Briefe 1876

Die untenstehende Briefliste ist mit Klick auf die jeweiligen Kategorien sortierbar. Absender und Empfänger werden nach Familiennamen sortiert.

Die mit * markierten Briefnummern entstammen der ersten Version dieser Edition, in welcher Briefe bis zum Jahre 1880 erschlossen wurden. Briefe ohne alte Numerierung und mit einer Datierung vor 1880 wurden nachträglich eingefügt.

KennungMarker KennungAbsenderMarker AbsenderEmpfängerMarker EmpfängerDatumMarker DatumOrtMarker Ort
L.855Vitus GraberAlexander Rollett[1876-1891] [?] [?][Czernowitz]
L.856Hugo SchuchardtAlexander Rollett[1876-1903] [?] [?][Graz]
L.857Hugo [?] SchuchardtAlexander Rollett[1876-1903] [?] [?][Graz]
L.858 *R.719Richard GscheidlenAlexander Rollett1876 II 27Breslau
L.859 *R.720Richard GscheidlenAlexander Rollett1876 III 5Breslau
L.860Viktor von LangAlexander Rollett[1876] IV 5Wien
L.861 *R.721Georg AppunAlexander Rollett1876 IV 9Hanau
L.862 *R.722Alexander RollettEmil Rollett1876 IV 9Graz
L.863 *R.723Emil RollettAlexander Rollett1876 IV 10Wien
L.864 *R.724Alexander RollettEmil Rollett1876 IV 24Graz
L.865 *R.725Emil RollettAlexander Rollett1876 IV 25Wien
L.866 *R.726Alexander RollettEmil Rollett1876 IV 25Graz
L.867 *R.727Alexander RollettEmil Rollett1876 IV 26Graz
L.868 *R.728Emil RollettAlexander Rollett1876 IV 27Wien
L.869 *R.729Wilhelm KühneAlexander Rollett1876 IV 28Heidelberg
L.870 *R.730Ludimar HermannAlexander Rollett1876 V 4Zürich
L.871 *R.31Georg AppunAlexander Rollett1876 V 9Hanau
L.872 *R.732Adolf SchauensteinAlexander Rollett1876 V 12Graz
L.873 *R.733Viktor von LangAlexander Rollett1876 V 16Wien
L.874 *R.734Wilhelm KühneAlexander Rollett1876 V 17Heidelberg
L.875 *R.735Georg AppunAlexander Rollett1876 V 18Hanau
L.876 *R.736Ernst MachAlexander Rollett1876 V 18Prag
L.877 *R.737Oskar EberstallerAlexander Rollett1876 V 22Graz
L.878 *R.738Emil RollettAlexander Rollett1876 V 23Wien
L.879 *R.739Georg AppunAlexander Rollett1876 V 28Hanau
L.880 *R.740Alexander RollettEmil Rollett1876 VI 15Graz
L.881 *R.741Emil RollettAlexander Rollett1876 VI 16Wien
L.882 *R.742[NN] TanzerAlexander Rollett1876 VI 22Graz
L.883 *R.743Alexander RollettEmil Rollett1876 VI 26Graz
L.884 *R.744Emil RollettAlexander Rollett1876 VII 6Wien
L.885 *R.745Ludimar HermannAlexander Rollett1876 VII 9Zürich
L.886 *R.746Alexander RollettEmil Rollett1876 VII 10Graz
L.887 *R.747Emil RollettAlexander Rollett1876 VII 11Wien
L.888 *R.748Alexander RollettEmil Rollett1876 VII 25Graz
L.889 *R.749Vitus GraberAlexander Rollett1876 VII 26Graz
L.890 *R.750Viktor von LangAlexander Rollett1876 VII 28Wien
L.891 *R.751Philipp KnollAlexander Rollett1876 VII 30[?]
L.892 *R.752Alexander RollettEmil Rollett1876 VIII 3Graz
L.893 *R.753Emil RollettAlexander Rollett1876 VIII 4Wien
L.894Alexander RollettAdele Schurz1876 VIII 10Graz
L.895Alexander RollettJosef Schurz1876 VIII 15Graz
L.896 *R.754Emil RollettAlexander Rollett1876 VIII 15Paris
L.897 *R.755Rudolf KlemensiewiczAlexander Rollett1876 VIII 16Triest
L.898 *R.756Alexander RollettEmil Rollett1876 VIII 20Graz
L.899 *R.757Rudolf KlemensiewiczAlexander Rollett1876 VIII 20Triest
L.900A. ReyerAlexander Rollett[v.1876] [VIII] [21][Graz]
L.901Richard HildebrandAlexander Rollett[n.1876] [VIII] [21][Graz]
L.902Viktor von LangAlexander Rollett[n.1876] [VIII] [21][Wien]
L.903August ArnsteinAlexander Rollett1876 VIII 25Kasan
L.904 *R.758Franz Eilhard SchulzeAlexander Rollett1876 IX 1Graz
L.905 *R.759Franz ClarAlexander Rollett1876 IX 3Gleichenberg
L.906 *R.760Viktor von LangAlexander Rollett1876 IX 3Unterach
L.907 *R.761Viktor von EbnerAlexander Rollett1876 IX 4Kitzbühel
L.908 *R.762Karl SchenklAlexander Rollett1876 IX 8Velden
L.909 *R.763Ernst MachAlexander Rollett1876 IX 13Prag
L.910 *R.764 [NN]Alexander Rollett1876 IX 18[?]
L.911Alexander RollettEmil Rollett1876 IX 21Bozen
L.912 *R.765Karl TomaschekAlexander Rollett1876 X 4Wien
L.913 *R.766Alexander RollettEmil Rollett1876 XI 3Graz
L.914 *R.767Emil RollettAlexander Rollett1876 XI 6Wien
L.915August ArnsteinAlexander Rollett1876 XI 22Kasan
L.916 *R.768Ewald HeringAlexander Rollett1876 XI 24Prag
L.917 *R.769Nicolaus KleinenbergAlexander Rollett1876 XII 3Ischia
L.918 *R.770Georg AppunAlexander Rollett1876 XII 12Hanau
L.919 *R.771Alexander RollettEmil Rollett1876 XII 22Graz
L.920 *R.772Emil RollettAlexander Rollett1876 XII 23Wien
L.921 *R.773F[ranz] [Schneider]Alexander Rollett1876 XII 30Wien

[1876-1891] [?] [?], [Czernowitz]

Hochgeehrter Herr Professor!

Ich bin so frei, Ihnen einige Mitteilungen betreffs der ersten Veränderungen der Arthropodeneier im Allgemeinen zu übersenden, da ich zu einer Besprechung leider keine Zeit habe. Bei den meisten Arthropoden (Krebse, Tausendfüßler, Spinnen, Insekten) geschieht die Entwicklung unter Bildung eines Keimstreifens, indessen gibt es auch solche, wo eine wirkliche, andern Tiergruppen durchaus vergleichbare, totale Dotterfurchung stattfindet. Beiderlei Prozesse findet man bei ganz nahestehenden Tieren und zwar unter Modifikationen, welche sie keineswegs als fundamental verschieden erscheinen lassen. Eine echte (totale Dotterfurchung unter Bildung von 2, 4, 8 ... 212 [sic] völlig getrennten Dotterballen) nicht nur [...] dazu […] gebildete Zellen!) findet allgemein statt bei den Tardigraden (Bärtierchen), bei den Lingnatulinen, bei manchen Cirripedien und Copepoden (beides niedere Krebse), ferner (nach Leydig) bei Artemia salina und an den sogenannten Sommereiern der Daphnien (Wasserflöhe, niedere Krebse).

Bei höheren Krebsen, die fast unzweifelhaft aus den durch totale Dotterfurchung ausgezeichneten niederen abstammen, dagegen ist nach Rathke die Furchung nur eine unechte (partielle) und beschränkt sich vielleicht nur auf die Herstellung eines Blastoderms mit maulbeerartiger Oberfläche. Wenn nun Mitglieder einer und derselben nicht sehr weitschichtigen Tiergruppe totale Dotterfurchung zeigen, während andere derselben entbehren (Copepoden), so darf man deshalb wohl nicht an ihrer näheren Verwandtschaft zweifeln, um so weniger, als ihre jüngsten Larven einander oft aufs Haar gleich sehen. Eine Art Furchung innerhalb der Eiröhre (bei Insekten) ist noch nie beobachten worden; ausgenommen natürlich gewisse pupipare und vivipare Formen (unter den Zweiflüglern). Hochachtungsvoll

Graber

Marker

Eier von Cyclopstenuicornis Claus in den ersten Stadien der Dotterfurchung (1,2) und Blastodermbildung (4).

Anmerkung Zur Datierung: Der Brief dürfte aus der Zeit Grabers an der Universität Czernowitz ab 1876 stammen – Graber ist am 3. 3. 1892 in Rom verstorben –, da er ansonsten Rollett gegenüber niemals bemerkt haben würde, dass er zu einer (mündlichen) Besprechung (in Graz) keine Zeit habe; der Begriff Besprechung dürfte sich also auf eine Besprechung in einer Zeitschrift beziehen. Eine Einschränkung der Zeitspanne bis zum Jahr 1882 – wegen des Titels eines Regierungsrates – erscheint untunlich, da Graber mit dieser Veränderung vielleicht gar nicht vertraut war.

[1876-1903] [?] [?], [Graz]

Verehrtester Herr Kollege!

Ich wünschte sehr, mich mit Ihnen über einige wissenschaftliche Fragen zu unterhalten: Darf ich Sie bitten mir zu sagen, wann Ihnen mein Besuch am wenigsten lästig ist.

Damit Sie nicht allzu Schlimmes befürchten, ist es vielleicht besser, Ihnen mitzuteilen, worum es sich für mich besonders handelt. Ich möchte wissen, ob irgendein Mittel schon existiert oder sich herstellen läßt, um die wechselnde Exspirationsstärke beim Sprechen zu messen, etwa in einer Kurve darzustellen: Man definiert die Silbe als eine Lautmasse, welche mit einem selbständigen einheitlichen ununterbrochenen Exspirationshub hervorgebracht wird. Aber wie oft und wo haben wir den Beginn eines solchen Exspirationshubes anzusetzen? – Ferner scheint mir das, was über die Verbindung von tonlosen Verschlußlauten mit folgenden Vokalen allgemein angenommen wird, nicht richtig. Das Schwingen der Stimmbänder in ta kann erst eintreten. nachdem ich den t-Verschluß gelöst habe, es wird also dazwischen immer etwas nicht schwingende Luft entweichen, mit anderen Worten, die Tenuis muß immer aspiriert gesprochen werden, und zwischen der Tenuis der Deutschen und der der Slawen und Romanen besteht somit nur ein quantitativer Unterschied.

Können und wollen Sie mir bei meinen auf diese beiden Punkte gerichteten Untersuchungen helfen? Mit vorzüglicher Hochachtung Ihr ergebenster

H. Schuchardt
Glacisstraße 1

Anmerkung Zur Datierung: Schuchardt wurde 1876 nach Graz ernannt. Bezüglich seiner Grazer Adresse herrscht Unklarheit: das Haus Glacisstraße 1, das Schuchardt im Brief als Adresse angibt, ist das Eckhaus Glacisstraße/Heinrichstrasse am Geidorfplatz. Laut Auskunft des Stadtarchivs wohnte Schuchardt 1877 im Haus Elisabethstraße 29, ab 1892 auf Elisabethstraße 6 und ab 1906 auf Elisabethstraße 34, ehe er 1909 in seine Villa in der Fuxgasse 30 zog. Unter der Voraussetzung, dass diese Meldeangaben vollständig sind, wäre zu vermuten, dass dieser Brief in Schuchardts früheste Zeit in Graz fällt.

[1876-1903] [?] [?], [Graz]

Verehrtester Herr Kollege!

Bossierwachs gibt es hier in Graz nicht, ist zu haben bei Ash u. Co in Wien, welcher auch die Stent- und Godiva Masse (Abdruck oder Modellmasse) liefert. Zufälligerweise ist einer vom Hause Ash gerade hier in Graz (Erzherzog Johann 29), Kloss oder ähnlich mit Namen, welcher zwar kein Wachs, aber wohl einige Schachteln der Masse mit sich führt. Da er morgen früh weiter reist, wollte er schon einpacken; ich habe ihn veranlaßt, diese Schachteln außen zu behalten, falls Sie darauf reflektieren sollten. Mit ergebensten Grüßen Ihr

H.[?] Schuchardt

Anmerkung Zur Datierung: Hugo Schuchardts Handschrift unterlag starkem Wechsel; ist er, worauf die Anrede doch schließen läßt, der Schreiber, läßt sich dieser Brief ohne nähere Nachforschungen zeitlich nicht näher als mit den Jahren 1876–1903 einzugrenzen. Die Stentmasse wurde um 1860 von Ch. Stent entwickelt.

L.858 *R.719

1876 II 27, Breslau

Hochverehrter Herr Professor!

Anbei erlaube ich mir, an Sie die höfliche Bitte zu richten, mir anzugeben, ob beifolgende Figur Ihres Gaswechslers richtig ist. Dazu welche Breite und Höhe die beiden Messingplatten, aus denen der Hebel sich zusammengesetzt hat, schließlich wie groß der stumpfe Winkel in der Mitte der Messingplatten ist. Indem ich Sie vielmals grüße, verbleibe ich mit Hochachtung und Verehrung Ihr ganz ergebener

Richard Gscheidlen Physiologisches Institut, Ohlauer Stadtgraben 16

Anmerkung Auf dem Brief in Bleistift Notizen Rolletts über die gewünschten Maße:

12centim[eter] hoch / innen
11centim[eter] breit / innen
16centim[eter] breit
7centim[eter] hoch
7Millim[eter] Distanz des Drehpunktes

L.859 *R.720

1876 III 5, Breslau

Hochgeehrter Herr Professor!

Ich sage Ihnen meinen besten Dank für die gütige und rasche Beantwortung meiner Briefe. Der Besuch Ihres Instituts und Ihre freundliche Unterweisung wird der zweiten Lieferung, von der bereits fünf Bogen gedruckt sind, sehr zustatten kommen, da ich dadurch Ihren Batterieumschalter, die Herstellung eines Meidingerschen Elementes mit einfachen Mitteln, Ihr Element sowie Ihren Gaswechsler kennenlernte. Es sendet Ihnen herzlichen Gruß Ihr ergebener

Richard Gscheidlen.

Lieber Freund!

Ich habe an Toepler geschrieben, ob Ettingshausen meinen Apparat für Reibung zwischen Luft und Wasser in London nicht in Betrieb setzen könnte, habe aber keine Antwort erhalten. Bist Du so gut mir zu schreiben, ob Ettingshausen schon fort ist, und, wenn er noch da ist, ihm sagen zu lassen, dass er zu mir kommen möchte. Hier geht das Gerücht, daß Du zu Ostern nicht kommen wirst, allein ich denke zu gut von Dir, um Solches zu glauben.

Vielleicht reizt Dich eine elektrodynamische Maschine von Schuckert in Nürnberg, die ich gegenwärtig in meinem Laboratorium zur Ansicht habe. Ich habe damit auch schon elektrisches Licht von 1 1/2 Stearinkerzenstärke produziert. Näheres mündlich. Mit bestem Gruße, immer der Deine

Viktor Lang

Anmerkung Zur Datierung: Die Aussage bezüglich Londons bezieht sich auf die Weltausstellung 1876, bei der u.a. August Toepler und Albert von Ettingshausen ausstellten.

L.861 *R.721

1876 IV 9, Hanau

Sehr geehrter Herr!

Der Apparat für die möglichst höchsten Töne, aus 31 Stimmgabeln bestehend, wie derselbe von H[errn] Professor Preyer i[n] s[einen] physiol[ogischen] Abhandl[ungen] beschrieben, ist vorrätig. Sie können denselben sofort erhalten. Der Preis dafür beträgt einhundert und sechzig Taler = 480 Mark, welcher Preis für die qualvolle Arbeit des Einstimmens sowohl als auch die Verluste an Stimmgabeln, wovon namentlich für höhere Töne eine ziemliche Anzahl unbrauchbar wird, gewiss billig genannt werden muss.

Ihrer gefälligen Bestellung entgegensehend zeichnet hochachtungsvoll Ihr ganz ergebenster

Georg Appun

Anmerkung Auf der Rückseite des Briefbogens findet sich die nachfolgende Christusdarstellung, ausgeführt mit Bleistift auf dem blauen Papier:

Marker

L.862 *R.722

1876 IV 9, Graz

Lieber Bruder!

Schon die ganze vorausgehende Woche war ich immer daran, Dir zu schreiben, da ich Dir im Namen Pebals eine kleine Bitte vorzubringen habe. Nun, da ich zum Schreiben komme, drängt das jüngste Ereignis alles andere in den Hintergrund.

Körner ist tot. Meningitis und Encephalitis und eine Komplikation derselben mit Pneumonie oder umgekehrt hört man als Todesursache nennen. Rapider Verlauf und völlig unerwartetes Ende. Mittwochabend traf ich noch zufällig mit Körner zusammen. Frisch und munter bummelten wir beide im Stadtpark durch 1½ Stunden. Körner fühlte sich vollkommen wohl und sprach lebhaft und heiter, kurz nicht ein leises Anzeichen der nahen Katastrophe. Donnerstag hielt er noch seine Klinik und legte sich abends [zu Bett], wie ich hörte, fiebernd. Freitag verschlimmerte sich sein Zustand, so dass Haimel um Skoda telegraphierte. Samstag war die ganze Stadt voll von Körners Erkrankung. Er war bewusstlos und hatte Delirien. Skoda, der Samstag erschien, stellte sofort die Prognose lethaler Ausgang. Seit heute Morgens [Sonntag] lag Körner in Agonie und ist um 15:00 Uhr verschieden. Was sagst Du zu dieser Geschichte?

Von Planers Erkrankung, der sich bei einer Sektion verletzte und darauf sehr gefährlich erkrankte, wirst Du gehört haben. So hatte ich wieder durch 3 Wochen und habe auch jetzt noch die Dekanatsgeschäfte zu besorgen.

Ich gedachte Montag nach Wien zu reisen, nun wird es aber Ende der Karwoche werden. Übrigens bitte ich Dich, ein Telegramm zu gewärtigen, welches Dir meine Ankunft melden und um Aufnahme für mich bitten wird.

Du hast durch Cornel sagen lassen, warum ich Dir keine Separatabdrücke schicke? Einfach aus dem Grunde, weil ich von meinen drei letzten Arbeiten selbst noch keine habe. Das geht nicht so geschwind.

Und nun zu Pebals Bitte. Du weißt, dass seine Frau sich in Wien von Chrobak behandeln ließ. Der letztere hat 17 einfache Visiten gemacht, 46 Visiten mit Einführen von Pressschwamm, Injektionen und anderen kleinen gynäkologischen Operationen. Pebal möchte nicht schundig honorieren. Er und seine Frau sind mit der Kur sehr zufrieden. Bis jetzt!!! Du wirst nun, vertraut mit den Wiener Honorar-Verhältnissen schönstens gebeten, Dein Urteil über die Höhe des Honorares abzugeben. Winternitz, welcher hier war, sagte auf meine Frage 5 fl pr[o] Visite.

