Realität und Wirklichkeit in der Moderne

Texte zu Literatur, Kunst, Fotografie und Film

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Über die Formfrage, 1912

Wassily Kandinsky

Quelle

Wassily Kandinsky: "Über die Formfrage", in: Essays über Kunst und Künstler, hrsg. und komm. von Max Bill. Bern: Benteli 19632, S. 23-31, 33-36, 42-43. ISBN: 3-7165-0181-6.

Erstausgabe

"Über die Formfrage", in: Der Blaue Reiter (1912).

Genre

Essay

Medium

Kunst

[23] […] Diese Merkmale einer großen geistigen Epoche (die prophezeit wurde und heute in einem der ersten Anfangsstadien sich kund gibt) sehen wir in der gegenwärtigen Kunst. Und zwar:

[24] 1. eine große Freiheit, die manchem grenzenlos erscheint und die

2. den Geist hörbar macht, welchen

3. wir mit einer ganz besonders starken Kraft sich in den Dingen offenbaren sehen, welcher

4. alle geistigen Gebiete sich allmählich zum Werkzeug nehmen wird und schon nimmt, woraus

5. er auch auf jedem geistigen Gebiete, also auch in der plastischen Kunst (speziell in der Malerei) viele einzelnstehende und Gruppen umfassende Ausdrucksmittel ( Formen) schafft und

6. welchem heute die ganze Vorratskammer zur Verfügung steht, das heißt, es wird jede Materie, von der „härtesten“ bis zu der nur zweidimensional lebenden (abstrakten), als Formelement angewendet.

ad 1. Was die Freiheit anbelangt, so drückt sie sich aus im Streben zur Befreiung von den schon ihr Ziel verkörpert habenden Formen, das heißt, von den alten Formen, im Streben zum Schaffen der neuen und unendlich mannigfaltigen Formen.

ad 2. Das unwillkürliche Suchen nach den äußersten Grenzen der Ausdrucksmittel der heutigen Epoche (Ausdrucksmittel der Persönlichkeit, des Volkes, der Zeit) ist andererseits ein Unterordnen der scheinbar zügellosen Freiheit, welches vom Zeitgeiste bestimmt wird, und eine Präzisierung der Richtung, in welcher das Suchen geschehen muß. Der unter einem Glas in allen Richtungen laufende kleine Käfer glaubt eine unbeschränkte Freiheit vor sich zu sehen. Er stößt aber in einer gewissen Entfernung auf das Glas: sehen kann er weiter, aber gehen nicht. Und die Bewegung des Glases nach vorwärts gibt ihm die Möglichkeit, weiteren Raum zu durchlaufen. [25] Und seine Hauptbewegung wird von der lenkenden Hand bestimmt. – So wird auch unsere sich vollkommen frei schätzende Epoche auf bestimmte Grenzen stoßen, die aber „morgen“ verschoben werden.

ad 3. Diese scheinbar zügellose Freiheit und das Eingreifen des Geistes entspringt aus der Tatsache, daß wir in jedem Ding den Geist, den inneren Klang zu fühlen beginnen. Und gleichzeitig wird diese beginnende Fähigkeit zu einer reiferen Frucht der scheinbar zügellosen Freiheit und des eingreifenden Geistes.

ad 4. Hier können wir nicht die bezeichneten Wirkungen auf allen anderen geistigen Gebieten zu präzisieren versuchen. Doch soll es jedem von selbst klar werden, daß das Mitwirken der Freiheit und des Geistes früher oder später sich überall abspiegeln wird1.

ad 5. In der bildenden Kunst (ganz besonders in der Malerei) begegnen wir heute einem auffallenden Reichtum der Formen, die teils als Formen der einzeln stehenden großen Persönlichkeiten erscheinen, teils ganze Gruppen von Künstlern in einem großen und vollkommen präzis dahinwallenden Strom mitreißen.

Und die große Verschiedenheit dieser Formen läßt doch leicht das gemeinsame Streben erkennen. Und gerade in der Massenbewegung läßt sich heute der alles umfassende Formgeist erkennen. Und so genügt es, wenn man sagt: Alles ist erlaubt. Das heute Erlaubte kann doch nicht überschritten werden. Das heute Verbotene bleibt unerschütterlich stehen.

