Welle-Teilchen-Dualismus
- Zweidimensionale Wellen
- Beschreibung der Interferenz
- Das deBroglieModell
Zweidimensionale Wellen
Ein mathematisches Modell
Problemstellung
Wir wollen das Interferenzmuster, das bei der Streuung von Teilchen am
Doppelspalt entsteht, mathematisch beschreiben.
Wir wollen gar nicht
versuchen, eine Erklärung dieses Effektes abzugeben, sondern begnügen uns
mit einer möglichst genauen Beschreibung. Zu diesem Zweck betrachten wir
zunächst einmal einen Teilchenstrahl mit konstanter Teilchendichte:
Teilchendichte = D (eine Konstante > 0).
Wenn man einen zweiten Strahl mit Teilchendichte D' mit dem ersten
Strahl zur Überlagerung bringt, erwartet man nach der klassischen Physik die
Summe der Teilchendichten D+D' im kombinierten Teilchenstrahl. Das Auftreten
von Interferenzmustern zeigt aber, dass diese Vorstellung falsch ist.
Die resultierende Teilchendichte Dres bei
Überlagerung zweier Teilstrahlen ist nicht die Summe der Einzeldichten:
Dres ≠ D + D'.
Statt dessen zeigt die Teilchendichte ähnliche Schwankungen wie die Intensität von Wellen bei Interferenz.
Wir müssen einem Teilchenstrahl daher gewisse Eigenschaften einer Welle zubilligen. Unser mathematisches Modell von einem Teilchenstrahl wird also Begriffe aus der Mathematik von Wellenvorgängen verwenden.
Eine Sinuswelle wird durch die Formel
u(x,t) = A sin(kx -
ωt + d)
beschrieben. Die Größe A heisst die Amplitude
der Welle. Das Argument der Sinusfunktion ist ein orts- und
zeitabhängiger "Phasenwinkel" a = kx - ωt + d. Die Größe d beschreibt die
"Phasenverschiebung". Der Betrag B = |u| der Wellengröße hängt von Ort
und Zeit nur über den Phasenwinkel a ab.
Mathematische Modellierung
Wir wollen nun die Bewegung eines Teilchenstrahls ebenfalls durch eine
"Wellengröße" beschreiben. Wir nennen diese Größe ψ (sprich: "psi"). Diese
Größe ψ soll einerseits die Teilchendichte beschreiben, und sich
andererseits wellenförmig durch den Raum fortpflanzen. An einem einzelnen
Teilchenstrahl soll die wellige Struktur aber gar nicht sichtbar sein, erst
bei Überlagerung zweier Teilchenstrahlen soll sich die Wellennatur durch
Interferenz bemerkbar machen. Wir fordern von unserem mathematischen Modell
also, dass es unbeobachtbare Bestandteile hat! Das ist ein neuer Gedanke,
der so in der klassischen Physik bisher noch nicht aufgetaucht ist!
Was
ist eigentlich ein mathematisches Modell?
Ein mathematisches Modell ist
eine Sammlung mathematischer Größen und Beziehungen, die Beobachtungen und
Messungen, die man innerhalb eines bestimmten Erfahrungsbereiches gemacht
hat, beschreiben sollen. Das Ziel ist, aus mathematischen Überlegungen
(Berechnungen) Vorhersagen über weitere Beobachtungen zu machen. Die
Verbindung zwischen mathematischen Größen und Beobachtungen wird durch
Interpretationsregeln definiert. Es müssen aber keineswegs
alle mathematischen Größen, die bei den Berechnungen nötig sind, oder die
als Zwischenresultate auftauchen, eine direkte Interpretation haben.
Ein Wellenmodell für Teilchenstrahlen
Wie die klassische Sinuswelle wird auch die Wellengröße ψ unseres Modells
durch zwei Größen charakterisiert sein, und zwar durch
einen
Betrag B = |ψ|,
einen Phasenwinkel a.