Du kennst Pebals Verhältnisse auch, also sage auch Du Deine Meinung. Aber sobald wie möglich, Pebal drängt, bitte sehr!

Es grüßt Dich herzlich

Alexander

L.863 *R.723

1876 IV 10, Wien

Lieber Bruder!

Die Nachricht von dem Tode Körners hat mich tief ergriffen und ich bin begierig, das Nähere zu erfahren, was denn eigentlich das unvermeidlich rasche Ende herbeigeführt hat. Die Frage bezüglich der Honorierung Chrobaks weiß ich eigentlich auch nicht sicher zu beantworten, und zwar deswegen, weil die verschiedenen Spezialisten verschiedene Anforderungen an ihre Patienten machen, teils bescheidene, teils wirklich horrende. Ferner weil ich nicht weiß, ob die einfachen gynäkologischen Verrichtungen in eine Kategorie zu stellen sind mit wirklichen chirurgischen Operationen. Da ich das letztere nicht annehme, so glaube ich, dass die Summe von 250 fl ein ganz anständiges Honorar wäre.

Ich freue mich, Dich baldigst wieder bei mir beherbergen zu können und gebe Dir nur zu bedenken, dass jetzt gesetzliche Ferien sind, in denen auch der Dekan das Recht hat, sich zu erholen und sich von den Geschäften loszumachen. Also komme recht bald. Mit vielen Grüßen

Emil

L.864 *R.724

1876 IV 24, Graz

Lieber Bruder!

Du wirst erstaunt sein, heute schon einen Brief von mir zu erhalten und einen rekommandierten obendrein. Noch mehr erstaunt wirst Du aber sein, wenn Du den Inhalt des Briefes kennen wirst.

Du wirst aber aus der unwiderstehlichen Logik meiner Entwicklungen entnehmen, dass ich nicht, wie bei dem ersten Eindrucke geurteilt werden könnte, in der Reise nach dem Monde um mein bisschen Verstand gekommen bin. Ich bin vielmehr nur berechnend geworden, wie ein Jude, der immer auch auf Vater Abraham und Bruder Jakob baut, und will einmal das Dictum: hilf Dir selbst, und es wird Dir geholfen sein, durch eine kecke Tat illustrieren. Du gehst nicht mehr nach Baden, und ich bin überzeugt, dass ich, wenn ich nur Courage habe, nach Baden zu gehen, unter Deiner Protektion doch nicht ohne allen Erfolg und mit der Zeit sogar befriedigendem Erfolg sein würde. Warum tue ich es nicht??

Aufrichtig gesagt, nur aus Gewohnheit und Bequemlichkeit und aus Rücksicht auf den Glanz meiner jetzigen Stellung. Ich bin zwar mit Leib und Seele meinem Fache zugetan und, wie Du weißt und wie mir alle Leute sagen, nicht ohne Erfolg in demselben tätig gewesen. Wenn ich mich aber frage, ob [ich] trotz alledem hier zufrieden und meines Lebens froh bin, so lautet die Antwort immer wieder: nein. Dieses Nein entspringt aber keinen äußerlichen Gründen, Missbehagen in der Gesellschaft, Differenzen mit Kollegen etc. etc.; zwar habe ich auch hierin meine nicht sehr angenehmen Erfahrungen gemacht, allein was kümmert mich am Ende die Welt. Ich arbeite und damit erarbeite ich mir so viel innere Befriedigung, dass ich mich um alles Andere nicht zu kümmern brauche. Glaube mir, dass ich das auch schon lange gelernt habe und meine schönsten Stunden nur dieser Resignation und diesem Egoismus verdanke.

Nun kommt aber, was mich immer und immer stört und beunruhigt, mein inneres Leiden,und diesem will ich versuchen, zu Leibe zu gehen, weil ich glaube, dass es mich sonst in Tagen schwindender Rüstigkeit des physischen Menschen und des physiologischen Forschens rasch dahinraffen könnte. Das Leiden besteht darin, dass mir wiederfährt[sic, auch weiterhin so], was vielen öster[reichischen] Gelehrten vor mir wiederfuhr, dass nämlich ein ganz unerträgliches Missverhältnis zwischen Lohn und Leistung mir meine freien Stunden verbittert.

Während andere, die viel weniger tun als ich, ihre 4000 fl ö.W. verzehren, hat mir das Geschick bis jetzt keinen Pfad eröffnet, um über die kärglichen 2000 fl ö.W. hinauszukommen. Das möchte ich nun auf einem selbst eröffneten Wege versuchen und das Projekt Dir vorlegen. Kurz ist es das Folgende: Ich reiche um meine Entlassung ein, weil ich mich, fußend auf Vaters und Deinem Namen, als gewöhnlicher Arzt in Baden niederlassen will, und zwar am 15. Mai dieses Jahres.

Diesen Entschluss wird man nun nicht gleichgültig aufnehmen und auch nicht sofort akzeptieren, man wird mit mir unterhandeln und ich werde 4000 fl fordern. Geht man darauf ein, so ist es gut und mir und allen geholfen. Geht man nicht darauf ein, dann weiß ich, was ich für die Zukunft zu erwarten habe, und dann ist es ernsthaft und klar und mit Rücksicht auf alle Plackereien, welche mir in der Praxis bevorstehen, gut, dass ich daran denke, für mich selbst zu sorgen. Ich gehe dann, denn sonst müsste ich bis an das Ende meiner Tage melancholisch sein über das Missverhältnis von Lohn und Leistung. Nun könnte man sagen: Bleibe, harre aus, du wirst einen Ruf bekommen. Gut! Den bekomme ich auch, wenn ich demissioniere und zwar sicherer, als wenn ich mich gar nicht rühre, wenn man ja irgendwo die Absicht hat, mich zu berufen. Hat man diese Absicht nicht, dann bekomme ich keinen Ruf und ich weiß wieder, woran ich bin. Hilf dir selbst, und es wird dir geholfen sein!

Wenn ich jetzt wirklich praktischer Arzt werde, dann kann das nicht hindern, dass man mich aus der Praxis weg wieder auf einen Lehrstuhl ruft. Ereignet sich das nicht, dann hätte es sich auch nicht ereignet, wenn ich hier ins Blaue hinein noch länger darauf gewartet hätte.

Ich glaube aber, jetzt kann mit einigem Bemühen noch ein sehr guter prakt[ischer] Arzt aus mir werden, und ich bin damit der Sklaverei einer Regierung entgangen, die mich nicht schätzt und nicht zu schätzen weiß, und entgangen dem unheilbaren Krebsschaden eines immer fortdauernden zu geringen Einkommens. Ich glaube also, alle Gründe auseinandergesetzt zu haben, welche mich zu einer Handlungsweise bestimmen, welche andere vielleicht als Reiterstückchen bezeichnen werden; allein, frisch gewagt, ist halb gewonnen. Meine Reserven stehen hinter mir.

Das Ministerium wird nicht so ohne weiteres sagen, gehen Sie, Kollegen und Studenten werden mich bestürmen zu bleiben. Denn heute schon wird mir von allen Seiten gesagt, und in der ganzen Stadt erzählt: Jetzt fehlt nichts mehr, als dass auch noch der Prof. Rollett fortgeht.

Toepler hat nämlich seinen Ruf nach Dresden definitiv angenommen. Ich werde nun, wenn ich nur Deine Ansicht über die Sache, die ich Dich bitte, sehr ernst zu nehmen, gehört habe, handeln. Vielleicht bin ich Donnerstag wieder in Wien und gehe zu Stremayr, um mit ihm zu verhandeln.

Ich bitte Dich, sobald als möglich zu antworten. Mein Entschluss ist gefasst, aber es muss gleich gehandelt werden, sonst ist es zu spät. Ich bitte Dich, auch daran zu denken, dass ich, wie es der Schachpartie ja auch entsprechend wäre, doch nach Baden gehe und Dich darnach zu richten. Bist Du einverstanden mit der Ausführung des Planes, dann würde ich Dich sogar sehr bitten, in Wien so viel wie möglich die Nachricht zu verbreiten, dass ich meine Professur aufgebe und nach Baden gehe. Noch einmal versichere ich Dir, dass ich mit hellem und klarem Verstande und mit aller Energie des Wollens meinen Plan überdacht habe und handeln werde.

Bitte um sofortige Antwort. Dein Dich liebender Bruder

Alexander

L.865 *R.725

1876 IV 25, Wien

Lieber Bruder!

Dein überraschendes Schreiben habe ich reiflich erwogen und erteile Dir hiermit meine Antwort, die ich gleichfalls wohl überlegt habe. Ich bin vollkommen einverstanden, dass Du den geplanten energischen Schritt unternimmst, weil ich in der Tat gegenwärtig darin die einzige Möglichkeit erblicke, rasch auf einen grünen Zweig zu kommen, und weil ich die Überzeugung hege, dass man Deinen Wünschen nachkommen wird, um Dich auf dem Lehrstuhl zu erhalten. Aber selbst auf die Gefahr hin, dass man Deine Demission annimmt, würde ich Dir nicht raten, den einmal beschlossenen Schritt zu unterlassen. Etwas anderes ist es mit der Frage, was dann zu unternehmen wäre. Den Plan, als praktischer Arzt nach Baden zu gehen, muss ich aus vollster Überzeugung entschieden verwerfen. Du würdest sehr bald die bittersten Erfahrungen machen und in dieser Stellung gar keine Befriedigung finden. Zu Großvaters und selbst zu Vaters Zeiten war es in Baden noch ganz anders, obwohl auch der Vater, wie Du weißt, sich oft und bitter über seine Stellung beklagte. Heutzutage, wo man bei den gesteigerten Verkehrsverhältnissen durch Telegraph und Schnellzüge den Hausarzt in einer Stunde aus Wien berufen kann, ist der Arzt in Baden den größten Demütigungen ausgesetzt. Nur bei großer praktischer Routine und physischer Aufopferung und einer gehörigen Dosis von Selbstverleugnung, Geschmeidigkeit und sozialer Gewandtheit gelingt es den Kollegen, dem Publikum gegenüber zu reüssieren. Zu den schweren Sorgen und Mühen des ärztlichen Berufes kommt gerade in Baden ein Übermaß an moralischen Plackereien und Widerwärtigkeiten, so dass man sich sein Geld sauer, sehr sauer, verdient. Möglich, dass dies anders, wenn man wie Du mit dem Nimbus, den der Titel Professor verleiht, auftreten kann. Doch glaube ich es nicht, ich glaube aber, dass es für Dich gar nicht notwendig ist, eine solche Eventualität ins Auge zu fassen. Ich würde Dir vielmehr raten, direkt nach Wien zu übersiedeln und hier Deinen Kenntnissen und Deinem Beruf entsprechend zu wirken. Bei mir kannst Du wohnen, so lange Du willst, in den Instituten und Laboratorien, auch bei Lang, kannst Du arbeiten wie jeder nach Lust. Heschl wird Dir gewiss Materiale und Lokale zu mikroskopischen Kursen zur Verfügung stellen, ebenso Brücke, Wedel etc. Auch Kurse über Experimentalphysiologie, die einst Ludwig hohe Summen einbrachten, müssten sich in [Wien um]setzen lassen.

Kurz ich glaube, die paar Tausend Gulden, die man zum Leben braucht, werden sich in Wien schöner und Deinem Beruf entsprechender erwerben lassen als in Baden. Dass Du in Wien Privatkurse gibst, kann Dir kein Mensch verwehren. Und ich bin überzeugt, dass man sich sehr bald in das Fait accompli fügen und Dir die ohnehin bereits systemisierte Stelle eines zweiten Professors der Physiologie verleihen wird. Auch Brücke wird sich fügen, wenn einmal die Tatsachen sprechen. Ich glaube, wenn Du den Mut hast zu pensionieren, musst Du auch den Mut haben, durch persönliche Rücksichten [Dich] nicht beirren zu lassen. Ist es Stricker gelungen, sich durch energisches und kluges Vorgehen eine Stelle zu erringen, so wird es Dir umso eher gelingen. Dies meine Ansicht und Überzeugung. Handle energisch, mutig, doch nicht unklug. Dein Dich liebender Bruder

Emil

L.866 *R.726

1876 IV 25, Graz

Lieber Bruder!

Heute war ich auf dem Dekanat und habe an Planer wieder übergeben. Bei dieser Gelegenheit fragte mich Planer nach Deinen Absichten, ich antwortete wieder mit ausweichenden Redensarten.

Es ist nämlich für 27. d[ieses] M[onats] die Sitzung wegen Einleitung der Supplierung angesetzt und ich möchte nun nicht ja und nicht nein sagen, wie es ja auch Du noch nicht gesagt hast. Merkwürdig war mir aber die Folgende Bemerkung Planers:

Du! Kundrat war jetzt während seines Wiener Aufenthaltes auch oft bei Rokitansky und da wurde auch das Grazer Ereignis öfter besprochen. Und jedesmal sagte Rokitansky, nun, da kriegts jetzt den Rollett hin. Eine ausgezeichnete, tüchtige Kraft.

Ich lächelte und sagte, so! so! Bei mir selbst sagte ich aber, ob die Rokitanskys nicht vielleicht untereinander abgemacht haben, den Prokop [von Rokitansky] an Deine Stelle auf die Poliklinik zu bringen?

Caveant consules, ne quid res publica detrimenti capiat.

Hast Du meinen gestrigen Brief schon beantwortet? Mit vielen Grüßen Dein

Alexander

L.867 *R.727

1876 IV 26, Graz

Lieber Bruder!

Ich danke Dir sehr für Deinen Rat, aber derselbe hat in mir Bedenken hervorgerufen, welche ich Dir früher mitteilen muss, ehe ich handle. Ich glaube nämlich, dass ich zunächst mich auf Baden stützen müsste, denn nur dann kann ich, ohne jemanden zu fragen, auch handeln.

Wollte ich, wie Du mir sagst, gleich nach Wien kommen, dann würde ich erst mit Brücke, Heschl, etc. unterhandeln müssen und dann losdrücken. Sonst würde ich als ungerechtfertigter und unbedachter Konkurrenzmacher verlassen und verschmäht sein und keinen Boden gewinnen. Gehe ich nach Baden, dann wird man sich meiner annehmen und wie von selbst wird es sich ergeben, dass ich dann mit der Zeit nach Wien gehe und so wirke, wie Du Dir es vorstellst.

Sage ich: ich gehe nach Baden, um dort zu praktizieren, so erscheine ich als resignierter Unzufriedener, mit Grund Unzufriedener. Sage ich, ich gehe nach Wien, um dort Physiologie und Histologie zu treiben, dann wird man mir sagen, das hättest Du in Graz bequemer gehabt und so schlecht ist es Dir nicht gegangen, dass Du in Wien als unzufriedener Spekulant auftreten musst.

In Baden trete ich als freier, niemanden belästigender Arzt auf, der wie viele andere seine ärztlichen Dienste dem in seiner Wahl durch sich selbst bestimmten Publikum anbietet. Ich nehme diese Metamorphose vor, weil ich mein eigener Herr sein will und unabhängig von einer übelwollenden und meine Verdienste nicht schätzenden Regierung. Meine Übersiedlung nach Wien bedeutet Eröffnung eines größeren Marktes für die Ware, welche ich auch in Graz verschleiße und Eindrängen in den Organismus einer Universität, welche mich nicht gerufen hat. Das bringt mir den Ruf der Rücksichtslosigkeit, der Verletzung aller Formen und hinterhältigen Handelns gegen Lehrer und Freunde ein. In Baden würde ich, wie ich Dir schon in meinem ersten Briefe schrieb, bald wieder gesucht werden. In Wien würde ich als Eindringling über die Achsel angesehen und verfolgt werden.

Also meine Ansicht ist noch immer die, dass ich als Grund meiner Demission anführen muss, dass ich die Badener Praxis versuchen will, weil Du dieselbe aufgibst und wenn man meine Demission annimmt, dann muss ich den nächsten Sommer auch in Baden zubringen. Ich bin übrigens noch im Handeln behindert, weil noch Toeplers Demission nicht bekannt ist und ich will erst dann hervortreten. Toepler wollte an Stremayr schreiben, dass er geht; aber auf Wunsch seiner Kollegen wird er nun seine Demission dem Kollegium in einer alle Missstände der Grazer Universität behandelnden Eingabe anzeigen und der Senat wird für ihn eine Auszeichnung beantragen, damit recht viel von der österreichischen Wirtschaft zutage kommt.

Verzeihe, dass ich Dir so viele Gedanken mache, aber alles, was ich Dir mitgeteilt habe, ist gewiss recht zu überlegen und so bitte ich Dich noch einmal um Deine Meinung. Vielleicht siehst Du die Sache in einem anderen Lichte.

Von der Schwierigkeit und den sauren Unannehmlichkeiten einer Badner Praxis bin ich vollkommen überzeugt, doppelt sauer würde sie für mich, das sehe ich alles ein, aber wahrlich der ganze Ideengang, welchen ich Dir in meinem ersten Briefe entwickelt habe, stützt sich auf diesen einen Punkt und erst als ich am vorigen Samstag von Dir schied und nach Baden fuhr, entrollte sich vor meinen Augen das Aktionsbild, welches ich meinem ersten Briefe entworfen habe.

Wäre dieser Gedanke nicht in mir aufgestiegen, so hätte ich Dir meinen Plan nicht vorgelegt, trotzdem dass wir ja schon oft miteinander über meine eventuelle Übersiedlung und mein Auskommen in Wien gesprochen haben.

Hast Du meinen Brief von gestern erhalten? Nochmals verzeihe, dass ich Dir sorgenvolle Augenblicke bereite und nicht allein alles trage, aber wer, der sich eines so alle Verhältnisse durchschauenden Beirates wie es der Deine ist, erfreuen kann, wird nicht darum bitten.

Grüße Gusti und Bertha – Dein Dich liebender Bruder

Alexander

L.868 *R.728

1876 IV 27, Wien

Lieber Bruder!

Ich kann mich immer noch des Gedankenes nicht erwehren, dass es für Dich eine Absurdität wäre, als praktischer Arzt nach Baden zu gehen. Als Pressionsmittel nimmt sich das Ding recht schön aus, wenn es aber Wirklichkeit werden sollte, so muss ich sagen incidit in Scyllam qui vult vitare Charybdim.

Wir haben die Gründung der Poliklinik auch mit Hintansetzung aller persönlichen Rücksichten, vertrauend auf die gerechte und gute Sache und gezwungen durch die Not unserer Verhältnisse unternommen, vielfache Anfeindungen bis heute erfahren und nun doch so viel Boden gewonnen, dass wir uns schon erlauben dürfen, Schritte zu machen, um die Poliklinik in eine Universitätsanstalt umzuwandeln.

