KONDE - Kompetenznetzwerk Digitale Edition

Weißbuch

Design Digitaler Editionen TEI Download PDF Download

Klug, Helmut W.; helmut.klug@uni-graz.at

Digitale Editionen werden mittlerweile weitestgehend im Internet publiziert, sodass der Begriff ‘Design’ in diesem Zusammenhang oft nur mit Webdesign und Interfacedesign in Verbindung gebracht wird. Im weitesten Sinne müssen aber auch das grundlegende Projektdesign, die wissenschaftliche Ausrichtung der Edition (Editionstyp), die Datenmodellierung, die Planung von Disseminationsstrategien (Hybrid, Open Access etc.) im und neben dem Internet und die Lizenzierung der Inhalte Teil eines Designprozesses Digitaler Editionen sein.

  • Projektdesign: Digitale Editionen werden in der Regel als Kooperationen zwischen ‘Fachwissenschaft’ und ‘Technik’ im Rahmen eines finanzierten Forschungsprojekts durchgeführt. Die Gründung von DH-Zentren und Ausbildungsangebote im DH-Bereich tragen mittlerweile bedingt dazu bei, dass diese Trennung von Kompetenzen abgebaut wird. Nichtsdestotrotz müssen für die Erstellung einer Digitalen Edition unterschiedliche Ziele, Kompetenzen, Forschungsinteressen, Terminkalender usw. berücksichtigt werden. Projektdesign kann daher weitestgehend mit Projektplanung und -management gleichgesetzt werden und umfasst neben der organisatorischen Zeit- und Finanzplanung inhaltlich zumindest die nachstehenden Themen:
  • Editionstyp: Der avisierte Editionstyp und die intendierten Benutzerinnen- und Benutzergruppe bilden die Entscheidungsgrundlagen für die Erstellung (z. B. Digitalisierung) und Aufbereitung (z. B. Modellierung, Analysemethoden) der Daten.
  • Datenmodellierung: Gibt es neben dem Ziel, eine Edition zu erstellen, zusätzliche Forschungsfragen, müssen diese bei der Modellierung und Annotation der Daten zusätzlich zur abstrahierten Darstellung der Quelle berücksichtigt werden.
  • Disseminationsstrategie: Digitale Editionen wurden auf digitalen Datenträgern und werden nach wie vor im Internet publiziert; bei speziellen Editionstypen wie der Hybridedition kann es auch Printderivate oder andere gedruckte Begleitmaterialien, die aus den Editionsdaten erstellt werden, geben. Es muss also entschieden werden, welche Daten wie und unter welchen Bedingungen veröffentlicht werden: Die Daten können von Quellendigitalisaten über Metadaten und Forschungsdaten bis hin zum Editionstext, Apparat, Kommentar etc. alle im Rahmen des Editionsprojekts erstellten und gesammelten Daten umfassen. Die digitalen Daten können von ihren Urhebern mit jeweils eigenen Lizenzen veröffentlicht werden. Bei Printerzeugnissen bestimmt in der Regel der Verlag, wie die Rechtssituation rund um die Publikation gelöst wird.
  • Layout und Webdesign: Im Publikationsprozess ist es sowohl bei der Erstellung von gedruckten wie Digitalen Editionen üblich, dass die Gestaltung der Publikation von Editorinnen und Editoren bzw. dem Editionsteam übernommen wird. Für Printeditionen bestimmt in der Regel bereits das Medium und die Tradition einen großen Teil der Gestaltung. Digitale Editionen bieten dagegen – vor allem auch durch die rasante Entwicklung der Webtechnologien – kontinuierlich Raum für Experimente. Nichtsdestotrotz bestimmen auch hier die Publikationsumgebung (z. B. ARCHE, DHPLUS, GAMS) und die Erwartungshaltung der Benutzerinnen und Benutzer (Designelemente, Elemente digitaler Editionen) die Möglichkeiten in der Umsetzung.
  • Qualitätssicherung: Diese Aufgabe begleitet ein Editionsprojekt vom Beginn der Projektplanung bis zum Projektabschluss und erhält in den einzelnen Phasen und in Bezug auf die diversen Produkte und Zwischenprodukte immer wieder unterschiedliche Bedeutung. Ein simples Mittel der Qualitätssicherung im Projektmanagement wäre z. B. das Gantt-Chart, in dem alle Projektphasen, Aufgaben, die Aufgabenverteilung, milestones, deliverables usw. im Verhältnis zur Projektdauer definiert sind. Ein jeder Editionstyp verlangt nach bestimmten Elementen, die als Qualitätsmerkmale vorhanden sein müssen. Datenqualität kann durch entsprechende Richtlinien (wie in der Digitalisierung) oder durch den Einsatz von Schemata (Modellierung und Annotation) gewährleistet werden. Publikationen müssen generell den FAIR-Prinzipien folgen und bestehenden wissenschaftlichen Standards entsprechen, die Usability von Webseiten kann durch ausgiebiges User- und Editor-Testing gewährleistet werden.

