter gegebenen Verhältnissen ist nichts zu machen.

Genehmigen Sie, hochgeehrter Herr Regierungsrat, den Ausdruck meiner ausgezeichneten Hochachtung, womit ich verbleibe als ergebenster

Holl Neapel Freitag

Anmerkung Zur Datierung: Dieser Brief folgt auf den zum Jahresanfang 1891 gereihten Brief Holls; der Erfolglosigkeit der Insektenjagd nach zu schließen ist Holl offensichtlich früh im Jahr in Neapel.

Hochgeehrter Herr Kollege!

In der letzten Sitzung des Naturwissenschaftlich-Medizinischen Vereines ist besprochen worden, daß von Ihnen noch die Zusage zu einem Vortrage gegeben sei; gleichzeitig wurde von mehreren Herrn darauf hingewiesen, daß jetzt die Zeit für die Vorträge nicht mehr günstig sei und es schade wäre, Ihren Vortrag unter diesen ungünstigen Umständen anzusetzen, während derselbe im Herbst sich als eine große Zugskraft für den Verein bewähren würde. Ich habe darauf vorgeschlagen, Sie selbst um Ihre Willensmeinung zu befragen, wozu ich denn vom Ausschuß autorisiert wurde. Ich bitte Sie daher um die Gefälligkeit mir mitzuteilen, ob Sie den zugesagten Vortrag noch vor dem Sommer oder erst im Herbst zu halten geneigt sein würden. Mit ausgezeichneter Hochachtung Ihr ergebener Kollege

Pfaundler

Anmerkung Zur Datierung:Der Physiker Leopold Pfaundler wurde 1891 als Nachfolger Boltzmanns nach Graz berufen, wo er bis 1910 wirkte.

[1891/1892][?] [?], Graz

Hochgeehrter Herr Regierungsrat!

Ich glaube mit Bestimmtheit annehmen zu dürfen, daß der Kropf des Herrn Prof. Graber ein maligner ist, und ein operativer Eingriff leider nicht am Platze ist. Nur gesprächsweise fragte ich, ob er noch weiter nach dem Süden gehen wolle; wir kamen aber schon gestern, besonders nach einer Besprechung, die ich abends mit seinem Freunde Prof. Andel hatte, darin überein, daß er vorläufig hier bleiben möge, wir wollen gerne alles tun, um seinen Zustand erträglich zu gestalten, und wollen die weiteren Entscheidungen der nächsten Zukunft überlassen; natürlich hat er keine Ahnung von der Malignität; ich ließ ihm für jetzt die Hoffnung, daß, wenn der Kropf weicher werden wird, derselbe sich leichter auslösen lassen dürfte. Er ist ein armer, beklagenswerter Mann, wir wollen mit recht viel Sorgfalt ihn pflegen. Mit besten Grüßen Ihr ergebener

Wölfler

Die Nachricht in Bezug der Ernennung Felsenreichs bestätigt sich nicht.

Anmerkung Zur Datierung: Vitus Graber ist am 3. 3. 1892 in Rom verstorben.

Lieber Bruder!

Beiliegendes Schreiben habe ich gestern spät abends erhalten. Ich werde heute in meinem Antwortschreiben an den Regierungsrat Dr. Catharin denselben bitten, dem Erzherzog meinen Dank für seine Gnade auszudrücken und die Bemerkung einflechten, dass Du Dich dem Unterrichtsminister schon vor Wochen persönlich vorgestellt hast. Wenn die Geschichte nur auch den gewünschten Erfolg hat. Was der Unterrichtsminister dem Erzherzog gesagt hat, weiß ich natürlich nicht. Vielleicht kann ich es gelegentlich in Erfahrung bringen, wenn ich wieder einmal zum Erzherzog gerufen werde.

Nun lebe wohl, küsse und grüße mir vielmals die Deinen, schone und hüte sehr sorgfältig Deine Gesundheit, arbeite auch nicht zu viel und sei herzlich geküsst von Deinem

Emil

Hochgeehrter Collega und Freund, in Paris bin ich erst seit 5 Tagen, da ich auf dem Wege dorthin erfahren habe, dass die Pariser Laboratorien zu Weihnachten leer sind. Aus diesem Grunde zog ich es vor, die Festtage an einem stillen Orte, namentlich an dem Genfer See inmitten einer Familie von alten Freunden zu zubringen. In München habe ich den Mechaniker Dr. Edelmann kennen gelernt und war von ihm förmlich entzückt – so einen liebenswürdigen Mann habe ich seit lange nicht gesehen.

Von den Pariser Merkwürdigkeiten kann ich einstweilen noch wenig sagen, da ich viel zu laufen hatte, um mir eine gut einheitzbare Privatwohnung zu finden. Nach einem langen fruchtlosen Suchen persona propria habe ich eine solche nur Dank dem Metschnikoff gefunden und schreibe Ihnen diese Zeilen bei einer erträglichen Temperatur. Wie ist es Ihnen und Ihrer gnädigen Frau Gemahlin zu Weihnachten ergangen? Haben Sie sich erholt und sind die Kinder gesund und munter? Ist Herr Eger mit der Blutpumpe fertig und hat dieselbe die Probe ausgestanden? Hoffentlich werde ich nächstens eine Antwort auf alle diese Fragen von Ihnen erhalten. Meine Adresse ist: Paris. Rue d’Assas, 130. Vergessen Sie nicht, dass, solange ich in Paris bleibe, ich Ihnen bei den hiesigen Mechanikern zu Diensten stehe. Bitte mich Ihrer gnädigen Frau Gemahlin zu empfehlen.

Herzlich ergebener

I. Setschenow

Hochgeehrter Kollege und Freund,

ich beeile mich Ihnen den Grund anzugeben, warum das Gasrohr in den Trichter eingeschliffen werden muss.

Wäre es möglich, die Gase des Blutes (oder des Serums) durch ein einziges Kochen zu erhalten, so würde die fragliche Einrichtung unnötig sein. – Sie wird hingegen für die Bildung des Vakuums zum zweiten, dritten usw. Male unentbehrlich, und zwar aus folgendem Grunde. Nachdem die durch das erste Kochen gelieferte Portion des Gases in das Gasrohr überführt ist und man das Vakuum zum zweitenmal gebildet hat, muss das Quecksilber vor dem Hahne B (angezeigt durch den Pfeil A) durch Neigung entfernt werden.

Marker

Ehe man jedoch die letzte Manipulation ausführt, muss das Gasrohr vor dem Eindringen der Luft während der Neigung geschützt werden. Gerade zu diesem Zwecke dient der fragliche Schliff. So wie das Gasrohr in den Trichterschliff eingepresst ist, kann das den Trichter füllen, das Quecksilber bei Neigung des Apparates bis zum letzten Tropfen herausfließen, die Luft kann jedoch in das Gasrohr nicht eindringen [sic].

Man könnte natürlich diesen Schliff entbehren; dann würde man aber genötigt sein, das Gasrohr vor der Bildung des Vakuums zum zweiten, dritten Male usw. aus dem Trichter entfernen und dasselbe vor dem Sammeln des Gases zum zweiten, dritten Male wiederum hineinbringen.

Ich danke Ihnen herzlich für die Mühe, die Sie sich gegeben haben, um das Ding zu prüfen. Wenn die beiden Hähne gut halten, die Neigung leicht ist und das Überführen des Gases in das Gasrohr mit Leichtigkeit geschieht, so ist der Apparat in allen Beziehungen gut.

Jetzt will ich Ihnen von meinen Aufenthalte in Paris erzählen.

Da ich mich mit den Fermentationen nie beschäftigt habe, so bot das Institut Pasteur die beste Gelegenheit dar, diese Lücke in meiner Bildung einigermaßen auszufüllen. Dank dem Metschnikoff bin ich dorthin als Schüler eingetreten und übe mich in Milch- und Buttersäuregärung ein. Alle meine Lehrer sind in solchem Grade zuvorkommend, dass ich hoffentlich im Laufe eines Monates mit diesem Teile meiner Aufgaben fertig sein werde. Weniger glücklich war ich mit dem 2. Teile derselben – Marey ist für den ganzen Winter abwesend; so dass es unmöglich ist, eine Bekanntschaft mit seinen photographischen Vorrichtungen zu machen. Das Wenige, was ich bis jetzt über das hier übliche Projektionsverfahren gesammelt habe, beschränkt sich darauf, dass man sich meist mit dem Drummondschen Licht begnügt.

Von dem munteren Pariser Leben spüre ich gar nichts, da ich erstens in einem sehr entlegenen Stadtteil lebe, zweitens an einem ununterbrochenen Katarrh aller Wege leide. Die Kälte ist hier nicht stark, aber die Häuser zu kalt.

Danke Ihnen nochmals und wünsche Ihnen alles, alles Gute, Ihr ergebener

I. Setschenow

Ihrer gnädigen Frau Gemahlin bitte mich zu empfehlen.

Hochgeehrter Herr Regierungsrat!

Wie Sie vielleicht schon von Dr. Laker gehört haben werden, gehen wir in Innsbruck eben daran, einen systematischen Unterricht in Otiatrik und Laryngologie zu inaugurieren, wobei wir, was die Personenfrage anbelangt, in erster Linie an Kollegen laker gedacht haben. Nicoladoni, der mit mir zusammen das betreffende Komitee bildet, hat bereits an Dr. Laker geschrieben und von ihm auch erfreulicherweise eine zusagende Antwort erhalten. Nun sind wir aber leider noch gar nicht so weit, um den Personalvorschlag machen zu können, sondern die Angelegenheit steht jetzt so: Unser im Sommer [18]90 gestellter Antrag auf Inaugurierung eines otiatrisch-laryngologischen Unterrichtes an unserer Fakultät wurde vom Ministerium im Prinzipe angenommen und wir sind jetzt beauftragt, über die Modalitäten zu berichten, unter denen dies geschehen solle. Solcher gibt es zwei: Die erste, offenbar vom Ministerium gewollte, besteht in Errichtung einer honorierten Dozentur. Der Vertreter wäre an die Chirurgie angelehnt; die zweite, von mir und meinen Freunden vertretene und gewünschte, besteht in der Errichtung eines Extraordinariates und Einrichtung einer gesonderten Abteilung für Ohren- und Kehlkopfkranke. Wer wird uns denn als Honorardozent nach Innsbruck gehen, wo das Nebeneinkommen des bestsituierten Praktikers ein Geringes ist? Da nun in Graz vor Kurzem ein Extraordinarius für Ohrenheilkunde ernannt wurde, so wäre es mir sehr wünschenswert zu erfahren, wie dort der Modus procedendi war, d.h. in welcher Weise die Stellung des Otiatrikers geregelt wurde. Deshalb erlaube ich mir, mich an Sie mit der Bitte um Ihren bewährten Rat zu wenden und um gütige Mitteilung der Art und Weise, wie diese Sache in Graz geregelt wurde.

Wir Grazer freuen uns gar sehr, dass wir nun hoffentlich bald neuen Zugang erhalten von unserer geistigen Heimat der Grazer medizinischen Fakultät. Doch wollen wir nach Möglichkeit dafür Sorge tragen, dass unserem verehrten Kollegen Laker der Leidenskelch einer Honorardozentur und eines Anhängsels an eine Klinik erspart bleibe, und er einen selbstständigen Wirkungskreis von vorne herein eingeräumt erhalte.

Indem ich meine Bitte im eigenen und im Namen des Mitantragstellers Nicoladoni wiederhole, zeichne ich mich mit dem Ausdrucke ausgezeichneter Hochachtung und Verehrung als Ihr stets dankbar ergebener Schüler

Kratter

Bitte von meiner Frau und mir viele Empfehlungen und Grüße an Ihre verehrte Frau Gemahlin.

Lieber Bruder!

Ich danke Dir sehr für die Übersendung des an Dich gelangten Schreibens des Dr. C. Sehr wünschenswert wäre es zu wissen, was der Herr Minister dem hohen Herrn eigentlich gesagt hat. Das wirst Du aber nicht erfahren?

Du hattest ganz recht, dass Du die Mitteilung machtest, dass ich mich dem Minister schon vorgestellt habe. Indes ist dieser Sache doch große Aufmerksamkeit zuzuwenden, und wenn der hohe Herr etwa diesen Wunsch ganz positiv wiederholen sollte, müsste ich es wohl noch einmal tun.

Ich erwartete von Tag zu Tag von anderer Seite etwas zu erfahren, leider war das bis jetzt nicht der Fall und das macht mich sehr misstrauisch und hoffnungslos. Es handelt sich nämlich um eine Sondierung des jetzt zum Sektionschef im Unterrichtsministerium avancierten Dr. Rittner, auf welchen ein einstiger Schüler von mir, jetzt Professor in Innsbruck, während der Weihnachtsferien durch den einflussreichen Abgeordneten Madeyski[-Poray] einen Druck ausübte. Es fehlen alle Nachrichten.

Der Wiener Fakultät ist es eigentlich zu gönnen, dass jetzt ein Hauptfach in so unwürdiger Weise vertreten ist, aber wie wird das enden?

Hätte ich doch vor 6 Jahren das Reichsratsmandat, welches mir die Grazer damals auf dem Präsentierteller entgegenbrachten, angenommen. Es wäre ein Wagnis gewesen, aber vielleicht wäre ich dadurch der unwürdigen Behandlung entgangen, welche mir die Wiener Fakultät angedeihen ließ und die anderen nicht, mir aber sehr sensibel auch auf meine Stellung hier rückwirkt [sic]. Meine Bezüge hätte ich auch als Abgeordneter nach den Staatsgrundgesetzen behalten müssen. 1 Semester Kollegiengeld etc. wäre durch die Einkünfte des Abgeordneten wahrscheinlich aufgewogen worden.

Freilich, arbeiten in wissenschaftlicher Beziehung hätte ich nicht können, allein was nützt alles Arbeiten, wenn keine Katz dafür etwas gibt und man nur erleben muss, dass man trotz alledem ignoriert wird. Ich muss in der Tat sehr bescheiden werden, vielleicht habe ich mir bisher zu viel eingebildet.

Jetzt sind wieder die Reichsratswahlen ausgeschrieben, aber jetzt ist es zu spät. Heute kann ich nicht kandidieren, weil ich mir damit jede Hoffnung zerstören würde.

Sehr zur Unzeit kommen diese Wahlen, wären sie im Herbste gewesen, wie man immer hoffte und wäre bis dahin die Wiener Frage zu meinen Ungunsten entschieden gewesen, dann hätte ich wahrscheinlich doch kandidiert und der Wiener Fakultät einiges erzählt. Wie die Dinge jetzt stehen, muss ich also auf alles verzichten und das Schicksal über mich ergehen lassen. Es ist traurig!

Zwar werde ich mich trösten, denn ich habe schon im herbsten Leide Trost gefunden. Aber niederträchtig hat man mir mitgespielt und über solche Erfahrungen kommt man doch manchmal zu großer Misslaune.

Humbert hatte zum Überflusse einen starken Bronchialkatarrh mit hohem Fieber, heute geht es ihm schon besser. Er ist aber sehr heruntergekommen und eine Qual ist es für mich, dass er im ersten Jahr Gymnasium so viele Stunden versäumen muss.

Mir geht es körperlich ganz gut. Ich bin nur etwas zu dick geworden. Ein sehr hartnäckiger Katarrh mit Heiserkeit ist jetzt auch Gott sei Dank vorüber. Ich habe mir ein ganz besonderes Verfahren zur Behandlung meines immer und immer rezidivierenden Nasen-Rachen-Katarrhes erfunden, dasselbe mit gutem Erfolge angewendet und hoffe nun, etwas mehr gefeit gegen dieses Übel zu sein. Mama und die übrigen Kinder befinden sich, kleine Schnupfen abgerechnet, wohl.

Ich bitte Dich, Auguste und die Schurzschen bestens zu grüßen.

Solltest Du in der bewussten Angelegenheit Weiteres erfahren, dann bitte ich Dich, mir Mitteilung zu machen. Nochmals meinen herzlichsten Dank für Deine Bemühungen, Dein

Alexander

Verehrter Herr Regierungsrat!

(Vertraulich)

Klemensiewicz hat mir dieser Tage geschrieben, dass die Fakultät den Auftrag erhalten habe, den Besetzungsvorschlag für die hyg[ienische] Lehrkanzel zu machen. Obwohl mich Klemensiewicz im Namen des Komitees aufgefordert hat, mich in der Sache zu äußern, und ich demnach gewissermaßen offiziell zu Wort komme, möchte ich es nicht unterlassen, Ihnen besonders meine Meinung in dieser wichtigen Angelegenheit ans Herz zu legen. Die Art, wie das Ministerium die Sache jetzt wieder angefasst hat, scheint mir höchst bedenklich, besonders wenn ich mir die Rede des Unterrichtsministers gegenwärtig halte, in welcher er den Abgeordneten jüngst sagte, ihr Wunsch nach hyg[ienischen] Lehrkanzeln sei eigentlich bereits erfüllt, da an den meisten österreichischen Universitäten bereits Extraordinariate bestünden und an den übrigen solche bald eingerichtet werden würden. Es hat demnach den Anschein, als ob man maßgebenden Ortes glauben würde, dass dermalen den Bedürfnissen des hyg[ienischen] Unterrichtes in Wien, Prag, Graz bereits wenigstens annähernd entsprochen sei!! So, wie aber heute für die Grazer Lehrkanzel gesorgt ist (Extraordinariat, 2 Zimmer, keine Einrichtung, keine Dotation!) kann die Stelle keinen locken, der etwas kann und etwas leisten will. Stellenjäger und Mittelmäßigkeiten wird's aber genug geben, die mit allem zufrieden sind, wenn sie nur Professor werden. Und die große Gefahr ist also die, dass das Ministerium die Professur dem verleiht, der die Sache am billigsten zu machen verspricht. Dem muss die Fakultät nach Kräften vorzubeugen trachten! Denn 1. ist ja an einen ersprießlichen hyg[ienischen] Unterricht überhaupt nicht zu denken, wenn nicht ein vollkommen eingerichtetes Institut zur Verfügung gestellt wird, und 2. ist es gerade bei der Hygiene (und besonders bei ihrer Neueinführung an den Fakultäten) von allergrößter Wichtigkeit, dass sie in die Hände eines geistig hervorragenden, insbes[onders] gründlichst und vielseitig naturwissenschaftlich gebildeten Mannes gelegt wird. Einem solchen muss man aber von vorneherein eine Stellung geben, um ihn zu gewinnen. Die Fakultät muss also dem Ministerium sagen, entweder ein ordentliches Institut oder die Besetzung verschieben, bis die Mittel dazu vorhanden sind. Ich werde an Klemensiewicz ausführlich schreiben, welche Forderungen bezüglich der Einrichtung des Institutes zu stellen wären, unterlasse es daher hier. Was nun die Persönlichkeiten anbelangt, die geeignet wären, so schicke ich folgendes Allgemeine voraus:

Es wäre überaus bedauerlich, wenn die Hygiene jemandem ausgeliefert würde, der nur von den Bakterien etwas weiß (daher kann meines Erachtens auch Karlinski, Reg[ierungs]-Arzt und Bez[irks]-Arzt in Konjica (Herzegowina), Schüler von Pommer, Emmerich usw., der ein hochbegabter und überaus strebsamer Mann ist, für Graz nicht in Betracht kommen). Andererseits ist es aber unbedingt notwendig, dass der Hygieniker Bakteriologe sei, da die Mikrobien in allen Fragen der Aetiologie und Prophylaxe eine Rolle spielen, und da ohne Zweifel, wenn die Hygiene obligat wird, die Lehre der allgemeinen Mikrobiologie für die Mediziner dem Hygieniker mitübertragen werden wird. Die ganze Besetzungsfrage muss von dem Gesichtspunkte aus behandelt werden, dass die Hygiene in wenigen Jahren ein Hauptfach des med[izinischen] Unterrichtes sein wird, dass es sich daher um eine der wichtigsten Professuren handelt. Ich betone die Notwendigkeit, dass der Hygieniker in erster Linie auch Bakteriologe sein muss, deshalb so nachdrücklich, weil mich ein Passus im Briefe Klemensiewicz’ stutzig gemacht hat: „Die Fakultät wünsche nicht einen reinen Bakteriologen, sondern vor allem einen tüchtigen Chemiker für die Stelle.“ Ich weiß nun genau, welchen Motiven dieser Wunsch entspringt: Klemensiewicz fürchtet einen Konkurrenten bei den bakteriologischen Kursen! Und der ausgezeichnete Eppinger [Dazu der Nachsatz am unteren Seitenende: „Die Rektoratsrede, welcher Skandal!“] wird ihm eifrig sekundieren. Es ist also überaus wichtig, dass gesagt werde, dass die Chemie in der Hygiene doch erst in zweiter Linie komme, sonst erhalten sie einen Nahrungsmittelchemiker als Hygieniker und dann ist das Fach an Ihrer Fakultät auch verpfuscht.

Nun zu den Personen. Im Inlande haben wir niemanden, der geeignet oder reif wäre. Aus dem Reiche aber wäre ein Forscher ersten Ranges, der heute schon einen weltbekannten Namen hat, zu gewinnen, nämlich der geniale Münchner Hans Buchner. B[uchner] hätte längst eine Professur, wenn er sich nicht die Feindschaft Kochs zugezogen hätte, der ihn ebenso wie Hueppe beiseite zu schieben wusste. – Ich erinnere daran, dass B[uchner] der Entdecker der Abschwächung der Virulenz der Bakterien ist (2 Jahre vor Pasteur), dass er eine Reihe der trefflichsten Arbeiten über Milzbrand, über die Bakterien tötenden Substanzen im Blute [Dazu der Zusatz am Ende der Seite: „Für diese mit dem Pettenkofer-Preise ausgezeichnet“], über Schutzimpfung usw. veröffentlicht hat. Er ist Schüler von Voit und C[arl] Ludwig, erfahren im physiolog[ischen] Experimente. – Er ist einer der trefflichsten Stilisten unter den deutschen Naturforschern; ein geradezu vollendeter Redner und Lehrer. Er ist tatsächlich seit mehreren Jahren Professor der Hygiene, nämlich an dem sog[enannten] militärärztl[ichen] Operationskurse und an der Kriegsakademie in München, also mit dem Gegenstande in seinem ganzen Umfange genügend vertraut. – Ich füge hinzu, dass ich seit 12 Jahren mit ihm durch engste Freundschaft verbunden bin, ihn wie mich selbst kenne (respektive besser) und versichern kann, dass er eine begeisterte, hochherzige Natur ist, von solchem Schwunge, dass er auch die schläfrigen Steirer etwas munterer machen müsste! Dabei rechtschaffen durch und durch. [Dazu der Zusatz am unteren Ende der Seite: Welches Ansehen er in München genießt, geht daraus hervor, dass er gegenwärtig 1. Vorsitzender des ärztlichen Vereines, der vornehmsten ärztlichen Gesellschaft dort, ist.]

Betrachte ich alles recht, so finde ich, dass es das Gescheiteste wäre, wenn die Fakultät nach Darlegung der Erfordernisse für das Institut Buchner unico loco vorschlagen würde. Das Nennen von diis minorum gentium an 2. und 3. Stelle brächte in diesem Falle besonders große Gefahr. Die Prager haben es mit Hueppe gerade so gemacht und seine Berufung durchgesetzt.