Wenn Du glaubst, gewisse Formen und Rücksichten einhalten zu müssen, so teile Brücke unverhohlen Deine Lage mit, frage ihn, ob er nicht selbst zugibt, dass Arbeit und Lohn bei Dir in Graz in einem schreienden und für die Zukunft unerträglichen Missverhältnis stehen, ob es möglich und ratsam ist, in einer solchen materiellen Lage an Frau und Kind zu denken – er fragte mich ja zu oft schon, warum Du nicht heiratest. Sage ihm, dass Du lieber in Wien als Privatgelehrter so wie Czermak den Ruf in eine bessere Stellung abwarten willst, wenn man Deinen gerechten Anforderungen nicht nachkommt, und dass Du dann in dieser interimistischen Zwangslage auf seine freundschaftliche Unterstützung und Wohlwollen rechnest, kurz, motiviere Deine Handlungsweise mit richtigen und unanfechtbaren Gründen, um nicht eines hinterhältigen Handelns geziehen zu werden. Sage auch Brücke, dass Du in Wien Kurse à la Ludwig und histologische Kurse in einer Weise geben könntest, die ihn durchaus gar nicht schädigen und beeinträchtigen würden etc. Ein solches Vorgehen könnte ich begreifen und billigen, es verlangt ebenso viel Mut als Klugheit und Selbstverleugnung, aber Knall und Fall in ganz ungewohnte Verhältnisse und Berufssphären überzuspringen oder eigentlich sich in den Schmollwinkel zurückziehen und dem Kampfe auszuweichen, das glaube ich, ist nicht zu empfehlen. Also überlege Deinen Schritt nochmals und genau.

Dein zweites Schreiben, enthaltend die Mitteilung Planers habe ich erhalten. Was kann ich tun? Ich verhalte mich ganz passiv und warte ab. Bringt man mich in Vorschlag, so wird es mir gewiss nicht schaden.

Mit herzlichen Grüßen

Emil

L.869 *R.729

1876 IV 28, Heidelberg

Geehrtester Freund

Seit langer Zeit habe ich Ihnen zu danken für die freundliche Zusendung Ihrer Arbeiten und besonders tue ich es für die beiden eben erhaltenen. Sie können wohl annehmen, dass mich Ihre Untersuchung über die Sehnerven, die ich von Sachs wieder hatte vornehmen lassen, sehr erfreut hat, da sie ja an dasselbe von Ihnen entdeckte Faktum anknüpft, das mir schon so lange im Sinne gelegen. Nach Ihren Schilderungen und Abbildungen ist es nun zweifellos, dass Sie weiter gekommen sind als Sachs, in dessen Präparaten doch noch manches unklar geblieben war, was ich jetzt sehr wohl mit Ihren Anschauungen zu vereinen vermag.

Eines hat mich indes in Ihrer Arbeit frappiert, und das ist die Behandlung, welche Sie den motorischen Nervenenden zuteil werden lassen. Ich glaube, dass Sie der Arbeit von Arndt zu viel Ehre antun, da ich mich eigentlich fortwährend seit der Zeit, da ich die Freude hatte, mit Ihnen unter demselben Dache zu arbeiten, mit den motorischen Nervenenden beschäftigt habe und nie aufgehört habe, die Frage durch alle Phasen am Objekte mit durchzuarbeiten, so glaubte ich an der Arndtschen Arbeit auch sogleich Kritik üben zu können. Dieselbe fiel aber dahin aus, dass ich meinte, diese entsetzliche Dilettantenarbeit gänzlich ignorieren zu dürfen, und ich würde das auch ferner gelten lassen, wenn Sie nicht bei Ihnen Würdigung gefunden hätte. Ich kann aus Ihren jetzigen Angaben nicht sehen, ob Sie mit eingehenden eigenen Untersuchungen der Sache beschäftigt sind, aber ich bin überzeugt, dass Sie, wenn Sie sich darauf einlassen, die furchtbare Verwirrung in Arndts Angaben auch bemerken werden. Von Fig. 15 u[nd] 16, Taf[el] XX, bei Arndt denke ich z.B., dass er Präparate von Lacerta oder dergl[eichen] vor sich gehabt und falsch etikettiert hat. Solche Bilder existieren bei Rana im Muskel absolut nicht.

Eine Untersuchung, die ich von meinem Assistenten Dr. Ewald habe ausführen lassen, zur Kontrolle der Gerlachschen Angaben, denke ich Ihnen, da sie bereits gedruckt ist und nur noch auf die Vollendung der Tafeln wartet, bald schicken zu können. Hoffentlich werden Sie darauf günstiger über die Goldmethode auf diesem Gebiete denken, denn dieselbe hat Bilder geliefert, die alle Erwartungen übertreffen mussten. Gleichzeitig ist von einem Herrn in München die Methode verwendet worden und auch diese Arbeit ist schon im Drucke. Die Präparate dazu wurden mir freundlichst zugesendet und ich habe dann mit unübertrefflicher Klarheit die Bilder der Platte im Nervenhügel gesehen. – Bei der in so mannigfacher Weise in mir wieder befestigten Überzeugung über die motorische Nervenendigung muss ich sagen, dass mich Ihre Andeutungen, die ganze Sache sei verworren und dunkel, geradezu schmerzlich berührt haben. – Im Muskel ist gewiss noch Vieles hinsichtlich der Nerven aufzuklären, so in der Frage ihrer Wachstum und Entwicklung [sic], ihrer sensiblen und Gefäßnerven etc., von den Nerven, die durchs Sarkolemm dringen, dachte ich aber, dass wir dem Ziele recht nahe seien. Natürlich würde ich der Erste sein, der sich freute, wenn z.B. im Sinne Bolls eine Beziehung der Platte zu den nächst unter ihr liegenden Teilen aufgefunden würde oder wenn man an dem Nervenende neue Einzelheiten bemerkte. Dazu hat indes auch die Goldmethode bis jetzt keinen Anhalt geboten. Aber dass weder Arndt noch Krause die bisher erreichte Klarheit […] werden, darüber bin ich beruhigt. Krauses Plagiat an mir und seine schamlose Geschichtsfälschung sind hoffentlich so durchsichtig, dass sie niemanden auf Abwege bringen werden, und was Gerlach betrifft, so wird alle Welt erkennen, dass er sich die Sache sehr leicht gemacht hat und weder morphologisch noch physiologisch bis zum Mitreden in der Frage sich geschult hatte.

Verzeihen Sie, geehrtester Freund, diese Erörterungen, aber es liegt mir außerordentlich viel daran, auf einem Gebiete, das ohne Frage von fundamentaler Bedeutung ist, und an dass ich die beste Zeit und die besten Kräfte, über die ich verfügte, gesetzt, mit Ihnen im Einverständnisse zu bleiben.

Wenn Sie Herrn von Ebner sehen, bitte ich Sie, demselben meinen Dank gelegentlich zu sagen, für die freundliche Zusendung seiner ausgezeichneten Untersuchungen. Herr von Ebner und Ranvier sind meines Erachtens diejenigen, in deren Händen die Zukunft der Histologie vortrefflich aufgehoben ist.

Ich stecke, abgesehen von meinem Leibrosse der Nervenenden ganz und gar im Pankreas und in den Enzymen, womit ich nun soweit abgeschlossen habe, dass ich Ihnen im Laufe des Sommers hoffe, Revanche leisten zu können für Ihre Freundlichkeiten der letzten Jahre. Wenn Sie es nicht wissen sollten, erzähle ich noch, dass ich im Besitze eines neuen wahrhaft idealen Laboratoriums bin und mich einer vergnügten kleinen Familie erfreue.

Mit besten Grüßen, Ihr alter Freund

W. Kühne

L.870 *R.730

1876 V 4, Zürich

Hochverehrter Herr Kollege!

Wer hat denn daran gezweifelt, dass Sie, als Sie Ihre abgezweigten Ströme variieren wollten, sich innerhalb derjenigen, bei dünndrähtigen Rheochorden freilich sehr geringen Breite hielten, bei der die abgezweigten Ströme noch wirkliche Intensitätsvariationen zeigten? Preyer, gegen den sich ja Luchsingers Bemerkungen wandten, hatte jedenfalls sich in seinen myophysischen Verirrungen nicht innerhalb jener Breite bewegt, wie ein Blick auf die beiliegende (schwarze) Kurve zeigt. In dieser bedeuten die Abszissen die Abteilungen des du Boisschen Rheochords (0–2000) in cm, von denen 15,6 einer Siemensschen Einheit entsprechen, die Ordinaten aber entsprechen den Intensitäten im abgeleiteten Bogen. Dabei ist der Widerstand im Hauptkreise = 1 S. E., und ebensogroß der im abgeleiteten Zweige angenommene. (Unsre Daniells haben cirka 1–1 1/3 S. Widerstand, unsere primären Spiralen etwa ½–1 S.) Preyer bewegt sich nun in den von Ihnen Luchsinger gegenüber verteidigten Versuchen (vgl. ‚Das myophys[ische] Gesetz’ S. 74 ff.) zwischen den Rheochordständen 100 und 2000, und zieht dann wunderbare Schlüsse daraus, dass die Resultate konstant bleiben!!!

Dies hatte Luchsinger unter meiner vollkommenen Zustimmung gerügt und ihn auf die Anfangsgründe der Stromverzweigungslehre hingewiesen.

Nun nennen Sie Luchsingers Deduktionen „sämtlich falsch“ und stützen dies harte Urteil darauf, dass sich die bekannte Gleichung unter der bekannten Voraussetzung nicht auf Marker , sondern auf 0 reduziere.

Konnte ich anders, als diesen Angriff auf ein Produkt meines Laboratoriums als einen mathematischen Irrtum bezeichnen? Ich muss gestehen, ich bin nicht im Klaren, ob Sie jenen Angriff noch jetzt aufrechterhalten, er war ein mathematischer und kann also nicht durch Anschauungsgründe gestützt, sondern nur mathematisch diskutiert werden. Übrigens, wer wird einen du Boisschen Schlüssel als Nebenschließung zu einer primären Spirale verwenden? Da wird der Strom in der Spirale keineswegs absolut 0 sein, der Schlüssel ist vorzüglich als Nebenschließung zum Nerven und dergleichen, aber nicht zur primären Spirale mit ½–1 S. E. Widerstand.

Ferner stoßen Sie sich daran, daß ich gesagt habe, die Intensität wachse anfangs steil und nähere sich dann schnell einem Grenzwert an. Eben durch das steile Ansteigen hat sie sich schnell dem Grenzwert genähert, ob wir nun die weitere langsame Asymptote noch überhaupt erwähnen, die Sie ja doch selber nicht mehr zur Rheochordverschiebung ausnützen, ist doch wahrlich gleichgültig; es ist ein reiner Wortstreit! Ich habe gemeint, die Intensität steigt zuerst steil, dann aber bald nicht mehr, sie hat den Grenzwert schon so gut wie erreicht. Wir sind doch also hier gewiß nicht fachlich verschiedener Meinung, wozu also hier einen Wortstreit erheben, sodaß der Leser glauben muß, der eine sei im Unrecht?

Ich würde trotz alledem, wenn ich mich des Rheochords zur Abstufung der primären Intensität bedienen wollte, mit Luchsinger ein dickdrähtiges Rheochord nehmen, z. B. eins, das im ganzen nur 1 S. E. beträgt. Teile ich dies in 2000 gleiche Teile, so erhalte ich die rote Kurve, d. h. ich habe das allenfalls brauchbare Stück der schwarzen Kurve mir bequem auf eine größere Kurve auseinandergelegt. Sie sehen, daß ich an Ausgiebigkeit nicht wesentlich verliere, und das Wenige kann ich leicht durch eine stärkere Kette, z. B. 1 Grove statt 1 Daniell, reichlich wieder einbringen. Was ferner die Länge des Rheochords betrifft, so hat Luchsinger mit ‚kurz und dick’ eben nur gemeint, der Gesamtwiderstand solle klein sein. Übrigens ist bei einem eindrahtigen Rheochords der nicht verwendete Teil des Drahtes wirklich eine Schädlichkeit, da sein Widerstand sich zur Hauptleitung hinzufügt. Freilich bei Stöpselrheochorden oder solchen mit Brückenschiebern fällt diese Rücksicht hinweg.

Was mich betrifft, so glaube ich mich keines ‚Fehlers’ und keines ‚Irrtums’ in meinen verteidigenden Bemerkungen im Jahresbericht schuldig, und hoffe daher von Ihrer Gerechtigkeit, dass Sie in Ihrer nächsten Arbeit Gelegenheit nehmen werden, die mir gemachten Vorwürfe zurückzunehmen, sodass ich nicht nochmals selbst darauf zurückzukommen brauche. Auch Luchsinger könnten Sie einige mildernde Worte widmen; bedenken Sie, dass Ihre Anmerkung früher und Ihr Aufsatz jetzt auf den entfernter stehenden Leser den Eindruck machen muss, als ob er lauter dummes Zeug gegen Preyer und Sie vorgebracht hätte. Durch wenige Worte Ihrerseits könnte dieser ganze leidige Streit aus der Welt geschafft werden!

Ich hoffe wenigstens, daß Luchsinger sich auf diese Weise befriedigen lassen wird. Gegenwärtig ist er sehr aufgebracht, er findet nämlich in Ihrem ersten Aufsatz noch andere Angriffsgründe. Noch einige Bemerkungen zur Aufklärung. Als ich zur Versammlung in Graz war, war mein Jahresbericht schon gedruckt und Luchsingers Verteidigung schon bei Pflüger. Ich fand im Trubel keine Zeit, mit Ihnen über die Sache Rücksprache zu nehmen; auch wäre eine Erörterung nicht von Nutzen gewesen, da mein Bericht doch schon gedruckt war. Jetzt, wo ich das Vergnügen habe, Sie persönlich zu kennen, ist mir eine Kontroverse mit Ihnen doppelt peinlich, und ich hoffe und wünsche, Sie möchte etwas sagen, wodurch sie erledigt würde. In der Sache kann ja doch unmöglich – bei so klaren Verhältnissen – eine wirkliche Meinungsverschiedenheit zwischen uns obwalten.

Ich würde übrigens, wenn ich zur Abstufung von Induktionsströmen ein Rheochord wählte, dasselbe viel lieber zwischen sekundärer Spirale und Nerv als Nebenschließung anwenden; denn da kann man die Intensitäten im Nerven fast genau den Rheochordlängen proportional setzen.

Es grüßt Sie hochachtungsvoll Ihr ergebener

L. Hermann

Ich arbeite seit 10 Jahren täglich mit dem Rheochord und glaube, seine Theorie gründlich zu kennen. Dasselbe setze ich bei Ihnen voraus.

Anmerkung Die erwähnten Skizzen sind nicht mehr vorhanden.

L.871 *R.31

1876 V 9, Hanau

Sehr geehrter Herr!

Am 2. d. M. habe ich den Apparat, 31 kleine Stimmgabeln, die diatonische Durtonleiter des viergestrichenen C = 4096 Schwing[ungen] durch 4¼ Oktaven bis zum achtfach gestrichenen C = 40960 Schwing[ungen] (diese Doppelschwingungen) an Herrn Professor Rollett nach Graz abgeschickt. Dürfte ich Sie bitten, mir von der richtigen Ankunft des Apparates gütigst Nachricht zu geben und ob ich die Rechnung für denselben an Herrn Professor Rollett oder an die Universitätsstraße auszustellen habe. – Über einige sehr wichtige und interessante Klangphänomene, die sich zum Teil an diesem Apparate machen lasse, erlaube ich mir, Ihnen in Kürze Mitteilung zu machen, insbesondere: 1. über eine Art Kombinationstöne, 2. die Helmholtzschen Summationstöne und Differenztöne, 3. über die Verschmelzung der Schwebungen zu Differenztönen.

Hochachtungsvoll empfiehlt sich Ihr ganz ergebener

Georg Appun

Lieber Freund!

Durch die dumme Übereilung meines Dieners bin ich verhindert gewesen, Dir eine Stelle an dem Rocke zu bezeichnen, deren Untersuchung speziell gewünscht wird. Sie befindet sich vorn ziemlich weit oben neben den Knöpfen oder Knopflöchern! – in der Nähe des obersten sichtbaren rötlichbraunen Fleckes – und sieht so aus, als wenn dort der Stoff abgeschabt worden wäre. An dieser Stelle war ein roter Fleck, den eben der Eigentümer des Rockes (der des Totschlags Angeschuldigte) wegschabte und ihn als durch Anstrichfarbe entstanden erklärte. Der Totschlag, von dem die etwaigen Blutspuren herrühren könnten, ist im März dieses Jahres geschehen. Im Gutachten soll speziell hervorgehoben werden, dass die untersuchten Flecken ihrem äußeren Aussehen nach Blutflecken nicht unähnlich waren – weil sonst der Untersuchungsrichter eine Nase bekömmt, dass er die Untersuchung angeordnet – und das nennt sich Justiz!

Herzliche Grüße

Schauenstein

L.873 *R.733

1876 V 16, Wien

Lieber Freund!

Deine Nachrichten über Toeplers Abgang sind die ersten authentischen Mitteilungen darüber, die ich erhalte. Allerdings schrieb mir schon vor 10 Tagen Mandl, dass Toepler wegginge und dass ich sein Nachfolger werde, was ich freilich nur für Scherz hielt.

Um meine Kollegen hier loszuwerden, würde ich freilich ganz gern fortgehen von hier, vorausgesetzt dass ich in meinen hiesigen (ohnedem bescheidenen) Bezügen nichts verliere. Doch da ich keine persona grata bin, so glaube ich, dass in dieser Hinsicht nichts zu machen ist und dass also wohl Boltzmann hingeschickt werden wird.

Du kommst doch natürlich nächstens nach Wien. Um Dir die hiesigen Kollegen zu schildern, so will ich Dir e. g. mitteilen, dass Weselsky zum wirkl[ichen] Mitglied vorgeschlagen ist! Das Fortgehen Toeplers ist gewiss auch durch Plauschereien Loschmidts und Konsorten, zu diesen gehört auch Boltzmann, im Ministerium beschleunigt worden. Sollte irgendeine Ovation für ihn stattfinden und ich mich daran beteiligen können, so bitte ich um Nachricht.

Gehst Du Sonntag, den 28., nach Baden? Sonst werde ich für diesen Tag einige Freunde einladen. Es wird sich wohl noch ein anderer Tag finden, wenn Du am Sonntag nach Baden gehst. Könntest Du mir eine K[orrespondenz] K[arte] darüber schreiben.

Mit besten Grüßen an Pebal, Toepler etc. Dein

Viktor Lang

L.874 *R.734

1876 V 17, Heidelberg

Hochgeehrter und lieber Freund.

