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Weißbuch

Hybridedition (Lesetext) TEI Download PDF Download

Boelderl, Artur R.; artur.boelderl@aau.at / Fanta, Walter; walter.fanta@aau.at

Als Hybridedition bezeichnet man eine Edition, die sowohl gedruckte als auch digitale Anteile aufweist; erstere können, müssen aber nicht in Buchform vorliegen, letztere sind in der Regel online verfügbar und zunehmend per Open Access zugänglich. Die Bezeichnung als solche ist insofern ungenau, als sie medienwissenschaftlich im Grunde die Zusammenführung verschiedener Medien in einem Träger meint, während sie editionswissenschaftlich die Parallelität mehrerer Träger (z. B. Buch und Internet) bedeutet, die sich auf dieselben Quellen beziehen, wobei diese Träger in einem komplementären Verhältnis zueinander stehen, d. h. die digitale (Online-)Komponente ergänzt und übertrifft (enhanced) die Print-Komponente, insofern ihre Darstellungs- wie Navigationsmöglichkeiten über die des Drucks hinausgehen. In welcher Weise die Schnittstelle bzw. das Zusammenspiel der verschiedenen Komponenten organisiert wird, ist abhängig vom zu edierenden Material einerseits sowie von den editorischen Zielen andererseits und wird bis dato von den jeweiligen Editionsprojekten unterschiedlich gelöst.

So bietet Musilonline in Verbindung mit der Gesamtausgabe in Buchform in zweiter Linie auch den Komfort der wissenschaftlichen Nutzung in einer zeitgemäßen Form: In der Buchausgabe werden die Textstufen und Textschichten des Manuskripts in Gestalt eines emendierten Texts präsentiert, online aber können die Streichungen, Einfügungen und Randanmerkungen des Autors eingesehen werden. Die Schritte zur Textkonstitution auf der Basis der Nachlassmanuskripte (Auswahl, Emendationen, Konjekturen) werden auf diese Weise durch den Druck und die digitale Online-Präsentation der Lesetexte transparent. Das betrifft allerdings nur die Texte des Status ‘Manuskripttyp’ (= Entwurf in der jeweils letzten Fassung). Vom umfangreichen Notizmaterial Musils (ca. 60 % des Nachlasskorpus) wird kein Lesetext erzeugt. Die Generierung der Lesetexte erfolgt auch nicht in einem automatisierten Workflow auf der Basis der TEI-Annotationen, da es sich bei diesen um transkriptive und nicht prozeduale Markups handelt (vgl. Benutzerschnittstelle). Die Hybridlösung im Fall von Musilonline liefert ein Modell für eine Nachnutzung, deren Druckkomponente in erster Linie auf das breite Publikum und die literarische Lektüre zielt.

Auch der Lesetext wird als digitale Repräsentation in XML/TEI-Dokumenten hinterlegt. Deren Annotationen stellen dreierlei Verweise her: a) die Werk- oder Kapiteltitel sind mit dem textgenetischen Dossier (TGD) verknüpft; b) die Annotation von Seitenumbrüchen verweist auf Erstausgaben und posthume Editionen sowie auf die Manuskriptseiten der Nachlasstranskription; c) außerdem sind in den aus dem Druck erzeugten Lesetexten Druckvarianten bzw. handschriftliche Korrektureintragungen des Autors annotiert.

Bsp. ad a: Musil, Fortsetzung der Druckfahnen-Kapitel 1937-1942, Kapitelprojekt Nachtgespräch

<div type="chapter-project" xml:id="moe3_fdf_nac"
corresp="tgd.xml#moe3_fdf_nac_3">
<head><seg type="chapter-num">59.</seg>
<seg type="chapter-title">Nachtgespräch</seg></head>

Bsp. ad b: Musil, Der Mann ohne Eigenschaften, Bd. 2

Der Tee, zu dem sie sich getroffen hatten, war in ein
<pb ed="#ea_moe2" n="33"/> unregelmäßiges und vorzeitiges 
Abendbrot übergegangen, weil Ulrich übermüdet war
und darum gebeten hatte, denn er wollte früh zu Bett gehn, um sich für
<pb ed="#ra_1978" n="686"/> den nächsten Tag auszuschlafen,

Bsp. ad c: Musil, Der Mann ohne Eigenschaften, Bd. 2

ein wenig Zurechtweisung in der unbekümmerten Wahl dieses
<app><lem>Kleidungsstücks</lem><rdg
wit="#ea_moe2">Kleidungstücks</rdg><rdg
wit="#ra_1978">Kleidungstücks</rdg><rdg
wit="#ka_2009">Kleidungstücks</rdg><rdg
wit="#ga_2016_17">Kleidungsstücks</rdg><note type="textcrit"
corresp="#var_case09"/></app>, obwohl das Gefühl, seine Schwester
werde schon

Dieser Beitrag wurden im Kontext des FWF-Projekts "MUSIL ONLINE – interdiskursiver Kommentar" (P 30028-G24) verfasst.

Literatur:

  • Fanta, Walter. 2019. Musil online total. In: Forschungsdesign 4.0. Datengenerierung und Wissenstransfer in interdisziplinärer Perspektive. Hrsg. von Jens Klingner und Merve Lühr. Dresden, S. 149–179.

Zitiervorschlag:

Boelderl, Artur R.; Fanta, Walter. 2021. Hybridedition (Lesetext). In: KONDE Weißbuch. Hrsg. v. Helmut W. Klug unter Mitarbeit von Selina Galka und Elisabeth Steiner im HRSM Projekt "Kompetenznetzwerk Digitale Edition". Aufgerufen am: . Handle: hdl.handle.net/11471/562.50.22. PID: o:konde.22