Ich werde übrigens alle Personen, die in Betracht gezogen werden können, aufzählen und kurz charakterisieren.

Wie geht es Ihnen, verehrter Herr Regierungsrat? Ich hoffe gut. Auch hoffe ich, dass Sie sich längst klar gemacht haben:

Übers Niederträchtige

Niemand sich beklage

Denn es ist das Mächtige

Was man Dir auch sage!

Mit bester Empfehlung, Ihr treu ergebener

M. Gruber

Das Unterrichtsministerium spekuliert darauf, dass nach Inslebentreten des Nahrungsmittelgesetzes die staatlichen Untersuchungsstationen mit den hygienischen Instituten in Verbindung gesetzt werden, respektive den Institutsvorständen unterstellt werden würden und dass infolge dessen das Ministerium des Inneren einen beträchtlichen Teil der Kosten für die Errichtung der Institute bezahlen werde. In der Tat empfiehlt es sich sehr, die Untersuchungsstationen den Hygienikern zu unterstellen (selbstverständlich so organisiert, dass die Geschäfte der Station nicht allzu sehr belasten), insbesondere muss man dabei darauf Rücksicht nehmen, dass man dann Geld von zwei Seiten für die Institute bekommen, also eher etwas Ordentliches herstellen könnte. – Es empfiehlt sich, das Ministerium darauf aufmerksam zu machen, die Besetzung allenfalls bis zur Entscheidung dieser Frage zu verschieben. – Solange die Hygiene nicht Prüfungsgegenstand ist, wird sie von den Studenten nicht gehört werden, und wenn Schauenstein für die wenigen Physikatskandidaten die Jahre her gut genug war, so wird er für 1-2 Jahre auch noch ausreichen. Unmittelbar und dringend ist also das Bedürfnis der Besetzung hinsichtlich des Lehrens nicht.

D[er] O[bige]

Hoch geehrter Herr Professor!

Beiliegend übersende ich das Resultat meiner Studien über das Verhältnis zwischen Kern- und Zellkörper während der Teilung, wozu mir Herr Professor im vergangenen August nach Ansicht meiner Präparate die freundliche Erlaubnis gegeben haben. Die Tatsache der Vermischung von Kern und Zellkörper während der Teilung habe ich bereits in Graz gefunden und im Manuskript der unter Herrn Professor ausgeführten Arbeit kurz angeführt. Herr Professor haben jedoch damals die Stelle entfernt, weil diese Frage weitab vom dort behandelten Thema läge und zu kurz gehalten wäre. Herr Professor haben aber diese Frage als eine wichtige bezeichnet, die verdiente, weiter verfolgt zu werden, weil eben an den Blutzellen die Verhältnisse sehr klar und einwurfsfrei seien. Ich habe nun im Laboratorium Kupffers neben meiner Arbeit über die Zellen des Knochenmarks Milzsaft-Präparate nach der in der beiliegenden Arbeit angegebenen Methode, die ich bereits in Graz ausprobiert habe, angefertigt und Kupffer und seinem Assistenten Böhm demonstriert, die sich von der Richtigkeit meiner Beobachtungen überzeugten und mich zur Veröffentlichung der Befunde ermunterten. Auch Herr Professor haben, wie gesagt, meine Präparate im August anerkannt und mir die Einsendung der Arbeit gütigst erlaubt.

Dass ich erst jetzt die Arbeit vorlegen kann, hat darin seinen Grund, dass ich als Volontär der Nothnagelschen Klinik nahezu den ganzen Tag beschäftigt war und die geringe freie Zeit praktischen Studien zuwenden musste. Seit Anfang Jänner bin ich Volontär der Meynertschen Klinik, wo ich neben Neuropathologie Gehirnanatomie arbeite, wo mir Zeit übrig blieb, die Frage nochmals gründlich durchzuarbeiten und die Literatur durchzusehen.

Die Arbeit über eosinophile Zellen, über die ich Herrn Professor bereits berichtet habe, die ich gemeinsam mit Dr. Rieder, einem Assistenten Ziemssens fertiggestellt habe, wurde im Dezember Ziemssen überreicht und fürs „Deutsches Archiv für klinische Medizin“ angenommen. Ziemssen hat mir auch vor kurzem schreiben lassen, dass meine erste Arbeit über Leukämie und die Zellen und Zellteilungen im Knochenmark (Myeloplaxen-Mitosen), worüber ich ebenfalls Herrn Professor berichtet habe, in einem der nächsten Hefte des deutschen Archivs erscheinen werde.

Ich bitte Herrn Professor, die beiliegende Arbeit gütigst durchzusehen. Falls Herr Professor eine Einwendung zu machen hätten oder eine Änderung angebracht sehen wollten, wäre ich gerne bereit, Antwort zu stehen oder dem Wunsche von Herrn Professor Rechnung zu tragen. Es würde mir zu weiteren fleißigen Studien eine große Ermunterung sein, wenn ich die Zufriedenheit von Herrn Professor erringen könnte. Indem ich noch bemerke, dass ich für den Fall, dass Herr Professor meine Präparate nochmals zu sehen wünschten, dieselben sofort einsenden würde, bleibe ich, Herrn Professor ergebenster

Dr. Hermann Müller
Wien, Ober-Döbling, Alleegasse 37

Hochgeehrter Herr Professor!

Sehr gerne bereit, Ihrem Wunsche zu entsprechen, habe ich soeben Herrn Dr. Hiebler mitgeteilt, dass ich mich nächsten Sonntag, den 8. d[es] M[onats] vormittags, 11:00 Uhr, in seiner Kanzlei einfinden würde; sollte ihm eine frühere Stunde lieber sein, so möge er die Güte haben, auch Sie davon zu verständigen. Ich bin überzeugt, dass wir in der fraglichen Angelegenheit sehr leicht übereinkommen werden.

Genehmigen Sie, hochgeehrter Herr Professor, den Ausdruck vorzüglichster Hochachtung Ihrem ganz ergebenen

Dir. Jul. Hansel
Grottenhof, Post Graz

Verehrter Herr Collega,

ein Mitglied der Kommission, welche Vorschläge zur Wiederbesetzung der Professur für Augenheilkunde machen soll, hat mich gebeten, an Sie eine Frage zu richten. Nur ungern belästige ich Sie, tröste mich aber damit, dass wenige Worte zur Antwort genügen. Es handelt sich einzig und allein darum zu erfahren, ob es wahr ist, dass Prof. Birnbacher „gar nicht sprechen könne“, wie hier behauptet worden ist. Vielleicht haben Sie die Güte mir mitzuteilen, ob B[irnbacher] einen gewandten Vortrag hat oder nicht.

Ich selbst habe mir vorgenommen, auf die Besetzungsvorschläge keinerlei Einfluss zu nehmen und habe deshalb die Wahl in die Kommission abgelehnt. Wenn es nicht ein mir besonders werter Kollege gewesen wäre, der mich bat, an Sie zu schreiben, so hätte ich geantwortet, man möge sich nur selbst in Graz erkundigen.

Sie sind wohl so freundlich, von dieser Anfrage nicht zu sprechen. Die Kommission wurde erst am Donnerstage gewählt und ihre Mitglieder sind vorerst noch damit beschäftigt, sich zu informieren. Man kann also gar nicht wissen, ob B[irnbacher] überhaupt von der Kommission in Vorschlag gebracht werden wird.

In der Hoffnung auf gef[ällige] Antwort im Voraus dankend, Ihr aufrichtig ergebener

E. Hering

Ich erlaube mir mitzuteilen, dass ich Donnerstag, den 12. d[es] M[onats], mich um 15:30 Uhr im Büro des Herrn Dr. Hiebler einfinden werde, und bitte, wegen des Versäumnisses vom Sonntag noch vielmal um Entschuldigung.

Hochachtungsvollst ergebener

Dir. Jul. Hansel
Grottenhof, Graz

Hochgeehrter Herr Professor!

Ich bitte gütigst zu entschuldigen, dass ich Herrn Professor neuerdings mit einer Bitte komme. Ich habe am 31. Jänner ein Manuskript über das Verhalten des Zellkerns zum Zellkörper während der Teilung (in einer rekommandierten Postsendung) an Herrn Professor abgeschickt, ohne bisher eine Antwort zu erhalten. Da es möglich ist, dass die Sendung nicht angekommen ist, erlaube ich mir die ergebene Bitte an Herrn Professor zu richten, mir durch einige Worte zukommen zu lassen, ob die Sendung angekommen ist. Wäre dies der Fall, würde ich mit Ruhe warten, bis Herr Professor das Urteil über die Arbeit abgegeben haben.

Indem ich mich dem Wohlwollen Herrn Professors bestens empfehle, bleibe ich ergebenst

Dr. Hermann Müller
Wien, Ober-Döbling, Alleegasse 37

Hochverehrter Herr Collega!

Sie würden mich zu großem Danke verpflichten. Wenn Sie die Güte hätten, mir ein Urteil über das Wirken von Herrn Kollegen Schnabl abzugeben.

Die Klinik für Augenheilkunde ist durch den Abgang Sattlers ihres Vorstandes beraubt. Eine Reihe Prager Kollegen denkt an die Berufung Schnabls. Ich wurde nun ersucht, bei Ihnen, einem der hervorragendsten Mitglieder des Grazer Kollegiums, ein Gutachten einzuholen.

Es versteht sich ganz von selbst, dass ich Ihre an zu hoffenden Auskünfte als ganz vertraulich betrachten werde, und bitte dringend, auch diesen Brief als vertraulich anzusehen.

Indem ich hoffe, mit diesem Ansuchen bei Ihnen keine Fehlbitte zu machen, verbleibe ich Ihr Ihnen hochachtungsvollst ergebener

Prof. Dr. R. Jaksch
Prag, Stephansgasse 53

1891 II 21, Homburg

Hochgeehrter Herr Professor!

[W]ir sind noch immer ohne Ihre gef[ällige Nachricht] wegen den Rauchgläsern. Die erste Seite der Glasgefäße ist bereits gekittet, allein wir hätten nicht geglaubt, dass dieselben so viel Arbeit machen würden. Dieselben kommen jedenfalls so teuer, dass wir den Arbeitslohn noch nicht einmal ganz berechnen können.

Ihrer gef[älligen] Antwort entgegensehend, verharren hochachtungsvollst

p.pa. Dr. SteegReuter
Dr. Steeg

Auch ich kann Ihnen, verehrter Herr Kollege, nur raten, sich ablehnend zu verhalten. Mehrere angesehene Mitglieder der Fakultät kennen Professor S. genau, und die Kommission ist, wie ich hörte, über denselben vollständig informiert. Wozu Prof. F. Ihren Brief benützen möchte, weiß ich nicht. Er ist von einem lebhaften Tatendrange erfüllt und manchmal bemüht, die Geschäfte der Fakultät auch ohne jeden Auftrag seitens derselben zu führen. Mitglied der Kommission ist er nicht. Letztere ist übrigens, wie ich hörte, noch in keiner Weise schlüssig geworden.

Für Ihre gütige Auskunft vielen Dank, Ihr freundschaftlich ergebener

E. Hering

Anmerkung Es handelt sich wohl um eine einem anderen Schreiben beigelegt gewesene Karte, von der unklar ist, ob sie wirklich an Rollett gedacht war, wohl aber ihm zur Kenntnis gebracht wurde, ob von Hering selbst, läßt sich nicht feststellen.

Lieber Freund

Dein letzter Brief hat mich sehr erfreut, indem ich daraus sah, dass es Dir wieder ganz wohl geht. Trotzdem war ich so nachlässig, erst heute zu antworten.

Die Akademieuniform wird wohl für alle Fälle genügen. Hartel, welcher jetzt 3erlei Uniformen tragen kann, hat alle Vorstellungen in der (noch dazu falschen) Akademie Uniform gemacht. Die Hofräte haben sich nämlich zwei goldene Streifen an die Hose nähen lassen!

Bei der feierlichen Sitzung wird wohl ein großer Teil in Uniform kommen. Alle gewiss nicht, für alle Fälle lege ich eine Schneideranzeige bei.

Für die Physik werdet Ihr wohl Pfaundler bekommen. Ich gestehe offen, dass auch ich ihm zuredete, nach Graz zu gehen. Er wollte nämlich mirabile dictu nach Loschmidt nach Wien kommen. Da dachte ich mir, jeder ist sich selbst der nächste. Wenigstens wird durch ihn die Wohnung dem Physiker erhalten.

Hier wird die Neuordnung der med[izinischen] Rig[orosen] vom Min[isterium] des Inneren mit Energie betrieben. Wahrscheinlich fallen Zoologie, Mineralogie, Botanik weg. Physik und Chemie werden Vorprüfungen. Persönlich wäre mir dies sehr angenehm, da der gegenwärtige Modus des Examinierens mit großem Zeitverlust verbunden ist. Zwei Nachmittage jeder Woche sind total pfutsch.

Du stehst wohl sehr in der Politik. Die Nachrichten aus Graz in den hiesigen Zeitungen sind sehr spärlich. Doch bemerke ich Missvergnügen mit den Grazer Vorgängen, wahrscheinlich sind dort die Leute zu deutsch. Allerdings hat diese Couleur wenig Aussicht.

Mit vielen Empfehlungen an Deine Frau Gemahlin und besten Grüßen Dein

Lang

1891 II 25, Innsbruck

Hochgeehrter Herr Regierungsrat!

Zugleich mit dem verspäteten Danke für Ihre freundliche Auskunft in Betreff der Otiatrie komme ich mit einer neuen Bitte. Nachdem über meinen Antrag hier eine Lehrkanzel für Psychiatrie und Neuropathologie gegründet wird und über Auftrag des Ministeriums demnächst der Besetzungsvorschlag zu erstatten ist, mit dessen Ausarbeitung ich betraut bin, wäre es mir sehr erwünscht zu erfahren, wie der Vorschlag in Graz gelautet hat. Namentlich interessiert uns ein Mann, den wir in erster Linie in Aussicht genommen haben – Herr Dr. G. Anton, Privatdozent und Assistent bei Meynert. Wie mir mitgeteilt, wurde seiner in ehrender Weise schon beim Grazer Vorschlage gedacht. Für uns hat dies umso mehr Wert, als der dortige Vorschlag von Krafft-Ebing ausgearbeitet wurde. Wenn Sie also aus dem Gedächtnisse oder nach Akteneinsicht mir eine bezügliche Mitteilung zu machen in der Lage wären, so würden Sie mich sehr verbinden.

Verzeihen Sie mir die neuerliche Belästigung. Ihr wiederholt so außerordentlich freundliches Entgegenkommen ist Schuld, der immer neu an Sie herantretenden Zumutungen meinerseits. Halten Sie das zu Gute Ihrem treu ergebenen dankbaren Schüler

Kratter

Von meiner Frau und mir herzlichste Grüße und Empfehlungen an Ihre Frau Gemahlin.

Lieber Freund!

Ich muss einen Teil meines letzten Schreibens widerrufen. In der letzten Sitzung der Akademie kam ein Erlass des Unterrichtsministers zur Verlesung, nach welchem dem Ministerrat zufolge die Akademiker von der Professorenuniform bei Universitätsfeierlichkeiten, Vorstellungen etc. nicht dispensiert werden können.

Eine Komm[ission] wird darüber eingesetzt. Das Ganze ist durch eine ganz dalkete Anfrage unseres Rektors Hartel veranlasst. Ich lasse mir aber gewiss keine Prof[essoren]uniform machen.

Mit bestem Gruße, Dein

Lang

Skraup war heute hier und reist abends nach Prag.

[Sehr] geehrter Herr Kollege!

[Ihre A]bhandlung habe ich erhalten. Ich werde […], wenn irgend möglich, ungetrennt veröffentlichen, dadurch dass ich eine Doppelnummer drucken lasse. Ich danke Ihnen für das dem Biol[ogischen] Z[entral]bl[att] bewiesene Interesse, ebenso für Ihre Mitteilungen über Ihr Institut, welche mir sehr zustatten kommen; sie waren durchaus erschöpfend für die Zwecke, für welche ich die Fragen zu stellen mir erlaubte. Mit besten Grüßen Ihr ergebener

I. Rosenthal

1891 III 3, Homburg

Hochgeehrter Herr Professor!

Ihr Geehrtes vom 21. Febr[uar] höflichst erwidernd, teilen wir Ihnen mit, dass wir von einer anderen Fabrik heute eine größere Partie Rauchgläser in verschiedenen Nuancen erhalten haben.

Von diesen werden wir von 6 Sorten 4 mm dicke Proben schleifen lassen und Ihnen zur gefälligen Begutachtung einsenden.

Denn jetzt sind die schönen Gefäße, welche soviel Arbeit gemacht haben, soweit fertig und alle auf 4 mm Weite gerichtet, so dass wir jetzt nicht neue auf die doppelte Weite machen können.

Es müssten daher die richtigen Nuancen auszufinden sein, welche bei 4 mm Dicke dem Zweck entsprechen, damit die vorhandenen Gefäße dazu benutzt werden können.

Unterdessen verharren mit aller Hochachtung ergebenst

p.pa. Dr. SteegReuter
Dr. Steeg

[1891] [III] [n.3], [Budapest]

Hochgeehrter Herr Kollege!

Ihr wertes Schreiben vom 1. d. M. gelangte auf Umwegen erst gestern in meine Hände, weil ich, zum Nachfolger Jendrassiks ernannt, während der Zeit meine Übersiedlung von Klausenburg nach Budapest bewerkstelligte. Dies auch die Ursache meiner verspäteten Antwort, wofür ich um Entschuldigung bitte.

Die Arbeit von Mihajlovits betreffend kann ich Ihnen nur mitteilen, daß ich und andere dahier über dieselbe nicht anders urteilen wie Sie selbst. Herr Mihajlovits hat Prof. Jendrassik nicht verstanden, kennt wie es scheint, die Literatur auch nicht und schrieb zum Teil ganz unverständliche Dinge. Wie ich von Högyes soeben hörte, ist man bei Mihálkovics soeben damit beschäftigt, Herrn Mihajlovits die nötige Zurechtweisung angedeihen zu lassen. Für Ihre freundliche Erinnerung meiner selbst danke ich Ihnen verbindlichst und bedaure nun doppelt, Sie im vorigen Jahre nicht zu Hause angetroffen zu haben. Mit vorzüglicher Hochachtung Ihr ergebenster

Klug

Anmerkung Zur Datierung: Jenö Jendrassik verstarb am 3. 3. 1891 in Budapest, Ferdinand resp. Nandor Klug wurde zu seinem Nachfolger ernannt; zuvor war er von 1878 an Professor der Biologie und der Histologie an der Universität Klausenburg gewesen.

1891 III 16, Innsbruck

Hochgeehrter Herr Regierungsrat!

Vor allem bitte ich, unseren besten Dank für Ihre große Freundlichkeit entgegenzunehmen. Der Vorschlag ist schon nach Wien abgegangen, und zwar wurde Dr. Anton infolge seiner wirklich ausgezeichneten Arbeiten auf dem Gebiete der Pathologie und pathologischen Anatomie des Zentralnervensystems primo loco vorgeschlagen; neben ihm wurde nur noch Dr. Fritsch genannt, eine Terne gar nicht aufgestellt. Unser Psychiater wird ein sehr schönes neues Institut mit ca. 40 Betten bekommen. In diesem neuen Pavillon wird auch eine laryngologisch-otiatrische Abteilung eingerichtet. Ich hoffe, dass wir in nicht zu ferner Zeit, vielleicht schon im Herbst, in die Lage kommen, auch den Besetzungsvorschlag für diese Lehrkanzel zu erstatten, für welche wir Freund Laker in Aussicht genommen haben. Unser Otiater wird also eine eigene Abteilung mit etwa 12-14 Betten Belagraum bekommen, ein hübsches Ambulatorium (zugleich Vorleseraum) mit Warteraum, ein Arbeitszimmer und ein kleines Operationszimmer, bei vollkommen durchgeführter räumlicher Trennung von den sonst noch im Gebäude untergebrachten Kliniken.

Das Ersuchen, das ich mir nun wieder zu stellen erlaube, werden Sie leicht begreifen. Seitdem ich durch Sie knapp vor meiner Abreise von Graz erfahren, dass das Grazer Kollegium einen Auftrag erhalten habe, für Hygiene einen Besetzungsvorschlag zu erstatten, habe ich keine rechte Ruhe. Ich bin zwar nicht für Staatsarzneikunde im alten Stile ernannt, sondern ganz ausdrücklich für gerichtliche Medizin und Hygiene. Diesen Titel führe ich auch in allen offiziellen Zuschriften und wäre wenigstens vorläufig keineswegs gewillt, irgendetwas abzugeben. Daher muss es mich in hohem Grade interessieren zu wissen, was in Graz vorgeht. Es ist peinlich, das Gefühl zu haben, dass man gelegentlich vielleicht auch in ähnlicher Weise zugestutzt wird. Nun muss sich ja die Trennung beider Fächer naturgemäß einmal vollziehen bzw. sie muss durchgeführt werden. Sie begreifen andererseits, wie unangenehm dieses Schaukeln auf zwei Stühlen ist, und werden den Wunsch begreiflich finden, ehestens aus einer solchen Zwitterstellung herauszukommen. So ist in mir schon seit Monaten latent, doch noch gegen niemanden, nicht einmal gegen meine Frau, ausgesprochen, der Gedanke, ob ich mich nicht selbst um die Hygiene in Graz bewerben sollte. In einigen Jahren wird die Hygiene doch ein Ordinariat; dass sie Prüfungsgegenstand werden wird, scheint mir nach Äußerungen, die ich an hoher Stelle gehört habe, außer Zweifel zu stehen. Warum sollte ich da nicht für Graz optieren, worauf das begreifliche Sehnen meiner Familie geht? Ich hätte längst an Schauenstein geschrieben, allein ich fürchtete, bei seiner krankhaften Empfindsamkeit, dass er die Sache nicht ruhig aufnehmen, vielleicht sogar falsch als ein Bestreben, ihn zu verdrängen, auffassen würde, was mir, weiß Gott, ferne steht. Je näher ich aber mit mir zu Rate gehe, umso mehr renne ich mich in diesen Gedanken hinein. Insbesondere habe ich mir folgende Frage vorgelegt: Der Grazer Fakultät wird nun wieder einmal ein Hygieniker oktroyiert. Wahrscheinlich bekommt sie einen Wiener Regimentsarzt oder einen bosnischen Bezirksarzt – beide Polen. Würde es nicht allen Faktoren, namentlich aber Schauenstein, viel lieber sein müssen, einen ihnen allen Näherstehenden, einen Mann der eigenen Schule, zu bekommen? Würde nicht gerade die von mir repräsentierte chemische Richtung der Hygiene eigentlich der Fakultät erwünschter sein, als die reine Bakteriologie, welche durch Klemensiewicz und Eppinger ohnehin ziemlich intensiv vertreten ist?