Und man sollte sich keine Grenzen stellen, da sie ohnehin gestellt [26] sind. Das gilt nicht nur für den Absender (Künstler) sondern auch für den Empfänger (Beschauer). Er kann und muß dem Künstler folgen, und keine Angst sollte er haben, daß er auf Irrwege geleitet wird. Der Mensch kann sogar physisch sich nicht schnurgerade bewegen (die Feld- und Wiesenpfade!) und noch weniger geistig. Und gerade unter den geistigen Wegen ist oft der schnurgerade der lange, da er falsch ist, und der als falsch erscheinende ist oft der richtigste.

Das zum lauten Sprechen gebrachte „Gefühl“ wird früher oder später den Künstler und ebenso den Beschauer richtig leiten. Das ängstliche Sichhalten an einer Form führt schließlich unvermeidlich in eine Sackgasse. Das offene Gefühl – zur Freiheit. Das erste ist das Folgen der Materie. Das zweite – dem Geiste: der Geist schafft eine Form und geht zu weiteren über.

ad 6. Das auf einen Punkt (sei es Form oder Inhalt) gerichtete Auge kann unmöglich eine große Fläche übersehen. Das auf der Oberfläche herumstreifende unaufmerksame Auge übersieht diese große Fläche oder einen Teil derselben, bleibt aber an den äußeren Verschiedenheiten hängen und verliert sich in Widersprüchen. Der Grund dieser Widersprüche liegt in der Verschiedenheit der Mittel, die der heutige Geist aus der Vorratskammer der Materie scheinbar planlos herausreißt. „Anarchie“ nennen viele den gegenwärtigen Zustand der Malerei. Dasselbe Wort wird schon hier und da auch bei der Bezeichnung des gegenwärtigen Zustandes in der Musik gebraucht. Darunter versteht man fälschlich ein planloses Umwerfen und Unordnung. Die Anarchie ist Planmäßigkeit und Ordnung, welche nicht [27] durch eine äußere und schließlich versagende Gewalt hergestellt werden, sondern durch das Gefühl des Guten geschaffen werden. Also auch hier werden Grenzen gestellt, die aber als innere bezeichnet werden müssen und die äußeren ersetzen müssen. Und auch diese Grenzen werden immer erweitert, wodurch die immer zunehmende Freiheit entsteht, die ihrerseits freie Bahn schafft für die weiteren Offenbarungen. Die gegenwärtige Kunst, die in diesem Sinne richtig als anarchistisch zu bezeichnen ist, spiegelt nicht nur den schon eroberten geistigen Standpunkt ab, sondern sie verkörpert als eine materialisierende Kraft das zur Offenbarung gereifte Geistige.

Die vom Geiste aus der Vorratskammer der Materie herausgerissenen Verkörperungsformen lassen sich leicht zwischen zwei Pole ordnen. Diese zwei Pole sind:

1. die große Abstraktion,

2. die große Realistik.

Diese zwei Pole eröffnen zwei Wege, die schließlich zu einem Ziel führen.

Zwischen diesen zwei Polen liegen viele Kombinationen der verschiedenen Zusammenklänge des Abstrakten mit dem Realen.

Diese beiden Elemente waren in der Kunst immer vorhanden, wobei sie als das „Reinkünstlerische“ und das „Gegenständliche“ zu bezeichnen waren. Das erste drückte sich im zweiten aus, wobei das zweite dem ersten diente. Es war ein verschiedenartiges Balancieren, welches scheinbar im absoluten Gleichgewicht den Höhepunkt des Idealen zu erreichen suchte.

Und es scheint, daß man heute in diesem Ideal kein Ziel mehr findet, [28] daß der die Schalen der Waage haltende Hebel verschwunden ist und daß beide Schalen als selbständige, voneinander unabhängige Einheiten ihre Existenzen getrennt zu führen beabsichtigen. Und auch in diesem Zerbrechen der idealen Waage sieht man „Anarchistisches“. Dem angenehmen Ergänzen des Abstrakten durch das Gegenständliche und umgekehrt hat die Kunst scheinbar ein Ende bereitet.