Mit Hilfe des Phasenwinkels sollen die Welleneigenschaften des
Teilchenstrahls und letztlich die Interferenz beschrieben werden.
Mit
dem Betrag B wollen wir die Teilchendichte beschreiben. Wenn keine
Interferenz stattfindet, soll die Teilchendichte (also der Betrag B) aber
konstant bleiben und nicht periodisch wie die Höhe einer Welle schwanken.
Der Phasenwinkel soll also in diesem Fall unbemerkt bleiben.
Während
sich also der Phasenwinkel, wie bei einer Welle, periodisch ändert, soll
hingegen der Betrag sogar eventuell sogar konstant bleiben. Anders als bei
der Sinuswelle muss sich der Phasenwinkel sich also unabhängig vom Betrag
ändern können. Wie können wir das erreichen? Fassen wir zusammen:
Die Verteilung von Teilchen in einem Teilchenstrahl soll durch eine
"Wellengröße" ψ beschrieben werden. Die Größe ψ soll durch einen Betrag
B=|ψ| und einen davon unabhängigen Phasenwinkel a charakterisiert
werden.
Die Teilchendichte soll durch die Intensität der
Welle beschrieben werden (also durch das Quadrat des
Betrages):
Teilchendichte η = |ψ|2.
Der Phasenwinkel a soll die Beschreibung der Interferenz
ermöglichen, soll aber selbst nicht beobachtbar sein.
Betrag und Phasenwinkel: Vektoren
Bei einer Sinuswelle ist der Betrag der Wellengröße, B = | A sin(kx - ωt) |,
eine Funktion des Phasenwinkels a = kx - ωt. Aber jetzt wollen wir einen
Wellenvorgang beschreiben, bei dem der Betrag B der Wellengröße
unabhängig vom Phasenwinkel a ist.
Idee: Wir
können das erreichen, wenn wir die Wellengröße als einen
zweidimensionalen Vektor betrachten.
Ein
Vektor wird durch eine Länge (= Betrag) und durch
eine Richtung gekennzeichnet. Eine Richtung in zwei Dimensionen
wird einfach durch einen Winkel angegeben (zB. durch den Winkel mit der
horizontalen Achse eines gedachten kartesischen Koordinatensystems).
Abbildung 1: Ein Vektor ist eine Größe, die durch einen Betrag und eine Richtung beschrieben wird.
Aus einem gegebenen Betrag B und einem Phasenwinkel a können wir einen
zweidimensionalen Vektor konstruieren, wenn wir B als Länge des Vektors, und a
als dessen Richtungswinkel interpretieren.
Mit Vektoren können wir nun z.B.
eine ortsabhängige Größe beschreiben, deren Betrag B überall konstant ist,
während sich die Richtung von Ort zu Ort ändert. Im folgenden Bild wird das
veranschaulicht:
Abbildung 2: Eine Größe mit überall konstantem Betrag und von Ort zu Ort variierender Richtung.
In diesem Bild beschreibt die horizontale Achse die Raumkoordinate x. Die beiden dazu senkrechten Richtungen, in denen der Vektorpfeil gezeichnet ist, sind keine Richtungen im Raum, sondern Dimensionen des mathematischen Modells. An jedem Punkt des Raumes definiert das mathematische Modell eine zweidimensionale Wellengröße, die hier durch einen Vektor veranschaulicht wird.
Welle mit zweidimensionaler Wellengröße
Video: Eine vektorielle Welle: Die hier dargestellte Erregung wird durch einen zweidimensionalen Vektor beschrieben. Seine Länge (die Intensität der Welle) ist überall gleich, nur die Richtungsänderungen pflanzen sich wellenartig fort.
Wir betrachten eine Welle, die durch eine orts- und zeitabhängige
zweidimensionale Größe (Vektor) beschrieben wird. An jedem Ort und zu jedem
Zeitpunkt soll der Betrag des Vektors konstant sein. Die Richtung des Vektors
soll sich aber in Abhängigkeit von Ort und Zeit ändern.