Es tut mir recht leid, Ihnen durch meinen Brief schlechte Stunden bereitet zu haben, um so mehr als ich aus Ihren Zeilen, die mir sonst eine wahre Herzenserquickung waren, sehe, dass Sie sich unbehaglich fühlen. Einen alten Freund, von dem man angenommen, dass es ihm durchaus gut gehe und den man sich zufrieden in seinem Wirkungskreise vorstellte, an den man oft gedacht in solchem Sinne, wenn sich, wie so häufig bei Ihnen, Gelegenheit schon durch Lesen des Namens bietet, so klagen zu hören, wenn Sie es gewiss mit vollem Rechte tun, von ihm zu erfahren, dass seine Stellung nicht seinen Verdiensten entspreche – das muss wohl tiefen Eindruck machen und da tut es mir doppelt leid, Ihnen durch meine Äußerungen Unbehagen gemacht zu haben. Ich kann es mir wohl denken, dass solche Zustände, wie Sie dieselben von Graz schildern, Ihnen das Beste verleiden können. Wir hatten hier von Ihrer Umgebung immer so viel Gutes gehört, so viel Rühmens von der angenehmen Stellung der dortigen Kollegen, dass es sogar nicht ohne Einfluss auf eine intendierte Berufung Toeplers zur Nachfolge Kirchhoffs geblieben ist – und nun sollen Sie den vermutlich infolge derselben Umstände, die Sie erwähnen, doch noch verlieren. Da kann ich lhnen nur wünschen, daß Sie bald eine andere Stellung finden, in der weder Sie von der Wissenschaft noch diese von Ihnen, was absolut nicht sein darf, zu lassen brauchen.

Hinsichtlich der Nervenfrage bezog sich mein Brief wesentlich auf Ihre Bemerkung, dass die Lehre erschüttert sei, und ich fragte mich, ob durch Arndt, Gerlach oder neue Funde von Ihnen. Ich bitte Sie nun, sich ja nicht durch mich oder Ihre herzlichen Gesinnungen gegen mich, die Sie mir so freundschaftlich äußern, im Mindesten abhalten zu lassen, Ihre oder die Arbeiten Ihrer Schüler zu unterbrechen, sondern dieselben sogar baldmöglichst zu veröffentlichen. Dass wir uns nun leicht verständigen werden, davon bin ich überzeugt. Die Abweichung von Rana hat mir auch lange sehr unangenehm imponiert, aber Salamandra, Triton, Axolotl und Proteus machen es ebenso, und wie es scheint auch die Fische, wo die Untersuchung, an der wir gerade sind, übrigens am schwierigsten ist. Im Grunde genommen gibt es aber doch überall Platten (in meiner Nomenklatur), denn das intramuskuläre Fasersystem von Rana ist doch gewiß das Gleiche wie das etwas komplizierter gebaute der übrigen Wirbeltiere, so sehr, dass ich bei manchen Reptilienmuskeln die allergrößte Ähnlichkeit fand. Von der Eidechse habe ich das auch in Virchows Archiv abgebildet und in früheren Publikationen immer den Ton darauf gelegt, dass die Platte immer ihre ‚Sohle’ etwas überrage, so dass sie teilweise wenigstens die gestreifte Muskelmasse direkt berühre, wie beim Frosch. Dass Sie bei Säugern die ‚Platte’ weiter ausstrahlend gesehen haben, ist mir darum sehr interessant und sogar erwünscht.

Wo liegt nun die Differenz? Vielleicht in der ‚Sohle’ und in den Knospen? Die Sohle mit Kernen und Protoplasma (oder körniger Masse) fehlt allerdings bei Rana und dahin Gehörigen ganz, aber kann sie nicht zur Kernmasse der Muskeln gehören als Entwicklungsrest, wie ich öfter ausgesprochen? Welche großen Verschiedenheiten kommen aber in Lage, Gestalt und Anordnung der Muskelkerne in der Tierreihe vor! Das kann also auch keine Skrupel machen. Somit bleiben die Endknospen. Ob sie an den Platten der Säuger und Reptilien ganz fehlen, ist fraglich. Cohnheim behauptet sie für Lacerta, und Ewald jüngst wieder eben daselbst, wenn ich ihm darin auch sehr zur Vorsicht riet. Nach Trinchese ist es denkbar, dass bei Torpedo, wo ich die Sache leider immer noch nicht kenne, auch Endknospen an der Platte vorkommen.

Was endlich die Struktur der Knospen betrifft, so will ich von niemandem verlangen, dass er meine Angaben bestätige; das muss die Zeit bringen. Ich selbst bin nicht in der Lage, die Sache à volentè zu demonstrieren, habe sie aber so objektiv gesehen, dass ich mich zur Publikation verpflichtet hielt, und ich bereue es nicht, da mir der Anblick im verflossenen Jahrzehnt oft genug wiedergekehrt ist. Ohne unbescheiden zu sein, kann ich mich mit der Platte im Hügel brüsten, deren Anblick anderen auch erst nach vielen Jahren zuteil geworden ist.

Wenn Sie in der Frage etwas publizieren und nur einige Worte des Tadels über Krauses Plagiat dabei vorbringen, so können Sie mich tief verpflichten, denn das hat eine ganz andere Wirkung, als wenn ich es selbst tue, was freilich damit nicht ausgeschlossen sein wird. Für heute gehen Papier und Zeit zu Ende. Es würde mich außerordentlich freuen, wenn es mit unserer Korrespondenz in nächster Zeit nicht so würde, noch mehr, wenn Sie dieselbe mal bis zu meinem Dache brächte, unter dem ich Sie freudigst begrüßen würde.

In alter Freundschaft Ihr

W. Kühne

L.875 *R.735

1876 V 18, Hanau

Hochgeehrtester Herr!

Die gewünschte Rechnung habe ich, um Ihnen vielleicht eine Mühe zu ersparen, gleich quittiert, weil Sie mir die sehr erfreuliche Mitteilung gemacht, dass der Betrag gleich ausbezahlt werden soll, was ich aufrichtig gestanden sehr nötig brauche und weshalb ich Ihnen zu großem Danke verpflichtet bin; erlaube mir jedoch die Bemerkung, resp[ektive] die Bitte, falls Sie verschiedene andere Apparate noch anschaffen und Ihre Mittel für dieses jahr nicht dafür ausreichen sollten, Ihnen alles Weitere auf Kredit zur gefälligen Verfügung steht. Da Sie nun so gütig waren, mir weitere Bestellungen in Aussicht zu stellen, so wollen Sie mir gütigst erlauben, Ihnen folgende Apparate vorschlagen zu dürfen, womit ich ebenfalls Ehre bei Ihnen einzulegen hoffe. Es sind dies:

1. Sieben Stimmgabeln, jede auf einem Resonanzkasten, welche jede über eine Minute lang nach dem Anstreichen mit einem Violinbogen forttönt, und zwar, je nachdem stark oder schwach gestrichen wird, auch stark oder schwach tönt.

Die Töne dieser Gabeln sind:

Schwingungszahl
F= 70,66
cI =256
fI =341,33
aI =426,66
cII =512
fII =682,66
gII =768

Diese 7 Gabeln, welche die Differenztöne des größten Teils der Kombinationsverhältnisse des Apparates der 31 kleinen Stimmgabeln aufs Genaueste angeben, dienen als ganz sicheres Mittel, diese Tonverhältnisse, Tonhöhen der einzelnen kleinen Gabeln, aufs Genaueste einstimmen zu können.

Außerdem geben diese sechs ersten Gabeln den prachtvoll klingenden F-Dur-Akkord (Dreiklang), 6stimmig in mathematisch reiner Stimmung. Preis dieser sieben, jede auf einem Resonanzkasten stehenden Gabeln, nebst den entsprechenden 7 Resonatoren (kegelförmig von lackiertem Zinkblech) beträgt 40 Taler. Falls Sie es für wünschenswert halten sollten, erbiete ich mich, Ihnen die zweckentsprechende Tabelle der Tonverhältnisse der kleinen Gabeln, bei welchen die verschiedenen Differenztöne resultieren müssen, mitzuschicken.

Um Ihnen die vollständigste Erklärung und Beweis der Sätze „1) ‚Über eine neue Art Comb., 2) Die Helmh [ oltz ]-Summ[e] sind Diff[erenz]-Töne z.B. ist es sehr wichtig, dass ich Ihnen noch schicke: a) Obertöneapparat, die ersten 32 Teiltöne des C-2 = 32 Schwingungen. Es besteht dieser Apparat aus 32 Zungentönen (Klängen) nach Art eines kleinen Harmonium. b) Zwei große Gedacktpfeifen, die sich um eine Oktave verstimmen lassen, zur Erläuterung der Interferenz Schwebungen, Differenztöne. c) Die entsprechenden Resonatoren zum Obertöneapparat vom 4. bis 32. Oberton 29 Stück von lackiertem Zinkblech und d) ein Blasetisch, worauf meine sämtlichen Apparate passen und der auch noch zu anderen Zwecken zu verwenden ist.

Ich erlaube mir nochmals die Bemerkung, dass, wenn die Mittel für dieses Jahr nicht reichen, es gar nichts zu sagen hat. Ich würde Ihnen dann die ausführlichsten Erklärungen z.B. über diese Sätze und noch manches andere Interessante mit Vergnügen mitteilen. Auch erbiete ich mich, Ihnen verschiedenes zur gefälligen Ansicht zuzusenden. Mit vollkommenster Hochachtung Ihr ganz ergebenster

Georg Appun

L.876 *R.736

1876 V 18, Prag

Verehrter Herr Kollege!

Wie ich gehört habe, ist es ausgemacht, dass Toepler fortgeht. Ich gestehe nun, daß die in Graz vorhandenen Mittel mir so lockend sind, daß ich selbst mit einigen pekuniären Opfern wieder dahin zurückkehren möchte. Da ich Toepler und meinen frühern Kollegen nicht gerne das Unangenehme einer ausweichenden Antwort aufladen möchte, falls sie andere Pläne haben, erlaube ich mir an Sie die Bitte, mir über die in dieser Richtung herrschende Stimmung gütigst Auskunft zu geben.

Indem ich hoffe, daß Sie diese Bitte nicht beschweren wird, mit dem Ausdrucke besonderer Hochachtung Ihr ergebenster

E. Mach

L.877 *R.737

1876 V 22, Graz

Hochverehrter Herr Professor!

Gestatten Sie, daß ich in der Verfolgung unseres Gespräches über die Notiz in Wittelshöfers medizinischer Wochenschrift und gewissermaßen zur Erklärung der heute in demselben Blatte über denselben Gegenstand befindlichen Notiz den Wortlaut meines Schreibens an Dr. Wittelshöfer unterbreite, welcher freilich alles andere als eine Erklärung eher abgibt; ich schrieb:

Geehrter Herr Redakteur! In der Nr. 20 vom 13. Mai laufenden Jahres Ihrer geschätzten Wochenschrift ist über die Besetzung des Koernerschen Lehrstuhls an der hiesigen Universität eine Notiz aus Graz de dato 8. Mai enthalten, in welcher gesagt wird, vor einigen Tagen habe sich eine Deputation von Hörern der Medizin zum Professor Rollett begeben, der an Stelle des erkrankten Dekans Prof. von Planer amtiere. Bitte im Interesse der Wahrheit von folgendem Dementi demnächst Notiz zu nehmen: Prof. von Planer fungiert bereits seit 24. April selbst wieder als Dekan; eine Deputation von Hörern der Medizin war weder beim Dekan noch beim Prodekan, auch eine Petition wurde nie überreicht, somit entfällt alles weitere daran geknüpfte als völlig haltlos. Mit vorzüglicher Hochachtung Oskar Eberstaller, Mediziner als Präses des Mediziner-Komitees.

Hiernach ist mir völlig unbegreiflich, wie Dr. Wittelshöfer heute schreiben kann, es sei ihm vom Mediziner-Komitee eine Berichtigung zugekommen, wonach die in Nr. 20 gemeldeten Schritte nicht von seiten einer offiziellen Deputation, sondern privatim geschehen seien. Sollte sein Grazer Gewährsmann ihm diese Aufklärung gegeben haben? Oder wusste er es schon früher und log geflissentlich? Soll ich dieser Verstümmelung und Verdrehung meines Dementis auf mir sitzen lassen?

Entschuldigen Herr Professor diese abermalige Belästigung, aber ich glaubte sie notwendig zur Klärung der Meinungen.

Hochachtungsvoll

Oskar Eberstaller
Mediziner

L.878 *R.738

1876 V 23, Wien

Lieber Bruder!

Ich teile Dir die Adresse meiner neuen Behausung mit, damit Du sicher weißt, wohin Du Dich zu wenden hast, wenn Du, wie ich hoffe, in einigen Tagen nach Wien kommst. Meine Absicht, nach Graz zu reisen, musste ich für später aufschieben, da es mir bisher nicht möglich war, von Wien abzukommen. Da ich Dich ohnehin bald in Wien sehen und sprechen werde, so schließe ich mit der Nachricht, dass ich I Opernring Nr. 7 wohne.

Mit vielen Grüßen und Küssen

Emil

L.879 *R.739

1876 V 28, Hanau

Hochgeehrtester Herr!

Der Betrag für die 31 Stimmgabeln ist mir durch die hiesige Post richtig ausbezahlt worden und statte Ihnen dafür meinen innigsten Dank ab.

In den nächsten Tagen erfolgt die vollständige Beantwortung Ihres sehr lieben letzten Schreiben[s], da ich in dieser Woche nochmalige gründliche Studien, Experimente über künstliche Bildung der Vokalklänge machen werde, um Ihnen auch hierzu das möglichst vollständige Resultat mitteilen zu können. Ich habe mir in letzter Zeit zu diesem Zweck einen vollständigeren Apparat als die früheren konstruiert. Bitte also um einige Tage Geduld.

Mit größter Hochachtung Ihr ganz ergebenster

Georg Appun

L.880 *R.740

1876 VI 15, Graz

Lieber Bruder!

Bald nachdem ich von Wien zurückgekehrt war, wurde in unserem Kollegium eine aus Rzehaczek, Blodig, Helly, Lipp und Krafft-Ebing bestehende Kommission gewählt. Blodig, dem Obmann, sagte ich nun, wie wir das besprochen haben, dass Du unter gewissen Bedingungen bereit bist zu kommen und dass man sich darum direkt an Dich wenden sollte. Was nun geschehen ist, weiß ich nicht weiter; und was die Herrn Hetzer [?], Planer und Schauenstein wollen, weiß ich auch nicht. Jedesfalls ist die Zusammensetzung der Kommission das Werk Planers und Schauensteins, die selbst nicht hinein wollten, aber auch hinderten, dass ein Theoretiker hineinkam.

Durch Blodig erfuhr ich, dass Rembold einfach klar und entschieden abgelehnt hat. Er bat, ihn nicht beim Vorschlag zu berücksichtigen, da er nicht von Innsbruck weg will; ich habe sein Telegramm selbst gelesen und war überrascht. Du wirst aber begreifen, dass es mich auch interessiert zu wissen, was Du geantwortet hast, ohne dass ich Blodig darum eigens zu fragen brauche. Ich bitte Dich also, mir darüber Aufklärung zu geben und mich überhaupt über Deinen Standpunkt noch einmal genau zu informieren.

Neues weiß ich wenig und nur Unangenehmes, dahin gehört, dass Schmid zu Ende dieses Semesters nach Berlin abgeht und dass Schulze seiner Stelle als Direktor der zootomischen Station in Triest enthoben wurde und Claus alleiniger Direktor wurde. Schulze hat das Institut gegründet, Claus kam nur durch Intrigen hinein.

Grüße Auguste und Valerie, Dein

Alexander

L.881 *R.741

1876 VI 16, Wien

Lieber Bruder!

Prof. Blodig richtete die Anfrage an mich, im Auftrage des Komitees, ob und unter welchen Bedingungen ich einwilligen würde, dass auch mein Name in Vorschlag gebracht werde. Im Folgenden teile ich Dir den Wortlaut meiner Antwort im Wesentlichen mit:

„Um eine medizinische Klinik den heutigen Anforderungen entsprechend und nach dem Beispiel und Muster der berühmtesten Universitäten zu leiten, sind neben den Krankensälen noch eine Reihe von zweckmäßig eingerichteten Unterrichts- und Arbeitslokalen unumgänglich notwendig. Dafür gehören ein Zimmer mit allen Apparaten zur Diagnostik und Therapie (Perkussions-, Auskultations- und einzelne akustische Apparate, Spirometer, Pneumatometer, Respirationsapparat, laryngoskopische und Inhalationsapparate, Plethograph, Cystometer, Goniometer, elektrische Apparate, Thermo- und Barometer, Polarisationsapparate, Sphygmographen, Ästhesiometer, Injektionsapparate, Magenpumpen, Clysopompe, Schönemannsche Körperwaage, etc. etc.), ferner ein oder zwei Zimmer zu mikroskopischen und chemischen Untersuchungen und Tierexperimenten, ein Arbeitszimmer des Professors und der nötige Raum außer den Krankensälen zur Abhaltung von Demonstrationen und Kursen und zur Aufstellung von Schränken zur Aufbewahrung von Krankengeschichten, Journalen, Büchern, Präparaten, etc. Außer den ersten Einrichtungskosten verlangt die Unterhaltung einer solchen Klinik eine entsprechende Jahresdotation. Was den Gehalt des Professors betrifft, so müsste ich, da meine materielle Lage in Wien glücklicherweise eine ganz gute ist, die Summe von 4000 fl in Anspruch nehmen. Ich bitte, diese Anforderungen nicht einer persönlichen Unbescheidenheit zuzuschreiben, da ich sie zur Ehre und zum Gedeihe der Grazer Universität für notwendig halte, und da ich der Überzeugung bin, dass im allgemeinen die Professoren an den österreichischen Universitäten außer Wien zu ihrem eigenen und zum Nachteile der Universitäten allzu stiefmütterlich gestellt und behandelt werden. Nach diesen Darlegungen lautet meine Antwort auf die an mich gerichtete Anfrage dahin, dass es mir erwünscht wäre, wenn das geehrte Komitee im Professorenkollegium meine Person in Vorschlag bringen wollte.“

Dies ist der Wortlaut meines Briefes an Blodig. Ich glaube nicht, dass man auf diese Bedingungen eingehen wird und, da ich ohnehin keine ernsten Absichten nach Graz zu gehen habe, liegt mir auch nicht viel daran. In Wien werde ich von allen Seiten, auch von vielen Mitgliedern des Professorenkollegiums inter[pelliert] und aufgefordert, nach Graz zu gehen. Ich habe also, noch ehe ich in Vorschlag gebracht wurde, erreicht, dass mein Name in der Besetzungsfrage auch in den Wiener Professorenkreisen viel ventiliert wird. Mehr wollte ich und kann ich ja auch nicht erreichen, wenn ich in Vorschlag gebracht werde und dann doch ablehne. Es wäre vielleicht gleich besser, wenn man auf neue Bedingungen schon jetzt nicht eingehen sollte. Heute erst fragte mich Hebra ziemlich barsch: „Ja, was wollen Sie denn eigentlich? Nach Baden wollen Sie nicht und nach Graz, sagt man, wollen Sie auch nicht.“ Ich erwiderte, dass das Letztere bis nun nicht von mir abhängt. Schreibe mir bald, was mein Brief an Blodig für eine Wirkung gemacht. Ich habe meine Reise einstweilen bis nach der Entbindung der Erzherzogin aufgeschoben. Ich glaube ganz, dass man einen Geburtshelfer nehmen wird, möchte aber doch zur Stelle sein. Mit vielen Grüßen

Emil

L.882 *R.742

1876 VI 22, Graz

Domine Spectabilis!