Einerseits wird dem Abstrakten die divertierende Stütze im Gegenständlichen genommen, und der Beschauer fühlt sich in der Luft schweben. Man sagt: die Kunst verliert den Boden. Andererseits wird dem Gegenständlichen die divertierende Idealisierung im Abstrakten (das „künstlerische“ Element) genommen, und der Beschauer fühlt sich an den Boden genagelt. Man sagt: die Kunst verliert das Ideal. Diese Vorwürfe wachsen aus dem mangelhaft entwickelten Gefühl. Die Gewohnheit, der Form die Hauptaufmerksamkeit zu schenken, und die daraus fließende Art des Beschauers, das heißt das Hängen an der gewohnten Form des Gleichgewichtes, sind die verblendenden Kräfte, die dem freien Gefühl keine freie Bahn lassen.

Die erwähnte, erst keimende große Realistik ist ein Streben, aus dem Bilde das äußerliche Künstlerische zu vertreiben und den Inhalt des Werkes durch einfache („unkünstlerische“) Wiedergabe des einfachen harten Gegenstandes zu verkörpern.

Die in dieser Art aufgefaßte und im Bilde fixierte äußere Hülse des Gegenstandes und das gleichzeitige Streichen der gewohnten aufdringlichen Schönheit entblößen am sichersten den inneren Klang des Dinges. Gerade durch diese Hülse bei diesem Reduzieren des „Künstlerischen“ auf das Minimum klingt die Seele des Gegen[29]standes am stärksten heraus, da die äußere wohlschmeckende Schönheit nicht mehr ablenken kann1.

Und das ist nur darum möglich, weil wir immer weiter kommen, auf dem Wege, die ganze Welt so, wie sie ist, also in keiner verschönenden Interpretation hören zu können.

Das zum Minimum gebrachte „Künstlerische“ muß hier als das am stärksten wirkende Abstrakte erkannt werden2.

Der große Gegensatz zu dieser Realistik ist die große Abstraktion, die aus dem Betreben [sic], das Gegenständliche ( Reale) scheinbar ganz auszuschalten, besteht und den Inhalt des Werkes in „unmateriellen“ Formen zu verkörpern sucht. Das in dieser Art aufgefaßte und im [30] Bild fixierte abstrakte Leben der auf das Minimale reduzierten gegenständlichen Formen und also das auffallende Vorwiegen der abstrakten Einheiten entblößt am sichersten den inneren Klang des Bildes. Und ebenso, wie in der Realistik durch das Streichen des Abstrakten der innere Klang verstärkt wird, so wird auch in der Abstraktion dieser Klang durch das Streichen des Realen verstärkt. Dort war es die gewohnte äußere wohlschmeckende Schönheit, die den Dämpfer bildete. Hier ist es der gewohnte äußere unterstützende Gegenstand.

Zum „Verständnis“ dieser Art Bilder ist auch dieselbe Befreiung wie in der Realistik nötig, das heißt auch hier muß es möglich werden, die ganze Welt, so wie sie ist, ohne gegenständliche Interpretation hören zu können. Und hier sind diese abstrahierten oder abstrakten Formen (Linien, Flächen, Flecken undsoweiter) nicht selbst als solche wichtig, sondern nur ihr innerer Klang, ihr Leben. So wie in der Realistik nicht der Gegenstand selbst, oder seine äußere Hülse, sondern sein innerer Klang, Leben wichtig sind.

Das zum Minimum gebrachte „Gegenständliche“ muß in der Abstraktion als das am stärksten wirkende Reale erkannt werden1.

[31] So sehen wir schließlich: wenn in der großen Realistik das Reale auffallend groß erscheint und das Abstrakte auffallend klein und in der großen Abstraktion dieses Verhältnis umgekehrt zu sein scheint, so sind im letzten Grunde (= Ziele) diese zwei Pole einander gleich. Zwischen diesen zwei Antipoden kann das Zeichen des Gleichnisses gestellt werden:

Realistik = Abstraktion

Abstraktion = Realistik.