Wenn die räumliche
und zeitliche Abhängigkeit der Richtung durch den Winkel
a = kx -
ωt
beschrieben wird (mit geeigneten Zahlen k und ω) so erhalten wir die in
der Animation dargestellte Welle
Im Film ist der Betrag der Vektoren überall konstant. Die Wellennatur der
Bewegung kommt nur vom Winkel a.
Der Winkel a ist im Bogenmaß
gegeben. Die Zahlen a und a + 2πk (wobei k eine beliebige ganze Zahl ist)
beschreiben denselben Winkel.
Interferenz von vektorwertigen Wellengrößen
Die Interferenz von Wellen, deren Wellengrößen durch Vektoren charakterisiert
wird, kann durch "vektorielle Addition" beschrieben werden. Dabei ergeben sich
neue Möglichkeiten.
Wenn sich zwei solche Wellen im selben Raumgebiet
befinden, werden dort bei der Überlagerung die Wellengrößen n jedem Raumpunkt
einfach addiert (sog. lineare Superposition). Dabei werden die Regeln der
Vektoraddition angewendet. Dadurch kann es zur Auslöschung
kommen, wenn die Wellengrößen der Teilwellen entgegengesetzte Richtungen haben.
Zwei Vektoren mit exakt demselben Betrag, aber entgegengesetzten Richtungen
heben sich gegenseitig auf (Auslöschung). Bei Addition von Vektoren mit
derselben Richtung addieren sich hingegen die Beträge.
Abbildung 3: Addition von zweidimensionalen Wellengrößen (Vektoren) an einem gegebenen Raumpunkt: Links - Verstärkung bei annähernd parallelgerichteten Wellengrößen. Rechts - Abschwächung bei annähernd entgegengesetzten Wellengrößen
Die Visualisierung einer Welle mit zweidimensionaler Wellengröße mit Hilfe von Richtungspfeilen ist für kompliziertere Situationen (zB Wellenausbreitung in mehrere Richtungen wie im Doppelspaltexperiment) nicht brauchbar. Wir werden daher einen anderen Weg beschreiten, um den Phasenwinkel zu visualisieren.
Visualisierung von Richtungen - der Farbkreis
Video: Der Farbkreis: Jedem Winkel, d.h. jeder Richtung in der Ebene wird ein eindeutiger Farbton zugewiesen.
Farben können periodisch im Farbkreis angeordnet werden. Farben eignen sich
also hervorragend dazu, periodisch veränderliche Größen (wie z.B. einen Winkel)
zu visualisieren.
Im Farbkreis sind die Farben wie folgt angeordnet:
additive Grundfarben | Winkel (Bogenmaß) | Winkel (Grad) |
---|---|---|
rot | 0 (= 2π) | 0 Grad (=360 Grad) |
grün | 2π/3 | 120 Grad |
blau | 4π/3 (= -2π/3) | 240 Grad |
subtraktive Grundfarben | Winkel (Bogenmaß) | Winkel (Grad) |
---|---|---|
gelb | π/3 | 60 Grad |
cyan (blaugrün) | π (= -π) | 180 Grad |
magenta (purpur) | 5π/3 (= -π/3) | 300 Grad |
Die Farben, die sich am Farbkreis gegenüberliegen, heissen
"komplementär".
Komplementärfarben sind also z.B.: gelb-blau, grün-magenta,
cyan-rot.
Visualisierung einer Welle mit zweidimensionaler Wellengröße
Eine Welle mit zweidimensionaler Wellengröße hat überall außer einem Wellenbetrag noch eine Wellenrichtung, die durch den Phasenwinkel an diesem Ort angegeben wird:
Abbildung 4: Diese Abbildung zeigt die Momentaufnahme einer Welle, bei der sich die "Phasenrichtung" periodisch ändert (=die Richtung der Pfeile), während der Betrag (die Länge der Pfeile) überall konstant bleibt.