Heute, 16:00 Uhr, mit dem Eilzug kommen die ersehnten zwei Natursänger-Quartette hier an, wovon eines für Sie bestimmt ist.

Für heute wird meine Frau die ganze Gesellschaft bewirten und morgen früh Ihnen das eine Häuschen mit 4 Steinrötheln – wovon ein Stück für Frau von Planer bestimmt ist – werde ich Ihnen in Ihre Logis schicken [sic]. Ich bitte für einen standesgemäßen Empfang zu sorgen, wobei vorzüglich auf frische Ameiseneier, Wasser und einen Vogelbauer Rücksicht zu nehmen ist; es ist gut, ins Häuschen Baumwolle als Nestersatz zu geben. Zu füttern sind sie je alle drei Stunden mit Ameiseneiern und dazwischen gekochte, zerhackte Eier mit etwas gelben Rüben gemischt. Späteres Futter: zerschnittenes rohes Rindfleisch (bei Hitze gekochtes) mit Ameiseneiern, Kukuruzmehl und zerschnittenen gelben Rüben (wegen Feuchthaltung des Futters) in der Früh, des Mittags zu geben.

Will man sie sehr rasch zahm machen, so füttert man sie stets selbst mit eigener Hand und läßt sie dazwischen ohne Schaden etwas hungern. Ein paar Badebasins von weiten niederen Gläsern mit frischem Wasser, zweimal per diem gewechselt, gibt man eines mit ins Häuschen und das andere auf den Fütterungstisch.

Sie lernen von selbst singen, aber da sie sehr gelehrig sind, kann man ihnen beliebige Melodien beibringen. Dies in Eile mitteilend, wünsche ich, dass Herr Professor recht viel Freude mit ihnen haben.

Hochachtungsvoll Ihr ergebenster Diener

Dr. Tanzer

L.883 *R.743

1876 VI 26, Graz

Lieber Bruder!

Ich danke Dir für Deinen Brief. Dass ich Dir nicht früher geschrieben habe, ist dem Umstande zuzuschreiben, dass ich von der in Nöten befindlichen Kommission nicht so leicht etwas erfahren kann. Nun weiß ich Folgendes: Dein Schreiben an Blodig hat dem Letzteren die Meinung erweckt, dass Du nicht zu haben bist, da Deine Bedingungen unerfüllbar sind und Du das doch gewusst haben musst. Richtig ist es aber so, ein Kliniker, der sich vornimmt aus Graz etwas zu machen, ist den Herren ein Dorn im Auge und der schönen Fakultät wird es nicht im Schlafe einfallen, ihrerseits auf die Errichtung einer ordentlich ausgestatteten Klinik zu dringen. Blodig hat merkwürdiger Weise auch an Löbel um ein Urteil geschrieben und dieser hat ihm 1. Chwostek, 2. Dich genannt. Chwostek geht auch nicht und von Dir hat Löbel auch gemeint, dass Du nicht gehst. Sein Brief endet sehr charakteristisch und [für] unsere Herrn Kliniker beinahe verletzend dahin, warum so viel Lärm, für Euch wird bald einer gut sein!!! Kennt Löbel die Herrn hier so genau? Geärgert hat er sie mit seinem Briefe.

Heute endlich erfuhr ich zu meiner größten Überraschung, dass Skoda und Rokitansky ersucht wurden, Rembold zu bearbeiten, dass er doch nach Graz gehe, und man soll sogar so weit gegangen sein, Rembold zu sagen, dass der Minister es sehr wünsche, dass er nach Graz gehe. Nun hat Rembold auch daraufhin an Skoda noch einen ablehnenden Brief geschrieben. Aber Rokitansky gibt nicht nach. Warum wohl???

Und so ist es denn gekommen, dass heute [bei] Blodig ein Telegramm von Rembold einlangte, in welchem steht: Er (Rembold) werde nächsten Mittwoch selbst nach Graz kommen, um Blodig eines Besseren zu belehren. (?)

Was soll das heißen? Wie der Vorschlag ausfallen wird, weiß ich noch nicht. Aber nach allem, was hier vorgeht, nach meinen Erkundigungen über die Praxis, nach meinen Erfahrungen über Kollegen und Ärzte und nach meiner Kenntnis Deiner Verhältnisse, sage ich immer, für Dich das Beste ist: weit davon ist gut für’n Schuss. Dein

Alexander

L.884 *R.744

1876 VII 6, Wien

Lieber Bruder!

Soeben expediere ich an Prof. Blodig mein Curriculum vitae, der mich, wie er sich ausdrückt, in streng vertraulicher Weise, im Auftrag des Komitees aufgefordert hat, dasselbe ehestmöglich einzusenden. „Wir brauchen dies, um bei dem Vorschlage Ihre Person berücksichtigen zu können“, schreibt Blodig. Also doch. Hoffentlich wird man mir keine Daumschrauben aufsetzen. Was sagst Du zu der tollen Meute, die in jüngster Zeit wieder gegen die Poliklinik losgelassen wurde? Nicht nur alles Schlechte, sonderen auch das unvernünftigste blödeste Zeug wird der Poliklinik angedichtet, von Professoren und Ärzten, alles nur, um die Anstalt in den Augen des Publikums zu verdächtigen und ihr sowohl das Material als auch die Geldquellen abzuschneiden. Der alte Rokitansky ist übrigens sehr erbost über das leidenschaftlich tolle Treiben sowohl der Professoren als der anderen Leute. Nächstens geht die Hetze unter Führung des Jesuiten Draschel im Gemeinderate los. Es ist ein eigenes, ich möchte fast sagen erhebendes, Gefühl, mit ruhigem Gewissen diesem Treiben die Stirne zu bieten. Wenn Du den Artikel in der vorletzten Nummer der medizinischen Presse nicht gelesen hast, lese ihn. Er enthält die Antwort auf die Wittelshöfersche Perfidie, die letzterer als Verwaltungsrat der ‚neuen Presse‘ auch in das große Publikum schleuderte. Nun lebe wohl und schreibe mir bald, Dein Dich liebender Bruder

Emil

L.885 *R.745

1876 VII 9, Zürich

Lieber Kollege!

Entschuldigen Sie, daß ich erst heute auf Ihr freundliches Schreiben vom 15. Mai antworte. Ich war zu sehr mit Geschäften überhäuft. Als ich an Sie schrieb, war ich der Meinung, daß von Ihrer Arbeit über die relative Erregbarkeit nur der erste Teil erschienen sei, und die Fortsetzung noch ausstehe. In dieser hoffte ich, einige Bemerkungen Ihrerseits veranlassen zu können.

Erst Ende Mai langte hier die zweite Hälfte der Wiener Sitzungsberichte vom vorigen Jahre ein, weil die Akademie die Tauschexemplare an andere Gesellschaften unglaublich spät verschickt. Erst jetzt sah ich, daß die erwartete Fortsetzung schon erschienen ist; dieselbe ist deshalb leider auch in meinem Jahresbericht pro 1875 nicht aufgenommen, von dem ich damals schon die Korrektur gelesen hatte (ich weiß nicht, warum er noch immer nicht erscheint). Jetzt weiß ich freilich nicht, wann Sie auf den Gegenstand zurückkommen, doch bin ich überzeugt, dass das aus Anlass einiger kontroverser Arbeiten bald der Fall sein wird.

Was nun meine Wünsche betrifft, so handelt es sich hauptsächlich darum, eine nochmalige Polemik meines Assistenten Dr. Luchsinger gegen Sie zu verhindern. Er hat mir vorige Woche einen bezüglichen Aufsatz, für Pflüger bestimmt, übergeben. Ich habe ihn aber von der Absendung zurückgehalten, weil ich glaube, die Sache läßt sich durch einige Worte Ihrerseits beilegen.

Luchsinger hattte ein meiner Überzeugung nach ganz falsches Verfahren Preyers angegriffen. Hierauf haben Sie ihm mit harten Worten eine „ganz falsche Deduktion“ vorgeworfen, wogegen er sich durch eine Erwiderung verteidigen zu müssen glaubte. Hierauf haben Sie seine Verletztheit als unberechtigt hingestellt und die Sache nochmals entwickelt.

Wie mir scheint, besteht nun zwischen beiden Seiten durchaus keine theoretische Differenz; wie sollte das auch in einer so klaren Sache möglich sein? Sie haben nur, wie mir scheint, Luchsingers Verteidigung als einen Angriff gegen Ihre Versuche, und Luchsinger Ihren Angriff gegen ihn als eine Verteidigung Preyers aufgefasst. Hier liegt das Mißverständnis. Ihr Verfahren ist ohne Zweifel, wenn auch ich ein bequemeres vorgezogen hätte, theoretisch richtig gewesen, weil Sie Sorge getragen haben, sich von dem asymptotischen Teil der Kurve fern zu halten; vermutlich war auch bei Ihnen der brauchbare Teil etwas länger als gewöhnlich, weil Sie, wie es scheint, eine viel widerstandsreichere primäre Spirale als gewöhnlich und Widerstände im Hauptkreis gehabt haben. – Alles Übrige sind Streitigkeiten über den Ausdruck; so, daß Luchsinger gesagt hat "Kurzer dicker Draht", obgleich nur die Dicke erforderlich, die Kürze nur zweckmäßig ist, daß ferner ich gesagt habe, die Kurve steige anfangs steil an, nähere sich aber dann schnell asymptotisch dem Maximalwert, während es genauer heißen muß: sie steigt anfangs steil, und hat dann den Maximalwert schon so gut wie erreicht.

Wir wissen ja alle drei, was wir wollen; sollte es nicht möglich sein, den Streit durch einige Bemerkungen zu schlichten, wenn Sie das Gefühl haben, daß auch Luchsinger von Anfang an den Sachverhalt richtig beurteilt hat? Ich hoffe, ihn durch eine derartige Zusage Ihrerseits zum Abwarten bewegen zu können; an meiner Person liegt mir weniger.

Einen speziellen Wortlaut Ihnen vorzuschlagen, wie Sie es wünschen, kann ich mich begreiflicherweise nicht entschließen. Mit herzlichen Grüßen Ihr hochachtungsvoll ergebener

L. Hermann

L.886 *R.746

1876 VII 10, Graz

Lieber Bruder!

Gerne hätte ich Dir schon früher geschrieben, aber unsere Kommission hat sich Stillschweigen auferlegt und so kann man nur auf Schleichwegen und durch Transpiration etwas erfahren.

Sicher ist, dass Rembold da war und sich auf das allseitige Andrängen bereit erklärte zu kommen. Rembold hat aber hier allen Kollegen ebenso wie mir versichert, dass er Dir nicht in den Weg treten wolle und gerne in Innsbruck bleibe, nur dem Drängen Skodas, Rokitanskys und der Kommission hier gebe er nach, Du müsstest aber mit vorgeschlagen werden. Dass Rembold auch das Letztere verlangte, erfuhr ich eben erst jetzt durch Blodig, nachdem mir Dein Brief avisierte, dass man sich um Dein curriculum vitae an Dich gewendet hat.

Ich mutmaße nun, dass in der morgen, den 11. Juli, um 17:00 Uhr stattfindenden Sitzung der Vorschlag erstattet werden wird und dass man eine Terne vorschlagen wird: 1. Rembold, 2. Dich, 3. weiß ich nicht und habe keine Ahnung; bist Du nun damit einverstanden?

Ich werde für Wegfall der Lokation plädieren. Ob ich aber durchdringe? Wenn nicht, d.h. wenn nicht nur 3 Namen ohne Lokation 1, 2 und 3, wie das neuerlich bei mehreren Vorschlägen schon geschah, sondern eine Terne mit obiger Lokation vorgeschlagen wird, ist Dir das recht? Oder nicht?

Wolltest Du im Falle Du nur secundo loco genannt würdest, überhaupt nicht genannt sein, so könnte ich das erklären, müsste es aber bis morgen 17:00 Uhr telegraphisch erfahren.

Ich werde also unter allen Umständen für Nichtlokation plädieren, weil ja dann Dein Zweck, vorgeschlagen zu werden, so gut als nur möglich, erreicht ist. Wenn aber der Antrag auf Nichtlokation fällt, so werde ich, wenn ich kein Telegramm von Dir bekomme, auch zustimmen, dass Du secundo loco vorgeschlagen werdest.

Nur wenn ich bis 17:00 Uhr ein Telegramm von Dir in Händen habe, in welchem steht: Nicht einverstanden, werde ich erklären, dass Du wünschest, überhaupt nicht genannt zu werden. Ich muss schließen und werde versuchen, den Brief noch zu rekommandieren, da es aber schon sehr spät ist, weiß ich nicht, ob es mir gelingen wird und dann gebe ich denselben so auf.

In Eile Dein Dich liebender

Alexander

L.887 *R.747

1876 VII 11, Wien

Lieber Bruder!

Besten Dank für Dein gestriges Schreiben. Wie ich die Situation überblicke, scheint es mir sicher zu sein, dass Rembold nach Graz kommt. Schon darum, weil Rokitansky es wünscht. Mir kann das natürlich auch recht sein. Ich glaube, dass für mich nichts zu gewinnen wäre, wenn ich mich einer Lokation bei dem Vorschlage widersetzt hätte. Ich wäre dann einfach gar nicht genannt worden und kein Mensch wüsste warum. So aber ist es nichts Besonderes, wenn ein seit Jahren in Aktivität stehender Professor den Vorzug erhält. Wahrscheinlich denkt Rokitansky – und mit vollem Recht – dass, wenn Innsbruck frei wird, die Aussichten für Prokop besser sind als in Graz. Vielleicht wird man auch mir den Antrag machen, nach Innsbruck zu gehen, in der Erwartung, dass ich ihn ablehnen werde. Das werde ich nach meinen bisherigen Intentionen auch tun. Oder soll ich mich in ein behagliches Otium nach dem schönen alten Land zurückziehen? Warum geht denn Rembold auf einmal ungern von Innsbruck weg? Sind es die dortigen Universitätsverhältnisse, das rege wissenschaftliche Leben, ein glänzender Wirkungskreis als Lehrer und Arzt, die ihn fesseln, oder nicht vielmehr ein behagliches Stilleben. Ich schätze Rembold und bin ihm für sein freundschaftliches Verhalten mir gegenüber sehr dankbar. Aber ich glaube, dass das nicht das einzige Motiv seines spröden Verhaltens gegen Graz sein dürfte. Er lässt sich eben nicht gern aufstören aus seinem gewohnten mit behaglicher Arbeit und chemischen Laboratorien gewürzten Alltagsleben. So etwas könnte man in Innsbruck finden. Viel mehr glaube ich nicht. Ich stimme in die Worte Deines vorletzten Briefes ein. Weit davon ist gut für den Schuss. Man möge mich bei dem Grazer Vorschlage nennen, damit die Leute erfahren, dass ich auch da bin. Mehr verlange ich vorläufig nicht.

Mit besten Grüßen Dein

Emil

L.888 *R.748

1876 VII 25, Graz

Lieber Bruder!

Über unseren Vorschlag soll nicht gesprochen werden, so ist der Wunsch des Kollegiums und namentlich will man die medizinischen Sudelblätter Wiens nicht in die Lage versetzen, über diese Sache viel zu reden.

Das musste ich Dir zuerst sagen und nun teile ich Dir mit, was geschehen ist. Blodig wurde zum Referenten der Kommission gewählt, sein Elaborat ist so dumm und phrasenreich wie möglich. Schauenstein hat aber doch Bravo gerufen. Nachträglich erfahre ich durch Pebal, dass beim genaueren Durchlesen es dem Dekane Planer doch auch zu dick geworden ist und er nun in Verzweiflung darüber ist, was man damit machen soll. Blodig hat Deiner sehr ehrenvoll erwähnt und Dich, wie ich das voraussah, secundo loco vorgeschlagen und kommt folgender Passus vor: Herr Doktor E[mil] Rollett hat aber Bedingungen gestellt, in deren nähere Auseinandersetzung das Kollegium nicht eingehen zu können glaubt und die der Vereinbarung des betreffenden Kandidaten mit dem H[ohen] Ministerium selbst vorbehalten bleiben müssten. Ein Abgehen von der Lokation war nicht durchzubringen. Es ist aber als Motiv für Rembolds primo loco nur angeführt, dass derselbe schon mehrere Jahre Professor ist.

Tertio loco ist Haimel, der gegenwärtige Supplent, wie jedermann ersichtlich sein wird, bloß höflichkeitshalber genannt.

Was ist mit Deiner Reise? Ich wünsche, dass man Dich um Innsbruck fragt, wenn Dir das angenehm ist, dass Du aber auch nur mit einer Spur eines Gedankens daran denken könntest, dorthin zu gehen, wie eine Stelle Deines Briefes beinahe vermuten lässt, kann ich nur für einen Scherz halten.

Schreibe mir jedenfalls, ob und wann Du fortgehst. Vorläufig bleibe ich hier, um eine Arbeit zu vollenden. Wir haben nun noch Rigorosen, sonst ist alles vorüber.

Ein Jahr so düster wie keines früher, ist damit für Graz abgeschlossen. Unsere Universität geht wieder zugrunde. Ich glaube an kein Besserwerden und trage mein Geschick mit Resignation weiter.

Es grüßt Dich Dein

Alexander

L.889 *R.749

1876 VII 26, Graz

Hochverehrter Herr Professor!

Wegen achttägiger Abwesenheit von Graz bin ich erst heute in der Lage, Ihrem vollkommen gerechtfertigten Wunsche, nämlich endlich wieder in den Besitz von Schlossbergers Chemie der Gewebe zu gelangen, nachzukommen.

Übrigens werde ich auch persönlich mich verabschieden und für so viele Zeichen des Wohlwollens und für die zuerst von Ihnen ausgegangene Anregung zu ernsthaftem Streben mich bedanken. Mit hochachtungsvollem Gruß

Graber

L.890 *R.750

1876 VII 28, Wien

Lieber Freund!

Was gedenkst Du in den Ferien zu tun. Werden wir uns in den Gebirgen treffen? Wir gehen am 7. August abends nach Unterach am Mondsee [recte: Attersee]. Ich möchte aber gerne eine kleine Tour irgendwohin unternehmen. Ich möchte Dich nur umso mehr gerne sehen, als meine Hoffnungen Dich dauernd zu sehen, ohnedem sehr gering sind. Das Wort Hoffnung bezieht sich dabei nur auf Dich, denn was eine allfällige Übersiedlung nach Graz betrifft, so schaudert mir in der Tat davor, aber nicht (wie bei Dir) vor den Grazer Verhältnissen, sondern vor dem Assimilierungsprozess zwischen Laboratorium und mir. Hier bin ich gerade fertig damit und könnte nächsten Winter ziemlich con amore arbeiten. Was mich dagegen den Grazer Posten annehmbar erscheinen lässt, ist, dass nach Beendigung jenes Assimilierungsprozesses ich doch in Graz besser arbeiten könnte.