Die größte Verschiedenheit im Äußeren wird zur größten Gleichheit im Inneren.

[…] [33] […] Nehmen wir noch ein Beispiel. Wir sehen in diesem selben Buch einen Gedankenstrich. Dieser Gedankenstrich, wenn er an der richtigen Stelle angebracht ist – so wie ich es hier mache –, ist eine Linie mit einer praktisch-zweckmäßigen Bedeutung. Wollen wir diese kleine Linie verlängern und sie doch an einer richtigen Stelle lassen: der Sinn der Linie bleibt, ebenso wie ihre Bedeutung, die aber durch das Ungewohnte dieser Verlängerung eine undefinierbare Färbung gibt, wobei der Leser sich fragt, warum die Linie so lang ist und ob diese Länge nicht einen praktisch-zweckmäßigen Zweck hat. Stellen wir dieselbe Linie an eine falsche Stelle (so wie – ich es hier mache). Das richtig Praktisch-Zweckmäßige ist verloren und nicht mehr zu finden, der Beiklang der Frage ist hoch gewachsen. Es bleibt der Gedanke an einen Druckfehler, das heißt an das entstellte Praktisch-Zweckmäßige. Hier klingt das letztere negativ. Bringen wir dieselbe Linie auf einer leeren Seite an, zum Beispiel lang und geschweift. Dieser Fall ist dem letzten sehr ähnlich, nur denkt man (solange die Hoffnung einer Erklärung vorhanden ist) an das richtig Praktisch-Zweckmäßige. Und später (wenn keine Erklärung zu finden ist) an das Negative. Solange aber diese oder jene Linie im Buch bleibt, ist das Praktisch-Zweckmäßige nicht definitiv zum Ausschalten zu bringen.

[34] Bringen wir also eine ähnliche Linie in ein Milieu, welches das Praktisch-Zweckmäßige vollkommen zu vermeiden vermag. Zum Beispiel auf eine Leinwand. Solange der Beschauer (es ist kein Leser mehr) die Linie auf der Leinwand als ein Mittel zur Abgrenzung eines Gegenstandes ansieht, unterliegt er auch hier dem Eindruck des Praktisch-Zweckmäßigen. In dem Augenblick aber, in welchem er sich sagt, daß der praktische Gegenstand auf dem Bilde meistens nur eine zufällige und nicht eine rein malerische Rolle spielte und daß die Linie manchmal eine ausschließlich rein malerische Bedeutung hatte1, in diesem Augenblick ist die Seele des Beschauers reif, den reinen inneren Klang dieser Linie zu empfinden.

Ist denn dadurch der Gegenstand, das Ding aus dem Bilde vertrieben? Nein. Die Linie ist, wie wir oben gesehen haben, ein Ding, welches ebenso einen praktisch-zweckmäßigen Sinn hat wie ein Stuhl, ein Brunnen, ein Messer, ein Buch undsoweiter. Und dieses Ding wird in dem letzten Beispiel als ein reines malerisches Mittel gebraucht ohne die anderen Seiten, die es sonst besitzen kann – also in seinem reinen inneren Klang.

Wenn also im Bild eine Linie von dem Ziel, ein Ding zu bezeichnen, befreit wird und selbst als ein Ding fungiert, wird ihr innerer Klang durch keine Nebenrollen abgeschwächt und sie bekommt ihre volle innere Kraft.

So kommen wir zur Folge, daß die reine Abstraktion sich auch der Dinge bedient, die ihr materielles Dasein führen, geradeso, wie die [36] reine Realistik. Die größte Verneinung des Gegenständlichen und ihre größte Behauptung bekommen wieder das Zeichen des Gleichnisses. Und dieses Zeichen wird wieder durch das gleiche Ziel in beiden Fällen berechtigt: durch das Verkörpern desselben inneren Klanges.

