Realität und Wirklichkeit in der Moderne

Texte zu Literatur, Kunst, Fotografie und Film

TEI DownloadPermalink: http://gams.uni-graz.at/o:reko.font.1946

Weißes Manifest, 1946

Lucio Fontana

Quelle

Lucio Fontana: "Weißes Manifest", in: Jürgen Harten (Hrsg.): ProspectRetrospect. Europa 1946-1976. Katalog anläßlich der Ausstellung ProspectRetrospect, 20. – 31. Oktober 1976, Bd. 2 (Städtische Kunsthalle Düsseldorf). Übersetzungen von Schuldt/B. Buchloh/J. Matheson. Köln: König 1976, S. 20-22. ISSN 0023-561x.

Erstausgabe

Manifiesto blanco. Buenos Aires: Academia Altamira 1946.

Genre

Manifest

Medium

Malerei

[20] Wir setzen die Evolution der Kunst fort

Die Kunst durchschreitet eine Periode verborgener Wirksamkeit. Es ist eine Kraft vorhanden, die der Mensch nicht ausdrücken kann. Wir versuchen sie in diesem Manifest in Worte zu kleiden. Deshalb bitten wir die Wissenschaftler der ganzen Welt, die sich der Tatsache bewußt sind, daß die Kunst für das Menschengeschlecht lebensnotwendig ist, daß sie einen Teil ihrer Forschungen auf die Entdeckung der leuchtenden und geschmeidigen Substanz lenken und der Instrumententöne, welche die Entwicklung der vierdimensionalen Kunst ermöglichen. Wir werden den Forschern die notwendigen Dokumente zur Verfügung stellen. Echte Ideen sind unanfechtbar. Keimhaft finden sie sich in der Gemeinschaft, und Denker und Künstler drücken sie aus. Alles geht aus Notwendigkeit hervor und gilt in seiner Epoche. Der Wandel in den materiellen Lebensbedingungen hat durch die Geschichte hindurch die geistige Haltung des Menschen bestimmt. Das System, das die Kultur seit ihren Ursprüngen leitet, wandelt sich. An die Stelle dieses Systems tritt nach und nach ein anderes, das nach seinem Wesen und in allen seinen Formen völlig gegenteiliger Art ist. Alle Lebensbedingungen der Gemeinschaft und des Individuums werden sich wandeln. Jeder Mensch wird auf der Grundlage einer integralen Arbeitsorganisation leben. Die gewaltigen Entdeckungen der Wissenschaft kreisen um diese Neuorganisation des Lebens. Die Entdeckung neuer physikalischer Kräfte, die Beherrschung der Materie und des Raums legen dem Menschen allmählich Bedingungen auf, die niemals in der Geschichte bestanden haben. Die Anwendung dieser Entdeckungen auf alle Lebensformen ruft einen Wandel in der Natur des Menschen hervor. Die geistige Struktur des Menschen ändert sich. Wir leben im Zeitalter der Mechanik. Der bemalte Karton und die Gipsfigur haben schon keinen Sinn mehr. Seit dem Augenblick, in dem die bekannten Kunstformen entdeckt wurden, vollzieht sich für jede Kunst in den verschiedenen Geschichtsepochen ein analytischer Prozeß. Jede Kunst hat ein unabhängiges Ordnungssystem. Alle Möglichkeiten sind bekannt und entwickelt worden. Man hat alles ausgedrückt, was sich ausdrücken ließ. In Musik, Architektur und Dichtung sind gleiche Themen behandelt worden. Je nach seinem Erkenntnisdrang setzte der Mensch seine Energien auf verschiedenen Gebieten ein. Der Idealismus ist angewandt worden, wenn man das Dasein nicht in konkreten Formen erklären konnte. Der Mechanismus der Natur war unbekannt. Man kannte die Fortschritte des Verstandes. Alles hing von den Möglichkeiten des Verstandes ab. Das Wissen bestand in verworrenen Spekulationen, die nur sehr selten der Wahrheit nahekamen. Die bildende Kunst bestand in idealen Darstellungen bekannter Formen, in idealisierend-realen Bilder [sic]. Der Zuschauer stellte sich ein Objekt nach dem andern vor. Er dachte sich die Muskeln und die Kleider, wie sie dargestellt waren. Heute ersetzt das Erfahrungswissen das Wissen durch Bilder. Wir nehmen eine Welt wahr, die existiert, sich aus sich selbst erklärt und durch unsere Ideen nicht verändert werden kann. Wir brauchen eine Kunst, die ihren Wert in sich selber trägt, eine Kunst, die unbeeinflußt bleibt von Ideen, die wir über sie haben mögen. Der in jedem Bewußtsein verankerte Materialismus verlangt eine Kunst, die Werte besitzt und sich von Darstellungen fernhält, die sich heute als bloße Farce gebärden. Die Menschen unseres Jahrhunderts, die von diesem Materialismus geformt wurden, haben kein Gefühl mehr für die Darstellung bekannter Formen und die Wiedergabe beständig wiederholter Erfahrungen. Aus dem progressiven Verfall der Form resultierte die Abstraktion.