Wenn ich diese in meinem tiefsten Inneren auftauchenden Gedanken Ihnen gegenüber ausgesprochen habe, so tat ich dies im Vertrauen auf Ihre Diskretion. Ich trete nicht als Bewerber auf, sondern bitte Sie, von dessen Wohlwollen und Objektivität ich überzeugt bin, um einen Rat. Ihr Rat soll unbedingt entscheidend für mich sein. Fällt er negativ aus, dann ist der Plan begraben und soll auch für Sie niemals vorhanden gewesen sein – darum bitte ich Sie recht sehr. Es wäre mir unendlich peinlich, wenn es hieße, ich hätte mich vergeblich um die Hygiene in Graz bemüht – das Kollegium hätte mich abgewiesen. Diese Anfrage kann wohl auch nicht als eine Bewerbung aufgefasst werden. Würde aber das Grazer Kollegium mich in Vorschlag bringen, dann könnte wohl in sehr ernster Weise die Frage an mich herantreten, ob ich nicht eine endgültige feste, wenn auch vorläufig minderwertige Stelle meiner ja ganz schönen, doch eigenartigen Doppelstellung vorziehen würde.

Also raten Sie mir, hochverehrter Herr Regierungsrat. Sie haben mir schon so viel Gutes und Freundliches erwiesen, dass ich wohl darauf rechnen darf, dass Sie mir auch diesen Ratschlag nicht vorenthalten werden. Ich darf darauf wohl umso mehr rechnen, als Sie der einzige Mensch sind, dem gegenüber die hier mitgeteilten Gedanken überhaupt ausgesprochen wurden.

Und nun bitte ich Sie noch vielmals, Ihre liebe Frau und Familie bestens von uns zu grüßen. Wir wollen mit unseren schon recht herangewachsenen Mädeln zu Pfingsten an den Bodensee; im Sommer sind wir wieder am Weißensee in Kärnten zusammen mit Glax’s. Sie haben ja die letzten Sommer meines dunklen Erinnerns auch in Kärnten zugebracht, nur weiß ich nicht wo? Mit Ihrer Gesundheit steht es hoffentlich wieder recht gut. Oder wollen Sie vielleicht Gries, Meran, Arco, Riva aufsuchen? Da ist’s jetzt wunderschön; ich will mit Pommer in der ersten Aprilwoche eine kleine Tour durch Südtirol machen.

Mit dem Ausdrucke ausgezeichnetster Hochachtung bin ich Ihr dankbar ergebener Schüler

Kratter

Hochgeehrter Herr Professor!

Beiliegend erlaube ich mir, Herrn Professor meine Arbeit, die ich nach den mir gütigst erteilten Vorschlägen beinahe ganz umgeändert habe, neuerdings vorzulegen. Ich glaube nunmehr, dass sie in dieser Form Herrn Professor vielleicht mehr befriedigen wird. Die hypothetischen Schlussbetrachtungen habe ich ganz weggelassen, die Einleitung, soviel als zum Verständnis unumgänglich nötig war, gekürzt.

Herr Professor dürften die neueste Arbeit Flemmings „Über Theilung und Kernformen bei Leukocyten, und über deren Attractionssphären" im Archiv für mikr[oskopische] An[atomie] wohl schon gelesen haben. Flemming war so freundlich, mir einen Separatabdruck zukommen zu lassen. Das günstige Urteil, welches Flemming über meine frühere Arbeit ausgesprochen hat, ist wohl nur der klaren Fassung, welche Herr Professor der Arbeit gegeben haben, zuzuschreiben und ich bitte Herrn Professor, von meiner Dankbarkeit für die Schule, die ich in Graz genossen habe, überzeugt zu sein!

Von besonderem Interesse für mich sind die Bemerkungen über die Mitosen der Riesenzellen von Flemming. Die Erfahrungen, die ich in München gemacht habe, stimmen mit denen Flemmings fast überein. Vor einigen Tagen hat mir Ziemssen durch seinen Assistenten mitgeteilt, dass ihm der Verleger Vogel in Leipzig geschrieben habe, meine Münchener Arbeit sei bereits in Druck.

Falls Herr Professor noch Abänderungen wünschten, bitte ich, selbe mir anzugeben. Kleinere Veränderungen können Herr Professor vielleicht selbst vornehmen.

Möchten Herr Professor die Güte haben, nach Durchsicht der Arbeit in einigen Worten wieder das Urteil darüber abzugeben?

Indem ich mich dem weiteren Wohlwollen Herrn Professors bestens empfehle, bleibe ich ergebenst

Dr. Herm[ann] Müller
Wien, Ober-Döbling, Alleegasse 37

[1891] [IV] [?], [Innsbruck]

Hochgeehrter Herr Kollege!

Dr. Birnbacher hat mir direkt geschrieben und auch mir seine wissenschaftliche Arbeiten gesendet. Mit Postsendung habe ich ihm geantwortet, daß die Wahl der Kommission noch nicht erfolgt ist, und das nach erfolgter Wahl ich nicht ermangeln werde, derselben seine Schriften vorzulegen. Es hat mich besonders gefreut von Ihnen, geehrter Herr Kollege, so gute und verläßliche Informationen zu erhalten und ich werde gewiß Ihren Brief nur zur meiner Orientierung benützen, obwohl ich durchaus nicht der Meinung bin, daß Äußerungen eines Kollegen als einen [sic] Rat oder eine Agitation angesehen werden dürfen. Ich erlaube mir, Sie mit der Bitte zu belästigen, mir bekannt zu geben: welcher Mechaniker oder Optiker gegenwärtig die besten Ophthalmometer konstruiert.

Wollen Sie meinen besten Dank für die Zusendung Ihrer wertvollen Publikationen entgegennehmen, und ich zeichne mich in alter besonderer Verehrung und Freundschaft ergebenster

M. Vintschgau

Anmerkung Zur Datierung: Es handelt sich um den Versuch, Birnbacher als Nachfolger von Borysiekiewicz in Innsbruck zu installieren, der in mehreren zeitgleichen Briefen, vor allem Pommers, angesprochen ist.

Hochgeehrter Herr Regierungsrat!

Indem ich mir erlaube, mitfolgend ein Exemplar der bei der Boltzmann-Feier gehaltenen Rede zu überreichen, knüpfe ich daran die Anfrage, ob Sie es nicht für passend hielten, wenn dem in der heutigen Tagespost enthaltenen Artikel John Tyndall[s] entgegengetreten würde.

Dieser den Physikern und wahrscheinlich auch den anderen Gelehrten gänzlich unbekannte Herr Karl Adolf Nentoff erfrecht sich zum Schlusse die Proportion

Darwin Haeckel Tyndall Helmholtz

aufzustellen, die er allerdings dahin abschwächt, Helmholtz doch als einen gleichragenden [sic] Mitarbeiter Tyndalls zu bezeichnen. Dadurch wird die Frechheit jedoch nicht viel gemildert, da doch der elegante Experimentator und Popularisator – viel mehr ist ja Tyndall kaum – auch nicht im entferntesten mit dem großen Forscher Helmholtz verglichen werden kann.

Vielleicht ist es am besten, Herrn Nentoff und die in wissenschaftlichen Fragen ihm ebenbürtige Grazer Tagespost zu ignorieren; wenn Sie jedoch meinen sollten, eine Stellungnahme seien wir von Helmholtz schuldig, so würde ich mir erlauben, behufs näherer Besprechung zu Ihnen zu kommen.

Ihr hochachtungsvollst ergebener Kollege

Heinr[ich] Streintz

Hoch geehrter Herr Professor!

Entschuldigen Herr Professor, dass ich betreffs des Schicksals meiner Arbeit neuerdings zu schreiben mir erlaube. Herr Professor waren so gütig, mich auf Fehler der Arbeit aufmerksam zu machen und haben mir gleichzeitig gestattet, nach geeigneter Abänderung dieselbe wieder einzusenden. Trotzdem ich die Arbeit vor mehr als drei Wochen, wie ich glaube, abgesendet habe, bin ich über das endgültige Schicksal derselben, ob Herr Professor dieselbe annehmen oder zurückweisen, im Ungewissen. Ich weiß sehr wohl, dass ich mit einem neuerlichen Schreiben die Geduld und Güte von Herrn Professor missbrauche; aber ich glaube zu meiner Entschuldigung den Umstand anführen zu dürfen, dass ich mit Lust und Fleiß gearbeitet habe, dass ich den theoretischen Studien, die ich auch jetzt fleißig fortsetze, die ganze vom Spitalsdienst freie Zeit widme; weshalb mir das Schicksal meiner Arbeit am Herzen liegt.

Ich bitte deshalb Herrn Professor, mein Schreiben gütig zu entschuldigen.

Was meine Münchener Arbeiten anlangt, freue ich mich, Herrn Professor berichten zu können, dass ich während der Osterferien die ersten Korrekturbögen und die Probetafel erhalten und bereits korrigiert habe. Ich hoffe demnach, dass die Arbeiten noch im Mai erscheinen werden.

Indem ich nochmals bitte, über mein Schreiben nicht ungehalten zu sein, bleibe ich Herrn Professor ergebenster

Dr. H[ermann] Müller
Wien, Ober-Döbling, Alleegasse 37

Hochgeehrter Herr Professor!

Durch einen leidigen Zufall habe ich den Brief, der inzwischen wohl schon in Graz angekommen sein wird, an demselben Tag abgesendet, an welchem Herr Professor die erwartete Nachricht mir zukommen lassen. Ich spreche für die große Freundlichkeit, mit welcher Herr Professor meine Arbeit beurteilen, und die Mühe, welche Herr Professor der Arbeit widmete, meinen tiefsten Dank aus; falls Herr Professor die große Güte hätten, die Arbeit der k[aiserlichen] Akademie zu überreichen, würde ich in dieser hohen Auszeichnung einen mächtigen Antrieb zu weiteren fleißigen Studien erblicken.

Was Abbildungen anlangt, so war auch ich der Meinung, dass solche die Arbeit übersichtlicher machen würden. Leider habe ich es versäumt, mir in München von Krapf Bilder anfertigen zu lassen. Hier habe ich aus äußeren Gründen, die noch jetzt maßgebend sind, den Gedanken völlig aufgeben müssen. Vor allem findet sich nicht so leicht ein Zeichner, der die Geduld und Übung hat, fast 4 Kreuzerstück große Mitosen, bei deren Größe Fehler umso leichter gesehen werden, ganz exakt abzuzeichnen, nachdem er sie früher eine Stunde lang analysiert hat. Ich erinnere mich noch, wie der H[err] Vogler, der sicher Talent im Zeichnen hat, keine einzige Mitose hat zeichnen können. Ich habe die Mitosen unter vieler Mühe zeichnen müssen, dann die Zeichnung von Vogler kopieren und malen lassen müssen. Soviel Zeit hätte ich nicht, der ich täglich, wenn es gut geht, 2-2½ Stunden, manchmal gar nicht, im Laboratorium zubringen kann, abgesehen, dass ich zum Aufsuchen geeigneter Stellen, Überwachung des Zeichners, nicht die nötige Zeit zur Verfügung hätte. Außerdem bin ich jetzt vollkommen mit dem Schneiden und Färben der Organe zweier Fälle von Leukämie okkupiert, will nebenbei – der klinischen Wichtigkeit wegen – die Blutbildung hauptsächlich an Warmblütern durcharbeiten und mühe mich jetzt ab, eine Methode herauszufinden, um Mitosen eosinophiler Markzellen, die ich an nicht ganz guten Knochenmarkpräparaten zweifellos sicher und wiederholt gesehen habe, in unanfechtbarer Weise darzustellen, welche Bilder ich dann selbst genau zeichnen und in einer kurzen Mitteilung beschreiben will. Dieser Fund soll die von Cornil gefundene, von mir in München nachgearbeitete Mitose der Markzellen beweisen, abgesehen davon, dass Löwit der Unrichtigkeit seiner Anschauung, alle mitotischen Blutzellen seien Erythroblasten, überführt wäre: von einer mitotischen eosinophilen Zelle wird er wohl nicht behaupten können, dass sie ein Erythroblast wäre.

Und mit allem soll ich bis Juli fertig werden, weil ich den Juli und August (mit schon eingeholter Erlaubnis Ziemssens) in München zubringen möchte, um dort an den vielen und ausgezeichneten Präparaten mich in der elektrischen Untersuchung Nervenkranker und dem Gebrauch des neuen absol. Faradimeters von Edelmann einzuüben. Und neben allen theoretischen Studien vernachlässige ich auch keineswegs die für mich wichtigste praktische Ausbildung, so dass ich, mit Ausnahme der Sonntagnachmittage, den ganzen Tag im Spital und Laboratorium zubringe.

Deshalb möchte ich bitten, von Bildern zu meiner Arbeit abzusehen. Denn bevor ich möglicherweise schlecht gezeichnete Bilder bringe, will ich lieber gar keine beigeben. Übrigens hoffe ich, entsprechende Bilder aus leukämischem Blute in einer klinischen Arbeit bringen zu können. Wenn Herr Professor also die große Güte hätten, meine Arbeit durch die Überreichung an die k[aiserliche] Akademie auszuzeichnen, so würde ich mir erlauben, das entsprechend korrigierte Manuskript binnen kurzem Herrn Professor einzusenden.

Indem ich mich dem Wohlwollen Herrn Professors bestens empfehle, zeichne ich mich als Herrn Professor ergebenster Schüler

Dr. H[ermann] F. Müller

Hochgeehrter Herr Kollege!

Besten Dank für Ihre schöne Sendung, die das vollwichtigste Zeugnis für Ihre Wiedergenesung ablegt, wozu ich Ihnen meine aufrichtige Freude ausspreche!

Wie Ihnen Retzius’ Arbeit angenehm war bezüglich der Fibrillen und Muskelsäulchen – und sie war es auch mir –, so hat mir Ihr Manuskript einen Stein vom Herzen genommen wegen der Nebenscheiben und des Sarkoplasma, deren Darstellung mir bei Retzius unbestimmt und unbehaglich erschienen war. Es ist vortrefflich, dass Sie, als mit Recht anerkanntester Forscher auf diesem Gebiete, alsbald hervorgetreten sind, damit nicht erst allerlei Verwirrung angerichtet wird.

Es wird besondere Sorgfalt auf die Herstellung der meisterhaft gezeichneten Figuren verwendet werden; ich hoffe, Sie werden Ihre Freude daran haben.

Sollten Sie mehr Sep[arat]abdrucke wünschen, als die Ihnen zustehenden 40, so bitte ich um direkte Verständigung mit dem Verleger, Herrn Friedrich Cohen, Bonn, 18 Kaiserplatz. Der Druck wird bald beginnen, Korrekturen von Text und Tafeln werden Ihnen rechtzeitig zugehen.

Mit hochachtungsvollem Gruß Ihr sehr ergebener

Waldeyer
Königl. I. anatomische Anstalt
N. W. Berlin, Luisen-Strasse 56
Thierarzneischulpark

Ich sende gleichzeitig eine kleine Mitteilung über das Hylobates-Gehirn, welche ich freundlich anzunehmen bitte. D[er] O[bige]

Verehrter Herr Regierungsrat

Mit herzlichster Freude habe ich Ihre bündige Versicherung empfangen, dass es Ihnen wieder gut gehe (schon Kollege Drasch hatte mir erzählt, dass Ihr Aussehen wieder ein sehr gutes sei) und den gütigst übersandten gedruckten Beleg Ihrer erneuten Tätigkeit!

Nicht minder froh bin ich, dass Sie sich durch die hohe Achtung und Anerkennung, deren Sie in der ganzen wissenschaftlichen Welt genießen, zu trösten wissen über die, leider wie immer, parteiische Wiener Beurteilung.

Sie schreiben: Sie wüssten nicht, in welcher Beziehung ich zu den Wiener Persönlichkeiten stehe, und befürchten daher, mir unbequem zu werden durch Erörterungen über die Besetzungsangelegenheit. Ich erwidere darauf, dass ich mit niemandem im Kollegium in intimeren freundschaftlichen Beziehungen stehe (wie ich hoffe, auch mit niemandem in feindlicher). Sie müssen mich übrigens soweit kennen, dass persönliche Rücksichten für mich niemals existieren werden, dass ich, einmal im Kollegium, trachten werde, so objektiv, als dies einem Menschenkinde überhaupt möglich ist, für das allgemeine Beste einzutreten. Es ist klar, dass der Besonnene, so Gesinnte die Vergangenheit, soweit sie unabänderlich ist, ruhen lassen wird. Höchst wertvoll ist es aber, das Vergangene zu kennen, besonders, wenn man dabei die Charaktere jener Personen kennenlernt, mit denen gemeinsam man wirken muss.

Von diesem Gesichtspunkte aus wäre es mir sehr erwünscht, wenn Sie mich einmal in die Vorgänge einweihten, die ich nur sehr unvollkommen kenne. Dass ich keine Indiskretion begehen würde, brauche ich wohl nicht zu versichern? Ich möchte nur nicht, dass Sie sich dabei aufregen und schaden, wenn Sie gezwungen sind, sich mit Dingen zu beschäftigen, die Sie sich am Besten aus dem Sinne schlagen.

Dass die Fakultät in Graz im Wesentlichen meinen Ansichten bezüglich der hygienischen Lehrkanzel beigepflichtet hat, hat mich natürlich sehr gefreut. Ich bin begierig, was das Ministerium tun wird. Ich habe dem Minister persönlich ein von Hueppe und mir verfasste Promemoria überreicht, das ganz im Sinne meiner Mitteilungen an Klemensiewicz abgefasst ist. – Buchner hat mir gestern geschrieben, dass bisher an ihn keine Anfrage seitens des Min[isteriums] gerichtet worden sei. Es ist sehr wohl möglich, dass alles wieder ad kalendas graecas vertagt wird, weil es Geld kostet.

Mit besten Empfehlungen Ihr aufrichtig ergebener

M. Gruber

1891 IV 26, Innsbruck

Hochverehrter Herr Regierungsrat!

Erlauben Sie, dass ich mich mit einer Bitte an Sie wende. Veranlassung hiezu gibt mir der seitens Prof. Nicoladoni erzählte Umstand, dass sich Prof. Wölfler bei demselben über Kollegen Borysiekiewicz erkundigt habe. Es lässt mich diese Sachlage für meinen Freund Übles besorgen, da Nicoladoni sich an Schnabel und Holl hält, durch deren Feindschaft Borysiekiewicz bereits manches Unrecht widerfahren ist und vielleicht auch bei dem Besetzungsvorschlage droht, welcher die Grazer Fakultät in nächster Zeit beschäftigen wird. Da ist es dann wohl begreiflich, wenn ich mich für verpflichtet halte, die Bitte zu wagen, Sie möchten, hochgeehrter Herr Regierungsrat, im vorausgesetzten Falle, meinem Freunde Ihren gütigen Schutz angedeihen lassen.

Erlauben Sie, dass ich zu diesem Zwecke im Folgenden einen kurzen Bericht erstatte über Borysiekiewicz’ Tätigkeit in Innsbruck und über die Ursache, auf welche die Feindseligkeit Schnabels und Holls u.a. gegen Borysiekiewicz zurückzuführen ist.

Borysiekiewicz gelang es in kurzer Zeit, sich die volle Liebe und Verehrung aller Studenten zu erwerben, obwohl seine Gegner, insbesondere Toldt – wofür Beweise vorliegen –, sich nicht gescheut hatte[n], über ihn vor Innsbrucker Studenten in abfälligster Weise zu sprechen. B[orysiekiewicz] hob die Frequenz der Klinik weit über den höchsten Stand zur Zeit Mauthners und Schnabels. Ein Maß hiefür gibt der Umstand, dass früher jährlich höchstens 200 Operationen vorgenommen wurden; unter Borysiekiewicz stieg die Anzahl derselben auf 380-400 im Jahre. Und dies gelang ihm, obwohl der Schüler Schnabels, Dozent Sachs, keine Mittel verschmähte, um Borysiekiewicz’ Ansehen und Ruf zu schädigen, und für sich selbst so auffällig und unschicklich Reklame machte, dass der Verein der Ärzte gegen ihn Stellung nehmen und ihn zum Austritte aus dem Vereine veranlassen musste.

Ehe Borysiekiewicz hierher kam, wurden im Sommersemester überhaupt gar keine Vorlesungen aus Augenheilkunde gehalten. Die Vorlesungen müssen überwiegend völlig theoretische gewesen sein, da B[orysiekiewicz] keine anatomischen und histologischen Präparate und außer dem Perimeter nur wenige zur Vornahme von Untersuchungen und Demonstrationen brauchbare Apparate auf der Klinik vorfand. Der Unterricht Borysiekiewicz’ ist ein echter Anschauungsunterricht und ist so gründlich und eingehend, dass B[orysiekiewicz] das Sommersemester zur Ergänzung des Wintersemesters benötigt. Er benützt das Sommersemester hiezu in der Weise, dass er für die im Wintersemester Inskribierten ein fünfstündiges Publikum hält. Er übt seine Schüler selbst in der Handhabung des Augenspiegels ein und hält Operationskurse mit denselben ab. Hierüber steht in der Vorlese-Ordnung keine Ankündigung, denn B[orysiekiewicz] betrachtet diese Spiegel- und Operations-Kurse als einen integrierenden Bestandteil seiner Vorlesungen und bezahlt auch die nicht unbeträchtlichen Auslagen für das Material zu denselben selbst, um die geringe Dotation der Klinik für andere Zwecke freizuhalten.

Die Schüler Borysiekiewicz’ sind demgemäß aus allen Kapiteln des Faches so trefflich unterrichtet, dass zu den Prüfungen selbst die schwierigsten Fälle herangezogen werden. Völlige Sicherheit in der Handhabung des Augenspiegels und in der Ermittlung der Refractions- und Accomodations-Anomalien gilt als selbstverständliche Vorbedingung, wenn die Prüfung bestanden werden soll. Und trotz der Höhe der Anforderungen ist Borysiekiewicz so glücklich, bisher fast noch keinen Kandidaten reprobieren zu müssen. Er brachte den Studenten geradezu eine Begeisterung für das Studium der Augenheilkunde bei. Ich glaube nicht, dass irgendwo die Studenten in Augenheilkunde mehr lernen als hier.

Ich muss fürchten, dass ich Sie, hochverehrter Herr Professor, mit diesen Darstellungen bereits ermüdet habe, und will mich daher möglichst kurz fassen. Nicht übergehen kann ich, dass Borysiekiewicz mit lebhaftem Interesse und mit Gründlichkeit histologische Studien betreibt, und dass er in einigen Monaten auch eine experimentelle Arbeit zum Abschluss bringen wird. Er könnte in dieser Hinsicht trotz seiner großen Gewissenhaftigkeit als Lehrer gewiss schon auf Abgeschlossenes hinweisen, wenn ihm die Innsbrucker Verhältnisse günstiger wären. So wie diese einmal sind, sieht sich Borysiekiewicz genötigt, auf seine Herbstferien zu verzichten, indem er während derselben durch operative Tätigkeit in Galizien soviel erwirbt, als sein Einkommen hier zu gering ist, um die Auslagen zu bedecken. Überdies gab es während seines Aufenthaltes in Innsbruck an schädlichen Störungen keinen Mangel.