Die Darstellung mit Pfeilen ist für kompliziertere Situationen ungeeignet. Hier ist nocheinmal dieselbe Welle, aber jetzt sind ist an jedem Punkt x die Richtung (der Phasenwinkel) durch eine Farbe visualisiert:
Abbildung 5: Die Abbildung zeigt die Momentaufnahme einer Welle mit Wellenlänge 1. Die schwarze Linie gibt den Betrag der Wellengröße an, der Phasenwinkel wird an jedem Punkt durch die Füllfarbe zwischen Betragslinie und x-Achse symbolisiert. In diesem Fall hat die Welle konstanten Betrag und einen periodisch variierenden Phasenwinkel.
Beschreibung der Interferenz
Farbmischung und Addition von Vektoren
Video: Die Addition von zwei Vektoren in der Ebene entspricht der Mischung von Farben. Dieser Film zeigt alle Farben, die durch Mischung mit rot erhalten werden können. Es sind dies die Farben in der rechten Hälfte des Farbkreises.
Video: Die Addition von zwei Vektoren in der Ebene entspricht der Mischung von Farben. Dieser Film zeigt alle Farben, die durch Mischung mit grün erhalten werden können. Es sind dies die Farben in der rechten Hälfte des Farbkreises.
Durch Mischung von Farben am Farbkreis entstehen neue Farben. Tatsächlich
entstehen die Farben am Computermonitor durch Addition der Grundfarben rot,
grün und blau (additive Grundfarben). Gleichzeitiges Aufleuchten der roten und
grünen Pixel ergibt gelb, Mischung von blau und rot ergibt purpur, usw. Die
subtraktiven Grundfarben gelb, cyan, magenta finden beim Farbdruck Verwendung.
Mischung von gelb und cyan ergibt grün, Mischung von cyan und magenta ergibt
blau, Mischung von gelb und magenta ergibt rot.
Diese Farbmischungen werden
gut durch Vektoraddition beschrieben. Jede Farbe am Farbkreis kann durch einen
Richtungsvektor dargestellt werden. Addiert man zwei solche Richtungsvektoren
wie in der Grafik, erhält man einen Summenvektor, dem eine neue Farbe am
Farbkreis zugeordnet ist.
Durch den Farbton wird hier nur die Richtung, nicht aber die Länge der Vektoren dargestellt.
Bei der Vektoraddition ist die Summe zweier Vektoren mit entgegengesetzten Richtungen der Nullvektor. Ihm kann keine Farbe des Farbkreises zugeordnet werden. Tatsächlich ergibt sich bei Mischung von Komplementärfarben je nach Methode im Idealfall schwarz (subtraktive Farbmischung), weiss (additive Farbmischung), oder sonst grau.
Interferenz von Farbwellen
Video: Die Abbildung zeigt in der Mitte zwei übereinandergelagerte Wellen mit konstantem Betrag und periodisch ortsabhängigem Phasenwinkel (durch Farben dargestellt). Die beiden Wellen haben unterschiedliche Wellenlänge. Im oberen Bereich sehen wir die Summe der beiden Wellen darunter. Hier ist der Betrag ortsabhängig. Der untere Bildbereich erklärt die Vektoraddition und Farbmischung, die am Ort der vertikalen grauen Linie stattfindet. Dieser Ort kann mit dem Schieberegler verstellt werden.
Wenn sich zwei Wellen mit zweidimensionaler Wellengröße im selben Raumbereich
befinden, kann sich durch Interferenz der Betrag der Welle in manchen Gebieten
vergrößern, in anderen Gebieten hingegen findet gegenseitige Auslöschung statt.
Die Interferenz kommt durch die Addition der beiden Wellen zustande. Dabei
werden an jedem Raumpunkt die dortigen Wellengrößen addiert. Die Wellengrößen
sind zweidimensionale Vektoren. Um die beiden Teilwellen und die Summenwelle zu
visualisieren, stellen wir an jedem Ort den Betrag der Wellengröße durch die
Höhe des Funktionsgraphen dar, und symbolisieren die Richtung der Wellengröße
durch die Füllfarbe (siehe die Abbildung).