Übrigens, da ich nicht ins Ministerium gehe, wird es gewiss nicht zu mir kommen. Und unter dem oben Gesagten wirst Du verstehen, dass ich ganz ruhigen Blutes dem Ausgange zusehe. – Falls mir an der Sache mehr gelegen wäre, hätte ich wohl wünschen müssen, daß der Vorschlag energischer ausgefallen wäre.

Am liebsten wäre mir, fast Boltzmann käme hin, weil er hier zwei Zimmer bekommen hat, die ich vielleicht für Exner dann erobern könnte. Raummangel ist gegenwärtig mein größtes Hindernis. Epstein schrieb mir, er habe von Dir erfahren (ich habe es ihm schon längst selbst gesagt), dass ich eine kleine Gramme M[aschine] möchte. Du wirst wohl noch keine gekauft haben. Ich muß darüber noch mit Dir reden. Jetzt konstruiert Schuster eine größere Maschine, die vielleicht unserer großen entspricht. Mit bestem Gruß

Viktor Lang

L.891 *R.751

1876 VII 30, [?]

Sehr geehrter Herr Kollege!

Ich danke Ihnen vielmals für Ihre freundlichen Mitteilungen. In der medizinischen und philosophischen Fakultät bei uns wurde konform unseren Anträgen beschlossen, in Wien hat man sich, wie ich erfuhr, einfach ablehnend verhalten. So ist wohl einige Hoffnung vorhanden, daß diese neueste Lobmeyerische Idee nicht zur Ausführung kommt. Indem ich Ihnen recht angenehme Ferien wünsche und volle Erholung von den Strapazen und Ärgernissen des Semesters, grüße ich Sie herzlichst, Ihr ergebener

Knoll

Anmerkung Der Ausstellungsort könnte allenfalls als Čtuyn gelesen werden.

L.892 *R.752

1876 VIII 3, Graz

Lieber Bruder!

Ich hoffe, dass dieser Brief Dich noch in Wien trifft und dass die Nachricht, die er Dir

bringt, von Dir gut aufgenommen werden möge. Ich bin des Alleinseins müde und möchte mein Haus mir so einrichten, dass ich nur mir, meiner Familie und meinen Arbeiten leben kann. Du kennst meine Verhältnisse und wirst Dir darum leicht erklären, dass ich meine Wahl denselben anpasse. Eine solche Anpassung hätte nun freilich auf verschiedene Weise ausgeführt werden können. Es spielt aber in solchen Dingen Gelegenheit und Zufall auch immer eine Rolle. Und so ist es denn gekommen, dass ich entschlossen bin, mich in einigen Wochen ganz in der Stille zu verheiraten.

Jedes Aufsehen soll vermieden und die Welt vor eine vollendete Tatsache gestellt werden. Ein gutes, braves, schönes, sehr verständiges und mit ausgezeichneten Anlagen begabtes Mädchen ist aus dem Roserl geworden, welches Du ja auch schon gesehen hast. Ich bin überzeugt, dass man, wenn sie nur erst meine Frau ist, sich fragen wird, woher sie denn das alles genommen hat?

Ich will aber weiter nicht in Erörterungen eingehen und möchte Dich nur bitten, mir zu vertrauen, dass ich alles und nach allen Richtungen genau erwogen habe und dass ich zwar jetzt bald, und kurz nachdem ich Dir meinen Entschluss mitgeteilt habe, an das Handeln gehe, dass ich aber schon lange die reiflichsten Erwägungen angestellt habe. Ich bitte Dich, mir bald zu antworten, welche Aufnahme die Sache bei Dir findet und mir zu sagen, was Du etwa mitgeteilt wünschen wirst.

Ich will durch meine rasche Tat alle weiteren Skrupeleien unmöglich machen, hielt mich aber Dir und den Geschwistern gegenüber verpflichtet zu verraten, was ich sonst niemandem sagen werde, bis die Tatsache sich vollzogen hat.

Nun muss ich Dir noch etwas sehr Komisches mitteilen. Tomaschek sagte mir, als er hier war, dass er in Wien gehört hätte, dass man Dir, weil Du im Winter nicht in Baden bleibst, verboten hätte, auch im Sommer dort zu praktizieren. Ich lachte und fragte ihn, wer ihm dieses Ammenmärchen erzählt hätte? Daran erinnerte er sich nicht mehr, er war aber sehr gedemütigt darüber, dass er es überhaupt der Mühe wert fand, mich über die Sache zu fragen. Dein

Alexander

L.893 *R.753

1876 VIII 4, Wien

Lieber Bruder!

Der Entschluss, den Du mir in Deinem gestrigen Schreiben mitgeteilt hast, hat mich weniger überrascht, als Du es glaubst. Das Wichtigste bei der Wahl einer Frau sind doch die persönlichen Eigenschaften, die äußeren und die inneren Vorzüge und Bürgen einer glücklichen Zukunft. Wenn Dir also Deine amtliche Stellung und Relation zu Deinen künftigen Schwiegereltern kein Veto auferlegt und Du Dir den künftigen Modus vivendi wohl überlegt und zurechtgelegt hast, wenn Du also mit diesen Faktoren, mit denen Du jedenfalls rechnen musst, im reinen bist, dann hast Du recht, Dich um das Urteil und den Tratsch der Welt nicht weiter zu kümmern. Ich meinerseits wünsche von ganzem Herzen, dass Deine Absichten und Pläne Dir und Deiner künftigen Frau Glück und Zufriedenheit bringen.

Morgen reise ich endlich von Wien ab und werde direkt bis Lindau fahren, um von da in die Schweiz überzutreten. Den sonstigen Reiseplan habe ich nur beiläufig provisorisch entworfen. Vielleicht schreibst Du mir nach Luzern, wo ich am Postamt um einen Brief anfragen werde. Mit Auguste werde ich einen öfteren Austausch von Nachrichten unterhalten. In der Besetzungsangelegenheit habe ich nichts weiter gehört und kümmere mich auch nicht weiter darum.

Mit vielen Grüßen und Küssen Dein

Emil

Liebe, gute Adele!

Nun ist es geschehen, ich werde heiraten. Ich sehe, dass Du lachen wirst, Du Pfiffige, wie Du gelacht hast, als ich Dir das Geheimnis zuerst verschämt mitgeteilt habe.

Lache Dich also zuerst aus und lese weiter. (Pause – !!!!)

Ein schönes, liebes, gutes Mäderl will ich mein nennen. Ich bin sicher, dass sie Dir und allen gefallen wird.

Die gute Mutter, welcher ich den schwierigen Fall vor einigen Tagen mitteilte, hat uns ihren Segen gegeben und so hoffe ich denn, dass auch Du von meiner Mitteilung nicht unangenehm überrascht sein wirst. Überrascht schon gar nicht, weil Dir wahrscheinlich die Gusti unter dem Siegel der Verschwiegenheit mitgeteilt haben wird, dass ich dem Emil unter dem Siegel der Verschwiegenheit meine Absicht geschrieben habe, was ihr Emil wieder unter dem Siegel der Verschwiegenheit gesagt haben wird.

So verschweigt eben eines dem andern die wichtigsten Sachen, bis es Alle wissen. Hoffentlich wirst Du aber den Karl und die Stefferl, die ich beide herzlich küsse, noch nicht in die Geheimnisse des menschlichen Daseins eingeweiht haben.

Nun kommt aber erst das Wichtigste. Ich werde mich am 21. d[ieses] M[onats] so still, als das möglich ist, trauen lassen.

Es würde mich unendlich freuen, wenn Schurz mein Beistand sein würde. Da ich ihm aber keine ihm ungelegene und zuwidere Mission zumuten will, so bitte ich Dich, folgendes zu tun. Frage Du, ob Schurz am eben besagten Tage könnte und wollte, aber so als ob Du es nur für Dich wissen wolltest. Sagt er dann Ja!, so rücke mit der Farbe heraus.

Er würde dann schon ein paar Tage früher kommen können oder wenigstens den Sonntag vorher in Graz zubringen können.

Ich begreife, dass das eine sehr gewagte Zumutung ist, dass man nach Graz reisen soll, bloß um dort bei einer so faden Zeremonie mitzutun.

Nur wenn es Schurz gelegen ist, einen Ausflug damit zu verbinden, will ich meine Bitte ausgesprochen haben. Mein Mäderl wird ihm gewiss gefallen. Ihr Beistand ist der Fabrikant Söldner, Roserls Onkel, welchen Schurz von Mödling her kennen soll.

Es grüßt und küßt Dich und wartet auf eine baldige Antwort Dein

Alexander

Anmerkung Dieser Brief erliegt im Stadtarchiv Baden im dortigen Nachlass Alexander Rollett.

Lieber guter Schwager!

Ich danke Dir recht herzlich für Deinen Brief und für Deine Bereitwilligkeit, mir beizustehen.

Um Dich nun aber genau zu orientieren, muss ich Dir mitteilen, dass die Trauung am 21.ten d[ieses] M[onats] um 6 oder ½ 7 Uhr morgens stattfinden soll.

Um ½ 11 Uhr vormittags müssen wir nämlich abreisen. Es wäre darum sehr schön, wenn Du schon Samstag kommen könntest. Sonntag würden wir dann miteinander leben und Montag könntest Du mit dem um 11 Uhr nach Wien gehenden Posteilzug wieder nach Wien reisen.

Ist es Dir Samstag zu früh, so komme Sonntag, aber so, dass wir noch einige Zeit miteinander verbringen können.

Sehr leid wäre mir, wenn Du nicht abkommen könntest. Doch hoffen wir das Bessere!

Grüße und küsse mir Adele, Stefferl und Karl und sage Adele, dass ich ihr für ihren lieben Brief vielmals danke.

Entschuldige ferner meine Kürze, aber ich habe über und über zu tun.

Mit herzlichen Grüßen Dein aufrichtiger

Alexander

Anmerkung Dieser Brief erliegt im Stadtarchiv Baden im dortigen Nachlass Alexander Rollett.

L.896 *R.754

1876 VIII 15, Paris

Lieber Bruder!

Ich teile Dir mit, dass ich soeben glücklich in Paris eingelangt bin. Mein Absteigequartier ist Hotel Doiree, 3 Boulvard Mont Martre; unter dieser Adresse bitte ich, mir zu schreiben. Es interessiert mich begreiflicherweise vor allem Deine Heiratsangelegenheit. Ich bitte Dich mir zu schreiben, wann und wie Deine Vermählung stattfinden wird und empfange im Voraus meine herzlichsten brüderlichen Wünsche. Von Auguste empfing ich gestern in Genf ein Schreiben, in dem sie mir mitteilt, dass Du sehr bald Ernst machen wirst. Meine Schweizer Tour war von dem allergünstigsten Wetter begleitet, das auch auf dem Rigi nichts zu wünschen übrig ließ. Ich bin über den Bodensee nach Romanshorn, von da nach Schaffhausen, dann erst nach Zürich, von wo aus ich auf den Uetliberg meinen Ausflug machte. Von Zürich über Zug nach Art[h] von da auf den Rigi zurück, nach Viznau über den Vierwaldstättersee nach Tonnen und […], von da auf den Axenstein, mit Wagen nach Flüelen, Altdorf, über den See wieder nach Luzern, von da nach Alpnach über den Brünigpaß und den Brienzersee nach Gießbach, von da über den Brienzer- und Thunersee nach Bern, von Bern über Fribourg, Lausanne nach Genf, von wo ich heut in Paris über Culoz, Macon, Dijon eintraf. Hier denke ich ein paar Wochen zu bleiben, um alle Sehenswürdigkeiten, wenigstens die hauptsächlichsten, genießen zu können. Ich eile nun, mich ein wenig abzuwaschen und zu erfrischen, denn ich habe die Nacht im Waggon verbracht und sehr wenig geschlafen. In der Erwartung eines baldigen Schreibens Dein Dich liebender Bruder

Emil

L.897 *R.755

1876 VIII 16, Triest

Verehrtester Herr Professor!

Nachdem ich eine große Anzahl von Fischknochen untersucht hatte, kam ich zur Überzeugung, dass mein ursprünglicher Plan – die Knochenzellen zu reizen – unausführbar sei. Teils wegen der Menge an Knochenkörperchen in den meisten von mir untersuchten Fischknochen, teils aber auch wegen der geringen Widerstandsfähigkeit oder besser gesagt Überlebensdauer des Gewebes der Fische. Ich habe mich daher gleich auf eine andere Arbeit geworfen, und zwar auf die Untersuchung der Chromatophoren der Cephalopoden. Es ist dies ein vielversprechendes Kapitel, da schon die ersten Versuche mit elektrischer Reizung ganz prächtige Resultate lieferten. Ich will Ihnen nicht früher etwas Ausführlicheres mitteilen über den Gang der Untersuchung, bevor ich nicht eine größere Summe von Tatsachen zur Verfügung habe.

Aber mit einer Bitte möchte ich Sie belästigen in der Hoffnung, daß Sie mir dieselbe erfüllen werden. Boll hat in Max Schultzes Archiv eine Arbeit über die Cephalopoden chromatophoren publiziert, und zwar wie ich glaube in einem Supplementbande vom Jahre 1873. Es wäre mir diese Arbeit von großem Nutzen, ja unumgänglich notwendig, da ich sonst sehr viel Überflüssiges arbeiten würde. – Professor können überzeugt sein, dass ich dies Buch, wenn ich wüsste, wo Dr. Heider sich jetzt befindet, von ihm ausgeliehen hätte und Sie nicht belästigt hätte. So aber bin ich genötigt, mich an Ihre Güte zu wenden.

Ich bin ganz zufrieden mit den Verhältnissen der hiesigen Station und habe die Überzeugung, dass sich ein reichliches Material für physiolog[ische] Untersuchung vorhanden ist, nur würden die zu solchen nötigen physiolog[ischen] Apparate, die man sich selbst mitzubringen hat, die Arbeiten sehr umständlich machen.

Vom Torpedo habe ich ein Präparat bestehend aus dem Zentralorgane, an dem auf einer Seite das elektrische Organ mitpräpariert ist, in Spiritus 1:3 H2O eingelegt zur Demonstration. Das andere elektrische Organ habe ich in absoluten Alkohol eingelegt. – Ich hatte damals noch keine Gefäße, sonst hätte ich ganze Torpedos eingelegt. – Wenn ich in dieser Hinsicht Ihnen einen Wunsch erfüllen kann, z. B. Gehirn von Torpedo und Organ noch in Müll[ersche] Flüss[igkeit] Chromsäure und Alkohol einzulegen, so bitte ich Sie, mir dies bald mitzuteilen, damit ich mir die Härtungsflüssigkeiten bereiten kann.

Indem ich Sie nochmals um Entschuldigung bitte wegen meiner Zudringlichkeit, zeichne ich mit Hochachtung Ihr dankschuldiger

Dr. Klemensiewicz

L.898 *R.756

1876 VIII 20, Graz

Lieber Bruder!

Ich danke Dir sehr für Dein Schreiben vom 15. d[ieses] M[onats] und freue mich, dass Deine Reise guten Fortgang nimmt. Morgen um 6:30 Uhr werde ich getraut. Schurz ist hier und mein Beistand. Roserls Beistand ist der Fabrikant Söldner aus Wien, ihr reicher Onkel. Bis heute weiß niemand etwas in Graz von meiner Verheiratung. Es geht oft merkwürdig zu, auch in tratschreichen Nestern. Morgen um 10:30 Uhr reise ich nach dem Süden ab. Ich gedenke, von Laibach aus zunächst Ausflüge nach Tarvis, Raibl etc zu machen, was etwa 4 Tage in Anspruch nehmen wird, dann gehe ich nach Venedig, wo ich etwa 4 Tage verbleiben werde. Dorthin könntest Du mir schreiben, aber sogleich nach Ankunft dieses Briefes, denn am 28. d[ieses] M[onats] könnten wir von Venedig vielleicht schon wieder abreisen.

Von Venedig denke ich, wenn ich mich überzeugt haben werde, wie dem Roserl das Reisen anschlägt und dass meine Mittel für Italien ausreichen, mit einem Rundreisebillette über Florenz, Rom, Neapel, Genua, Turin, Mailand, Verona, Bozen und Villach nach Wien und Baden zu kommen, wo ich die letzte September- und erste Oktoberwoche zubringen möchte. Du siehst, ich habe Großes vor, gebe Gott, dass wir es durchführen, so wie ich auch andächtigst wünsche, dass mir meine Feinde nicht gar zu übel mitspielen, wenn nun meine Heirat publik wird. Was man tun und ersinnen kann, um möglichst sicher gegen wirkliche Erschütterungen zu sein, habe ich getan. Solltest Du Marey, Bernard und Ranvier sprechen, dann melde ihnen meine „homage respectuente“, sie werden sich gewiss meiner erinnern. Mit vielen Grüßen und Küssen Dein Dich liebender

Alexander

L.899 *R.757

1876 VIII 20, Triest

Geehrter Herr Professor!

Ihre freundliche Sendung habe ich heute erhalten, obgleich ich dieselbe noch nicht behoben habe, fühle ich mich doch verpflichtet, Ihnen meinen herzlichsten Dank auszusprechen für die Güte, mit der Sie meinen wiederholten Bitten so freundlich entgegengekommen sind. Ich hätte es nicht gewagt, Sie, Herr Professor, so oft zu belästigen, wenn ich nicht vorausgesehen hätte, daß mein hiesiger Aufenthalt ganz unfruchtbar sein würde, da mir die ganze Literatur für Physiologisches fehlte. Seien Sie daher nicht böse, daß ich Ihre Güte so sehr in Anspruch nahm und halten Sie mir meine Freiheit zugute, da das Verlangen nach Büchern der Absicht entsprang, den hiesigen Aufenthalt auch nützlich zu verwerten.

Ich will Ihnen, Herr Professor, nächstens ausführlich über meine Experimente berichten, welche mir wenigstens sehr interessant vorkommen, nur will ich vorerst Bolls Arbeit durchmachen, um Bekanntes von Neuem besser sondern zu können. Bis dahin zeichne ich mit Hochachtung Ihr dankschuldiger Schüler

Dr. Klemensiewicz

[v.1876] [VIII] [21], [Graz]

Geehrter Herr Kollege!