[…] [42] […] Der Künstler, der sein ganzes Leben in vielem dem Kinde gleicht, kann oft leichter als ein anderer zu dem inneren Klang der Dinge gelangen. Es ist in dieser Beziehung ganz besonders interessant zu sehen, wie der Komponist Arnold Schönberg die malerischen Mittel einfach und sicher anwendet. Ihn interessiert in der Regel nur dieser innere Klang. Alle Ausschmückungen und Feinschmeckereien läßt er ohne Beachtung und die „ärmste“ Form wird in seinen Händen die reichste. (Siehe sein Selbstporträt.)

Hier: liegt die Wurzel der neuen großen Realistik. Die vollkommen und ausschließlich einfach gegebene äußere Hülse des Dinges ist schon eine Absonderung des Dinges vom Praktisch-Zweckmäßigen und das Herausklingen des Inneren. Henri Rousseau, der als Vater dieser Realistik zu bezeichnen ist, hat mit einer einfachen und überzeugenden Geste den Weg gezeigt.

Henri Rousseau hat den neuen Möglichkeiten der Einfachheit den [43] Weg eröffnet. Dieser Wert seiner vielseitigen Begabung ist uns augenblicklich der wichtigste.

Die Gegenstände oder der Gegenstand (das heißt er und die ihn bildenden Teile) müssen in irgendeinem Zusammenhang stehen. Dieser Zusammenhang kann auffallend harmonisch sein oder auffallend disharmonisch. Es kann hier eine schematisierte Rhythmik angewendet werden oder eine versteckte.

Der unaufhaltsame Drang von heute, das rein Kompositionelle zu offenbaren, die künftigen Gesetze unserer großen Epoche zu entschleiern, ist die Kraft, die die Künstler auf verschiedenen Wegen zu einem Ziele zu streben zwingt. […]

1 [25] Etwas näher habe ich diese Frage in meiner Schrift Über das Geistige in der Kunst erörtert.

1 [29] Den Inhalt des gewohnten Schönen hat der Geist schon absorbiert und findet keine neue Nahrung darin. Die Form dieses gewohnten Schönen gibt dem faulen körperlichen Auge die gewohnten Genüsse. Die Wirkung des Werkes bleibt im Bereiche des Körperlichen stecken. Das geistige Erlebnis wird unmöglich. So bildet oft dieses Schöne eine Kraft, die nicht zum Geist, sondern vom Geist führt.

2 Die quantitative Verminderung des Abstrakten ist also der qualitativen Vergrößerung des Abstrakten gleich. Hier berührten wir eins der wesentlichsten Gesetze: das äußere Vergrößern eines Ausdrucksmittels führt unter Umständen zum Vermindern der inneren Kraft desselben. Hier ist 2+1 weniger als 2-1. Dieses Gesetz offenbart sich natürlich auch in der kleinsten Ausdrucksform: ein Farbenfleck verliert oft an der Intensität und muß an der Wirkung verlieren – durch äußere Vergrößerung und durch die äußere Steigerung der Stärke. Eine besonders gute Farbenbewegung entsteht oft durch das Hemmen derselben; ein schmerzlicher Klang kann durch direkte Süße der Farbe erzielt werden undsoweiter. Das alles sind Äußerungen des Gesetzes des Gegensatzes in seinen weiteren Folgen. Kurz gesagt: Aus der Kombination des Gefühls und der Wissenschaft entsteht die wahre Form. Hier muß ich wieder an den Koch erinnern! Die gute körperliche Speise entsteht auch aus der Kombination eines guten Rezeptes (wo alles genau in Pfund und Gramm bezeichnet ist) und aus dem lenkenden Gefühl. Ein großes Merkmal unserer Zeit ist das Aufgehen des Wissens: die Kunstwissenschaft nimmt allmählich den ihr gebührenden Platz ein. Das ist der kommende „Generalbaß“, welchem natürlich eine unendliche Wechsel- und Entwicklungsbahn bevorsteht!

1 [30] Also am anderen Pol treffen wir dasselbe wie eben erwähnte Gesetz, wonach die quantitative Verminderung der qualitativen Vergrößerung gleich ist.

1 [34] Van Gogh hat mit besonderer Kraft die Linie als solche gebraucht, ohne damit das Gegenständliche irgendwie markieren zu wollen.

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Wassily Kandinsky: Über die Formfrage, 1912

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