Mit der Unterstützung, welche B[orysiekiewicz] meiner Bewerbung um die hiesige Stelle gewährte, zog er sich den besonderen Hass Holls und dessen Partei zu. Holl und Schnabel, welchen sein Schüler Sachs gegen Borysiekiewicz hetzte, veranlassten Nicoladoni zu einem längeren Feldzuge zu Gunsten Sachs’. Kaum hatte derselbe mit einer völligen Niederlage der Herren geendet, kamen die mit der Übersiedlung in das neue Spital verbundenen Störungen, dann das Dekanatsjahr Borysiekiewiczs, in welchem er für die Beschützung Roux’ gegen die Angriffe Möllers und Löwits einen langwierigen Prozess erntete, der erst im Beginn des letzten Wintersemesters mit der Abweisung des Rekurses Möllers gegen die diesem seitens des Senates erteilten Rügen endete.

Borysiekiewicz hat also viele Feinde, aber auch Freunde und diese verdient er in reichem Maße. Es freut mich besonders, dass sich darunter die deutschnationalen Studenten befinden. Denn Borysiekiewicz ist zwar Slave, zollt jedoch der deutschen Nation volle Achtung. Seine Frau ist eine Deutsche und sein ganzes Hauswesen ist deutsch.

Ich habe mich bemüht, in dieser Schilderung ein Bild von ihm zu entwerfen. Dasselbe wäre aber nicht vollständig, wenn ich übergehen würde, dass er ein opferfreudiger-treuer Freund und ein durch und durch vornehmer Charakter ist.

Glauben Sie jenen nicht, bitte ich, hochgeehrter Herr Regierungsrat, welche Ihnen etwas anderes sagen, und schenken Sie meiner Bitte Gehör. Borysiekiewicz kann und will sich gegen die Angriffe seiner Feinde nicht wehren. Als sein Freund hielt ich es für meine Pflicht, das Amt des Anwalts zu übernehmen.

Meine Überzeugung und meinem Wunsche nach kränke ich hiedurch meinen alten bewährten Freund Birnbacher nicht! Der kennt die Feinde Borysiekiewicz‘ zum Teile aus eigener Erfahrung. Ich bin seines lebhaften Sinnes für Gerechtigkeit und Pflicht sicher und gebe mich der Hoffnung hin, dass es ihm vielleicht doch in Innsbruck gefallen würde.

Verzeihen Sie, bitte ich zum Schlusse, dass ich Sie so sehr belästigt habe.

Mit der Bitte, Ihrer hochverehrten Frau Gemahlin meine ergebenen Handküsse entrichten zu wollen, verbinde ich den Ausdruck hochachtungsvollster Verehrung und bin immerdar Herrn Regierungsrat dankbar und getreu ergebener

Dr. G. Pommer

Hochgeehrter Herr Collega

Oft habe ich es im Leben empfunden, dass man in Verlegenheiten am besten tut, wenn man gradeaus sein Anliegen vorträgt; ein loyales Wort findet ja doch am besten seinen Ort. Die mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse hat mir im Laufe der letzten Jahre zu wiederholten Malen und in der ausdrücklichsten Form den Wunsch zu erkennen gegeben, dass polemische Darlegungen in ihren Schriften keinen Platz finden sollen. Es ist auch aus diesem Grunde bereits eine Anzahl von Manuskripten zurückgewiesen worden, und es wird in dieser Beziehung auf die Druckschriften anderer großer Akademien hingewiesen. Nun erlaube ich mir die Bitte und Anfrage, ob es Ihnen nicht möglich wäre, die erste Aufschrift Ihrer schönen Abhandlung über Kontr[aktilität] und Doppelbrechung der quer gestreiften Muskelfasern, welche lautet: „Einleitung und Polemisches“, umzuändern in die Worte: „Einleitung und Literarisches“. Ich lege hierauf umso größeren Wert, weil ich sowohl in der Gefahr stehe, dass andere Autoren aus anderen Fächern sich auf dieses Beispiel eines der glänzendsten Mitglieder der Akademie berufen.

Ob Sie weiters für gut und angezeigt halten, da oder dort einen milderen Ausdruck einzufügen oder nicht, muss unter den angeführten Umständen selbstverständlich ganz und gar Ihrem eigenen Ermessen überlassen sein, hochgeehrter Herr Collega, und beschränke ich, wie gesagt, meine Bitte auf den Titel. Ich rechne darauf, dass Sie mir diese Erfüllung einer Pflicht nicht verübeln wollen, und verbleibe, hochgeehrter Herr Collega, mit den Ausdrücken vollster und aufrichtigster Hochachtung Ihr ganz ergebener

E. Suess

1891 IV 29, Tübingen

Hochgeehrter Herr Kollege!

Besten Dank für Ihren freundlichen Brief und Ihre Arbeit über die Muskelzellen, die mich lebhaft interessiert hat.

Was Ihre Apparate, die bei Albrecht angefertigt werden, anlangt, so dürften dieselben wohl bald fertig sein. Nur hat Albrecht dasselbe Geschick, wenn auch nicht mit der Bösartigkeit gepackt, wie Sie. Auch er hatte vor einiger Zeit die Influenza mit Nephritis usw., war darnach länger arbeitsunfähig. Jetzt ist er glücklicherweise wieder wohlauf. Was ich also Ihnen zu Dienste und zu Gefallen tun kann, das soll geschehen. Ich war kürzlich auch nicht wohl. Meine Kinder hatten den Keuchhusten und ich glaube, dass sich da einige Keuchhustenbakterien auch bei mir häuslich niedergelassen haben; denn ich habe einen verfluchten Bronchialkatarrh, den ich sehr schwer los werde. Nun hoffentlich bringt die bessere Jahreszeit bald wieder bessere Tage.

Mit hochachtungsvollem Gruß, Ihnen vollkommenste Genesung wünschend, stets Ihr ergebenster

P. Grützner

Besten Dank an Herrn Zoth für seine Arbeit.

Hochgeehrter Herr Collega

Ich danke Ihnen von ganzem Herzen für Ihren gütigen Brief. Mit Ihrer Zustimmung habe ich „Polemisches“ in „Kritisches“ verwandelt und habe dann der ganzen Abhandlung das Primatur erteilt. Waldeyers Brief folgt zurück.

Ihr aufrichtig verbundener und ergebener

E. Suess

Hochgeehrter Herr Professor!

Hiermit übersende ich noch einmal die Arbeit, korrigiert nach den Wünschen von Herrn Professor und mit Abbildungen versehen. Die Anordnung der Bilder in einer Gruppe schien mir zweckmäßiger als die gewöhnliche reihenweise auf einer Tafel, weil die Zahl der Bilder doch für eine ganze Tafel zu gering ist. Die wichtigsten Formen finden sich (sämtliche Figuren sind nach Pikrinsäure-Carmin Präparaten von mir gezeichnet, von Fritz Meixner, welcher in Wien für sämtliche Institute zeichnet, gemalt). Auch Leukozyten habe ich zeichnen lassen, damit an diesen das Farblosbleiben bei der Pikrinsäure-Behandlung erkennbar ist. Die Kernstruktur des einkernigen Leukozyten entspricht vollkommen der Beschreibung, welche Flemming in seiner letzten Arbeit über Leukozyten davon gegeben hat.

Vielleicht ist es mir jetzt gelungen, Herrn Professor mit der gegenwärtigen Fassung der Arbeit zufrieden zu stellen. Ich hoffe, dass ich, wenn ich für die Pfingstferien einen Urlaub bekommen kann, Herrn Professor für die ganze Mühe, die Herr Professor meiner Arbeit gewidmet haben, persönlich meinen tiefsten Dank aussprechen und gleichzeitig einige Präparate mitotischer eosinophiler Zellen (Markzellen im Sinne Cornils) vorzeigen kann.

Wenn Herr Professor die Arbeit in dieser Form nunmehr akzeptieren sollten, möchte ich die ergebenste Bitte stellen, mich mit einigen Worten davon zu benachrichtigen.

Indem ich mich dem Wohlwollen Herrn Professors bestens empfehle, zeichne ich als Herrn Professor ergebenster

Dr. H. F. Müller

Hoch geehrter Herr Professor!

Empfangen Herr Professor meinen tiefgefühlten Dank! Ich werde stets dankbar sein für die Wohltaten, die ich Herrn Professor schulde, für die Mühe, mit der Herr Professor meine Studien in Graz überwachten und der jetzigen Arbeit widmeten. Die hohe Auszeichnung wird mich zu weiteren fleißigen Arbeiten aneifern.

Im letzten Brief habe ich Herrn Professor geschrieben, dass ich an Trockenpräparaten zweifellos Mitosen an eosinophilen Markzellen (im Sinne Cornils) gesehen habe. Mittlerweile habe ich typische Mitosen solcher Zellen an mehreren Trockenpräparaten nachgewiesen und, was das Wichtigste ist, an gelungenen dünnsten Schnittpräparaten vom Knochenmark des Meerschweinchens.

Die Methode ist eine sehr einfache und gibt prachtvolle Bilder. Die Stücke vom Knochenmark, z. B. des Femur, kommen in Sublimat, werden in Alkohol gewaschen, Paraffineinbettung, Schnitte, Färbung in sehr dünnen Haematoxylin nach Böhmer, dann Färbung in äußerst dünnem Eosin-Wasser. Dann sofort Entwässerung und Einschließung. Die Mitosen sind sehr gut fixiert, die eosinophilen Granula leuchtend rot. Bis jetzt habe ich mehrere sehr schöne Mitosen, Sterne [?], Metakinesen, gesehen. Sehr interessant ist es, dass die Granula wieder – wie bei den Pigmentzellen – bis unmittelbar an die Chromosomen reichen. Eine typische solche Mitose habe ich Herrn Prof. von Ebner, in dessen Institut ich im Sommersemester inskribiert bin, und Dr. Schaffer gezeigt, beide haben sofort die Richtigkeit meiner Beobachtung bestätigt.

Dekhuyzen hat inzwischen in der letzten Nummer des anatomischen Anzeigers über Mitosen an eosinophilen Zellen berichtet. Seine Abbildungen stehen weit unter den Bildern, die ich an meinen Schnitten sehe. Ferner fehlt bei Dekhuyzen das wichtigste Kriterium für die Diagnose der eosinophilen Zellen, die Eosinfärbung. Dekhuyzen wies Mitose an granulierten Zellen nach, von welchen er eben die Annahme macht, dass diese eosinophile Zellen seien. Für die Säugetiere hat noch niemand Mitosen an eosinophilen Zellen nachgewiesen.

Ich glaube daher, dass eine kurze Mitteilung an der Hand von Bildern nicht überflüssig wäre, besonders, nachdem ich Mitose stets nur an Markzellen, die von den Leukozyten des zirkulierenden Blutes streng unterschieden werden müssen und die nur bei Leukämie ins strömende Blut gelangen, sowohl an Schnitten als an Trockenpräparaten gefunden habe. Außerdem wäre ein kurzer Hinweis auf Löwit, der mitotische eosinophile gewiss nicht als farblose Vorstufen roter Blutkörperchen deuten kann [sic], notwendig.

Indem ich Herrn Professor nochmals meinen besten Dank ausspreche, bleibe ich Herrn Professor ergebenster

Dr. H. F. Müller

Lieber Bruder!

Ich bin mit einiger Verspätung glücklich in Wien eingetroffen. Ich danke Dir und Rosa noch vielmals für alles Gute während meines Grazer Aufenthaltes und sende Euch und den Kindern viele herzliche Küsse und Grüße. Auf baldiges Wiedersehen, Dein

Emil

1891 V 25, Innsbruck

Hochverehrter Herr Regierungsrat!

Für die so gütige und freundliche Antwort, welche Sie meinem Briefe zuteil werden ließen, bitte ich, meinen herzlichsten Dank entgegenzunehmen. Der Schutz, welchen Sie, hochverehrter Herr Professor, im gegebenen Falle meinem Freunde Borysiekiewicz gewähren wollen, wird, dessen bin ich sicher, für die Entscheidung der Besetzungsfrage von der größten Bedeutung sein.

Dass die Gegner ihre Stimmen auf Czermak vereinigen dürften, und dass dieser überhaupt viel Protektion genießt, erfuhr Borysiekiewicz bereits, als er s[einer] Z[eit], um sich über die Aussichten Schnabels in Bezug auf Prag zu erkundigen, in Wien an zwei Orten Nachfrage hielt. Eine Persönlichkeit, welche sehr einflussreich ist, fand er bereits dafür gestimmt, dass Birnbacher Borysiekiewiczs Stelle in Innsbruck erhalten solle. Bei Sektionschef Rittner hingegen bedurfte es einiger Auseinandersetzungen, um die für Czermak vorhandene Stimmung zu paralysieren. Es wirkte dabei der Umstand ausschlaggebend, dass Birnbacher geradezu der Lehrer Czermaks ist. Borysiekiewicz hat sich der älteren und gerechten Ansprüche Birnbachers wacker angenommen und glaubt, dass Czermak ganz gut noch eine kurze Zeit warten könnte, bis die Verhältnisse eine neue Verschiebung ergeben.

Erlauben Herr Regierungsrat, dass ich zur Ergänzung des neulich Mitgeteilten noch anführe, dass Borysiekiewicz auch Stellwag gegen sich hat, der schon bei der Besetzung der Innsbrucker Stelle nach Schnabel über Borysiekiewicz sich im höchsten Grade ungünstig geäußert hat. Trotzdem hat damals Schnabel Borysiekiewicz für Innsbruck primo loco vorgeschlagen. Und jetzt dürfte Schnabel, der das Verhältnis zwischen Borysiekiewicz und Stellwag gut kennt, dem Komitee bzw. Wölfler den Wink gegeben haben, mit der Anfrage unter anderen sich auch an Stellwag zu wenden. Borysiekiewicz war bei Stellwag durch sechs Jahre Assistent und wurde von diesem selbst zur Dozentur vorgeschlagen.

Leider gelang es Personen, denen Borysiekiewicz im Wege war, durch Verdächtigungen bei Stellwag, der ohnehin sich gerne für verfolgt hält, eine bleibende Missstimmung gegen Borysiekiewicz hervorzurufen.

Genehmigen Sie, hochverehrter Herr Regierungsrat, dass ich zum Schlusse nochmals meinen herzlichen Dank wiederhole.

Mit dem Ausdrucke der hochachtungsvollsten Verehrung Ihr dankbar und getreu ergebener

Dr. G. Pommer

Hochgeehrter Herr Professor!

Emmy geht es sehr schlecht. Hat sehnlichsten Wunsch, Sie zu sehen. Ich bitte schön, falls es Ihre kostbare Zeit erlauben sollte, sie mit einem kurzen Besuche beehren zu wollen, damit ihr Wunsch befriedigt werde. Vielleicht wirkt Ihre Nähe tröstend und beruhigend auf sie. Bitte vielmals um Verzeihung, dass ich so kühn bin, an Sie diese Bitte zu stellen, allein die Kranke bat mich innigst darum. Mit Handkuss an die Gnädige, Ihr ergebenster

Med. Dr. Adolf Samitz
1. Werksarzt, Trifail

Lieber Bruder!

Mich verfolgt das Pech. Ich habe seit gestern einen Hexenschuss und weiß heute (14:15 Uhr) noch nicht, ob ich es werde wagen können, morgen mit dem Kurierzuge nach Wien zu fahren. Ich bitte Dich also, nichts zu besorgen, wenn ich nicht komme; bei Arneth habe ich mich für Mittwochabend entschuldigt, das hätte ich sowieso getan. Komme ich nicht morgen, so schwänze ich die Mittwoch-Sitzung und fahre am Donnerstag mit dem Nachmittag-Schnellzug von hier nach Wien, um an der Freitag-Sitzung um 10:00 Uhr und an der feierlichen am Samstag teilzunehmen.

Nur wenn sich mein Zustand verschlechtern sollte, was ich aber nicht glaube, müsste ich ganz verzichten, nach Wien zu kommen, was mir natürlich ein peinliches Opfer wäre. Veranlassung zu meinem Leiden weiß ich gar keine. Am Sonntag war ich mit Rosa und den Kindern noch beim Stoffbauer. Montag hielt ich meine Vorlesung, hatte nachmittags Rigorosen und abends Sitzung.

Als ich nach Hause kam, fühlte ich mich sehr müde. Ich ging gleich zu Bette, während der Nacht entwickelten sich heftige Schmerzen längs der untersten Rippen und in den Lenden, die mich sehr quälen und stellenweise am Atmen hindern.

Ich habe schon ein paar Antifebrindosen genommen. Kopf ist frei, kein Schnupfen, etwas schweißlich, aber kein ausgesprochenes Fieber.

Bitte zu entschuldigen, dass ich mich wieder so vernehmen lassen muss, aber ich kann nichts dafür.

Hoffentlich auf baldiges Wiedersehen, Dein

Alexander

Nach normaler Fahrt glücklich angekommen, danke ich Dir für die vielen in Wien genossenen Freundlichkeiten. Rosa und die Kinder erwarteten mich auf der Bahn, alle sind wohl und sehen gut aus.

Grüße auch Auguste, der ich gleichfalls danke, und die Schurz. Dein

Alexander

Hoch geehrter Herr Professor!

Beiliegend sende ich mit bestem Danke die Korrekturtafel zurück.

In diesem Monate hielt sich Herr Dr. van der Stricht, Assistent von van Bambeke in Gent, in Wien auf. Er hat mir seine Präparate über Blutbildung in der embryonalen Leber des Feldhasen gezeigt. Seine Präparate, deren er mir 2 geschenkt hat, sind Unica in Bezug auf die Riesenzellen: beinahe alle sind in Mitose! Ich war beim Menschen (Leukämie) und beim Meerschweinchen nicht so glücklich. Van der Stricht hat beim Kaninchen, Meerschweinchen, dem Menschen (embryonale Leber) übrigens dieselbe Erfahrung gemacht. Sehr erfreulich ist es für mich, dass er bezüglich der Entstehung der Riesenzellen und bezüglich des Zweckes der Mitose der Riesenzellen, nämlich Kernvermehrung ohne Zellteilung, zu demselben Resultate gekommen ist wie ich (in der Leukämiefrage). Van der Stricht hat ganz frisches Material gehabt. Er ist Jäger, hat die Hasen selbst geschossen und die embryonalen Organe an Ort und Stelle eingelegt.

Ich habe ihm Präparate leukämischer Leber gezeigt. Er hat die vollkommene Analogie der leukämischen Leber mit der embryonalen Leber vollständig erkannt. Die nächste mir zu Gebote stehende Leber werde ich nach seinem Verfahren härten.

Gegenwärtig bin ich mit der mitotischen Teilung der eosinophilen Markzellen beschäftigt. Ich habe fast alle Phasen gesehen; die wichtigsten lasse ich mir zeichnen.

Eine schöne Markzelle in Mitose im leukämischen Blute eines Kranken der Nothnagelschen Klinik habe ich van der Stricht demonstriert. Auch er meinte, dass diese enorm großen Mitosen sicher von denen der Leukozyten des zirkulierenden Blutes zu trennen wären. Auch der Vergleich der Blutzellen des normalen Blutes mit den Markzellen des leukämischen Blutes war für ihn überzeugend.

Anfangs Juli werde ich für zwei Monate nach München mich begeben, um dort über lymphatische Leukämie zu arbeiten. Ziemssen hat mir in freundlichster Weise die Erlaubnis gegeben. Ich werde mir erlauben, Herrn Professor von dort aus meine dortige Adresse mitzuteilen. Übrigens würden mir auch von Wien die Korrekturbögen von meinem Bruder nachgeschickt werden.

Von Herrn Dr. Wertheim, dem ehemal[igen] Assistenten des Herrn Prof. Klemensiewicz, ist in der letzten Woche im Prager Archiv der Heilkunde eine Arbeit über Leukämie erschienen. Sie teilt hauptsächlich das Vorkommen mitotischer Zellen im leukämischen Blute mit.

Auch Löwit hat vor kurzer Zeit eine Arbeit in den „Beiträgen zu pathol[ogischen] Anatomie und experim[entellen] Pathologie“ von Ziegler und Nauwerck veröffentlicht, in welcher er die amitotische Teilung der Leukozyten (beim Krebs) neuerdings verteidigt. Die Befunde Flemmings etc. ignoriert er.

Vielleicht werde ich in den großen Ferien Gelegenheit haben, Herrn Professor wieder einige Präparate zeigen zu können.

Indem ich mich dem Wohlwollen Herrn Professors bestens empfehle, bleibe ich Herrn Professor ergebenster

Dr. H. F. Müller

Hoch geehrter Herr Professor!

Vorerst meinen besten Dank für die freundliche Übersendung der Korrektur-Tafel. Ich habe noch einige Korrekturen vorgenommen.

Gegenwärtig arbeite ich wieder im Laboratorium Ziemssens; gestern bin ich in München angekommen. Ich werde dort ca. 2 Monate bleiben. Ich werde mich in der elektrischen Untersuchung einüben und gleichzeitig meine Studien über lymphatische Leukämie zum Abschluss bringen. Ich habe bereits mit Ziemssen und Kupffer gesprochen; beide Herren haben mich sehr freundlich aufgenommen.

Bei dieser Gelegenheit möchte ich mir erlauben, Herrn Professor eine Bitte zu unterbreiten. Norris hat, wie ich mich erinnere, in seiner „The physiology and pathology of the blood“ einiges über Leukämie bemerkt. Ich habe bis jetzt dieses Werk in München nicht auftreiben können. Ich würde daher Herrn Professor bitten, mir dieses Werk gütigst über die Ferien zu leihen. Ich komme im September nach Graz und würde es dann zurückstellen. Wenn Herr Professor die Freundlichkeit hätten, es mir zu leihen, so bitte ich, meinen Vater zu verständigen, der das Buch mir schicken wird.

Indem ich mich Herrn Professor bestens empfehle, zeichne ich als Herrn Professor ergebenster Schüler

Dr. H. F. Müller
München, medizinisch-klinisches Institut
Krankenhausstraße Ia/2

Hochverehrtester Herr Professor!

Ihre monumentale und epochemachende III. Abhandlung habe ich durch Ihre Güte und Liebenswürdigkeit gestern erst erhalten. Bis heute Nachmittag habe ich nichts Anderes gemacht, als diese hochinteressante Abhandlung gelesen. Eben bin ich jetzt mit der Abhandlung von Retzius fertig geworden, die er in Biol[ogische] Untersuch[ungen], Neue Folge 1891, publiziert hat, und welche Sie gewiss schon gelesen haben. Eben arbeite ich über Muskelsubstanz und Nervenendigung (hauptsächlich über letzteres Thema) und Sie können glauben, wie ich es mit Sehnsucht erwartete, Ihre angekündigte III. Abhandlung, welche ich als auch Ihre übrigen Abhandlungen zu meinem Werke benützen werde [, zu erhalten].

Indem ich, hochverehrtester Herr Professor, Ihnen meinen verbindlichsten Dank ausspreche, verbleibe ich Ihr ganz ergebener

Prof. Dr. Thanhoffer
jetzt o.ö.Prof. der Anatomie
und Direktor des II. anat[omischen] Inst[ituts]
an der Universität in Budapest

Siofok am Plattensee, Villa Elisabeth

Verehrtester Herr Regierungsrat!

