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Entdärmung des hl. Erasmus

Beschreibung:Auf einem (im Bildausschnitt nicht sichtbaren) Stadtplatz werden dem hl. Erasmus mit einer Winde von einem Schergen die Gedärme aus dem durch einen Schnitt geöffneten Leib gezogen. Der Szene wohnt ein schwarz gekleideter Richter mit Gefolge bei. Er stützt sich auf einen Stab (Amtszeichen ?).Eine weitere Figur (zur rechten Hand des Richters), rot gekleidet, mit Turban, hält in der rechten Hand einen nur undeutlich sichtbaren Stab (Herrscher ?). Das Martyrium des Heiligen ist das Beispiel einer binnenländischen Fehlinterpretation der Ankerwinde, die ihm ursprünglich als Patron der Seefahrer beigegeben war. Trotzdem hat diese Fehlinterpretation einen realen strafrechtsgeschichtlichen Hintergrund: Das Mittelalter sah die Gedärme als den Sitz des Bösen (hier bei der Verfolgung des Heiligen also als Sitz des Glaubens zu verstehen) an, das vernichtet werden mußte. Deshalb ging bei der strafrechtlichen Liquidierung das Ausdärmen durch den Henker (nicht mit einem solchen Gerät !) und die Verbrennung der Gedärme Hand in Hand mit einer normalen Todesstrafe.
Datierung:15. Jahrhundert
Topographie:Österreich
Quelle:Tafelbild (spätmittelalterlich)
Quellenart:Heiligenleben
Kategorie:Strafrecht
Stichworte:Strafvollzug, Öffentlichkeit, Richter, Herrscher, Stab, Scharfrichter, Entdärmung
Herausgeber: Gernot Kocher, Institut für Rechtswissenschaftliche Grundlagen
Permalink:http://gams.uni-graz.at/o:rehi.2504