Die Maxima der Überlagerung sind
dort, wo die Teilwellen die gleiche (rote) Farbe haben, denn hier addieren sich
die einzelnen Beträge. Auslöschung erfolgt dort, wo die Teilwellen
komplementäre Farbe haben (rot und blaugrün).
Im unteren Drittel der
Abbildung sehen wir die beiden Vektoren, die durch die beiden Teilwellen am Ort
der grauen Linie definiert werden. Diese Spitzen dieser Vektoren liegen immer
auf einem Kreis, da die beiden zur Überlagerung kommenden Wellen einen
konstanten Betrag haben. Der dritte Vektor zeigt den Summenvektor. Die Farbe
der Vektoren kodiert wie üblich die Richtung der Vektoren. Sie entspricht der
Farbe der jeweiligen Wellenfunktionen am Ort der grauen Linie.
Interferenz von gegenläufigen Farbwellen
Video: Oben: Cosinusfunktion (rot = positiv, blaugrün = negativ). Summe der beiden Wellen darunter. Mitte: Zwei übereinandergelagerte, gegenläufige Wellen gleichem Betrag und gleicher Wellenlänge. Sie sind "gegenläufig" in dem Sinne, dass die Abfolge der Farben entgegengesetzt ist. Unten: Vektoraddition und Farbmischung am Ort der vertikalen grauen Linie stattfindet. Dieser Ort kann mit dem Schieberegler verstellt werden.
Hier addieren wir zwei "gegenläufige" Teilwellen. Sie haben die gleiche Amplitude aber eine genau entgegengesetzte Farbfolge. Das Resultat ist eine normale Cosinuswelle (rot = Wellenberge, dort ist die Wellenfunktion positiv, blaugrün = Wellentäler, dort ist die Wellenfunktion negativ).
Visualisierung des Betrages durch Helligkeit
Wir beschreiben die Farbmischung durch Vektoraddition. Um in der resultierenden Farbe nicht nur die Richtung des Summenvektors, sondern auch seine Länge darzustellen, verwenden wir Farben unterschiedlicher Helligkeit. Kurze Vektoren werden durch dunkle, lange durch helle Farben dargestellt. Auf diese Art wird jedem Vektor (also jedem Punkt der Ebene) eine eindeutige Farbe (Farbton und Helligkeit) zugewiesen.
Video: Dieser Film zeigt alle Farben, die durch Addition von Grün und einer anderen Farbe des Farbkreises erhalten werden können. Dabei erhält die Mischfarbe eine Helligkeit, die von der Länge des Summenvektors abhängt.
Farbwelleninterferenz am Doppelspalt
Video: Links: Die Wellen, die aus den Einzelspalten austreten. Rechts oben: Das Interferenzmuster hinter dem Doppelspalt. Rechts unten: Wellenwerte entlang der beweglichen weissen Linie mit der "eindimensionalen" Visualisierungsmethode. Dabei ist die obere Kurve die Summe der beiden unteren.
Hier zeigen wir, wie die Interferenz am Doppelspalt durch "Farbwellen"
modelliert werden kann. Das Interferenzmuster entsteht durch Überlagerung (=Addition)
der Wellen aus den einzelnen Spalten.
Die Visualisierung zeigt mit Hilfe von Farbwerten an jedem Punkt den Betrag
(Helligkeit) und die Richtung (Farbton) der Wellengröße an. Bei der Überlagerung werden
die Farben gemischt: Ähnliche Farben verstärken sich und komplementäre Farben löschen
einander aus.