Nächsten Dienstag, den 7. d. M. 1/2 8 Uhr abends beginnt bei uns ein kleines Tänzchen und meine Frau und ich hoffen zuversichtlich auf Ihre uns liebe Erscheinung. Ich schreibe zwar

heute vom Bette aus, der Strohal ist mir in den Bauch gefahren. Zur rechten Zeit hoffe ich aber bereit zu sein, um Gäste empfangen zu können. Mit Hochachtung Ihr ergebener

A. Reyer

Anmerkung Zur Datierung: Der Brief ist wohl vor Rolletts Vermählung am 21. 8. 1876 entstanden, möglicherweise 1875, als sich Emil Strohal in Graz habilitiert.

[n.1876] [VIII] [21], [Graz]

Lieber Rollett,

Ich habe für morgen (Dienstag) Mittag 2 Uhr ein paar Herren bei mir zu Tisch geladen. Wollen auch Sie mir das Vergnügen machen und mein Gast sein? Ihre Frau Gemahlin wird Ihnen gewiß für diese kleine Reminiszenz an die Junggesellenzeit den erforderlichen Urlaub zu erteilen die Güte haben.

Ihr ergebenster

Hildebrand
Mittwoch

Anmerkung Zur Datierung: Der Brief dürfte relativ bald nach Rolletts Vermählung am 21. 8. 1876 entstanden sein.

[n.1876] [VIII] [21], [Wien]

Lieber Freund!

Sehr bedauerte ich, Dich zweimal verfehlt zu haben. Ich hoffe aber, Dich doch mit Deiner Frau in Weinhaus zu sehen. Nachdem die Gefahr einer Ansteckung nach Diphteritis jetzt doch vorbei sein dürfte. Meine Frau ist jetzt leider sehr oft unwohl, obwohl nur immer für kurze Momente (Kindesbewegung). Solltet Ihr aber einmal zwischen 5 und unendlich Zeit haben, würde ich wohl noch von Eurem Besuch profitieren können. Mit besten Grüßen

Viktor Lang
Dienstag 10 Uhr

Anmerkung Zur Datierung: Der Brief muss nach dem 21. 8. 1876 (als dem Hochzeitsdatum Rollett s) entstanden sein.

Hochgeehrter Herr College!

Gestern endlich habe ich mein Manuskript auf die Post gegeben. Als ich Ihnen im Herbst vorigen Jahres schrieb, dass ich das Manuskript binnen einiger Wochen einschicke, tat ich es bona fide. Bald drauf trat eine Wahlcampagne an der Universität ein. Bei Rektorswahl und bei Besetzung 2 Vakanzen von Ordinarien an unserer Fakultät. In Bezug auf ein Ordinariat war ich persönlich interessiert und siegte mit 3 Stimmen Majorität. Die Gefahr war bedingt durch die gleichzeitige Wahl des Rektors, eines Postens, der bei uns sehr begehrt wird, da er sehr lukrativ ist. Der Rektor wird bei uns gewählt auf vier Jahre und kann wieder gewählt werden. Im Mai ist die Angelegenheit erst zum Austragen gekommen und ich hätte von da ab ruhig arbeiten können, wenn mich nicht fortwährende Krankheiten in der Familie gestört hätten. In diesen Tagen wird meine Tochter einer Operation unterworfen, die sehr schlimm werden kann, ich bin daher verhindert, zur Naturforscherversammlung nach Warschau zu reisen. –

In Bezug auf das Manuskript muss ich bemerken, dass die Tafeln nicht nummeriert sind. Die Zeichnungen sind aber mit fortlaufenden Nummern bezeichnet und müßten, wenn es angeht, der Nummeration entsprechend zum Abdruck kommen. Die inzwischen erschienene Arbeit von Moississowitsch [Mojsisovics] konnte ich nicht berücksichtigen, da die Wiener Sitzungsberichte sehr verspäten [sic]. Die übrige Literatur habe ich insoweit berücksichtigt, als sie sich auf intraepitheliale Nerven und auf kleine Tasthaare bezieht. Auf die großen Tasthaare komme ich noch zurück. Im Laufe des Winters hoffe ich Ihnen einige einschlägige Präparate schicken zu können. Vorläufig habe ich mich überzeugt, dass in dem schildförmigen Körper (Dietl) ein Nervenendapparat liegt. Ob er spezifisch sensoriell ist und sich von den Nerven in der Haarscheide morphologisch unterscheidet, weiß ich noch nicht. Die Untersuchung ist hier eine äußerst schwierige.

Falls die Separatabdrücke aus Wien Ihnen zugeschickt werden, so bitte ich, die nötige Zahl von Exemplaren für Graz zurückzuhalten und das übrige mir zuzuschicken, das Postporto für letztere sowie für das Manuskript, das nur bis an die Grenze franquiert werden konnte, muss ich Ihnen vorläufig schuldig bleiben.

Stieda teilte mir brieflich mit, dass von Ebner mit einer Unternehmung über Haarentwicklung beschäftigt ist. Ersterer ist sehr gespannt auf die Resultate.

Wir sind gegenwärtig politisch sehr aufgeregt, der Sieg der Serben bei Aleksinat hat hier großen Jubel hervorgerufen. Auf die Engländer und die Ungarn sind wir sehr schlecht zu sprechen und hätte die öffentliche Meinung in Russland über Krieg und Frieden zu entscheiden, so stünden wir schon längst an den Balkan. In der serbischen Armee befinden sich gegenwärtig mehrere hundert russischer Offiziere und Ärzte. Auch aus Kasan ist ein Sanitätszug abgegangen.

Herrn Professor von Ebner und Ihren Herren Assistenten meine besten Grüße. Die von Ihnen und Klemessewitsch [Klemensiewicz] mir zugeschickten Separatabdrücke habe ich erhalten und danke bestens. Ich der Hoffnung, von Ihnen bald 1 Brief zu haben, verbleibe ich hochachtungsvoll Ihr

Arnstein

Sehr geehrter Herr Kollege!

Zu Ihrer Vermählung wünschen Ihnen von Herzen Glück,

Franz Eilhard Schulze und Frau

L.905 *R.759

1876 IX 3, Gleichenberg

Dr. Franz Clar, k.k. Professor, derzeit in Gleichenberg, meldet seine herzlichsten Glückwünsche.

L.906 *R.760

1876 IX 3, Unterach

Meine und meiner Frau innigste Glückwünsche zu dem freudigen Ereignis vom 21. August. Möge dem neuen Hausstande stets Freude und Segen lächeln.

V. Lang

L.907 *R.761

1876 IX 4, Kitzbühel

Hochverehrter Freund!

Gestern erhielt ich die Nachricht von Ihrer Vermählung und ich beeile mich, Sie und Ihre Frau Gemahlin zu beglückwünschen. Meine Frau hatte eine ganz besondere Freude über die Nachricht und lässt dem jungen Paare auf das herzlichste gratulieren.

Schon lange hatte ich vor, Ihnen für Ihren Brief vom 25. Juli, der mich über den Erfolg unseres Antrages im Professorenkollegium benachrichtigte, zu danken, allein die vielen geschäftlichen Schreibereien, die ich in letzter Zeit in Verlassenschaftsangelegenheiten zu machen hatte, ließen mich nicht dazu kommen. Ich bin gegenwärtig hier bei meinen Schwiegereltern, wo ich bis Ende dieses Monats zu bleiben gedenke. Dann möchte ich noch nach Wien gehen, um die Institutsangelegenheit persönlich zu betreiben.

Für Ihre Teilnahme an dem schmerzlichen Verluste, der mich betroffen hat, danke ich von Herzen. Indem ich die Glückwünsche zu Ihrer Vermählung in meiner Frau und meinem Namen nochmals wiederhole, bleibe ich Ihr ergebenster

V. v. Ebner

L.908 *R.762

1876 IX 8, Velden

Liebster Freund!

Durch Deine geehrte Mutter von Deiner Vermählung benachrichtigt, bringe ich im Vereine mit den Meinen Dir und Deiner geehrten Frau Gemahlin die herzlichsten Glückwünsche dar. Wie ich, Dir treu ergeben, an den Geschicken Deines Lebens den innigsten Anteil nehme, so habe ich auch die Nachricht von Deiner Vermählung mit Freuden vernommen, überzeugt, dass Du die beste Wahl getroffen hast, die Wahl, welche das Glück Deines Lebens begründen wird. So mögen denn alle Deine Hoffnungen sich so schön, als es nur sein kann, verwirklichen, und Du reines, ungetrübtes Glück, wie Du es verdienst, finden!

Empfiehl uns Deiner geehrten Frau Gemahlin und sei herzlich gegrüßt von Deinem Dir treu ergebenen

Karl Schenkl

L.909 *R.763

1876 IX 13, Prag

Verehrter Herr Kollege!

Erlaube mir, Ihnen meine herzlichsten und aufrichtigsten Wünsche zu Ihrer Vermählung darzubringen. Es hat mir sehr leid getan, Sie nicht angetroffen zu haben.

Hochachtungsvoll grüßend

E. Mach
Prag, Obstmarkt 7

L.910 *R.764

1876 IX 18, [?]

Sehr geehrter Herr Professor!

Der Muskeltelegraph ist bereits unterwegs oder vielleicht schon in Ihrem Besitz. Die beiden Spiralfedern sind in Papier gewickelt und mit eingelegt. Da nun der sonst leere Raum der Kiste ebenfalls mit Papier ausgefüllt ist, so könnte es leicht vorkommen, daß das unscheinbare Päckchen mit verworfen würde. Das große Myographion ist in Arbeit und werde ich die Fertigstellung desselben tunlichst beschleunigen.

Mich Ihnen bestens empfehlend zeichnet mit vorzüglicher Hochachtung

[NN]

Anmerkung Die Unterschrift, die in einem gewissen Gegensatz zu dem wohl diktierten Brieftext steht, ist unleserlich.

Wir werden am 23. d[ieses] M[onats] Abend 9 Uhr 50 Min[uten] über Salzburg in Wien einlangen und uns bei Dir, fußend auf Deiner Pariser Einladung, um eine Herberge anmelden. Ich bitte Dich sehr, für eine solche zu sorgen, so wie es Dir möglich ist. Unsere Reise ging von Neapel, von wo Dir unsere Grüße zugekommen sein werden, über Rom, Pisa, Genua und Mailand und von da über Verona hierher. Wir haben also Italien schulgemäß absolviert bis auf das etwas abgelegene Turin, welches wir uns auf eine Schweizerreise aufgehoben haben. Es war eine herrliche Tour und wünsche ich jedem, der klassisch gebildet wurde, dass er auch den klassischen Boden Italiens betrete, erst auf den Foren Roms und in den Trümmern von Pompeji wird man ein vollendeter Lateiner. Die Schattten der Heroen wandeln dort mit uns herum und wir fühlen uns ins volle Leben des gewaltigen Römertums versetzt. Lebe wohl und baldiges Wiedersehen. Ich schreibe offen, damit auch Gusti es erfährt, wenn Du etwa nicht in Wien sein solltest.

A.R.

L.912 *R.765

1876 X 4, Wien

Lieber Rollett,

Deine Vermählungsanzeige fand ich erst hier, nachdem ich vorgestern von Wetterhöfl zurückgekehrt war. Sie ist mir nach Kärnten nicht nachgeschickt worden, weil sie irrtümlich in die hiesige Wohnung meines Bruders Hans kam und daselbst liegen blieb. Freilich habe ich das Ereignis noch in Velden erfahren, wollte jedoch erst erwarten, bis ich von Dir selbst die freudige Kunde erhalte. Innig und treu wie meine Anhänglichkeit an Dich, so auch mein Glückwunsch! Unbefangen, ohne Nebengedanken und uneingeschränkt billige ich den bedeutsamen Schritt, weiß ihn zu würdigen und zu schätzen und freue mich darüber. Ich habe es auch bereits überwunden, dass Du meiner Verschwiegenheit den bevorstehenden bedeutsamen Schritt im Juli nicht anvertrauen mochtest, wenngleich ich von Deiner langen Philippica gegen mein Altjunggesellentum entnehmen konnte, dass Du selbst nicht gedenkst, dem gleichen Schicksale des Alleinbleibens entgegenzugehen.

Berichtest Du Deiner Frau von den Dir zunächst stehenden und aufrichtig Anteil nehmenden Freunden, so wirst Du, so erwarte ich, nicht unterlassen, mich ihr im Voraus zu empfehlen. Ich bin ihr wohl auch nicht mehr ganz unbekannt. Der Zufall wollte es übrigens, dass, als ich Dich heuer in Deiner Wohnung aufsuchte, sie mir vor der Türe begegnete und mich ins Laboratorium geleitete.

Als ich von Velden am 26. August abreiste, kam ich nicht über Graz zurück, doch warst Du, wie ich glaube, selbst damals bereits fortgegangen. Ich blieb hierauf acht Tage in Wien und verbrachte dann den Rest der Ferien in unserem lieben Nelverde, einer kleinen Villa meines Bruders im Dorfe Wetterhöfl bei Iglau. Der Aufenthalt daselbst mitten im Walde hat mir recht wohl getan, so dass ich mich ziemlich gesund und für die enorme Plage des kommenden Schuljahrs gekräftigt fühle.

Genieße vollauf das Glück Deiner schönen Häuslichkeit und lass vielleicht gelegentlich, wenn auch nur in paar Worten, von Dir hören. Dein treu ergebener

Tomaschek

L.913 *R.766

1876 XI 3, Graz

Lieber Bruder!

In der letzteren Zeit war Richard wieder sehr oft bei mir, wegen des Rotschen Geschäftes und dessen eventuellen Übernahme seinerseits mit mir zu sprechen. Er sprach von einem Ausgleich Rotschs mit 50%, wonach er dann das Geschäft übernehmen würde, das ihm auf der Reise alle Kaufleute und Fabrikanten zugeredet hätten, das Geschäft zu übernehmen, da sie ihm wieder vollen Kredit geben würden, ja einzelne sollen sogar geäußert haben, dass sie den Herrn v[on] Rotsch zwingen wollen, dem Richard das Geschäft unter den günstigsten Bedingungen zu übergeben. Richard sagte ferner, dass ihm die Mutter ihr Kapital zu 6% überlassen wolle und die Mutter schrieb mir selbst, dass sie den Richard gerne selbstständig machen möchte, er wird gewiss nicht leichtsinnig drein gehen usw.

Richard sagte mir, dass er nur die Bereitwilligkeit unsererseits für den Fall, dass es sich mache, versichert haben will, dass aber sehr bald die Katastrophe über das Geschäft hereinbrechen müsse, wenn nicht etwas geschehe usw. Richard ist von mir gewarnt worden, ich habe ihm hundertmal gesagt, er solle froh sein, dass er nicht schon das erste Mal auf willfährige Geldvorstrecker gestoßen ist, da er sonst vielleicht schon zugrunde gegangen wäre. Jetzt ist aber das alles, wie ich glaube, wieder vergessen, weil die Frage nun wieder auftaucht. Heute gab mir Richard den folgenden Ausweis

Umsatz 90.000 fl zu 13% Gewinn gibt11.700 fl
Laufende Spesen
Zins2.100 fl
Steuern600 fl
Personal1.950 fl
Beleuchtung50 fl
Musterkarten1.800 fl
Diverse1.000 fl
Zinsen für 20.000 fl zu 6%1.200 fl
Jährliche Rate Rückzahlung2.000 fl
10.900 fl

bleibt zum Leben 800 fl, das sei alles so ungünstig und für den schlechtesten Fall berechnet, dass man beinahe sicher auf einen jährlich größeren Gewinn rechnen kann.

So stellt sich Richard das Geschäft vor, wenn er es übernehmen würde. Er selbst gesteht zu, dass aber wegen der Übernahme noch eine Inventur aufgenommen werden müsste und dass auch darnach erst ganz genau die Annehmbarkeit der Bedingungen festgestellt werden könnte.

Ich glaube, Dir nun alles genau erzählt zu haben, was Richard mir sagte. Mir ist es immer sehr peinlich, wenn ich über diese Angelegenheiten mit ihm sprechen muss, und ich weiß immer nicht recht, wie ich und was ich antworten soll.

Zuerst sagte ich ihm nur, ich könne nichts tun, das wisse er. Ich könnte nur mit Dir und Mutter vereint etwas tun und ich wisse nicht, ob Du etwas tun kannst. Darauf sagte mir Richard, dass Du Dich dahin geäußert hättest, Du würdest ihm behilflich sein, wenn nur ich Dir sagen würde, dass die Sache es wert ist. Ich sagte ihm, das sei sehr fraglich. Das wollte er wieder nicht glauben. Endlich sagte ich ihm, dass weder Du, noch ich, noch die Mutter ihm effektives Geld in dem Momente geben könnten, dass er aber nichts davon hätte, wenn er den Verlust beim Papierverkauf selbst tragen müsste. Darauf kam Richard mit dem Antrage Fräulein Albertinens, die ihm im vorigen Jahre 20.000 fl ö.W. leihen wollte, wenn ich, Du und die Mutter garantieren würden.

Er schrieb dann auch gleich an Frl. Albertine und bat mich, der Mutter zu schreiben, was ich wegen der Mutter selbst auch tat. Heute erhielt Richard von Fräul[ein] Albertine ein Schreiben des Inhaltes, dass sie jetzt nicht mehr in der Lage sei, ihm Geld zu leihen. Seine Hoffnungen sind damit natürlich sehr herabgedrückt.

Richard hat mich aber ersucht, ich möchte doch noch Dir schreiben und Dir die Sache darstellen, vielleicht wüsstest Du Rat. Sein Los sei ein sehr trauriges. Er war im Geschäfte das Faktotum, das Geschäft sei gut, nur der enorme und unverständige Aufwand des Hauses habe den Ruin herbeigeführt und die großen Verluste, welche Rotsch bei Verwandten erlitten habe. Wenn er das Geschäft übernehmen könnte, würde es bald wieder florieren und er werde, da er dann auch brotlos sei, doppelt getroffen, da er, wäre diese schlechte Zeit nicht gekommen, unter allen Umständen der einstige Nachfolger des Herrn v[on] Rotsch gewesen wäre. Ich habe nur getan, was ich versprochen habe und Dir alles dargelegt.

Kaum erübrige ich noch so viel Raum, um herzliche Grüße von mir und Rosa an Dich und Gusti und unseren innigsten Dank für Eure Freundlichkeit beizufügen. Rosa rechnet so sicher auf Deine Anwesenheit in Graz während der Weihnachten, dass ich ihr gar nicht be-greiflich machen kann, dass Du vielleicht doch verhindert sein könntest? Hoffen wir, dass es nicht der Fall sein wird.

Alexander

L.914 *R.767

1876 XI 6, Wien

Lieber Bruder!