Ich erlaube mir, Ihnen auf schriftlichem Wege mitzuteilen, dass der Akt wegen der Studien- und Prüfungsordnung von mir unterzeichnet ist, und dass ich den Auftrag gab, Ihnen denselben zur Gegenzeichnung zu übersenden.

Gleichzeitig danke ich Ihnen vielmals für die gütige Zusage, auch in diesem Sommer die wichtigeren Dekanatsakten zu erledigen.

Ich habe Herrn Sekretär Hütter den Auftrag erteilt, alles zu eröffnen, aber nichts vom Dekanatszimmer wegzutragen. – Vielleicht hätten Herr Regierungsrat die Güte, Hütter noch ein paar Zeilen zu schreiben, wie Sie selbst die Sache eingerichtet wünschen.

Ich verabschiede mich gleichzeitig auf längere Zeit und bitte Sie, mich Ihrer Frau Gemahlin bestens zu empfehlen.

Hoffentlich wird der Sommer jetzt seine Feuchtigkeit ein wenig mildern.

Mit nochmaligem ausgesprochen herzlichstem Danke verbleibe ich Ihr ergebenster Schüler

Klemensiewicz

Adresse: Weißenbach am Attersee bei Ischl.

Lieber Bruder!

Heute trete ich meinen Urlaub an. Das meist kühle und häufig regnerische Wetter des heurigen Sommers bestimmt mich, eine mildere Gebirgsgegend aufzusuchen und das eigentliche Hochgebirge zu vermeiden. Auch an die See zu gehen, verspüre ich keine rechte Lust. Ich werde daher das verhältnismäßig milde Lavanttal, das ich schon lange kennenlernen möchte, aufsuchen und daselbst einen ganz unbestimmten Aufenthalt nehmen, eventuell nach Südtirol gehen und schließlich einige Tage in Baden verbringen.

Von Richard erfuhr ich, dass Ihr den heurigen Sommer in Stübing verbringen werdet. Ich wünsche lebhaft, dass der Himmel gnädig ist und der schöne Aufenthalt durch ein günstiges und erträgliches Wetter sich umso angenehmer für Euch gestaltet.

Ich danke Dir für die Zusendung Deiner jüngsten Abhandlungen. Hoffentlich wirst Du Dich im Zwang der Geschäfte keinen nächtlichen Arbeiten hingeben und stets bedenken, dass für den Familienvater eine gute Gesundheit gewiss ebenso wichtig ist, als für den Physiologen eine gute Abhandlung.

Nun lebe recht wohl, grüße und küsse in meinem Namen auf das herzlichste Rosa und die Kinder und sei vielmals geküsst von Deinem

Emil

Lieber Freund!

Lass Dich die mitfolgende Störung der Ferienmuße nicht verdrießen – zum Glück ließ sich die ganze Sache rasch und mit positivem Erfolge machen. Sei so gut, Befund und Rechnung zu unterfertigen und mir möglichst bald, da sie das Gutachten rasch haben wollen, zuzusenden – Kirschengasse N. 2.

Hoffentlich geht es Dir und den Deinen recht gut? Mein Katarrh will noch immer nicht weichen, und ich habe manchmal darunter recht zu leiden.

Sei herzlichst gegrüßt von Deinem

Schauenstein

Anmerkung Auf den restlichen Flächen des Briefbogens Bleistiftnotizen bibliographischer Natur zu einzelnen Jahren.

1891 VIII 10, Markt Aussee

Lieber Freund!

So hätte denn unser alter Kollege Helly endlich ausgerungen, nachdem schweres Siechtum ihn durch lange Monate gequält und die Gefahr des Todes wiederholt ihm nahe getreten war. Für ihn war der Tod eine Erlösung von unheilbarem Leiden, für seine Familie aber ist er nicht nur ein tiefschmerzlicher Schlag, auch ein empfindliches folgenschweres Ereignis in materieller Hinsicht. Denn seit Carls Bruder Richard mit dem unseligen Weingroßhandel abgewirtschaftet hat, sind dadurch auch die pekuniären Verhältnisse Carls, welche ehedem sehr günstige waren, ganz erheblich reduziert worden, so dass er und die Familie fast nur auf seine Gehalte als Professor und Primarius und die in den letzten Dezennien ebenfalls sehr mäßigen ärztlichen Honorare angewiesen waren. Wie das Letztere so gekommen und warum es so kommen musste, wissen wir alle und das Traurige dabei ist nur, dass Leute, die weder durch ausgedehnteres Wissen noch durch sonstiges Können Helly überlegen waren, ihm rasch in der Praxis den Rang ablaufen konnten.

Die medizinische Fakultät steht nun vor einer neuen, wichtigen Frage; auch für sie ist in anderer Linie das Ableben Hellys eine Art Erlösung. Die Fakultät wird hiebei, wie gar nicht anders zu erwarten ist, mit allem Ernste und ohne andere als rein wissenschaftliche Rücksichten, sowie Rücksichten auf bewährte Administrationsfähigkeit und anerkannt tüchtige Schulung durch hervorragende Lehrer gelten zu lassen, die Wiederbesetzung in Angriff nehmen. Denn es handelt sich jetzt darum, einem ausgezeichneten Gynäkologen die Lehrkanzel zu übergeben, einem solchen, der selbst in ernster Schule gebildet, dann auch imstande sein wird, selbst Schule zu machen. Es handelt sich darum, dass wir endlich in Graz keine gepelzte Hebamme, sondern einen Gynäkologen erhalten, den wir bisher leider nicht hatten, einen solchen, der auch in operativer Beziehung nicht bloß dreist und kühn – einen solchen hätten wir bereits –, sondern vorsichtig und überlegt handelt. Als vor drei Jahren meine Frau schwer erkrankt war und es sich zunächst darum handelte, festzustellen, ob, wofür allerlei bei oberflächlicher Untersuchung zu sprechen schien, ein beginnender Gebärmutterkrebs anzunehmen sei oder nicht, wendete ich mich an verschiedene vertrauenswerte medizinische Professoren in Graz und Wien, die mir persönlich näher standen, mit der Frage, wen in Graz ich da konsultieren sollte. Und einstimmig hieß es: „In Graz haben Sie keinen Gynäkologen; der eine, der sich dafür hält, ist erst recht keiner. Wenden Sie sich lieber an Hofrat Breisky.“ Das taten wir und haben es wahrlich nie bereut. Der verstorbene Breisky, den ich nachmals über Professor Börner in Graz befragte, meinte lächelnd: „Da würde ich eher erst Helly zu Rate ziehen; denn B[örner] versteht, wie ich bei Frauen, die nach B[örner] zu mir kamen, mich überzeugte, von seinem Fache nichts.“ Ganz ähnlich lauteten Äußerungen Billroths über B[örner], ja noch schlimmer. Mich überraschten diese Erklärungen keineswegs; denn eine äußerst mäßige allgemeine geistige Begabung vermag nur durch eine gewisse Dosis Kühnheit auf praktisch medizinischem Gebiete materielle Erfolge zu erringen; dazu muss dann noch einiges Geflunker mit Schülerschaft Hegars u.a. sich gesellen, und die große Klientel ist fertig.

Ich würde es geradezu für eine große Kalamität halten, wenn das medizinische Professorenkollegium für die nun erledigte Stelle Börner, den ewig lächelnden, nicht ernst zu nehmenden Börner in Vorschlag brächte, wenigstens primo loco. Denn dann erhielte er diese ordentliche Lehrkanzel und auf mindestens 2 Decennien hinaus hätten wir in Graz wieder keinen tüchtigen Gynäkologen, so dass man sich mit seinen Frauen, auch in minder wichtigen Fällen, nach Wien wenden muss. Vorkommnisse der allerjüngsten Zeit – ich erinnere nur an die Erkrankung der Frau Dr. von Hebra in Metahof und andere zahllose Fälle – haben indes Börners Unfähigkeit klar gezeigt. Jedenfalls möchte ich Dich dringend bitten, und zwar gerade Dich, der Du so entscheidenden Einfluss in Deiner Fakultät besitzest, vor der Verhandlung der Besetzungsfrage weitere Umfragen auch bei Frauen zu halten, die Gelegenheit hatten, Börner als Arzt kennen zu lernen. Nach allem, was wir darüber vernommen haben, ist auch das Benehmen Börners derart, dass man dasselbe nicht billigen könnte. Doch all das ist ja auf die Hauptquelle mangelnden wissenschaftlichen Ernstes und persönlicher Klugheit zurückzuführen. Wer auf Hellys Lehrstuhl kommt, ist mir einerlei. Ich habe keinen Kandidaten zu proponieren oder Schützling zu präsentieren; nur vor Börner, der durch die längere Supplierung der Stelle angeblich das Amt schon ersessen haben soll, möchte ich im Interesse des guten Rufes unserer Universität und in dem der Frauen von Graz allen Ernstes warnen oder doch mindestens Dich bitten, dass Du vorerst Erkundigungen über den Mann zunächst bei Kollegen, deren Frauen sexuell leidend waren, gewissenhaft einziehest. Denke doch auch daran, dass, was ich Dir gar nicht wünschen will, Du auch späterhin in die Lage kämest, für Deine Frau einen erfahrenen Gynäkologen zu brauchen, und dann sehen müsstest, an welche Nulle Du Dich gewendet hast. Die große Praxis B[örners] kann doch nicht entscheidend sein, zumal bei dem Abgange jeglicher Konkurrenz mit einem guten Gynäkologen. Auch Prof. Franz Müller wäre sicher in der Lage, Dir über Börners Gebaren zu berichten.

Dixi et salvavi animan neam! Nur noch eines! Wenn ich nach dem Ableben meines Schusters einen neuen nehmen soll, würde ich mich, vor der Bestellung neuer Beschuhung, an vertrauenswürdigem Orte erkundigen, bei wem der neue Stiefelbauer gelernt hat. Ist der Meister ungeschickt oder faul gewesen, dann ist's auch aller Wahrscheinlichkeit nach der Lehrling und nachmalige Geselle. Ganz ähnlich – natürlich cum grano salis – steht es mit den praktischen Ärzten. Und nur, wo hervorragende eigene Begabung vorliegt, kann einer auch bei minder gutem Lehrer ein hervorragender Vertreter seines Faches werden. Sonst aber nicht! – Noch einmal dixi!

Dass vorstehende Ausführungen rein konfidentieller Natur sind, versteht sich. Ich habe wohl nicht nötig, Dich zu bitten, diese Zeile als eminent vertrauliche zu respektieren.

Mit herzlichen Grüßen in Treue Dein alter

Max R. v. Karajan Markt Aussee, Obersteier

1891 VIII 13, Ostseebad Misdroy

Hochgeehrter Herr Kollege!

Schon seit längerer Zeit beabsichtigte ich, Ihnen für die gütige Zusendung Ihrer wertvollen „Untersuchungen über Kontraction und Doppelbrechung der quergestreiften Muskelfasern“ meinen verbindlichen Dank auszusprechen und zugleich Ihnen in privater Mitteilung auf die öffentliche Kritik zu antworten, welche Sie in dieser Arbeit an Redaktion und Referenten des Zentralblattes für Physiologie geübt haben. Vor Ausführung dieser Absicht mochte ich abwarten, ob der von Ihnen angegriffene Herr Referent von dem ihm zustehenden Recht, sich öffentlich im Centralblatt für Physiologie zu verteidigen, Gebrauch machen würde. Trotz der starken Erregung, in welche in begreiflicher Weise die auch meiner Meinung nach ungerechtfertigten Vorwürfe, „geträumt“ zu haben, ein schlechter Berichterstatter zu sein, von der Muskelhistologie „nichts“ zu wissen, „Irrlichteleien“ zu urteilen, versetzt haben, hat er es über sich gewonnen, öffentlich zu schweigen. Wenn auch ich ihm hierzu geraten habe, so spielte hierbei die Erwägung eine Rolle, dass gerade die Stärke der gegen ihn gebrauchten Ausdrücke die Gefahr des Angriffes wesentlich verminderte, da sie den Eindruck eines starken Affektes mache und nur das Urteil, das aus affektlosem Denken entspringt, Anspruch auf Beachtung erheben könne. In der Tat, sieht man sich den Vorwurf des „Träumens“ näher an, so findet man, dass er sich auf die Angabe des Herren Referenten bezieht. Sie hätten Ihre „gewichtigen“ Einwendungen gegen die Existenz des Netzwerkes auf Grund Ihrer Untersuchungen über die Flossenmuskeln des Seepferdchens erhoben. Ihren Einwendungen liegt Ihre Auffassung vom Muskelbau zugrunde, und in Ihrer Arbeit über die Flossenmuskeln von Hypocampus sagen Sie: „Ja, wir werden gerade in den Flossenmuskeln des Seepferdchens einen Prüfstein jener Auffassung kennenlernen, wie er entscheidender gar nicht gedacht werden kann.“ Hiernach scheint mir der Herr Referent wohl berechtigt gewesen zu sein, anzunehmen, dass, was Sie selbst als entscheidenden Prüfstein Ihrer Auffassung ansehen, von Ihnen auch als Grundlage der Einwendungen gegen andere Auffassungen anerkannt werden würde. Ob der Autor selbst bei dem „Versuch“, Ihre Einwendungen zu entkräften, Ihrer Befunde bei Hypocampus gedacht hat, war hierbei gar nicht maßgebend. Die Auslassungen des Herrn Referenten können gar nicht so verstanden werden, als hätte er Letzteres sagen wollen; man wird Ihnen, auch ohne die Arbeit des Autors durchzulesen, aufs Wort glauben können, dass es nicht geschehen ist, und doch nicht in Ihren Vorwurf einzustimmen brauchen, der Herr Referent habe „geträumt“.

Die Verantwortung dafür, dass die Abhandlung von Marshall im Centralblatt für Physiologie überhaupt besprochen worden ist, fällt in erster Linie mir zu, denn ich hatte den Herrn Referenten um den Bericht gebeten. Allerdings haben die Herren Mitarbeiter am Centralblatt ausgesprochenermaßen das Recht, die Berichterstattung über Arbeiten, welche sie, nach genauer Durchsicht, der Besprechung für nicht wert halten, abzulehnen. Die Titel dieser Arbeiten werden dann nur in die Literaturübersicht aufgenommen. Ich kann aber nicht leugnen, dass ich es vorziehe, wenn auch von solchen Arbeiten eine kurze Inhaltsangabe geliefert wird. In dem vorliegenden Fall erfährt man doch durch den Bericht, dass der Autor an seinem von früher her bekannten Standpunkt festhält, ohne neue beweisende Argumente beizubringen. Für die erste Orientierung ist dies zu wissen erwünscht und ausreichend. Dass dadurch Irrtümer verbreitet und vermehrt würden, wäre nur anzunehmen, wenn man sich den Lesern nur durch so starke Ausdrücke wie: „Nichtigkeit der Untersuchung“ oder „unwillkürlich komische Auslassungen“ verständlich machen könnte. Aus naheliegenden Gründen müssen so drastische Mittel in einer berichtenden Zeitschrift vermieden werden. Letztere erheben überhaupt nicht den Anspruch, zu etwas anderem zu dienen, als zu dem, was im gewöhnlichen Leben das indirekte Sehen ist. Sie sollen darüber orientieren, was sofort zu fixieren ist. Das deutliche Sehen kann doch immer nur durch genaues Lesen der Originalien erreicht werden. In diesem Sinne Originalien sind für meine Auffassung auch Lehrbücher, deren Aufgaben Sie in einem früheren Notschrei über Unarten der neueren Literatur, von denen der berichtenden Zeitschriften nicht getrennt haben. Wer ein Lehrbuch auf Grund fremder Berichte schriebe, oder in demselben kritiklose Exzerpte aller möglichen, die einzelnen Fragen betreffenden Originalmitteilungen brächte, würde einen schweren Fehler begehen. Er muss sich auf seinen Gegenstand ganz konzentrieren, und man erwartet von ihm das Resultat, unter Umständen auch die Begründung, sorgfältig erwogenen Urteils. Ebenso konzentriert muss auch die Aufmerksamkeit beim Lesen dieser wie anderer Originalien sein. Die berichtenden Zeitschriften ermöglichen erst den meist auch mit Geschäften überladenen Gelehrten ein solches konzentriertes Arbeiten; ein richtiger Gebrauch derselben gibt ihm die Sicherheit, nichts zu übersehen, wodurch er zur Änderung seiner wissenschaftlichen Auffassung veranlasst werden könnte, ohne dass er viel Zeit mit Durchsicht der ungeheuren Flut neuer literarischer Eingänge zu vergeuden braucht. Ein Missbrauch ist natürlich auch möglich und bei der Hochachtung, welche ich für Sie empfinde, ist es mir schmerzlich, dass Sie den Schaden, welcher durch den Missbrauch entstehen kann, höher anschlagen als den möglichen Nutzen. Nach meinen bisherigen Erfahrungen kann ich diese pessimistische Anschauung nicht teilen und ich werde fortfahren, einen Teil meiner Kräfte dadurch in den Dienst der Allgemeinheit zu stellen, dass ich mich an der Leitung einer berichtenden Zeitschrift nach den oben entwickelten Grundsätzen beteilige.

Mit dem Ausdruck vorzüglicher Hochachtung, bin ich Ihr sehr ergebener

J. Gad

1891 VIII 15, Schladming

Hochverehrter Herr Regierungsrat!

Sie waren so liebenswürdig, mir seinerzeit zu versprechen, mich als Rektor am 18. in der Messe zur Feier des Geburtsfestes seiner Majestät zu vertreten. Ihrem Wunsche gemäß erlaube ich mir, Sie daran zu erinnern. – Auch habe ich Ursache, wenn auch nachträglich, so doch nicht minder verbunden, Ihnen dafür zu danken, dass Sie, wie Klemensiewicz mir mitteilte, meine angemeldeten Separatvota in causa Studien- und Rigorosenordnung zum Ausdruck gebracht haben.

Indem ich hoffe, dass Sie mit Ihrer werten Familie in Stübing angenehme Ferien zubringen und ich Sie auch bitte, Ihrer Frau Gemahlin einen respektvollen Handkuss zu vermelden, zeichne ich mich mit bestem Gruße als der Ihnen ergebene

Prof. Eppinger

Lieber Bruder!

Glücklich in Wien angekommen, sende ich Dir und Rosa meinen herzlichsten Dank für die liebevolle Aufnahme in Stübing. Die schönen Tage meines dortigen Aufenthaltes werden mir stets in angenehmster Erinnerung bleiben. In Baden stieg Cornel in den Postzug und fuhr nach Wien, um noch abends nach München abzureisen.

Eben als Cornel von uns schied, traf er noch auf der Stiege mit Ernst zusammen, der in Begleitung seines Vordernberger Neffen, Karl Wagner, zu uns kam. Der Letztere war einige Zeit in Brünn und möchte nun vor der Heimreise auch Wien kennenlernen. Er ist ein sehr aufgeweckter und intelligenter zwölfjähriger Bursche, der demnächst auf die Südbahn begleitet wird, allein fortfährt und in Bruck von seinen Eltern erwartet wird, was in ähnlicher Weise schon wiederholt geschehen ist.

Tausend Küsse und Grüße an Dich, Rosa und die Kinder

Emil

Hochgeehrtester Herr Professor!

Ihr wertes Schreiben vom 29. August habe ich heute vormittag von Budapest erhalten, nun beeile ich mich, dasselbe allsogleich zu beantworten, obzwar ich, wenn ich die Abhandlungen der in Ihrem werten Schreiben genannten Herren bei der Hand hätte, viel gründlicher dasselbe tun könnte.

Was Prof. Jendrassik (Eugen) anbelangt, ist er im März dieses Jahres gestorben. Der neuernannte Professor der Physiologie ist derzeit der Klausenburger Professor Dr. Klug.

Mit Prof. Jendrassik habe ich vor Jahren eben in dieser Sache eine fürchterliche Polemik gehabt. Er hatte keine andere Muskelsubstanz als anisotrope Querstreifen und attrope Substanz gekannt, alles Übrige war nach ihm Täuschung, oder nicht präformiert im lebenden Muskel. Membranen etc. wollte er nicht annehmen, nicht einmal präformierte protoplasmatische oder sonst eine Scheidewand. Vor mehr als zwanzig Jahren, wie er noch Professor in Klausenburg war, hatte er – ich glaube, er war der erste, der das gesehen, dass nämlich die Muskelsubstanz durch konstante Ströme nicht nur in Zuckung gerät, sondern eine Strömung stattfindet (zwischen den Elektroden {unter dem Mikroskop}; die Muskelsubstanz zerfällt in lauter feine Moleküle-Körnchen und – was ich nie konstatieren konnte (eben darum war er so böse auf mich gewesen und darum hatte er mich bald zugrunde gerichtet) nämlich hatte er oft gesehen – wie er (und nach ihm sein {und mein} Schüler Mezei auch annimmt – obzwar nicht so dezidiert wie er) – annimmt, dass diese Körnchen eigentlich die zerfallene Muskelsubstanz, der in diesem Stadium keine Querstreifen mehr zeigte, – nach Aufhören des elektrischen Stromes in ihr (Muskelsubstanz) die Querstreifen wieder hergestellt worden sind etc. [sic]

Was die ganz primitive Abhandlung des Mihajlovits anbetrifft, habe ich es flüchtig gelesen und viel dazu gelacht; ich habe es ihm – wie er bei mir wegen Erlangung der Dozentur war (ich habe nur dreimal mit ihm im Leben gesprochen) [–] selbst persönlich gesagt, dass er ausgelacht wird.

Das ganze B[uda]pester physiologische Institut war für Jendrassik (selbstverständlich) so befangen, dass man alles, was nicht so hingestellt war, als die Leute es vom Munde Jendrassiks hörten, als schlecht, nichts-nutz genommen haben.[sic]

Was endlich die Abhandlung Mihajlovitss anbelangt, verstehe ich es auch nicht genau, wie man nach unseren heutigen Kenntnissen so etwas schreiben kann.

Jendrassik hat seine Abhandlung in du Bois Archiv veröffentlicht (sicher kennen Sie diese Abhandlung auch).

Im Centralblatt für Physiologie habe ich die Mihajlovitssche Arbeit nicht gelesen; überhaupt seit 1½ Jahren referiere ich nicht mehr über ungarische Literatur im Centralblatt für Physiologie, seitdem ich [mich] ausschließlich mit Anatomie-Histologie befasse.

Ich glaube fest, dass die Muskelsubstanz so beschaffen ist, wie Sie es genau und wahrlich beschrieben haben. Der erste Teil meiner Abhandlung ist fertig über Muskelsubstanz und Sarkolemma; in diesem Teil schließe ich mich ganz an Ihrer Seite – nach meinen Untersuchungen; im zweiten Teil werde ich die Nervenendigungen beschreiben.

Am 9.-12. September reise ich wieder nach Budapest und werde die genannten Abhandlungen noch einmal sorgsam durchlesen, und wenn Sie etwas noch wünschen, bitte mir entweder hierher oder nach B[uda]pest adressiert zu schreiben, und ich werde alsogleich Ihnen dienen und mit Freude.