Dieser neue Stand der Dinge entspricht indessen nicht mehr den Anforderungen des Menschen von heute. Wir verlangen einen Wandel im Wesen selbst und in der Form. Wir fordern, daß Malerei, Bildhauerei, Dichtung und Musik übertroffen werden. Wir brauchen eine Kunst, die mehr mit den Erfordernissen des neuen Geistes in Einklang steht.

Die Grundbedingungen der modernen Kunst lassen sich klar erkennen am Anfang des 13. Jahrhunderts, als man beginnt, den Raum darzustellen. Die großen Meister, die nacheinander auftreten, verleihen dieser Tendenz Nachdruck. Der Raum wird in den folgenden Jahrhunderten in immer größerer Weite dargestellt. Die barocken Künstler lassen das in folgender Weise erkennen: Sie stellen den Raum in unübertroffener Größe dar und beziehen den Zeitbegriff in die bildende Kunst ein. Die Figuren scheinen die Oberfläche zu verlassen, um die abgebildeten Bewegungen in den Raum hinein fortzusetzen. Diese Auffassung war die Folge des sich im Menschen bildenden Existenzbegriffs. Die Physik der Epoche erklärte zum erstenmal die [21] Natur unter dynamischem Aspekt. Für die Erkenntnis des Universums wird das Prinzip erhoben, daß die Bewegung der Materie immanent sei. In diesem Augenblick der Entwicklung ist der Drang zur Bewegung so groß, daß er nicht mehr von der bildenden Kunst dargestellt werden kann. Daher setzt sich die Entwicklung in der Musik fort; Malerei und Bildhauerei treten in die Periode des Neuklassizismus ein, die zum Sumpfgebiet der Kunstgeschichte wird. Da er die Zeit erobert hatte, konnte der Drang zur Bewegung sich vollauf entfalten. Die fortschreitende Befreiung von den Prinzipien hat der Musik eine sich stetig steigernde Dynamik verliehen (Bach, Mozart, Beethoven).