Erklärung der Interferenz beim Doppelspaltexperiment durch das Farbwellenmodell
Die Teilchendichte hat normalerweise keine Welleneigenschaften. Die Teilchendichte im
Einzelspaltexperiment weist keinerlei für Wellen typische Berge und Täler auf. Sobald
aber mehrere Teilstrahlen aus derselben Quelle überlagert werden, entstehen
Interferenzmuster. Wir brauchen zur Beschreibung dieses Phänomens also eine Größe, die
einerseits eine "nicht-wellige" Teilchendichte beschreibt und andererseits
Welleneigenschaften hat, die zur Interferenz führen können.
Ein einfaches Modell ist das folgende "Farbwellenmodell":
Wir visualisieren die Teilchendichte wie gewöhnlich durch die Helligkeit. Dazu denken wir
uns noch eine zweite, nicht direkt beobachtbare wellenartige Größe, deren Werte wir zur
Veranschaulichung durch einen Farbton darstellen.
Bei der Überlagerung (Interferenz) solcher "eingefärbter Intensitäten" berücksichtigen
wir die Farbeigenschaft wie folgt:
- Gleichartige oder ähnliche Farben addieren sich in der Helligkeit
- Komplementärfarben heben sich gegenseitig auf (die Helligkeiten werden subtrahiert - im Idealfall ergibt das Schwarz).
Abbildung 6: Eine Farbwelle mit einer bestimmten Wellenlänge tritt aus dem Spalt aus. Die Helligkeit (=Teilchendichte) nimmt gleichmäßig in alle Richtungen nach außen hin ab. Die so beschriebene Teilchendichte hat keine wellige Struktur. Die periodische Einfärbung ist nicht beobachtbar.
Im Doppelspaltexperiment hingegen kommen aber zwei solche Wellen zur Überlagerung. Wenn wir diese beiden Teilwellen gemäß obiger Vorschrift addieren, erhalten wir folgendes Bild.
Abbildung 7: Addition von Farben beim Doppelspaltexperiment
Die Superposition der beiden Farbwellen, die aus den Einzelspalten austreten, ergibt das Interferenzmuster am Doppelspalt. Die zusammengehörigen Kreise zeigen das Prinzip der Farbmischung:
- Superposition ähnlicher Farbtöne ergibt eine Verstärkung der Helligkeit.
Im Beispiel: Grün + Grün = Hellgrün) - Superposition komplementärer Farbtöne ergibt eine Verminderung der Helligkeit.
Im Beispiel: Grün + Purpur = Schwarz, ebenso:
(Dunkel-) Blau + (Dunkel-) Gelb = Schwarz
Abbildung 8: Überlagerung zweier Farbwellen aus den Einzelspalten. Dort, wo Komplementärfarben zusammentreffen, erfolgt Auslöschung, dort, wo ähnliche Farben überlagert werden, erfolgt Verstärkung. Diese Helligkeits- Interferenz ist beobachtbar, da die Helligkeit die Teilchendichte symbolisiert.
Die Farben haben wir nur zur Beschreibung des Interferenzmusters der Helligkeit
eingeführt. Physikalisch meßbar ist nur die durch die Helligkeit symbolisierte
Teilchendichte. Die Eigenschaft, die durch die Farben symbolisiert wird, ist nicht
direkt beobachtbar (nur indirekt am daraus resultierenden Interferenzmuster).
Die mathematische Größe, die wir hier durch eine "Farbwelle" darstellen, nennt man die
quantenmechanische Wellenfunktion. Wellenfunktionen sind natürlich nicht wirklich bunt.
Mathematisch gesehen bedeuten die Farben, dass wir es mit Wellen mit einer
zweidimensionalen Wellengröße zu tun haben (in der Visualisierung sind die beiden
Dimensionen die Helligkeit und der Farbton). Tatsächlich werden quantenmechanische
Wellenfunktionen mathematisch mit Hilfe komplexer Zahlen beschrieben.