Ich habe Sie, hochgeehrtester Herr Professor, seit meiner Studentenzeit hoch schätzen gelernt, als einen der ersten Physiologen und dazu noch einen der ersten Histologen der Welt. Sie waren so freundlich, mir bald dieses Epithethon als Histologen zu geben – aus Courtoisie; aber was ich hier sage, sage ich aus Überzeugung. Sie haben, hochgeehrter Herr Professor, ebenso in der Physiologie als auch in der Histologie bahnbrechende und großartige Arbeiten gemacht. Ich trage nur einzelne, winzige Bausteine zur Vollendung des Hauses der Wissenschaft, und Sie machen Paläste.

Mit besonderer Hochachtung Ihr ganz ergebener

Prof. Dr. Thanhoffer

Anmerkung Die in diesem Brief vom Schreiber – in verwirrender Weise gesetzten (())wurden als ({}) dargestellt.

Hochgeehrter Herr Kollege!

Auch ich bedauere lebhaft, dass es mir bisher nicht vergönnt gewesen ist, Ihre persönliche Bekanntschaft zu machen. Dieses Bedauern ist mehr durch die Dankbarkeit eingegeben, welche ich für manche Belehrung aus Ihren Arbeiten und Schriften empfinde und durch die Wahrnehmung des hohen Grades von Verehrung, welchen Ihnen Ihr begeisteter und tüchtiger Schüler Zoth entgegenbringt, als durch die Meinungsverschiedenheiten, welche zwischen uns zu Tage getreten sind. So wenig ich auch hoffen darf, dass diese sich so leicht ausgleichen lassen, so sicher vertraue ich darauf, dass sie zu keiner persönlichen Verstimmung führen werden. In der Tat glaube ich auch, dass die Redaktion des Centralblattes für Physiologie mit Aufnahme des allerdings sehr unbedeutenden Artikels nur ihre Schuldigkeit getan hat, werde mich aber persönlich nicht verletzt fühlen, wenn Sie Ihrer entgegenstehenden Ansicht in unpersönlicher Weise öffentlichen Ausdruck geben sollten. Die Fachgenossen, an deren Urteil Sie dann appellieren werden, erinnern sich hoffentlich noch des Ausspruches von Johannes Müller: „Ich muss in meinem Archiv jedem die Gelegenheit geben, sich auf eigene Faust zu blamieren.“

Mit hochachtungsvollem Gruß Ihr aufrichtig ergebener

J. Gad

Lieber Bruder!

Bald wird nun auch unser dolce far niente in Stübing sein Ende finden und wir haben Dir noch nicht gedankt für Deinen liebenswürdigen Besuch und die rasche Nachricht, welche Du uns über Deine Ankunft in Wien gegeben hast. Ich tue nun beides im Namen der ganzen Familie. In der letzten Zeit hatten wir immer prachtvolles Wetter. Das Jägerhaus, zu dem wir jetzt einen viel kürzeren Weg von unserer Villa aus gefunden haben, ist zu einem Lieblingsspaziergange mit Mama und den kleinen Buben geworden, die dort mit den Katzen und Hunden spielen. Heute haben wir 20° R[eaumur] im Schatten, gestern ebenso, man schwitzt wie in den heißesten Julitagen und wenn das schöne Wetter anhält, wird uns der Abschied von Stübing, der am 16. oder 17. erfolgen muss, sehr schwer fallen. Im Jägerhaus treiben die großen Kinder allerlei Allotria im Fremdenbuche und die zwei Lateiner haben die folgende rätselhafte Inschrift [in Gestalt eines Epitaphs] verbrochen:

  1. H. Umbe R. Tu
  2. N. Docta Via
  3. Via uc H I
  4. Rege Suis Ter
  5. Vare N. Hiero
  6. Bene R. Z. Fide L.

Du mögest daraus die vorherrschende Stimmung der Kinder, denen es sehr gut hier behagt, entnehmen. In Edwins Herz hast Du Dich tief eingegraben. Du erinnerst Dich, dass an demselben Tage, an welchem Du uns verlassen hast, auch bald darauf, 9:30 Uhr, Mama nach Graz zu fahren sich vornahm. Sie führte den Entschluss auch aus; als wir nun um 13:38 Uhr sie in Stübing wieder vom Bahnhof abholen gingen, sagte Edwin, als er hörte, dass wir jetzt die Mama abholen werden, zu mir: „Bitte, lieber Papa, sei so gut, holen wir auch den Onkel Emil ab.“

Herr Jarosch befindet sich leidlich, das Exudat bedeutend kleiner, kein Fieber, er isst leichte Speisen, oft sehr schmerzhafte Peristaltik. Die Herren haben sich nun doch zu Deiner Anschauung bekehrt und hoffen auf eine Heilung der Peritonitis. Ob Letzteres gerechtfertigt ist??

Wenn Du nach Baden kommst, grüße alle herzlichst. Auguste und Dir die besten Grüße von uns allen, Dein

Alexander

Anmerkung Telegramm

Mit großem Leid teile ich den Tod des Professors Nikolaus Kowalewsky mit.

Saytzeff

[1891/1892] [?] [?], Graz

Hochgeehrter Herr Regierungsrat,

Ich habe mir erlaubt, heute bei Ihnen vorzusprechen, fand Sie aber leider nicht zu Hause. Ich komme mit einer tief ergebenen Bitte und hoffe, dass Sie, hochgeehrter Herr Regierungsrat, mir dieselbe nicht übelnehmen werden.

Ich erhielt heute eine Einladung von Suess zu einem Festessen für Donnerstag. Wahrscheinlich gibt die Akademie oder Suess den Anatomen ein Festessen. Es ist nun möglich, daß ich der Einladung nicht ausweichen werde können. Da erlaube ich mir nun, Sie, hochgeehrter Herr Regierungsrat, vielmals und inständigst zu bitten, daß Sie bei der Donnerstag stattfindenden Matrikelverteilung für mich intervenieren wollten.

Ich hoffe, daß Sie, hochgeehrter Herr Regierungsrat, meine Bitte nicht einer Unbescheidenheit von mir zurechnen, aber die Verhältnisse sind so, daß ich keinen Ausweg weiß.

Genehmigen Sie, hochgeehrter Herr Regierungsrat, den Ausdruck meiner besonderen Hochachtung, womit ich verbleibe als Ihr dankbar ergebener

Holl

Anmerkung Zur Datierung: Rollett führte von den Titel eines Regierungsrates ab Jahresbeginn1882 bis zur Verleihung des Hofratstitel unter dem 30. 12. 1893. Holl agiert hier als Dekan des Studienjahres 1891/92, welches Amt er im September 1891 zu übernehmen hatte.

Lieber Bruder!

Durch die am 3. d[es] M[onats] publizierte Ernennung Exners für eine der beiden system[isierten] Lehrkanzeln der Physiologie in Wien war ich, obwohl man so etwas vermuten musste, doch in hohem Grade verstimmt. Denn man konnte doch auch annehmen, dass die Entscheidung für beide Kanzeln zugleich erfolgen würde. Das ist nicht geschehen und nun wird das ganze Gekläffe wegen der zweiten Kanzel wieder angehen, ein viertes Folterjahr steht bevor. In der Nacht von Sonntag auf Montag war ich sehr affiziert und schlaflos.

Das war mir sehr unangenehm, denn ich war von unserem Psychiater, Prof. Wagner, schon seit langem aufgefordert worden, an der Wanderversammlung des Wiener Vereines der Psychiater und forensischen Psychologen, die unter dem Vorsitze von Meynert und Ganster am 5. und 6. Oktober hier abgehalten wurde, teilzunehmen.

Es kostete mir [sic] viel Überwindung, aber ich sagte mir, ein Mann muss den Widerwärtigkeiten des Lebens gewachsen sein, und hing meinem verstörten Inneren ein freundliches Äußeres um, und ging hin.

Montag, den 5., war Vormittag um 10:00 Uhr Vortrag Meynerts „Naturexperimente am Gehirn“ und Vortrag Wagners „Über die körperlichen Grundlagen akuter Psychosen“. Beide Vorträge sehr interessant. Um 13:00 Uhr war Banquette im Hotel Daniel. Als ich eintrat, kamen mir sofort Wagner und Schlangenhausen (unser Irrenhausdirektor) entgegen, die hiesigen Geschäftsführer, und sagten mir, dass Meynert, als er gehört habe, dass ich bei seinem Vortrage war, den lebhaftesten Wunsch ausgesprochen habe, mich zu sehen und dass sie mir darum den Platz neben Meynert reserviert hätten. Neben Meynert saßen Fritsch und Obersteiner. Auch Krafft-Ebing war anwesend, aber der saß weit weg. Ich begrüßte Meynert, wie er mich, aufs herzlichste und während des Dinners ging die Unterhaltung nicht aus.

Hauptgegenstand war Italien, woher Meynert gerade kommt, dann meine Bemerkungen über seinen Vortrag und endlich kam die Rede auf Dich.

Er sagte, dass er nicht verstehen konnte, warum Du Deine Dozentur niedergelegt hättest. Man wäre ja gezwungen gewesen, Dir, da Du so tiefe klinische Bildung besitzest, den Professortitel zu geben.

Ich sagte ihm darauf: Ja, sehen Sie, da hat sich die Fakultät doch etwas verspätet. Mein Bruder war anfangs auf der Polyklinik, da trat er aus, später hätte er freilich das Material seines Spitales benützen können, allein, da geht wegen der großen Entfernung kein Zuhörerzug hin und so hat er denn, weil seine Dozentur nicht auszuüben war, dieselbe niedergelegt, aber zu einer Zeit, in welcher das Kolleg[ium] lange, lange Gelegenheit gehabt hätte, ihn zum Prof[essor] Extraord[inarius] vorzuschlagen, wenn es eben gewollt hätte.

Als das Mahl aufgehoben wurde, lud ich Meynert noch zum Besuche meines Institutes ein, und zwar für heute 8:00 Uhr morgens, da ja um 10:00 Uhr schon die 2. Versammlung der Psychiater, und zwar im Irrenhause am Feldhof, abgehalten werden sollte. Meynert kam. Ich ließ gestern noch einiges herrichten und demonstrierte ihm mittels des Projektionsapparates Hirnschnitte, subjektive Farben, Pulskurven. Die Lichtanlage samt allen Maschinen für Bogen- und Glühlampe und zahlreiche andere Apparate und Versuche. Er konnte sich nicht trennen und wiederholte immer und immer wieder, ja, wenn wir nur in Wien auch einmal ein physiol[ogisches] Institut hätten.

Um 10:00 Uhr musste ich ihn förmlich fort zum Wagen jagen, damit er noch zu der Versammlung komme. Schon während der Besichtigung des Institutes spann sich, was ich ja wollte, ein Gespräch über die Wiener Verhältnisse an.

Meynert sagte, nun endlich ist ja doch Exner ernannt worden, ja, Exner ist auch ein sehr guter Physiologe. Aber haben Sie bemerkt, diesen Schwindel: das Ministerium fingiert eine zweite Lehrkanzel, was soll das heißen, dass ist ja doch ebenso rätselhaft, wie die lange, lange Hinausschiebung der Ernennung Exners, während welcher man nichts, gar nichts erfahren konnte, wie die Angelegenheit steht. Und weiter sagte Meynert: Die haben vielleicht sich mit Hering wegen der zweiten Lehrkanzel auseinandergesetzt und mit ihm ein geheimes Abkommen getroffen. Ich entgegnete ihm: Nein, das halte ich nicht für wahrscheinlich! Ich denke mir vielmehr, dass jetzt an das Wiener Kollegium die Aufforderung ergehen wird, für die zweite Lehrkanzel einen Besetzungsvorschlag zu machen.

Meynert sagte darauf, nein! Nein! Wenn da nicht irgendein geheimes Abkommen getroffen ist, dann ist diese zweite Lehrkanzel der reinste Schwindel.

Aber, Herr Kollege, sagen Sie mir, wenn so ein Auftrag an die Fakultät käme, gingen Sie denn aus diesem Palaste, welchen ich soeben gesehen habe, nach einem Nichts. Denn in Wien finden Sie nichts! Gar nichts! Und wenn Sie sich auf Versprechungen hin entschließen würden, nach Wien zu kommen, Sie würden die Einrichtung eines neuen Institutes nicht erleben. Ich sage, ihren Schwindel treibt das Ministerium mit dieser 2. Lehrkanzel. [sic]

Ich sagte ihm nun ganz offen das Folgende: Nun wissen Sie, wenn die Besetzungsfrage doch auf die Tagesordnung käme, dann würde ich geradeso wie über die Besetzungsvorschläge, welche das Wiener Kollegium vor einem Jahre gemacht hat, empört sein, wenn man mich nicht fragen würde, ob ich nach Wien gehen will. Begreifen Sie nicht, dass darin eine Kränkung für mich liegt, wenn man, ohne mich zu fragen, mich verurteilt, in Graz zu bleiben, was ja nach österreichischen Begriffen die entschiedenste Zurücksetzung ist.

Ja! Ja! sagte nun Meynert, ich glaube auch, dass Exner und wir alle froh hätten sein müssen, wenn Exner nach Prag oder nach Graz gekommen wäre, für ihn wäre das ja ein großer Fortschritt gewesen. Aber sehen Sie! Brücke hat sich ganz leidenschaftlich gegen Hering gewehrt und Billroth hat dann den unglaublichen Vorschlag für Exner gebracht. Das war eine abgekartete Sache. Sie wurden besprochen und erwähnt, aber Brückes leidenschaftliches Vorgehen gegen Hering und Billroths leidenschaftliches Vorgehen für Exner brachte Verwirrung in die Reihen und so kam es zu jenem Vorschlage, der ja hinterher von uns allen als ein ganz verfehlter angesehen wurde, ob wir uns nun für Exner entschieden hätten oder nicht. –

Also das ist jetzt doch ganz klar, Billroth und Brücke sind zwei höchst ordinäre Lumpen!

Weiter sprach Meynert noch davon, dass im Wiener Kollegium so ein Zug herrsche, immer die Kollegen nachzuziehen, mit welchen jetzige Wiener früher an anderen Universitäten wirkten, so arbeite Toldt für Hering.

Ich sagte: Ja! Ja! Für Hering mag das der Fall sein, aber für mich sicher nicht. Was Zuckerkandl getan habe, weiß ich nicht. Meynert meinte, der hat ja noch nicht mitgestimmt und als ich das widerlegte, meinte er, an Zuckerkandl erinnere er sich nicht.

Darauf setzte ich das Gespräch fort und sagte zu Meynert: Und sehen Sie, Ebner war, wie mir Holl erst vor einigen Tagen über Mitteilung Kundrats berichtete, gegen mich. Kundrat erzählte das Holl mit den Worten: Ebner hat sich gegen Rollett, dem er doch alles verdankt, wirklich höchst gemein benommen.

Sehen Sie, sagte ich zu Meynert, dem füge ich hinzu, dass ich für Ebners Verhalten nur die Bezeichnung moral insanity habe, denn Ebner habe ich aus unbestimmtem naturwissenschaftlichem Drange heraus auf die Bahn zielbewussten Forschens geführt, als ich ihn zu meinem Assistenten machte; ich habe ihn zum Prof[essor] Extraordinarius und Ordinarius vorgeschlagen, ich habe ihn zum korrespondierenden Mitglied der Akademie vorgeschlagen und über meinen Vorschlag erhielt er den Lieben-Preis von der Akademie. Begreifen Sie! Dass man ein gut konstruiertes Hirn und Gemüt haben muss, um solche Erfahrungen zu ertragen! Und nun noch Krafft-Ebing: Haben Sie bemerkt, wie mir der heute scheu ausgewichen ist, weil er ein schlechtes Gewissen hat. Der war sicher nicht für mich, weil er weiß, dass ich ihn durchschaue. Der ist mehr Schwindler als Gelehrter. Er versteht von der Psychiatrie, welche Sie, Herr Hofrat Meynert treiben, nicht die Spur und dass ich das von Graz her weiß und ihn durchschaue, das weiß Krafft-Ebing und darum will er trotzdem, dass wir in Graz ganz gut miteinander standen, mich doch nicht wieder an seine Seite in Wien kriegen.

Nun kam die Rede noch auf Brücke. Meynert sagte zuerst: Sie wissen, wie hoch ich Brücke als Gelehrten achte, aber in letzterer Zeit war er doch schon unzurechnungsfähig, namentlich wegen seines Anstemmens gegen alle, selbst die besten Neuerungen; darum ließ er auch das Institut ganz verkommen und veralten. Ich ließ Meynert reden und sagte ihm dann nur: Mir sei Brückes Verhalten in der Besetzungsfrage ganz und gar rätselhaft, umso mehr als er (Brücke) mir ein Jahr zuvor ganz unaufgefordert sagte: Sie werden begreifen, dass ich mich gegen den Neubau des Institutes gewehrt habe, ich gehe ja bald und das will ich ganz Ihnen und Hering überlassen. Er (Meynert) war darüber höchst erstaunt.

Noch habe ich Dir zu sagen, dass Meynert am Schlusse des Gespräches mir wiederholt immer und immer wieder dankte für die halbe Stunde der Orientierung, die ich ihm gewidmet habe. Er sagte nur noch: Sein Einfluss im Kollegium sei ein geringer, er hätte einen schweren Stand, weil, wenn er das Wort ergreife, immer zu leidenschaftlich wäre. Er wüsste aber genug Leute, denen die Mitteilungen, welche ich ihm machte, im höchsten Grade überraschend sein werden.

Noch fragte er mich, wie alt ich sei. Ich sagte 57 Jahre und meinte zugleich: Sehen Sie, war es nicht von Brücke, der seine Stelle bis zum 71. Jahre ausnutzte, nicht eine Infamie, mich zu loben, aber hinzuzusetzen, er müsse doch Exner voranstellen, weil er eine jüngere Kraft für passender halte.

So lange man so ungebrochen fortarbeite, wie ich es, ohne unbescheiden zu sein, von mir behaupten kann, ist man, wenn man noch nach dem Gesetze 13 Jahre der Wirksamkeit vor sich habe, nicht alt. Müsste man mit Recht Leute mit 57 Jahren schon für alt erklären, dann wäre das Gesetz lächerlich, welches das erst mit 70 Jahren tut. Auch das leuchtete Meynert, der 58 Jahre alt ist, sehr ein.

Schließlich kam er aber immer wieder auf die Idee zurück, dass die 2. Lehrkanzel ein zu weiß Gott welchem geheimnisvollen Zwecke erfundener Schwindel von Gautsch sei.

Es ist nun gar nicht wahrscheinlich, dass Du in eine Gelegenheit kommst, wo Du an hoher oder einflussreicher Stelle der letzteren Idee Ausdruck verleihen könntest. Aber denkbar wäre ein solcher Zufall doch und da[her] habe ich diesen Brief so ausführlich abgefasst.

Meine schließliche Überzeugung ist und bleibt, dass ein himmelschreiendes Unrecht und ein ärgeres Bubenstück selten geschehen ist als diese Exnerei und alles was drum und dran hängt, und nach der Unterredung mit Meynert glaube ich das noch mehr als zuvor. Fasst mich die Sache auch manchmal sehr böse an, im Ganzen bin ich doch stark, um alles Leid zu tragen, ich fühle aber deutlich, wie Leute von minder guter Konstitution durch die elenden Menschen, die auf der Welt existieren, aus dem Geleise gebracht werden können.

Meinen Kindern werde ich aber auch einmal sagen können, lernt zu leiden, ohne euch zu verlieren und ohne zu verzagen.

Es geht uns allen gut, Rosa und die Kinder grüßen und küssen mit mir Dich und alle herzlichst, Dein

Alexander

Lieber Bruder!

Ich danke Dir bestens für Dein ausführliches Schreiben. Auch ich war von der einseitigen Ernennung Exners auf das peinlichste berührt und dachte mir gleich, dass Dir die Sache viel Kummer und eine schlaflose Nacht verursachen wird. Wenn auch die Errichtung einer zweiten physiologischen Lehrkanzel keine reine Utopie ist, da dieselbe ja im Unterrichtsbudget vorgesehen und im Reichsrat bewilligt wurde, ein Schwindel, wie Meynert sich ausdrückte und wie sich nun herausstellt, ist doch dabei. Der schlaue Brücke und Billroth konnten Deine und Herings Ansprüche auf den Wiener Posten nicht totmachen. So wollten und mussten sie dieselben anerkennen und sagten, dass diese Ansprüche durch die Errichtung einer zweiten ohnehin notwendigen physiologischen Lehrkanzel zu befriedigen seien. Deren Errichtung sie sich aber heimlich und schlau ad calendas graecas verschoben dachten, um inzwischen ruhig und sicher Exner an Brückes Stelle zu bringen.

Das Professorenkollegium ging gern, der Minister Gautsch wahrscheinlich unbewusst auf den Leim, da sich ein neues physiologisches Institut eben nicht im Handumdrehen herstellen lässt, so war hinlänglich Zeit gewonnen, um das anfangs ganz harmlose Provisorium Exners in ein Definitivum verwandeln zu können. So stelle ich mir die Sache vor.

Leider steht man der vollendeten Tatsache machtlos gegenüber und Du tust nur recht, Dich vorläufig mit aller Manneskraft und Weisheit in das Schicksal zu fügen. Es ist das Los gar vieler Menschen, dass sie viel zu dulden und zu leiden haben. Da in Deinem Gespräche auch von meiner Person die Rede war, so darf ich wohl beifügen, dass ich von Kränkungen, Ungerechtigkeiten und Zurücksetzungen gleichfalls ein volles Maß erfahren und von mancherlei Schicksals[schlägen] und Widerwärtigkeiten auch viel zu leiden hatte, trotzdem ich der eigentlichen Existenzsorgen, die ja anfangs auch ihren Teil hatten, enthoben war. Ich war oft schon so nervös und schlaflos, dass mir um mein bisschen Verstand bange wurde. Ich kam mir schließlich vor wie ein havariertes Schiff, das, wenn es in Wetternot und Kampf nicht zugrunde gehen soll, einen Hafen suchen muss, so lange es noch einen klugen und verständigen Befehlshaber besitzt. So legte ich meine Dozentur nieder und versuche nun, ein nichtakademisches Leben zu führen, wobei es mir Gott sei Dank viel besser geht.

Gestern waren wir alle recht vergnügt in Baden zur Nachfeier von Mutters Geburtstag. Wir tranken auch auf Euer Wohl. Ich bedaure, dass ich aus Deinem letzten Briefe nichts weiter über Euren erkrankten Lehrer erfahren habe.

Mit vielen herzlichen Küssen und Grüßen an Dich, Rosa und die Kinder, Dein

Emil

Lieber Bruder!

Ich schreibe Dir wieder in sehr melancholischer Stimmung. Bei Schauenstein, der, wie Du weißt, seit Jahren an Magenkrämpfen, Koliken und Darmneuralgien litt, wurde am 12. d[es] M[onats] ein faustgroßes Neugebilde im Rectum konstatiert, am 14. wurde er von Wölfler nach Kraske operiert, heute Vormittag ist er gestorben. Blodig, Helly, Schauenstein in einem Jahre, das ist doch zu viel. Ich bin der Letzte von der alten Fakultät noch übrig. Wer hätte gedacht, dass das im Jahre 1863 ernannte Kollegium ein solches Ende nimmt. Im Pensionszustande lebt nur noch einer, Rzehaczek, der merkwürdigerweise bei der Konstituierung unser Senior war. Jetzt bin ich, damals der Jüngste, überraschend schnell der Senior des Kollegiums geworden. Was kommt alles, um einem die paar heiteren Lebensstunden, die man haben sollte, zu umdüstern.