Literatur:

Projektmanagement:
  • Ermolaev, Natalia; Munson, Rebecca; Li, Xinyi; Siemens, Ray; Kaufman, Micki; Siemens, Lynne; Boyd, Jason. Project Management For The Digital Humanities (Abstract). URL: https://dh2018.adho.org/en/project-management-for-the-digital-humanities/.
  • Reed, Ashley. 2014. Managing an Established Digital Humanities Project: Principles and Practices from the Twentieth Year of the William Blake Archive. In: DHQ 8.
  • Portny, Stanley E. 2016. Projektmanagement für Dummies.
Dissemination:
  • Scholger, Walter. 2020. Urheberrecht und offene Lizenzen im wissenschaftlichen Publikationsprozess. In: Publikationsberatung an Universitäten Ein Praxisleitfaden zum Aufbau publikationsunterstützender Services. Hrsg. von Karin Lackner, Lisa Schilhan und Christian Kaier. Bielefeld.
  • Martinez, Merisa; Dillen, Wout; Bleeker, Elli; Sichani, Anna-Maria; Kelly, Aodhán. 2019. Refining our conceptions of ‘access’ in digital scholarly editing: Reflections on a qualitative survey on inclusive design and dissemination.. In: Variants. The Journal of the European Society for Textual Scholarship, S. 41–74.
  • Klingner, Jens; Lühr, Merve; Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde. 2019. Forschungsdesign 4.0 Datengenerierung und Wissenstransfer in interdisziplinärer Perspektive. URL: https://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:14-qucosa2-359184.
  • Ralle, Inga Hanna. 2016. Maschinenlesbar — menschenlesbar. Über die grundlegende Ausrichtung der Edition. In: editio. Internationales Jahrbuch für Editionswissenschaft 30, S. 144–156.
Webdesign:
  • Rosselli Del Turco, Roberto. 2011. After the Editing is Done. Designing a Graphic User Interface for Digital Editions. In: Digital Medievalist 7.
  • Sinclair, Stéfan; Ruecker, Stan; Radzikowska, Milena. 2013. Information Visualization for Humanities Scholars. In: Literary Studies in the Digital Age. Hrsg. von Kenneth Price und Ray Siemens.
  • Rockwell, Geoffrey; Ruecker, Stan; Windsor, Jennifer; Ilovan, Mihaela; Sondheim, Daniel. 2013. The Face of Interface: Studying Interface to the Scholarly Corpus and Edition. In: Scholarly and Research Communication 3.
  • Lambertz, Michael. 2016. Darf wissenschaftliches Design in DH-Projekten emotional ansprechen? (Abstract). In: DHd 2016. Modellierung, Vernetzung, Visualisierung. Die Digital Humanities als fächerübergreifendes Forschungsparadigma. Konferenzabstracts, S. 343–345.
  • Drucker, Johanna. 2013. Performative Materiality and Theoretical Approaches to Interface. In: dhq 7.
  • Kirschenbaum, Matthew G. 2002. Editing the Interface. Textual Studies and First Generation Electronic Objects. In: Text 14, S. 15–51.
  • Nowviskie, Bethany. Interfacing the Edition. URL: http://www2.iath.virginia.edu/bpn2f/1866/interface.html
  • Pierazzo, Elena. 2015. Digital scholarly editing: theories, models and methods. Farnham. URL: http://hal.univ-grenoble-alpes.fr/hal-01182162.
  • Warwick, Claire. 2012. Studying users in digital humanities. In: Digital Humanities in Practice. Hrsg. von Claire Warwick, Melissa Terras und Julianne Nyhan. London, S. 1-21.
Qualitätssicherung

Zitiervorschlag:

Klug, Helmut W. 2021. Design Digitaler Editionen. In: KONDE Weißbuch. Hrsg. v. Helmut W. Klug unter Mitarbeit von Selina Galka und Elisabeth Steiner im HRSM Projekt "Kompetenznetzwerk Digitale Edition". Aufgerufen am: . Handle: hdl.handle.net/11471/562.50.56. PID: o:konde.56