Das deBroglieModell
Mathematisches Modell für Teilchenstrahlen
Video: Mathematisches Modell eines Teilchenstrahls mit festem Impuls. Die x-Koordinate ist die Bewegungsrichtung der Teilchen. Die (konstante) Höhe des Betrags symbolisiert die konstante Teilchendichte. Die Farben beschreiben den Phasenwinkel.
Es war die Idee von Louis de Broglie (1923), Teilchenstrahlen durch
Welleneigenschaften zu charakterisieren. Für Teilchen, die sich mit einem
festen Impuls p in einer vorgegebenen Richtung (z.B. in der x-Richtung)
bewegen, nehmen wir eine Welle an, die durch einen orts- und zeitabhängigen
Phasenwinkel
a = kx - ωt
beschrieben wird. Der
Teilchenstrahl wird also - wie eine Welle - durch eine Wellenzahl k und eine
Kreisfrequenz ω charakterisiert.
Wie bestimmen wir Wellenzahl und Frequenz?
Wellenzahl k
Da Interferenzmuster von Teilchenstrahlen vom Impuls genauso abhängen, wie
Interferenzmuster bei Wellen von der Wellenzahl, nehmen wir an, dass die
Wellenzahl k eines Teilchenstrahls proportional zum Impuls p der Teilchen
ist:
k = p/ℏ
Die Proportionalitätskonstante ℏ (Plancksche Konstante) kann aus dem
beobachteten Interferenzmuster bestimmt werden. Wir müssen nur die
Wellenzahl zu einem gegebenen Impuls so wählen, dass das berechnete mit dem
beobachteten Interferenzmuster übereinstimmt.
Bezeichnungen: Die
Konstante ℎ = 2πℏ heißt Plancksches Wirkungsquantum. Es wurde von Max Planck
(1858-1947) im Jahre 1900 zur Beschreibung der sogenannten
Schwarzkörperstrahlung eingeführt. Die häufig verwendete Konstante ℏ (ℎ mit
einem Querstrich, sprich hquer) heißt oft reduziertes Plancksches
Wirkungsquantum
Kreisfrequenz ω
Analog dazu wird angenommen, dass die Kreisfrequenz ω proportional zur
Energie E ist:
ω = E/ℏ
Albert Einstein hat schon 1905 in seiner Untersuchung über den
Photoeffekt die Energie von Lichtteilchen (Photonen) durch diese Formel
beschrieben. Für diese Arbeit - und nicht etwa für die Relativitätstheorie -
hat er später den Nobelpreis bekommen.
Dispersionsrelation
Für kräftefreie Teilchen besteht ein Zusammenhang zwischen dem Impuls p und
der Energie E. Der entsprechende Zusammenhang zwischen Wellenzahl und
Frequenz (die sogenannte "Dispersionsrelation") lautet
ω = ℏ2/2m
Schrödingergleichung
Erwin Schrödinger hat 1926 erkannt, dass sich Wellen mit dieser Beziehung zwischen Wellenzahl und Kreisfrequenz ganz allgemein durch eine Gleichung beschreiben lassen, die wir hier einfach einmal herzeigen wollen:
Diese Differentialgleichung bildet die Grundlage der modernen Physik. Man nennt sie die Schrödingergleichung für freie Teilchen.
Übungsaufgaben
Übung:
Leite die Dispersionsrelation zwischen Wellenzahl
und Kreisfrequenz für einen Strahl kräftefreier Teilchen her. Verwende dazu
die Beziehung zwischen kinetischer Energie und Impuls, die zwischen
Wellenzahl und Impuls, und die zwischen Kreisfrequenz und Energie.
Lösung:
Für kräftefreie Teilchen ist die Energie gleich
der kinetischen Energie.
E = m v2/2
Wenn wir die Formel p = mv benützen, können wir die
kinetische Energie auch durch den Impuls ausdrücken:
E = p2/2m .
Nun schreiben wir
diesen Zusammenhang um, indem wir E durch die Kreisfrequenz
E = ℏω
ausdrücken, und den Impuls durch die Wellenzahl
p
= ℏk .