Ich danke Dir für Deinen letzten Brief.

Herr Jarosch, unser Lehrer, kommt langsam in seiner Rekonvaleszenz vorwärts. Er isst schon ziemlich viel, das Exudat ist resorbiert. Gestern machte er den ersten Versuch aufzustehen, er wurde dabei schwach und musste bald wieder zu Bette gebracht werden. Heute befindet er sich wieder wohl, nichts spricht dafür, dass die Rekonvaleszenz, wenn auch nur langsam fortschreitend, nicht weiter gehen wird.

Vielleicht komme ich nächstens auf der Durchreise nach Berlin nach Wien. Es ist diese Möglichkeit noch eine sehr embryonische, aber von mehreren Seiten wurde ich schon gefragt, ob ich nicht bei der in Berlin am 2. Nov[ember] stattfindenden Helmholtz-Feier unsere Universität vertreten wollte. Schicken sie mich wirklich, dann nehme ich an, aber noch nichts darüber reden, es ist wie gesagt die Geschichte noch ganz unsicher.

Mit vielen Grüßen an Dich und alle, Dein

Alexander

[1891] [n.X] [?], [Graz]

Lieber Professor Rollett!

Wenn es Ihre Zeit erlaubt, so bitte ich Sie, mir zwischen 9 und 10 Uhr das Vergnügen eines Besuches zu schenken. Mit herzl[ichen] Grüßen

Toni Schauenstein

Anmerkung Zur Datierung: Dieser Brief ist wohl nach Schauensteins Tod am 16. 10. 1891 geschrieben worden.

Sehr geehrter Herr Professor,

wollen Sie mir freundlichst gestatten, mich an Sie mit einer Bitte zu wenden. Sie haben vor Jahren einmal Carminsäure und Carminrot empfohlen. Nun sind mir die betreffenden Arbeiten nicht nur nicht zugänglich, sondern ich weiß nicht einmal, wo sie erschienen sind. Können Sie mir daher – wenn auch nur leihweise auf einige Tage – Separata davon übersenden, so würden Sie mich ungemein verpflichten. Ich bin dabei, die Carminsäure von neuem in die histologische Technik einzuführen, und würde es als eine große Lücke betrachten, wenn ich dabei des ersten meiner Vorgänger nicht eingehend gedenken könnte.

Sie werden von damals her wohl kaum noch die genannten Reagenzien haben; sollte dies aber doch der Fall sein, so wäre ich Ihnen für gütige Mitteilung über deren Beschaffenheit sehr verbunden. Vielleicht hat es nämlich nur an der Qualität derselben, speziell der Carminsäure, gelegen, dass man sie nicht weiter verwandt hat; ich wenigstens erhielt 1883 von Trommsdorff als Carminsäure eine Säure in Form eines braunen Extraktes und konnte nichts damit erzielen, während ich jetzt von Merck ein vorzügliches Präparat bekommen habe.

Das beifolgende Separatum über Hämatoxylin möchte ich Sie bitten, freundlich aufzunehmen. Ihr ganz ergebener

Dr. Paul Mayer[Ovalsiegel] Stazione Zoologica Napoli

Hoch geehrter Herr Professor!

Indem ich gleichzeitig Norris’ Buch über das Blut zurückschicke, bitte ich Herrn Professor, meinen besten Dank für die freundliche Überlassung desselben entgegenzunehmen!

Ich bin gegenwärtig noch in München, wo ich im medizinisch-klinischen Institut Ziemssens arbeite; wahrscheinlich werde ich noch bis anfangs Jänner 1892 hier bleiben. Dann werde ich wieder als Volontär auf die Nothnagelsche Klinik zurückgehen.

Eine Arbeit über einen Fall von Leukämie, den mir Herr Hofrat Nothnagel zur Publikation überwiesen hat, habe ich größtenteils vollendet. Eingehend behandle ich die Markzellen Cornils. Löwit hat einem Münchener Arzt, der Löwit besuchte, die Meinung ausgesprochen, dass ich „in die Markzellen bös hereingefallen sei“. Er hat ihm auch gesagt, dass er seine Arbeiten über Leukämie wieder aufnehmen werde, natürlich gegen mich. Löwit hat nämlich die Ansicht ausgesprochen, dass die Vermehrung der Leukozyten im leukämischen Blut auf einem gehinderten Zerfall der Leukozyten beruhe, während ich, wie fast alle früheren Untersucher, die Vermehrung auf eine gesteigerte Einfuhr beziehe. Löwit hält die großen Zellen, die ich, wie z. B. Mosler, E. Neumann, mit den Knochenmarkzellen identisch halte, für im Blut unter dem Einfluss des Plasmas gequollene und hypatrophische Blutzellen. Dass sie schon normal im Knochenmark vorkommen, scheint er abzuleugnen.

Ich arbeite gegenwärtig auch an einer Methode der Blutuntersuchung, die sich sehr bewährt und prachtvolle Präparate gibt. Ich mache Trockenpräparate wie früher, gebe sie aber sofort, also noch frisch und uneingetrocknet, in Hermannsches Gemisch, in welchem sie 10 Tage bis 2 Monate bleiben. Dann Behandlung mit Holzessig, Safranium, Gentiana, Orange G. Die Präparate sehen wie Schnitte aus. Die Kernstrukturen, Mitosen, Granulationen sind wunderbar fixiert. An so behandelten Präparaten leukämischen Blutes und Knochenmarks sind die Markzellen und ihre Mitosen augenfällig.

Erlauben, Herr Professor, dass ich mich gleichzeitig um das Schicksal meiner Arbeit über das Verhalten des Kerns bei der Mitose erkundige. Wahrscheinlich im nächsten oder folgenden Heft des Archives für exper[imentelle] Pathologie und Pharmakologie wird eine Arbeit von mir über Mitose an eosinophilen Zellen erscheinen.

Indem ich Herrn Professor nochmals für das Buch bestens danke und mich dem ferneren Wohlwollen Herrn Professors bestens empfehle, zeichne ich als Herrn Professor ergebenster

Dr. H. F. Müller

Euer Hochwohlgeboren, hochgeehrter Herr Regierungsrat!

Gestatten Sie, dass ich aus Anlass meiner Ernennung für Graz Ihnen, hochgeehrter Herr Regierungsrat, hiermit meinen innigsten und ergebensten Dank ausdrücke. Der Schutz, welchen Sie meiner Kandidatur angedeihen ließen, hat nicht nur meine Sache günstig entschieden; es muss auch die freundliche Gesinnung einer wissenschaftlich so hervorragenden Persönlichkeit mir den neuen Pflichten gegenüber Mut verleihen.

Mit vorzüglicher Hochachtung und aufrichtiger Verehrung Ihr ganz ergebener und dankschuldiger

Borysiekiewicz

Hoch geehrter Herr Professor!

Heute habe ich die Separat-Abdrücke erhalten. Nehmen Herr Professor nochmals meinen tiefsten Dank entgegen für die große Mühe und Freundlichkeit, mit welcher Herr Professor diese Arbeit durchgesehen und umgearbeitet haben! Ferner für die große Freundlichkeit, die Korrekturbögen selbst besorgt zu haben. Herr Professor können meiner tiefsten Dankbarkeit für die vielen Wohltaten, die ich von Ihnen empfangen habe, versichert sein!

Gleichzeitig möchte ich Herrn Professor bitten, mir durch einige Zeilen mitzuteilen, ob Herr Professor schon im Besitz eines Separat-Abdruckes sind. Wenn nicht, würde ich sofort Herrn Professor und Herrn Dr. Zoth welche schicken. Den Norris und einen Separat-Abdruck über die Mitose eosinophiler Zellen, welche beide ich an Herrn Professor, wie einen Separat-Abdruck der eosinophilen Zellen für Herrn Doktor Zoth, diese Woche nach Graz geschickt habe, dürften Herr Professor erhalten haben?

Indem ich nochmals bestens danke und mich dem weiteren Wohlwollen bestens empfehle, bleibe ich Herrn Professor dankbarer Schüler

Dr. Hermann F. Müller
Findlingstraße 10/0

1891 X 24, Kirchbach

Euer Hochwohlgeboren!
Geehrter Herr Professor!

Ich bin mit dem Termin, an dem eine Sitzung der Ärztekammer stattfinden soll, vollkommen einverstanden. Besonders angenehm ist es, dass der Beginn der Sitzung erst um 17:30 Uhr angesetzt ist.

Hochachtungsvollst ergebenst

Dr. A. Pinter

Hochgeehrter Herr Regierungsrat!

Ein unerbittliches Geschick hat unvermutet rasch meinen langjährigen Lehrer und Freund Schauenstein dahingerafft. Dadurch ist eine für mich und meine ganze Zukunft wichtige, ja geradezu entscheidende, Tatsache geschaffen worden: die Lehrkanzel der gerichtlichen Medizin, die wohl in Hinkunft von jener der Hygiene ganz getrennt werden dürfte, ist in Graz erledigt. Das Ministerium dürfte einigen Wert darauf legen, dass die Neubesetzung nicht allzuweit hinausgeschoben wird, und so wird ja bald das Kollegium sich mit dieser Frage zu beschäftigen haben.

In Hinblick darauf werden Sie, hochgeehrter Herr Kollege, es wohl nicht für eine Verletzung der dem Toten schuldigen Pietät betrachten, wenn ich heute schon die Bitte an Sie richte, bei der Besetzungsfrage gütigst für mich eintreten zu wollen. Ich hatte leider in etwas zu sanguinischer Auffassung akademischer Verhältnisse gelegentlich der Prager Apertur so gut wie nichts für mich getan, im Vertrauen auf die selbst siegende Kraft einer meiner Überzeugung nach gerechten Sache. Für meinen Mitbewerber Paltauf war aber noch das schwere Gewicht von etwa einem halben Dutzend Wiener Hofräten in die Waagschale seiner Verdienste geworfen worden und so musste es kommen, dass er primo ich secundo loco genannt wurde, nachdem ein Antrag Hupperts, der von Chiari, Hering und Knoll unterstützt war, auf ex aequo in der Minderheit geblieben war. Wieweit die jetzt bereits ratifizierte Abmachung zwischen Maschka und Hofmann, kraft welcher der Assistent des ersteren Dr. Diettrich an Paltaufs Stelle treten sollte (er ist auch bereits in Wien), wenn Paltauf nach Prag käme, will ich ununtersucht lassen. Ich bemerke nebenbei, dass ich Prag allerdings unter allen Umständen abgelehnt hätte, da ich meiner Frau und Kinder willen, die mit innigster Liebe an Graz hängen, immer schon Graz als künftiges Ziel ins Auge gefasst hatte.

Nun das Schicksal, früher als ich geglaubt und erwartet, einen Machtspruch getan hat, ist es Pflicht der Selbsterhaltung, wenn ich frühzeitig an eine kräftige Vertretung meiner, wie ich glaube berechtigten, Ansprüche denke. Es wäre ja nicht unmöglich, dass der Versuch gemacht würde (ja vielleicht sind schon heute in dieser Richtung Schritte geschehen), Herrn Diettrich, der noch nicht einmal für Gerichtsmedizin habilitiert ist, mit Hintansetzung meiner Person nach Graz zu bringen.

Im vollen Vertrauen auf Ihre mir so oft bewiesene freundliche Gesinnung, auf Ihren gerechten Sinn und Ihre Objektivität tue ich die heutige Bitte und ersuche Sie, sich meiner Sache anzunehmen. Über mein Wirken an unserer Universität können am besten meine Kollegen Auskunft geben. Ich darf wohl verlangen, dass man sich hievon unterrichte. Am Kompetentesten ist gewiss der dem Fache zunächst stehende Fachmann Prof. Pommer. Aber auch Löwit und Libisch, die im gleichen Hause untergebracht sind, sowie jeder andere: von Vintschgau, Roux, Nicoladoni sollen sagen, was sie von meiner akademischen Tätigkeit halten. Sie sollen Zeugnis geben, wie ich die vor mir seit 12 Jahren verwaiste Lehrkanzel neu organisiert und regeneriert habe. Auch in Graz wird ein vielleicht nicht ganz leichtes Organisationswerk zu vollbringen sein. Was meine wissenschaftliche Tätigkeit anbelangt, so glaube ich, mich auch unter schwierigen äußeren Verhältnissen möglichst bemüht zu haben und weiß mich der Anerkennung der Fachgenossen sicher. Selbst von Hofmann hat mir schon vor vier Jahren für Innsbruck das beste Zeugnis ausgestellt; er würde mir ein solches heute umso weniger zu versagen imstande sein.

Mit besten Empfehlungen von Haus zu Haus bin ich Ihr allzeit dankbar ergebener alter Schüler

Kratter

Hochgeehrter Herr Collega

Nach Rücksprache mit den Herrn Kollegen Prof. Dr. von Ettingshausen, Heinrich und Franz Streintz, Klemencic und Czermak mache ich von Ihrer freundlichen Zusage Gebrauch und bitte Sie im Namen sämtlicher Grazer Physiker, dem Jubilar Herrn von Helmholtz bei der Feier am 2. November unsere herzlichen Glückswünsche auszudrücken.

Ihr ergebener Collega

Pfaundler

Lieber Bruder!

Was Du in den letzten Tagen an Aufregungen und Kämpfen an dem Krankenbette der Erzh[erzogin] durchgemacht haben wirst und wie sehr Du noch immer in Anspruch genommen sein wirst, kann ich mir denken. Haben doch ich und Rosa Deinetwegen ein paar Nächte nicht schlafen können.

Lass Dich also durch diese Zeilen in keiner Weise genieren.

Ich teile Dir nur mit, dass ich Samstag, den 31. Oktober, mit dem Kurierzug von hier nach Wien reise, wo ich um 9:30 Uhr eintreffen werde. In Wien bleibe ich bis Abend, um mit dem 22:14 Uhr-Zug der Nordwestbahn nach Berlin zu reisen, wo ich Sonntag um 13:34 Uhr eintreffen muss.

Du siehst, dass das Wort Tat geworden ist. Ich gehe als Abgesandter der Fakultät, auf deren Kosten und noch überdies mit dem Mandate aller in Graz lebenden Physiker der philosophischen Fakultät und technischen Hochschule nach Berlin, um Herrn von Helmholtz zu gratulieren.

Hoffentlich bist Du, wenn ich zurückkehre, schon mehr aus der Sorge und wir können dann uns für die dermalige Missgunst der Verhältnisse schadlos halten. Für dieses Mal bitte ich nur, dass ich bei Dir ablegen darf.

Mit vielen Grüßen von mir und allen, Dein

Alexander

Sehr geehrter Herr Kollege!

Herr Professor A. Kundt, Neue Wilhelmstraße 16, Leiter des Komitees der Helmholtzfeier, hat auf Grund Ihres Briefes Ihre Anmeldung als Deputierter der medizinischen Fakultät der Universität und der Physiker der philosophischen Fakultät der Universität und der technischen Hochschule zu Graz, persönlich entgegengenommen. Zur Orientierung über die Einteilung des Vormittags lässt er Ihnen beiliegende Übersicht überreichen. Am Abend um 18:00 Uhr findet das Festessen im Hotel Kaiserhof statt, wozu Anmeldungen bei der Direktion dieses Hotels entgegengenommen werden.

Sie persönlich auf dem Bahnhof oder bei Ihrer Ankunft im Hotel zu begrüßen, bin ich leider verhindert. Sollten Sie für den Sonntagabend nichts Anderes vorhaben, so würden Sie meine Frau und mich sehr erfreuen, wenn Sie bei uns ein einfaches Abendessen einnehmen wollten. Tigerstedt hat mir sein Erscheinen zugesagt und vielleicht werden Sie auch Exner und seine Frau treffen. Im Falle der Verhinderung zu uns zu kommen, würde ich Sie bitten, mir durch einen Dienstmann Nachricht zukommen zu lassen.

In der Hoffnung, Sie schon morgen, Sonntag, zu sehen, hochachtungsvoll Ihr sehr ergebener

J. Gad
Berlin, Grossbeerenstraße 67

Verehrter Herr Kollege!

Nachdem ich Sie gestern Nacht verlassen hatte mit dem Versprechen, Ihnen den Ort der heutigen abendlichen Zusammenkunft anzugeben, wurde ich daran erinnert, dass wir uns ja heute bei Helmholtz träfen, in dessen Haus alle Abgesandten und viele Hiesige für heute Abend eingeladen sind.

Ich darf wohl also auf die Freude rechnen, Sie heute Abend im Jubelhause zu sehen.

Mit hochachtungsvollen Grüßen Ihr sehr ergebener

H[ugo] Kronecker Berlin, W. Bellevue-Straße 13

Lieber Bruder!

Ich bin wohlbehalten in Graz angekommen und fand auch zu Hause alle wohl. Ich danke Dir und Auguste für alles Liebe und Gute, was Ihr mir erwiesen habt. Eine große Sorge für mich ist, dass Du jetzt so angestrengt bist, und ich bitte Dich sehr, nur ja sobald als möglich den harten Dienst bei der Erzherzogin etwas zu restringieren.

Namentlich, wenn Du katarrhalisch bist, solltest Du Dich recht schonen, eingedenk des Spruches: „Undank ist der Welt Lohn“ sollte man immer an der Devise festhalten: „Jeder ist sich selbst der Nächste.“

Mit vielen herzlichen Grüßen an Dich, Gusti und alle Schurz von mir, Mama und den Kindern, Dein

Alexander

Hochgeehrter Herr Professor

Auf meine Anfrage in Homburg erhalte ich Bescheid (den ich mir erlaube beizulegen), dass Herr Dr. Steeg verschiedene Tröge mit Rauchgläsern für Sie angefertigt hat. Vielleicht haben Sie die Güte, mir mitzuteilen, welche Dimensionen des Troges und welche Schattierung des Rauchglases Sie als die besten ausprobiert haben. Sie dürfen dafür unseres lebhaften Dankes versichert sein, indem Sie helfen würden, den nervus rerum des Instituts, welcher gegen Ende des Jahres stets geschwächt ist, vor unnötigen Erregungen zu bewahren.

Ihrer freundlichen Auskunft entgegensehend und mit den besten Grüßen von Prof. Ludwig bin ich Ihr ergebener

M. v. Frey

Hochgeehrter Herr Kollege!

Ihre gütigen Zeilen vom 8. d[es] M[onats] beschämen mich, weil ich noch unter dem lebhaften Eindrucke des Bedauerns darüber stehe, dass ich Ihnen bei Ihrem Berliner Aufenthalte nicht mehr Zeit widmen konnte. Ich habe dabei allerdings am Meisten selbst verloren, denn abgesehen von mancher Belehrung, die ich aus eingehenderen wissenschaftlichen Gesprächen mit Ihnen hätte gewinnen können, habe ich auch nicht Gelegenheit gefunden, eine Angelegenheit mit Ihnen zu besprechen, über die ich schon seit einiger Zeit mit Herrn Zoth korrespondiert habe. Gestatten Sie also, bitte, dass ich sie Ihnen brieflich darlege.

Die Verleger Urban und Schwarzenberg in Wien wollen ein Reallexikon der medizinischen Propädeutik in das Leben rufen, welches eine Abzweigung der theoretischen Fächer aus der Eulenburgschen Real-Enzyklopädie darstellen soll. Kollege Eulenburg ist damit einverstanden und ich habe die Redaktion übernommen. Unter anderen hat sich Herr Zoth zur Mitarbeiterschaft bereit erklärt. Obgleich die Histologie erst in andere Hände gelegt ist, glaubte ich doch, die Bearbeitung aller den Bau des Muskels betreffenden Stichworte von Herrn Zoth als Ihrem Schüler und mit Ihren Lehren eingehend Vertrauten, erbitten zu sollen. Herr Zoth ging hierauf ein, fragte aber an, ob ich denn auch wüsste, ob Sie nicht etwa selbst dies Gebiet auch für das Real-Lexikon behandeln wollten, wie Sie es ja für die Real-Enzyklopädie getan haben. Letzteres war mir wohl bewusst gewesen, ich hatte aber in Anbetracht der mehr lexikalischen Form, welche das neue Werk erhalten soll und welche weniger Gelegenheit zu monographischer Behandlung bietet, dagegen die Verteilung des Stoffes auf mehr kleine Artikel unter Stichworten engerer Bedeutung verlangt, nicht gewagt, Sie um Beteiligung an der Arbeit zu bitten. Da ich Sie auch nicht persönlich kannte, nahm ich damals aus Zoths Bemerkung nicht Veranlassung, selbst an Sie zu schreiben, sondern ich bat ihn, Ihnen gelegentlich die Sache vorzutragen. Wenn Sie auch nicht geneigt sein sollten, Einzelartikel zu schreiben, so würden Sie vielleicht den Übersichtsartikel übernehmen und ihn mit der Behandlung der Stichworte engerer Bedeutung betrauen. Soviel ich weiß, hat Zoth hierüber noch nicht mit Ihnen gesprochen. Ich möchte Sie nun bitten, ihm gegenüber selbst die Initiative zu ergreifen und die Sache nach Ihrem Wunsche zu ordnen. Dass ich mich im Interesse des mir anvertrauten Werkes sehr freuen würde, von Ihnen einen Beitrag zu erhalten, brauche ich kaum noch zu versichern. Aus beiliegendem Blatt wollen Sie gütigst einige das geplante Werk betreffendeEinzelheiten entnehmen. Mit der Bitte, Herrn Zoth bestens zu grüßen, bin ich in vorzüglicher Hochachtung Ihr sehr ergebener

J. Gad

Hochverehrter Herr Kollege!

Mit dem Studium Ihrer klassischen Arbeit über die Kontraktion der Muskelfasern beschäftigt, empfinde ich von Neuem eine Schwierigkeit, deren ich auch bei der Lektüre Ihrer früheren Abhandlung nicht Herr geworden bin. Wie mir scheint es auch anderen ergangen zu sein. Ich weiß mir jedenfalls keinen anderen Rat, als mich direkt an Sie selbst mit der Bitte um freundliche Belehrung zu wenden, obschon ich Ihnen damit ein Zeitopfer auferlege, welches ich Ihnen nur ungern zumute.

Ich übersehe in Ihren Abhandlungen nicht, was Sie „Säulchen“ und was Sie „Fibrille“ nennen, trotz Ihres besonderen Abschnittes über beide Objekte. Gestatten Sie mir, mich an Beispiele Ihrer Zeichnungen zu halten.

Fig[ur] 6, Tafel II, der ersten Abhandlung (Muskelfaser von Carabus cancellatus) lege ich nach dem Texte so aus, dass dargestellt sind in der Längsansicht die Säulchen getrennt durch Glia-Streifen (oder Plasmastreifen).

In Fig[ur] 11 B, Tafel II, der zweiten Abhandlung ist ein Längsschnitt des Fliegenmuskels. Hier sind die Säulchen bezeichnet als die Abteilungen von GI und GII. Jedes Säulchen setzt sich aus einer Anzahl von Fibrillen zusammen.