Die Kunst schreitet weiterhin im Sinne der Bewegung fort. Zwei Jahrhunderte lang behält die Musik ihre Macht, und der Impressionismus entwickelt sich parallel zur bildenden Kunst. Von nun ab ist die Entwicklung des Menschen ein Fortschreiten zur Bewegung hin, die sich in der Zeit und im Raum entfaltet. In der Malerei werden die Elemente unterdrückt, die sich dem Eindruck der Dynamik widersetzen. Die Impressionisten opfern Zeichnung und Komposition. Im Futurismus werden einige Elemente eliminiert, während andere an Bedeutung verlieren, da sie der sinnlichen Wahrnehmung untergeordnet sind. Der Futurismus nimmt die Bewegung als einziges Prinzip und einziges Ziel an. Die Kubisten leugnen, daß ihre Malerei dynamisch sei; das Wesen des Kubismus ist jedoch die Vision einer Natur in Bewegung. Als die Musik und die bildende Kunst ihre Entwicklung im Impressionismus vereinigen, basiert die Musik auf der Grundlage der bildenden Kunst, die Malerei scheint sich in ein [sic] Atmosphäre von Tönen aufzulösen. Bei den meisten Werken Rodins bemerken wir, daß die Massen wie die Töne sich im Raum zu bewegen scheinen. Rodins Auffassung ist im wesentlichen dynamisch und bewirkt sehr oft einen hochgradigen Bewegungsreiz. Ist man nicht in jüngster Zeit bis zu einer Intuition der „Klangform“ (Schönberg) und einer Überlagerung oder Korrelation von „Klangflächen“ (Scriabin) vorgestoßen? So besteht auch eine Ähnlichkeit zwischen den Formen Strawinskys und denen kubistischer Planimetrie. Die moderne Kunst befindet sich in einer Übergangssituation, die den Bruch mit der früheren Kunst fordert, damit der Weg für neue Auffassungen frei wird. Als Synthese gesehen, stellt dieser Zustand den Übergang von der Statik zur Dynamik dar. In der Begrenztheit dieses Übergangsstadiums hat sich die Kunst nicht gänzlich vom Erbe der Renaissance lösen können. Dieselben Materialien sind verwandelt und bewältigt worden, um eine völlig gewandelte Empfindungswelt auszudrücken. Die früheren Elemente wurden in gegensätzlichem Sinne verwandelt. Entgegenstehende Mächte rangen miteinander: Bekanntes und Unbekanntes, Vergangenheit und Zukunft. Aus diesem Grunde vermehrten sich die Tendenzen. Sie stützten sich auf gegensätzliche Werte und verfolgten offensichtlich verschiedenartige Ziele. Wir übernehmen diese Erfahrung und projizieren sie in eine klar erkennbare Zukunft. Ob sich die modernen Künstler dieser Erkenntnis bewußt waren oder nicht, es gelang ihnen nicht, damit fertig zu werden. Sie verfügten nicht über die notwendigen technischen Mittel, die Körper in Bewegung zu setzen; sie konnten es nur auf illusorische Art, indem sie Bewegung mit konventionellen Mitteln darstellten. Auf diese Art entsteht das Bedürfnis nach neuem technischen Material, das die Erreichung des gesteckten Zieles gestattet. Dieser Umstand hat im Zusammenwirken mit der mechanischen Entwicklung das Kino hervorgebracht, und sein Triumph ist ein weiteres Zeugnis dafür, daß sich der Geist zur Dynamik hin orientiert. Der Mensch ist mit bildhaften und plastischen Formen übersättigt, seine eigenen Erfahrungen und seine erschöpfenden Wiederholungen beweisen, daß diese Künste in einer Wertwelt verharren, die für unsere Kultur ungeeignet scheint und keine Möglichkeiten einer Zukunftsentwicklung bietet.

Das ruhige Leben ist verschwunden. Der Begriff der Geschwindigkeit ist konstant im Leben des Menschen. Die künstlerische Aera [sic] paralytischer Farben und Formen geht zu Ende. Der Mensch wird immer gefühlloser erstarrten Bildern gegenüber, die keinen Sinn für Vitalität verraten. Die unbeweglichen Bilder von früher befriedigen nicht mehr die Wünsche des neuen Menschen, der geformt wird vom Aktionsdrang und vom Zusammenleben mit der Mechanik, was eine beständige Dynamik erfordert. Die Ästhetik organischer Bewegung ersetzt die ästhetische Kraftlosigkeit erstarrter Form. Indem wir uns berufen auf diesen Wandel, der sich in der Natur des Menschen vollzogen hat, und auf die geistigen und moralischen Veränderungen in allen menschlichen Beziehungen und Tätigkeiten, verzichten wir auf den Gebrauch bekannter Kunstformen und beginnen die Entwicklung einer Kunst, die auf der Einheit von Zeit und Raum beruht. Die neue Kunst schöpft ihre Elemente aus der Natur.