Soeben habe ich an Richard geschrieben, der mir die Geschäftslage in ähnlicher Weise dargestellt hat, wie dies in Deinem Briefe geschehen. Wenn ich auch nicht überzeugt bin, dass das geplante Unternehmen Richards einen ganz günstigen Aspekt gewährt, so will ich doch nicht im Voraus daran verzweifeln. Ich habe mich also entschlossen, für Richard die Summe von 10.000 fl aufzubrigen und mitgeteilt, dass ich bis Anfang Jänner das Geld zur Verfügung stellen werde. Ich bitte Dich nun, bei Richard dahin zu wirken, dass es ihm nicht einfallen möge, jetzt schon Geld, das nur ihm geliehen wird, zu dringenden Zahlungen des Herrn Rotsch zu verwenden. Das Rotschsche Geschäft leidet, wie ich glaube, an einem alten Krebsschaden, der zum Untergang führt und durch keine Transfusion geheilt werden kann. Es würde mir nicht einfallen, einen Teil meines Vermögens zu einer solchen nutzlosen Transfusion zu verwenden. Dies bitte ich Dich, dem Richard eindringlich auseinander zu setzen, da Du es gesprächsweise leichter tun kannst als ich es in einem Briefe vermöchte.

Hoffentlich geht es Dir und Rosa recht gut. Wann ich Eurer Einladung, nach Graz zu kommen, folgen können werde, weiß ich natürlich selber noch nicht. Ob schon im Winter oder erst im Frühling, das hängt von verschiedenen Umständen ab. Fast glaube ich das Letztere. Hermine ist gegenwärtig bei mir. Sie muss Bier trinken und recht Fleisch essen. Es geht ihr ziemlich gut. Ich schließe mit herzlichen Grüßen an Dich und Rosa, Dein

Emil

Hochgeehrter College!

Seit längerer Zeit bin ich bereits im Besitze Ihres Schreibens aus Wien und erst heute komme [ich] mit meiner Antwort nachgehinkt. Wir Nordländer reagieren nämlich wie die Winterfrösche sehr langsam selbst auf angenehme Eindrücke. Vor allem empfangen Sie meinen herzlichsten Glückwunsch zu Ihrem Eintritt in den ruhigen Hafen der Ehe.

In Bezug auf die arrectores pili und ihre Nerven kann ich Ihnen Folgendes mitteilen. In der Haut der Maus und des Kaninchens sowie in der menschlichen Kopfschwarte gibt es Züge glatter Muskelfasern, die sich zu den Haaren in zweifacher Weise verhalten. Die einen gehen von dem Grunde des einen Haarbalgs zu dem Halse des nächsten. Die Insertionen sind spitzwinkelig und die Richtung der Muskeln und Haare eine zur Hautoberfläche geneigte

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Sie wirken auf die Haare wie die m[usculi] intercostales auf die Rippen und da der obere Insertionspunkt der Muskeln in der Nähe der Talgdrüsenmündung liegt, so ist es möglich und wahrscheinlich, dass Talgdrüsen und arrectores ihre Nerven aus einem gemeinsamen Stämmchen beziehen. Außerdem gibt es an den genannten Lokalitäten Muskelzüge, die sich einerseits an die Haarbälge, andererseits an die oberflächlichen Cutisschichten inserieren. Bei ihren Kontraktionen treiben sie den Haarbalg hervor (cutis anserina)

Ich hätte mich der zweiten von Ihnen angeregten Alternative unbedingt angeschlossen, wenn ich mich von der Existenz der arrectores an den winzigen Tasthaaren des Mäuseohres und des Mäuseschwanzes überzeugt hätte. Diese Überzeugung konnte ich jedoch nicht gewinnen, trotz vielen Suchens.

Wenn Sie in der Korrektur die von Ihnen angeregte Alternative stellen wollen, so muss sie auf die menschliche Kopfschwarte bezogen werden, weil ich nur an dieser Lokalität gemeinsame Nervenstämmchen bis an die arrrectores und die Talgdrüsen verfolgen konnte.

Wie Sie aus den Zeitungen wissen, mobilisieren wir und hoffen, dass Österreich weniger türkenfreundlich sein wird als im Krimkrieg, übrigens hat man hier noch nicht alle Hoffnung verloren, den Frieden zu erhalten.

In der Hoffnung, nach ein paar Monaten im Besitz meiner Separatabdrücke zu sein, verbleibe ich hochachtungsvoll Ihr

Arnstein

Kasan, d[en] 11/22 November 1876

L.916 *R.768

1876 XI 24, Prag

Verehrter Herr Kollege!

Soeben erfahre ich, dass auf der Anatomie die eine Assistentenstelle oder vielmehr Prosektorenstelle erledigt ist. Ich glaube auch, dass Kleinenberg, wenn er sich um die Stelle bewerben wollte, gute Aussichten hätte. Aber Prof. Toldt wünscht einen Prosektor, der zwar im Winter am Unterrichte im Seziersaale teilnehmen müsste, im Übrigen aber für Entwicklungsgeschichte und vergleichende Anatomie Neigung und Verständnis hätte. Wenn Sie glauben, daß Kleinenberg auf die Stelle reflektieren würde, so haben Sie doch die Güte ihm mitzuteilen, dass der Konkurs für dieselbe in diesen Tagen ausgeschrieben wird. Ich kenne Kl[einenberg] weder persönlich, noch weiß ich, wo er jetzt sich aufhält. Sonst würde ich ihm selbst schreiben. Sollten Sie überzeugt sein, daß Kl[einenberg] sich nicht bewerben wird, oder sollte er Ihnen dies auf Ihre Mitteilung hin schreiben, so bitte ich Sie dringend, mir dies recht bald zu melden. Ich habe Prof. Toldt gebeten, seine Ausschreibung und auch alle sonstigen Schritte zu suspendieren, bis ich ihm mitteilen kann, ob Kleinenberg konkurriert oder nicht. Aber Toldt kann aus Gründen, deren Erörterung zu weit führen würde, nicht lange warten.

Mit herzlichem Gruß Ihr freundschaftlich ergebener

E. Hering

L.917 *R.769

1876 XII 3, Ischia

Sehr geehrter Herr!

Schon lange bin ich Ihr stiller Schuldner und nur die Befürchtung, beschwerlich zu fallen, hat mich abgehalten, Ihnen zu sagen, wie sehr Ihre Teilnahme mir wert ist. Nun, wo ich einen neuen Beweis Ihres Wohlwollens erhalte, müssen Sie mir schon erlauben, dafür kurz und herzlich zu danken.

Ich habe gestern gleich Herrn Prof. Hering geantwortet – mir schien es so am einfachsten und zweckmäßigsten –, um etwas sichere Auskunft über die in Rede stehende Anstellung gebeten, aber auch nicht unterlassen, ihm und dank ihm, Herrn Prof. Toldt aufmerksam zu machen, wie wenig geschickt ich sei, den voraussichtlichen Ansprüchen Duschans zu genügen. Seit meiner Studienzeit sind meine anatomischen Kenntnisse im Kasten gelegen, nun merke ich, dass die Motten drin gewesen sind und hier ein Stück arg durchlöchert, dort ein anderes ganz abgefressen haben. Ich müsste sehr auf Nachsicht rechnen dürfen; unter dieser Voraussetzung, aber, und wenn das Gehalt halbwegs auskömmlich ist, würde ich die Stelle annehmen.

Wegen der Professur in Czernowitz, um die zu bewerben Sie mich ermutigten, habe ich damals, vor anderthalb Jahren, nach Wien geschrieben, doch nie Antwort bekommen. Später erfuhr ich von Prof. Camill Heller, dass die naturwissenschaftliche Fakultät an jener Universität erst in nicht näher zu bestimmender Zeit geschaffen werden solle.

Den Brief von Prof. Hering erlaube ich mir beizulegen. Und haben Sie nochmals vielen Dank! Ihr ergebener

Dr. Nicolaus Kleinenberg

L.918 *R.770

1876 XII 12, Hanau

Sehr geehrter Herr!

Wenn mir auch Ihr sehr wertes Schreiben am gestrigen nicht zugekommen wäre, so hätte ich doch am heutigen ein Schreiben an Sie abgeschickt mit verschiedenen Bemerkungen über den Stimmgabelapparat. Werden zwei beliebige der kleinen Gabeln zu gleicher Zeit ziemlich kräftig angestrichen, so resultiert der Differenzton, welcher der Differenz der Schwingungszahlen der beiden Stimmgabeln entsprechen muss. Beispiele:

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Von diesem cV bis cVI resultieren dieselben Differenztöne nur um eine Oktave höher; und so auch die folgenden immer um eine Oktave höher als die Verhältnisse der vorhergehenden Oktave. Es hängt von Übung ab, wie weit die Differenztöne zu beobachten sind. Die Beweise der resultierenden Differenztöne ergeben sich aus den Schwingungsverhältnissen von einem Ton zum anderen.

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Oder diese Verhältnisse vom Grundton c aus bezogen:

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Ebenso resultieren die entsprechenden Differenztöne der Gabeln 1 mit Gabel 3, 4, 5 usw. Hier ist jedoch genaue Beobachtung und stärkeres Anstreichen der Gabeln nötig, um den Differenzton erster Ordnung am stärksten heraushören zu können, weil hierbei auch Differenztöne anderer Ordnung, als z. B. ein Differenzton zweiter Ordnung, aus dem Differenzton erster Ordnung mit einem der Primärtöne entstehend ganz deutlich mitgehört wird. Am auffallendsten tritt letzteres Phänomen auf, wenn die 1. und 3. Gabel angestrichen wird, nämlich cIV und eIV; hier kommt der Differenzton 1. Ordnung nur dann deutlich, wenn beide Gabeln in gleicher Zeit sehr kräftig angestrichen werden. Streicht man beide Gabeln leiser an, dann resultiert ein Differenzton = g = 1536. Dieser Differenzton klingt fast so stark mit als die Primärtöne und ist ein Beweis, daß unter Umständen die Differenztöne höherer Ordnung stärker mitklingen oder hörbar sind, als diejenigen der 1ten Ordnung. Die physikalische Entstehung desselben ist folgende:

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die Differenz 512, also Differenzton erster Ordnung Dieser Differenzton 1ter Ordnung gibt mit seinem 1ten Primärton = 2048 die Differenz: 2048 - 512 = 1536 = gIII als 2ten Differenzton und merkwürdigerweise ist dieser zweite Differenzton besser und stärker hörbar als der erste. So können Sie nun selbst noch sehr viele interessante Phänomene beobachten und erläutern. Es ist nur einige Übung im Beobachten und auch im Anstreichen der Gabeln nötig, je höher die Gabeln werden, desto stärker muß man streichen. Sollten Sie weiteres wünschen, so stehe ich mit Vergnügen zu Diensten.

  1. Obertöneapparat (64 Töne) zu 100 Taler.
  2. Die zugehörigen 29 Resonatoren 4. bis 32. Oberton 32 Taler. (Die Resonatoren sind konisch, von Zink schön lackiert).
  3. Mittelgroßer Blasetisch 40 Taler.
  4. Zwei große Gedacktpfeifen nebst Windlade und Extrakanal 14 Taler

können schon Ende dieser Woche an Sie abgeschickt werden.

Wenn auch Ihre Mittel für dieses Jahr hierzu nicht ausreichen, dann haben Sie Kredit bei mir, je mehr Sie bestellen, desto lieber; ich erlaube mir dann noch, Ihnen manches mitzuteilen über meine Beobachtungen und Sie werden dann mit dem Obertöneapparat und den großen Gedeckpfeifen beweisen können, daß die Helmholtzschen Summationstöne nichts anderes sind als Differenztöne höherer Ordnung, und mit den Gedacktpfeifen: daß die immer schneller werdenden Schwebungen sich zu einem Differenzton verschmelzen; und noch manches Andere.

Bitte um baldige Antwort, damit die Apparate sofort eingepackt werden können. Ich bemerke noch, wenn Mittel nicht reichen, so reichen dieselben später.

Mit großer Hochachtung Ihr ganz ergebener

Georg Appun

L.919 *R.771

1876 XII 22, Graz

Lieber Bruder!

Richard hat, wie ich aus seinen allerdings reservierten Äußerungen entnehme, unsere Aufträge weder bei Dir noch in Baden bestellt, wahrscheinlich, weil er den Kopf so voll hatte. Diese Aufträge waren, Dich zu erinnern, dass Du uns für Weihnachten Deinen Besuch versprochen hast und eine von den Schwestern mitzubringen. Mich hätte beides sehr gefreut, und gar nicht will es mir gefallen, dass Ihr uns so im Stich lassen wollet. Ich erneuere daher meine Bitte, dass Du uns möglich bald besuchen mögest. Rosa lässt sich es gar nicht ausreden, dass Du schon am Heiligen Abende bei uns sein wirst, denn Du hättest ihr das so sicher versprochen, dass sie gar nicht glauben kann, dass Du es nicht tun würdest.

Unser Leben ist ein stilles, aber angenehmes, manchmal gehen wir ins Theater, einmal waren Pebals und Hildebrand, ein anderes Mal Pebals allein zum Tee bei uns.

Nach außen bin ich ein sehr populärer Mann geworden; wir suchen aber nicht viel Verkehr. Die Wirtschaft geht gut, einiges Ungemach mit unseren bezahlten Feinden (Dienstboten) abgesehen, und oft schon habe ich mir gratuliert, dass ich keine anspruchsvolle Frau genommen habe.

Im Laboratorium arbeite ich fleißig, sonst kümmere ich mich auch um die verlotterte Universität nicht. Ich denke mir, ich bin zu gut für sie und jede Hochschule hat die Professoren, die sie verdient.

Also komme bald und erfreue dadurch mich und Rosa, welche Dich, Gusti und Hermine und, wenn noch wer in Wien sein sollte, auch diesen oder diese mit mir herzlich grüßt. Dein

Alexander

L.920 *R.772

1876 XII 23, Wien

Lieber Bruder!

Deiner freundlichen Einladung nach Graz zu kommen, kann ich dermalen leider nicht nachkommen und muss mir die Freude, Dich und Rosa zu besuchen, für später aufheben. Es ist jetzt ein ziemlich hoher Krankenstand. Ich habe auch einige Schwerkranke und schließlich bin ich selbst nicht ganz am Damm, da ich seit Wochen an Katarrhen, immer wieder rezidivierendem Schnupfen und leichten Rheumationen leide. Ich bitte Dich also, der lieben Rosa zu sagen, dass ich mein Versprechen, bei nächster günstiger Gelegenheit nach Graz zu kommen, gewiss baldigst einzulösen trachten werde.

Über die poliklinische Hetze gäbe es so viel zu sagen, dass ich dies auf mündliche Mitteilungen aufsparen muss. Nur so viel sei erwähnt, dass die Angelegenheit jetzt bei der kompetenten Behörde, Statthalterei und Unterrichtsministerium in Schwebe ist. Der Unterrichtsminister wurde von einzelnen Professoren sehr gegen die Poliklinik bearbeitet. Nichts desto weniger äußerte er einer Deputation der Poliklinik: Durch das leidenschaftliche und einseitige Vorgehen der Professoren sei er stutzig geworden und er finde es unerhört, dass man über eine Anstalt ein Votum abgibt, ohne dass auch nur ein Komiteemitglied sich früher persönlich von dem Gebaren und den Einrichtungen daselbst Überzeugung verschaffe.

Im Vertrauen teile ich Dir mit, was aber noch Amtsgeheimnis ist, und auch vom Minister noch nicht approbiert ist, dass wahrscheinlich eine Enquete zu gleichen Teilen aus Mitgliedern des Professorenkollegiums und der Poliklinik einberufen werden wird, um die Angelegenheit definitiv zu ordnen. Von den Erfolgen dieser Enquete wird dann Sein und Nichtsein der Poliklinik abhängen. Ich bitte, dies geheim zu halten, damit nicht im Voraus unsere Feinde dagegen agitieren. Mir hat die Poliklinik bisher sehr viel Plage und viel Sorge und sehr wenig Vorteil gebracht. Ich habe also eigentlich nichts zu verlieren. Nichts desto weniger werde ich ausharren, bis zur Entscheidung des Kampfes, um nicht den Schein der Feigheit auf mich zu laden. Es ist unglaublich, welcher Niedertracht der Gesinnung und Handlungsweise man auf Schritt und Tritt begegnet.

Ich wünsche Dir und Rosa vergnügte Feiertage und ein recht glückliches neues Jahr. Mit herzlichen Grüßen und Küssen

Emil

L.921 *R.773

1876 XII 30, Wien

Hochgeehrter Herr Professor!

Sie erweisen mir die besondere Ehre, die Vertrauensfrage zu stellen, ob in Österreich nebst Prof. C. Schroff junior überhaupt noch sich ein Fachgelehrter finde, der in dem Besetzungsvorschlage für die durch Clars Tod erledigte Lehrkanzel genannt zu werden verdiente.

Ich erkenne es als Ehrenpflicht, diesem Vertrauen in objektivster Weise zu entsprechen. Die Professoren der gleichnamigen Lehrkanzel an den Universitäten Prag und Innsbruck dürften bei dem fraglichen Besetzungsvorschlag kaum in Betracht zu nehmen sein. Prof. I. v[on] Waller in Prag hat sich mit der Pharmakognosie nie befasst, dieselbe wird an der Prager Universität seit dem Tode des Prof[essor] Extr[a]ord[inarius] Reiss nicht vorgetragen. Waller war vor Jahren ein sehr eifriger Mitarbeiter der Prager Vierteljahresschrift, ist aber gegenwärtig, wie es scheint, durch Krankheit und Alter gebrochen. Tschurtschenthaler in Innsbruck trägt allerdings auch Pharmakognosie vor, hält aber auch ein Ambulatorium für Kinderheilkunde und er hat auch nicht eine erinnerungswerte Arbeit aus seinem Fache publiziert.

In Wien befasst sich von Basch mit toxikologischen Studien, jedoch mehr in physiologischer als in therapeutischer Richtung. Pharmakognosie ist auch ihm ein fremdes Gebiet.

Mit Letzterer befassen sich unter Prof. Vogls Leitung die Brüder Möller; der eine derselben, Dr. Josef Möller war zwei Jahre bei Vogl Assistent, hatte auch ein Semester in meinem Laboratorium gearbeitet, ist gegenwärtig Dozent der Warenkunde an der Wiener Handelsmittelschule, hat schon mehrere Abhandlungen pharmakognostischen Inhalts publiziert, sein Bruder ist seit Oktober Assistent bei Vogl, vieles ernster und gründlicher, auch reicher an Wissen, hat einige Zeit an deutschen Universitäten studiert. Beide Möller sind indes noch zu wenig in den beiden Gebieten Pharmakologie und Pharmakognosie orientiert, als dass sie bereits jetzt als Vertreter dieser Fächer gelten könnten.

Sonach käme ich bei Beantwortung der gestellten Frage zu dem Resultate, dass im Inlande kein Fachmann vorhanden ist, der neben Prof. Schroff junior, dessen umfassend gründliches Wissen und unermüdbare Arbeitskraft volle Anerkennung verdienen, bei der definitiven Besetzung dieses Lehramtes in Betracht kommen könnte.

Mit dem lebhaften Wunsche, diese meine Mitteilung möchten Sie, hochgeehrter Herr Professor, nicht völlig unbefriedigt lassen, und der Versicherung vorzüglichster Hochachtung habe ich zur Ehre zu sein Ihr ganz ergebenster

F[ranz] Schneider