Was aber hier Fibrille ist, erscheint in der vorigen Figur (6 auf Tafel II) als Säulchen. Ich würde nach meinen bisherigen Anschauungen die gegliederten Längsgebilde dieser Figur für Fibrillen halten; allein wo bleiben dann in der Faser von Carabus die Columellae?

Ich finde hier keinen Ausweg; verzeihen Sie meine Torheit. Die Sache wäre klar, wenn man die Abteilungen GI und GII nicht für Säulchen entsprechend den Cohnheimschen Feldern (deren Querschnitt in FigurII A abgebildet ist), sondern für eine Zusammenordnung höherer Ordnung halten dürfte. Was innerhalb der Abteilung G1 und G2 an gegliederten Längsgebilden erscheint, würden dann Säulchen sein. Die Fibrillen und namentlich ihre Zwischensubstanz sollen ja nach Ihrer Schilderung auf optischen Längsbildern nicht wahrnehmbar sein; das würde zu meiner Deutung der Längsgebilde in G1 und G2 als Columellae stimmen; dann können aber die Abteilungen GI und GII eben nicht die Säulchen selbst sein.

Vielleicht lächeln Sie über meine Verlegenheit; vielleicht habe ich in Ihren Abhandlungen irgendetwas übersehen – aber ich komme aus dem Zwiespalte nicht heraus. Bitte, erlösen Sie mich!

Mit bestem Gruß, hochachtungsvoll

R. Heidenhain

Mein verehrter Herr Kollege!

Mit freundlichem Danke für Ihre lieben Zeilen vom 8. d[es] M[onats] verbinde ich auch meinerseits den Ausdruck des Bedauerns, dass es mir nicht möglich war – wie ich es so gern gewollt hätte –, Sie zu mir einzuladen. Da der 2. November ganz durch die Feier in Anspruch genommen war und ich am 3. mit den anatomischen Staatsprüfungen zu beginnen hatte, die sich bis spät in den Abend hinziehen, so war es mir unmöglich, eine Zeit, in der ich Sie hätte bei uns sehen können, herauszufinden. Eines Besuches Ihrerseits bedurfte es dazu nicht, so gerne ich Sie auch in meinem Heim begrüßt hätte und stets begrüßen werde; wir kennen uns ja gut und lange genug, um von dem absehen zu können, wenn es sich einmal nicht fügen will. Ich denke nur immer: Schade, dass wir einander nicht näher wohnen!

Hoffentlich auf baldiges Wiedersehen unter günstigerem Stern! Ihr sehr ergebener

Waldeyer
Berlin W., Lutherstraße 35

1891 XI 19, [?]

Sehr geehrter Herr Professor

Seit nun einer Woche habe ich bei P[ro]f. [?] Jarisch[?] mit der Verabreichung größerer Dosen von Pucosat[?] in steigender Gabe begonnen u[nd] z[war] nach Dr. Rivellets Methode (in Zeitschrift der Therapie No 17 vom 1. September 1891) durch Klistiere in der Höchstdosis 4 Grm pro die. Diese Dosis kommt jener von Dr. Schmid der ärztlichen Rundschau gleich und ihre Wirkung per Mastdarm dürfte jener per os nicht nachstehen, da erfahrungsgemäß der Mastdarm für solche Medikamente sehr den Vorzug hat, weil er nicht minder resorptionsfähig als der Magen ist und andererseits wegen der unangenehmen Beschaffenheit des Medikamentes […] kein Hindernis bietet, während im Magen[…] gewöhnlich unerträgliches Aufstossen erzeugt. Anderseits dürften Kapsel mit einem täglichen Verbrauch von 4 Grm zu 80 Kreuzer viel zu hoch kommen. Mit […] Gention [?] und mit viel Wasser genommen, müßte es ein scheußliches[?] Einnehmen sein –

Für die freundliche Mitteilung meinen besten Dank.

Mit besonderer Hochachtung ergeben[…]

[NN]

Anmerkung [Dieser Brief dürfte von einem außerhalb der Universität stehenden und älteren Mediziner stammen, der Rollett nicht mit der bei Universitätsangehörigen üblichen Devotion schreibt. Die auf zwei Zeichen reduzierte Titulierung von Jarisch (soferne es sich wirklich um diesen handelt) kann als „Herrn“ oder „Professor“ gedeutet werden, die beiden Schreibunges in Rede stehenden Medikaments lassen unterschiedliche Lesungen zu (Pucosat, Criosat, Criosal). Zu allem Überfluss ist die Unterschrift unleserlich – es handelt sich um einen kurzen Namen, wobei unklar ist, ob die Unterschrift den Titel „Dr“ enthält oder nicht; denkbar wäre, dass es sich um den in der Steiermark nicht seltenen Namen „Uray“ handelt, dass „Dr. Uray“ zu lesen wäre.

Verehrtester Herr Kollege!

Vielen Dank für Ihre Belehrung. Ich sehe jetzt klar und verstehe, was mich verhindert hat, von vornherein klar zu sehen. In FigurII A und B (zweite Abhandlung) ist ein Kern mit K und das umgebende Protoplasma mit H bezeichnet. Dieser Gleichheit der Bezeichungen wegen habe ich angenommen, dass der Längsschnitt B durch das auf dem Querschnitte in A abgebildete Bündel geführt sei; dann aber müssten die Abteilungen G1 und G2 Schnitten entsprechen, welche die Cohnheimschen Felder des Querschnittes ungefähr in der Richtung ihres längsten Durchmessers treffen, also müssten die Abt[eilungen] G1 und G2 Längsschnitte durch die Columnaellae in der Richtung ihrer größten Breite sein. Nunmehr bin ich über meine unrichtige Annahme durch Sie aufgeklärt und danke Ihnen herzlichst dafür.

Dass Herr Kollege Klemensiewicz sich eifrig mit der Lymphe beschäftigt, freut mich sehr. Ich bin ganz darauf gefasst, von den Vertretern der streng mechanischen Auffassung, zu denen Kl[emensiewicz] gehört, zunächst Beanstandungen zu erfahren: Ist ja doch die mechanische Auffassung so sehr viel befriedigender als die meinige. Die Mechanik weiß, was Druck und Geschwindigkeit ist, ich aber weiß nicht, was Sekretion ist! Aber die von mir beobachteten Erscheinungen haben mich Schritt vor Schritt gewaltsam von dem mechanischen Boden verdrängt. Gelingt es, denselben wieder herzustellen, so soll es mich freuen; vorläufig aber habe ich meine sehr großen Zweifel.

Mit nochmaligem bestem Danke, hochachtungsvoll

R. Heidenhain

Hochgeehrter Herr Regierungsrat!

Herzlichsten Dank für die freundliche Antwort.

Birnbachers Sache steht gut. Im Komitee, dem außer mir Pommer, Kratter, Vintschgau und Nicoladoni angehören, hat B[irnbacher] die Majorität auf seiner Seite. Unter den übrigen Kollegen haben wir auch verlässliche Stimmen für B[irnbacher]. Im schlimmsten Falle kommt B[irnbacher] primo loco allein mit einer Stimme Majorität. Um ein einstimmiges Fakultätsvotum mit Sicherheit zu erzielen, wäre es höchst wünschenswert, wenn Sie, hochgeehrter Herr Kollege, an Löwit, das subcutane Zentrum der Opposition, einige Zeilen schreiben würden. Ich bin überzeugt, dass Ihr Brief einen vollen Erfolg hätte. In Wien ist für B[irnbacher] schon im Oktober gehörig vorgearbeitet worden und so hoffe ich, dass dieser ausgezeichnete Mann bald General werden wird.

Mit ausgezeichneter Hochachtung und aufrichtiger Verehrung Ihr danktreuer

Borysiekiewicz

Pommer lässt sich bestens empfehlen.

Sehr geehrter Herr Collega!

Verschiedene unaufschiebbare Berufsgeschäfte verhinderten mich, Ihnen früher zu schreiben.

Herr Professor Birnbacher ist mir schon von früher bekannt und hatte auch einmal das Vergnügen, mit ihm zu sprechen; ebenso sind mir bekannt die von ihm veröffentlichten wissenschaftlichen Arbeiten. Die von Ihnen mir mitgeteilten Umstände sind mir sehr angenehm, um ein klares Bild zu gewinnen.

Indem ich Ihnen meinen besten Dank für die mir gütigst gesendeten sehr interessanten Abhandlungen ausspreche und gleichzeitig die Bitte vorlege, mich auch fernerhin nicht zu vergessen, zeichne ich mich mit Hochachtung Ihr ergebener Kollege

M. Vintschgau

Anmerkung Trauerpapier

Hochverehrter Herr Regierungsrat!

Von dem seinerzeit in Graz gegründeten Feuerbestattungsvereine sind nur mehr zwei Mitglieder übrig geblieben und da hiemit der Verein von selber zu bestehen aufgehört hat, so denkt eines dieser beiden Mitglieder, Herr Prof. Eduard Reyer, daran, das Vereinsvermögen im Betrag von 200 fl zur ersten Anlegung einer Grazer Volksbibliothek zu verwenden. Als mir Herr Prof. Reyer von seinem schönen Plan Mitteilung machte, sagte ich ihm, dass es mir vor allem wichtig schiene, sich mit Ihnen, dem Vorstande des Volksbildungsvereines, ins Einvernehmen zu setzen, und Prof. Reyer stimmte mir sogleich vollkommen bei: Auch er wünscht ganz besonders Ihren Rat und Ihre Unterstützung. Es handelt sich zunächst darum, wie sich die Personen, welche die Volksbücherei ins Leben rufen – denn nach Prof. Reyers Absicht sollen mehrere Bibliotheken, für die einzelnen Stadtviertel je eine Bücherei, im Laufe der Zeit gegründet werden – zum Volksbildungsvereine zu stellen hätten, ob, wenn dieser Verein etwa schon eine Bibliothek besitzt, dieselbe als Grundstock für die in Aussicht genommene erste größere Volksbücherei dienen solle, welches Lokale zu wählen wäre etc.

Prof. Reyer gedenkt, um Weihnachten wieder nach Graz zu kommen und wir würden dann, wenn Sie es gestatten, persönlich Ihr Gutachten einholen. Vielleicht ist es Ihnen bis dahin schon möglich, bestimmte Vorschläge zu machen, so dass sogleich an die Verwirklichung des Unternehmens geschritten werden kann. Diese Zeilen sollten Sie eben nur von dem Projekte in Kenntnis setzen und Ihnen vorbereitende Überlegungen und Maßnahmen ermöglichen.

Bei dieser Gelegenheit erlaube ich mir auch, meine Beitrittserklärung zum Volksbildungsvereine Ihnen zu übermitteln. Ich habe die Karte schon vor mehr als einem halben Jahre ausgefüllt, jedoch nicht sogleich abgesendet und dann, wie das eben so geht, völlig darauf vergessen.

In größter Verehrung und Hochachtung bleibe ich Ihr dankbarer Schüler

Hugo Spitzer

Hochgeehrter Herr Collega!

„In größter Eile und höchstem Vertrauen“ teile ich Ihnen mit, dass heute nach fünftägiger Schlacht das 5gliedrige Komitee einhellig (einhellig) das Referat akzeptierte. Der Vorschlag lautet: primo Birnbacher, secundo Czermak, tertio Dimmer. Montag ist Fakultätssitzung, in welcher die Sache endgültig erledigt werden soll.

Ich zweifle nicht, dass das Referat auch dort einstimmig angenommen werde.

Mit vorzüglicher Hochachtung, Ihr danktreuer und ganz ergebener

Borysiekiewicz

Hochgeehrter Herr Kollege!

Verzeihen Sie, dass ich auf Ihre freundlichen Zeilen vom 26. November erst heute antworte. Ich hatte, als ich dieselben empfing, gerade einen Anfall von Influenza, der zwar nach 8 Tagen überstanden war, aber mich doch in meinen Arbeiten und so auch in der Korrespondenz in Rückstand brachte.

Für Ihre Mitteilung bezüglich der Farben Newtonscher Ringe, bin ich sehr dankbar. Ich habe Ihre Abhandlung an Prof. Börnstein übergeben, welcher die betreffende Tabelle bearbeitet und er wird dieselbe anstelle der Quinckeschen Tafel setzen. Mit dem Drucke der neuen Auflage der Tabellen hoffen wir Anfang Januar beginnen zu können; dieselbe wird ungefähr das dreifache Volumen der früheren erhalten.

Sehr leid tat es mir, Sie bei der Helmholtz-Feier nur so kurze Zeit gesehen zu haben; bei so großen Versammlungen wird man immer durch zu viele Menschen getrennt.

Mit Hochachtung und bestem Gruße Ihr ergebener

H. Landolt
Berlin NW, Königgrätzerstr. 123 B

[1891] [XII] [n.18], [Graz]

Hochverehrter Herr Professor!

Die gütige Anteilnahme, welche aus dem Übersender des Briefes und Telegramms spricht, haben mich ebenso sehr gefreut als die Nachricht selbst. Fast gleichzeitig erhielt ich auch von Pommer und Bory[siekiewicz] dieselbe Kunde.

Mit dem Wunsche, angenehme Weihnachstage zu erleben, zeichne ich in dankbarem Respekte ergebenst

Dr. Birnbacher

Anmerkung Zur Datierung: Es handelt sich zweifellos um die Nachricht von der primo-loco-Aufnahme Birnbachers in den Besetzungsvorschlag für die Ophthalmologie in Innsbruck nach Borysiekiewicz im Dezember 1891; ernannt wurde allerdings Wilhelm Czermak.

1891 XII 23, Innsbruck

Hochgeehrter Herr Regierungsrat!

Nehmen Sie meinen verbindlichsten Dank entgegen für Ihre freundliche Gratulation und für die unzweifelhaft hervorragende Anteilnahme an dem Zustandekommen dieses mich hoch ehrenden und erfreuenden Vorschlages. Unter einem gestatte ich mir glückliche Festtage und ein frohes Neujahr zu wünschen.

Mit der Bitte, meine Frau und mich Ihrer Frau Gemahlin bestens zu empfehlen, bin ich in ausgezeichneter Hochachtung Ihr ganz ergebener

Prof. Dr. J. Kratter

Velit anno ineunte sacra sua protectione tegere Te Tuasque Deus optimus maximus!

Totus tuus

Tewes

Lieber Bruder!

Vor allem sage ich besten Dank für die hübschen Weihnachtsgeschenke. Die bosnische Decke, welche die Mädchen sehr schön und charakteristisch hergestellt haben, prangt bereits auf einem Tischchen in meinem Salon. Ich wünsche Euch allen ein recht glückliches Neujahr, gute Gesundheit und recht viel fröhliche und zufriedene Tage. Ich habe noch immer viele Sorgen mit der erkrankten Erzherzogin. Dieselbe hat nach der schweren Erkrankung eine furchtbar langsame und durch Nachkrankheiten gestörte Rekonvaleszenz. Mehrfache Abszesse und neuritische Prozesse mit heftigen Schmerzen und Krampfanfällen fesseln die Kranke noch immer an das Bett zurück, das Aufsetzen im Bette ist bis jetzt unmöglich. Die Anämie und Abmagerung sind sehr hochgradig. Kurz, ich komme aus den täglichen Sorgen nicht heraus. Gott bessers im neuen Jahr.

Den Weihnachtsabend haben wir, wie alljährlich, bei Schurz zugebracht, wo ein schöner Christbaum aufgestellt war. Die Mutter ist seit einigen Tagen bei mir in Wien, uns geht es ganz gut, mein Husten hat sich so langsam gebessert, so dass ich das Rauchen ganz aufgegeben habe. Jetzt geht es mir ziemlich gut.

Mit vielen herzlichen Küssen und Grüßen an Dich, Rosa und die Kinder, und den besten Glückwünschen, Dein

Emil

Lieber Bruder!

Glückliches Neujahr! Wie geht es Dir? Auguste schrieb, dass Dir Deine H[ohe] Patientin noch immer Sorge macht, wieso? Hat sich eine Nachkrankheit eingestellt!

Am Heiligen Abend bin ich gerade mit einem Katarrh fertig geworden, der mich früher einige Wochen belästigt hat; ich war natürlich sehr vorsichtig, denn in Graz herrscht wieder eine schreckliche Influenza mit vielen letalen Pneumonien. Auch Erich und Edwin hatten Influenza-Anfälle mit sehr hohem Fieber und Erich machte uns in einer Nacht durch einen pseudokruppiösen Erstickungsanfall große Angst und Sorge. Gott sei Dank ist alles wieder glücklich vorüber.

Im Laboratorium bringe ich nun meine besten Stunden hin, da ich so glücklich war, auf gute Arbeitsthemata geführt worden zu sein. Besonders beschäftigen mich jetzt Schlauchwellen mit einem besonders konstruierten Herzen erzeugt und ich glaube, dass ich nun imstande sein werde, die lange schwebende und für unbezwinglich gehaltene Dicrotismusfrage für den Puls definitiv zu lösen. Eine Korrespondenz mit von Ziemssen über seine Untersuchungen an Individuen mit freiliegenden Herzen, die ich angeknüpft, wird die Sache auch den Klinikern gleich nahe bringen. Aber es ist noch viel zu experimentieren. Wenn ich nur nicht zeitweise in einer so elenden Stimmung wäre.

Aber die himmelschreiende Ungerechtigkeit, die in Wien sich vollzogen hat, nagt an mir und alle meine Stärke reicht oft nicht hin, mir diese Kränkung aus dem Herzen hinauszudrängen.

Oft kann ich nicht schlafen, oft möchte ich bei Tage fluchen und weinen.

Es ist doch niederträchtig, wenn man erleben muss, dass man selber für seine Verdienste gestraft wird, während andere für jede noch so minderwertige Leistung reich belohnt werden.

Oft verwünsche ich dieses undankbare Österreich und die Landsleute, die so dumm sind, nicht einzusehen, was für niedrig denkende Schufte die großen Gelehrten Brücke und Billroth sind, die der Gerechtigkeit ins Antlitz schlagen, nur um in Wien keinen aufkommen zu lassen, der einen Einfluss gewinnen könnte. Hauptschuft ist natürlich Billroth, der überflüssige Reden über Ärztekammern und traumverlorene Tiraden über die Verwundeten-Pflege, gegen welche sich sofort die deutsche Kriegsverwaltung erklärte, auftischt und sich dafür in Wien und den Wiener Blättern als Halbgott feiern lässt. Und man ist richtig so dumm, ihm den Gefallen zu tun. Auch Brücke liegt, das ist mir ja schon lange bekannt, vor diesem Halbgott im Staube. Dieser Halbgott ist aber, wie ja die Ansprache an die Studenten und die Rede im Herrenhause selbst beweist, einer der abgefeimtesten Heuchler.

Oft und oft denke ich darüber nach, wie ich mich aus der verfluchten Lage, in der ich bin, befreien könnte. Hier kommen mir viele Leute seit dieser schrecklichen Wiener Affäre so entgegen, dass ich deutlich verstehen muss, dass sie mich für einen lebendig Toten ansehen. Da denke ich daran, aus der Akademie auszutreten, um gegen Billroth und Brücke zu demonstrieren. Oder das Reichsratsmandat, welches mir jetzt nach von Derschattas Rücktritt angeboten wurde, doch anzunehmen. Wenn nur in Österreich nicht gewisse Gesetze nur auf dem Papiere stünden, würde ich damit materiell nur wenig wagen, allein meine Kinder muss ich ja selber erziehen und das verträgt sich nicht mit längerer Abwesenheit von hier. Aber eine Bombe wäre das für die Herren in Wien, wenn ich gewählt würde.

Du wirst vielleicht über meine große Unruhe staunen, allein höre nur, was ich für die Zukunft fürchte. Ich bin feinfühlig geworden für Intrigen und jetzt habe ich folgende Vision: Die zweite Lehrkanzel in Wien wird besetzt werden, und zwar wird sie Prof. M. Frey in Leipzig, gegenwärtig Assistent von Ludwig, bekommen.

Das ist eben einer, wie er Billroth, Brücke und Exner passt und für diesen im Geheimen Intrigen angesponnen. Ludwig scheint nichts davon zu wissen. Von Frey ist Österreicher, der Sohn eines Salzburger Advokaten. Er ist ein Busenfreund meines Freundes Max Gruber in Wien.

Der Letztere hat, so lange er, wie viele andere, voraussetzte, dass Hering und ich nach Wien kommen werden und dass Exner nach Prag kommen wird, für Frey bei mir agitiert, weil er ihn nach Graz bringen wollte. Jetzt ist die Intrige mit Exner gelungen und nun wird auch das Gelingen mit Frey vorausgesetzt. Niemand hat mir das gesagt, ich habe mir das alles konstruiert.

Aber warum? Erstens höre ich, dass in der letzten Zeit zwischen Exner und Frey, die sich früher nur wenig kannten, lebhaft korrespondiert wird. Zweitens ist Gruber gegen mich auffallend zurückhaltend und schweigsam geworden, ja, er lässt einen Brief von mir, der Anfangs Oktober geschrieben ist, bis heute unbeantwortet. Drittens hat von Frey ein Pulsbüchlein geschrieben, höchst aphoristisch und fragmentarisch, unbegreiflich! Von Ziemssen ist wütend darüber. Ich habe es gelesen und war geradezu perplex darüber. Aber was bringt die Widmung? Von Frey, der nur als Student in Wien war, nie bei Brücke etwas arbeitete, sondern nur Vorlesungen hörte, widmet dieses Pulsbuch: seinen Lehrern Ernst Brücke in Wien und Carl Ludwig in Leipzig. Diese Widmung an Brücke ist übers Knie gebrochen und ganz gewiss nicht ohne Bedeutung. Du siehst, ich habe Grund, herabgestimmt zu sein, denn alles und alles spricht dafür, dass ich Recht habe, wenn ich behaupte, dass es sich um gar nichts gehandelt hat und handeln wird, als dass unsereiner in Wien nicht aufkommen darf.

Ich habe diese traurige Neujahrsbetrachtung hingeschrieben, damit auch Du von den kommenden Ereignissen nicht überrascht sein mögest, so wenig als ich es sein werde, wenn sich auch mein Herz zusammenkrampft ob der Niederträchtigkeit, gegen welche man keine Waffe hat.

Grüße Auguste und alle Schurz und lasse bald etwas hören. Dein

Alexander

Verehrtester Herr Kollege!

Schon wieder muss ich Sie mit einer Anfrage belästigen; diesmal aber mit einer einfacheren. Im Sommer erhielt ich aus Graz einen Prospekt betreffend die Begründung eines Institutes zur Anfertigung von Landkarten. Ich kann aber die Anzeige schlechterdings nicht mehr auffinden. Wären Sie wohl so gütig mir den Namen des Unternehmers zu schreiben? Ich möchte einige Zeichnungen aus Ihrer letzten großen Abhandlung kopieren lassen, was meinem hiesigen Zeichner kaum gelingen dürfte.

Mit dem Wunsche eines guten neuen Jahres, freundschaftlichst

R. Heidenhain

Anmerkung Vermerk von Alexander Rollett:

Hubert Endemann, Graz III, Körblergasse 24.