Existenz, Natur und Materie bilden eine vollkommene Einheit, die sich in Zeit und Raum entfaltet. Der Wechsel ist die wesentliche Bedingung der Existenz. Bewegung, Evolution und Entwicklung sind die Grundbedingungen der Materie. Diese besteht in der Bewegung und nicht auf andere Art. Sie entfaltet sich ewig. Farbe und Ton finden sich in der Natur und sind an die Materie gebunden. Materie, Farbe und Ton in Bewegung sind die Phänomene, deren gleichzeitige Entwicklung einen integrierenden Teil der neuen Kunst ausmacht. Die Farbe entwickelt sich im Raum als Masse, wobei sie nacheinander verschiedene Formen annimmt. Der Ton entsteht durch noch unbekannte Instrumente. Diese Instrumente entsprechen nicht mehr dem Bedürfnis großer Klangwirkung, noch rufen sie Empfindungen geforderter Fülle wach. Es handelt sich um den Bau voluminöser, ausgedehnter Formen, die durch den Gebrauch von plastischen und beweglichen Substanzen umgebildet werden. In den Raum gestellt, nehmen sie synchrone Gestalt an und integrieren dynamische Bilder. Die bewegte Materie bekundet ihr totales und ewiges Sein, indem sie sich in Zeit und Raum entfaltet und bei ihren Veränderungen verschiedene Stadien der Existenz annimmt. Wir verstehen den Menschen in seiner stets neuen Begegnung mit der Natur, in seinem Bedürfnis, sich an sie anzuklammern, um wieder einen Zugang zu ihren ursprünglichen Werten zu erlangen. [22] Wir fordern volles Verständnis der primären Werte der Existenz. Deshalb führen wir in die Kunst die substantiellen Werte der Natur ein. Wir bieten die Substanz, nicht die Akzidenzien. Wir stellen weder den Menschen, noch die andern Lebewesen, noch die anderen Formen dar. Diese sind Erscheinungen der Natur, die mit der Zeit wechseln und in der Folge der Phänomene verschwinden. Ihre physische und psychische Beschaffenheit ist der Materie und ihrer Entwicklung unterworfen. Wir wenden uns an die Materie und an ihre Entwicklung, die schöpferischen Quellen der Existenz. Wir entscheiden uns für die eigentliche Energie der Materie, ihren Drang zum Sein und zur Entfaltung. Wir fordern eine Kunst, die von allen ästhetischen Kunstgriffen frei ist. Wir üben das aus, was der Mensch an Natürlichem und Wahrem besitzt. Wir verwerfen die von der spekulativen Kunst erfundene ästhetische Unwahrhaftigkeit. Wir begeben uns in die Natur, wie es die Kunst in ihrer Geschichte niemals getan hat. Die Liebe zur Natur drängt uns, sie nachzubilden. Das Schönheitsempfinden, das uns die Gestalt einer Pflanze oder eines Vogels vermittelt, oder das in uns geweckte sexuelle Empfinden beim Anblick eines weiblichen Körpers entfaltet sich und wirkt bei jedem Menschen je nach seinem Empfindungsvermögen. Wir verwerfen die besonderen Regungen, die in uns durch im voraus festgelegte Formen geweckt werden. Unsere Absicht ist es, das ganze Leben des Menschen, das, an die Funktion seiner natürlichen Bedingungen geknüpft, eine echte Offenbarung des Seins darstellt, in einer Synthese zu vereinigen. Wir nehmen die ersten künstlerischen Erfahrungen als Prinzip. Die Menschen der Prähistorie, die zum erstemal [sic] Töne vernahmen, als sie auf einen Hohlkörper trommelten, wurden durch rhythmische Bindungen gebannt. Von der Suggestionskraft des Rhythmus getrieben, mußten sie tanzen bis zur Trunkenheit. Empfindung war alles beim primitiven Menschen. Empfindung angesichts der unbekannten Natur, musikalische Empfindung, rhythmische Empfindung. Unsere Absicht ist es, diese ursprüngliche Gegebenheit des Menschen zur Entwicklung zu bringen. Das Unterbewußtsein, jenes großartige Sammelbecken, das alle vom Intellekt empfangenen Bilder aufspeichert, nimmt Wesen und Gestalt dieser Bilder an und bewahrt die Vorstellungen auf, welche die Natur des Menschen orientieren. Wie sich die objektive Welt wandelt, wandelt sich auch das, was vom Unterbewußtsein assimiliert wird. So werden Modifikationen im Selbstverständnis des Menschen hervorgerufen. Die Anpassung des aus vorgeschichtlichen Epochen empfangenen Erbes an die neuen Lebensbedingungen erfolgt dank dieser Funktion des Unterbewußtseins. Das Unterbewußtsein prägt das Individuum, integriert es und bildet es um. Es gibt ihm die Ordnungen, die es von der Welt empfängt, und das Individuum nimmt sie an. Alle künstlerischen Konzeptionen sind auf die Funktion des Unterbewußtseins zurückzuführen. Die bildende Kunst entwickelt sich auf der Basis von Naturformen. Die Äußerungen des Unterbewußtseins paßten sich im Sinne des idealistischen Existenzbegriffs diesen Formen völlig an. Das materialistische Bewußtsein, d.h. das Bedürftnis [sic] nach deutlich greifbaren Dingen, fordert, daß die Kunstformen direkt vom Individuum aus entstehen, nachdem sie alle Anpassung an natürliche Formen aufgegeben haben. Eine Kunst, die auf den Formen beruht, die vom Unterbewußtsein geschaffen und von der Vernunft im Gleichgewicht erhalten werden, bildet einen wahrhaften Ausdruck des Seins und eine Synthese des geschichtlichen Augenblicks.

