Jeanescu

Textausschnitte

Üble Nachrede, Werk 3, S. 93

[...] Wie wenn nicht jeder schon einmal sein gewaltiges Glied in den Mund eines rumänischen Kleinkindes gesteckt hätte! Mit diesem Satz hätte ich, wäre mir das sogenannte ROBERT-MUSIL-STI- PENDIUM, das mich für einige Jahre der schlimmsten wirtschaftlichen Sorgen entledigt hätte, zugesprochen worden, meine Denkschrift Meister der üblen Nachrede beginnen lassen; hat nicht jeder von uns, hätte ich die Abhandlung, die auch den Titel Zeichen und Bedeutung oder Kunst und Vergehen hätte haben können, fortgesetzt, hat nicht jeder von uns schon einmal einer Hexenverbrennung beigewohnt – gleichgültig, ob er nun, wie der Sensationsreporter Jeanescu, zur Vervollkommnung des Eindrucks während des Zusehens einem rumänischen Kleinkind sein gewaltiges Glied in den Mund steckt, oder nicht –, ohne sich deshalb gleich, wie der Privatankläger Jeanescu, in einer für einen Dritten wahrnehmbaren Weise eines unehrenhaften und gegen die guten Sitten verstoßenden Verhaltens sowie verächtlicher Eigenschaften und Gesinnungen geziehen zu wissen? Ist es nicht das Allernatürlichste, während der Verbrennung einer Frau als Hexe einem Kleinkind sein Glied in den Mund zu stecken, etwa, um es zu beruhigen, das Kind, oder auch das Glied, oder beide [...]

Üble Nachrede, Werk 3, S. 98

[...] Die Ehre der Jeanescus, Jeanescus Honor, soweit kommt es noch [...]

Üble Nachrede, Werk 3, S. 115

[...] Ich hätte schreiben sollen: Man ist Reporter, man nennt sich Jeanescu [...]

, Werk 3, S. 146

[...] Der Reporter Jeanescu hätte mehr Ehrgefühl bewiesen als diese beiden Abortdeckel zusammen, als er sich auf eigenes Betreiben als Privatankläger, freilich auch angeleitet und vertreten vom Anwalt Boran – dieser Rechtsanwalt verliert unter Garantie alles, jede Prozeßsache –, vom Erstgericht und erst recht vom Berufungsgericht belehren lassen mußte, daß die tatbildliche Äußerung im Sinne des Paragraphen 111, Üble Nachrede, er, Jeanescu, habe während des Ansehens einer Hexenverbrennung einem rumänischen Kleinkind sein gewaltiges Glied in den Mund gesteckt, eben keine tatbildliche Äu- ßerung im Sinne des Paragraphen 111, Üble Nachrede, darstelle, in dubio pro arte! Ob mir der Name Eibisch, Eibisch Hans, etwas sagte, oder der Name Jarisch? Jarisch, Jarisch [...]

, Werk 3, S. 149

[...] Was, wenn mir der Jeanescu zwei Professionisten aus dem Prater geschickt hätte, um mir aufzulauern, zwei solide Handwerker, die mir nach der Behandlung auch noch, einer nach dem anderen, ihre gewaltigen Glieder in den Mund steckten, und dazu riefen oder im Duett sängen Das Zeichen ist auch die Bedeutung? Oh, daß ich dem ersten schon die Eichel abbisse und sie ihm voll Verachtung ins Gesicht spuckte! Überspannt, das ist das Wort, ich bin überspannt, nervlich zerrüttet seit jener Geschichte, seit der Urszene [...]

, Werk 3, S. 152

[...] chem Buch entwichen, wer? Ein verächtlicher Eigenschaften und Gesinnungen Geziehener, unwahrer Tatsachen Bezichtigter, in der Öffentlichkeit dadurch herabgesetzter und verächtlich Gemachter? Der Jeanescu schon wieder, der Jarisch, der Eibisch? Weswegen der Eibisch, weil ich statt Jarisch Eibisch geschrieben hätte? Wer ist es, aus welchem Buch entsprungen, wer, auf dem Weg zu mir? Einer aus dem Hotel Mordschein? Zahnarzt Doktor Coldewey, Buchenwald? Jemand von der Gebäudereinigung Heimlich? Gebäudereinigung Heimlich, unheimlich könnte einem werden, so allein in der Wohnung, nachts [...]

Manker, Invention, Werk 3, S. 204

[...] – Jetzt, hier, schon wieder, – aber was, was wenn mir der Jeanescu, wenn mir der Jeanescu, bibber bibber, oh, oh, ja was denn wenn mir der Jeanescu, reißen Sie sich am Riemen, Mann!, Haltung, Manker, es ist ja noch nicht soweit, falls überhaupt, falls je, darum geht es doch, zwei solide Handwerker geschickt hätte, die mir nach der Behandlung auch noch, einer nach dem andern, ihre gewaltigen Glieder in den Mund steckten – ihre Flöten, Manker, sehen Sie, hören Sie, wie wichtig das ist mit dem Flöten und den Flöten, und es würde sich wahrscheinlich um Blockflöten und nicht um Piccoloflöten gehandelt haben bei den gewaltigen Gliedern – in den Mund steckten und dazu riefen oder im Duett sängen Das Zeichen ist auch du Bedeutung, was – Kukident, Manker! Sie riefen, sie sängen im Duett, sie hätten dem Flöten verwandte Formen gewählt, und Sie? Rufen Sie oder singen Sie im Duett – Kleinigkeit, Manker –, wie jene, die es gar nicht gibt, gerufen oder im Duett gesungen hätten? Nein, Sie flüstern schon wieder, und flehen, in dieser unguten neurasthenischen Spielart, dieses gewisse Nervlerische, wie in Villach gesagt wird, Sie werden mich noch als Nervler in die Nervenheilstätte bringen, wenn das so weitergeht [...]


Zitiervorschlag:
Jeanescu. In: Werner Kofler: Kommentar zur Werkausgabe. Hrsg. v. Wolfgang Straub und Claudia Dürr. hdl.handle.net/11471/1050.10.2819, 2019-02.