Setzt man das in die obige Gleichung ein, erhält man sofort die
Dispersionsrelation
ω = ℏk2/2m
Übung:
Was ist die physikalische Dimension des
Planck'schen Wirkungsquantums? Berechne die Einheit dieser Größe.
Lösung:
Verwenden wir die Beziehung
ω = E/ℏ ,
sehen wir, dass ℏ gleich Energie/Frequenz, also Energie mal Zeit
ist.
Verwenden wir die Beziehung zwischen Impuls und Wellenzahl, sehen
wir, dass die Dimension von ℏ gleich Impuls / Wellenzahl, also Impuls mal
Länge ist. Für die physikalischen Dimensionen gilt
Energie x Zeit
= Impuls x Länge = Masse x Länge2 / Zeit
Eine physikalische Größe mit dieser Dimension heisst Wirkung. Daher
nennt man ℏ auch Wirkungsquantum. Die Einheit im SI ist
kg m2 / s.
Übrigens hat der Drehimpuls dieselbe Dimension und Einheit wie die
Wirkung.
Bestimmung der Wellenlänge von Teilchenstrahlen
Abbildung 9: Beobachtete Verteilung der Teilchendichte bei einem bestimmten Wert des Teilchenimpulses im einfallenden Strahl.
Video: Modelliertes (gerechnetes) Bild einer Welle mit zweidimensionaler Wellengröße. Die Wellenlänge wurde so gewählt, dass die Position der dunklen Streifen mit der im linken Bild übereinstimmt.
Das Interferenzmuster der Teilchendichte hinter dem Doppelspalt (linkes Bild)
modellieren wir für Teilchen mit Impuls p durch die Intensität einer Farbwelle
mit geeigneter Wellenlänge (rechtes Bild). Die Wellenlänge muss so gewählt
werden, dass das Interferenzmuster der Farbwelle mit dem beobachteten
Interferenzmuster der Teilchendichte übereinstimmt. Es stellt sich heraus, daß
bei Teilchen mit Impuls p immer die Wellenzahl
k = p/ħ
zu verwenden ist.
Impuls und Wellenzahl von Teilchenstrahlen stehen
in einem linearen Zusammenhang,
p = ħk.
Man sagt, der Impuls ist proportional zur Wellenzahl. Die
Proportionalitätskonstante ħ (sprich: h quer) ist das Plancksche
Wirkungsquantum.
Die Wellenlänge (=Abstand benachbarter gleichfarbiger
"Streifen") ergibt sich dann zu
λ = 2πħ/p
Hat man einmal die Wellenlänge zu einem gegebenen Impuls bestimmt, kann
man das Plancksche Wirkungsquantum daraus ausrechnen.
ħ = 1,05457 x
10-34 kg m2
s-1
In den Lehrbüchern findet man unter der Bezeichnung Plancksches
Wirkungsquantum auch folgende Größe:
h = 2πħ = 6,626 x 10-34 kg m2 s-1
Man erhält dann eine einfachere Beziehung zwischen Impuls und
Wellenlänge:
p = ħk = (h/2π) (2π/λ) = h/λ
Die Streuung an einem Kristallgitter verursacht ähnliche (wenn auch kompliziertere) Interferenzmuster, wie die Streuung an einem Doppelspalt. Im Jahre 1927 wurden von C.Davisson und L.H.Germer Elektronenstrahlen an einem Nickel-Einkristall gestreut und die Resultate mit der Beugung von Röntgenstrahlen bekannter Wellenlänge verglichen. Das Davisson-Germer Experiment gilt als wichtigste Bestätigung der Wellennatur von Elektronenstrahlen.
Übungsaufgabe
Berechne die Wellenlänge eines Balles (0,1 kg), der mit der Geschwindigkeit von 10 m/s geworfen wird. Diskutiere, warum Interferenzeffekte anhand solcher Bälle unbeobachtbar sind.