Die Position der rationalistischen Künstler ist falsch. In ihrem Bemühen, die Vernunft übermäßig zu bewerten und die Funktion des Unterbewußtseins zu leugnen, gelingt es ihnen lediglich, ihre Anwesenheit weniger sichtbar zu machen. In jedem ihrer Werke bemerken wir, daß diese Fähigkeit sich ausgewirkt hat. Die Vernunft schafft nicht. Bei der Erschaffung der Formen ist ihre Funktion der Funktion des Unterbewußtseins untergeordnet. Bei allem Tun handelt der Mensch als Funktion der Gesamtheit seiner Fähigkeiten. Die freie Entfaltung dieser Fähigkeiten ist eine Grundbedingung für die Entstehung und Deutung der neuen Kunst. Analyse und Synthese, Meditation und Spontaneität, Konstruieren und Empfinden sind Werte, die bei der Integration der neuen Kunst in funktionaler Einheit zusammenwirken. Und ihre Entwicklung im Experiment ist der einzige Weg, der zu einer vollkommenen Offenbarung menschlichen Seins führt.

Die Gemeinschaft sucht die Zersplitterung ihrer Kräfte zu verhindern und sammelt sie in einer einzigen Kraft. Die moderne Wissenschaft basiert auf der progressiven Vereinigung ihrer Elemente. Die Menschheit integriert ihre Werte und ihre Kenntnisse. Dies ist eine Bewegung, die seit mehreren Jahrhunderten der Entwicklung in der Geschichte verwurzelt ist. Aus diesem neuen Bewußtseinszustand taucht eine ganzheitliche Kunst auf, nach der das menschliche Sein wirkt und sich in seiner Wesenheit bekundet. Nach mehreren Jahrtausenden einer künstlerisch-analytischen Entwicklung kommt der Augenblick der Synthese. Im Anfang war die Scheidung notwendig, heute stellt sie eine Desintegration der gedachten Einheit dar. Wir verstehen die Synthese als eine Aneinanderreihung physischer Elemente: Farbe, Ton, Bewegung, Zeit, Raum, die sich zu einer physisch-psychischen Einheit ergänzen. Farbe, das Element des Raumes, Ton, das Element der Zeit, und Bewegung, die sich in der Zeit und im Räume entfaltet, sind die Grundformen der neuen Kunst, welche die vier Dimensionen des Daseins umfaßt, Zeit und Raum. Die neue Kunst verlangt zu ihrer Hervorbringung und Deutung das Zusammenwirken aller Energien des Menschen; das Sein offenbart sich als Ganzheit in der Fülle seiner Lebenskraft.

Alles ein-/ausblenden

Themen

  • Struktur-Verhältnis-Funktion
    • Sein
  • Textrepräsentant

Kategorien

Einzelkategorien

  • Episteme
    • Analyse
    • Bewegung
    • Dynamik
    • Ganzheit
    • Geist
    • Geschwindigkeit
    • Individuum
    • Konstruieren, das
    • Materie
    • Mensch
    • Möglichkeit
    • Raum
    • Spontaneität
    • Statik
    • Synthese
    • Unterbewusstsein
    • wahrhaft
    • Wandel
    • Wert
    • Wissen
    • Zeit
    • Zukunft
  • Epoche und Strömung
    • Impressionismus
    • Kubisten
    • moderne Kunst
  • Feld
    • Kunst
    • Mechanik
  • Form
    • Bild
    • Bildhauerei
    • Dichtung
    • Malerei
    • Musik
  • Medium
    • Farbe
    • Ton
  • Realitätsbegriff
    • Natur
    • Sein
    • Welt
  • Wahrnehmungsform
    • Empfinden, das

Lucio Fontana: Weißes Manifest, 1946

Zum Seitenanfang