Kniestrümpfe

TEI version< zurück

Kommentar

Während des Verbots nationalsozialistischer Uniformen im Austrofaschismus waren weiße Stutzen/Kniestrümpfe ein Erkennungszeichen der Nationalsozialisten.

Textausschnitte

Hotel Mordschein, Werk 2, S. 165

[...] Ein Kretin, der, jede Nacht von Freitag auf Samstag, in eine Tracht, weiße Kniestrümpfe, Lederhose, grüne Joppe, gewandet, oft gar eine lange Peitsche in der Hand, von einer Tanzerei, einem Volkstanzen der Sudetendeutschen Landsmannschaft betrunken zurückkehrt und lärmend so lange: bis die zahnlose, schielende, innen wie außen durch und durch mißgestaltete Mutter das Fenster aufreißt und Hurr! brüllt, Einlaß begehrt [...]

Der Hirt auf dem Felsen, Werk 2, S. 256

[...] Aber fahren wir fort: Sie haben behauptet, Ihr Bergkamerad habe, beim Einstieg in die Schlüsselstelle, die folgende Geschichte erzählt: In Millstatt betrete einer, ein gewisser –, der Name tue nichts zur Sache, das Geschäft Moden Fian und verlange weiße Stutzen – Wie? Kniestrümpfe, sagen Sie? Sehr wohl, ich bleibe dennoch bei Stutzen –; der Verkäufer, ein gewisser –, nun, wie immer er heiße, bedaure, weiße Stutzen nicht mehr zu führen, jedoch könne er blaue Schals auf das wärmste empfehlen; in Großkirchheim hinwieder gehe ein Kunde, ein Herr Bürger, in ein Papiergeschäft, um einen blauen Schal zu kaufen, der Inhaber, ein Herr Kramser, rate ihm aber, da blaue Schals nicht auf Lager wären, zum Kauf von weißen Stutzen; bald darauf, so habe, nach Ihren Angaben, der Gefährte fortgesetzt, sei in den regionalen Tageszeitungen eine Werbeeinschaltung aufgetaucht mit folgendem Wortlaut: Sie verlangen weiße Stutzen und erhalten blaue Schals? Kommen Sie zu uns! Bei uns bestellen Sie blaue Schals und werden mit 1 a weißen Stutzen bedient [...]

Der Hirt auf dem Felsen, Werk 2, S. 257

[...] An ihren Kniestrümpfen werdet Ihr sie erkennen, hieß es schon in der Offenbarung des Reiches; an meinem Schal sollt Ihr sehen: Ich bin es, spricht ER [...]

Der Hirt auf dem Felsen, Werk 2, S. 296

[...] Aber den Lavantgedichteaufsager, den Mittelschulprofessor Strutz, ihn gibt es wirklich, er ist sogar Direktor des von ihm begründeten Musil-Archivs in Klagenfurt – Musil konnte sich seinen Geburtsort ja nicht aussuchen, sonst wäre er in Villach zur Welt gekommen –, wenngleich er sich naturgemäß zum Direktor des Herbert-Strutz-Archivs – des alten Strutz, Gnade der Heimat, jenes Strutz – oder zum Portier der Johann-Friedrich-Perkonig-Gesellschaft besser eignete, so die neben mir, gehend, vielleicht auch spricht sie in Gedanken zu einer neben ihr, oder ich höre in Gedanken eine neben mir, nein, da ist sie schon wieder, sie redet wie ein Buch, wissen Sie, Christine, ich nenne Sie der Einfachheit halber so wie die andere, wissen Sie Christine, sagte ich an einem der heißen Lavanttaler Sommertage zu ihr, der Führer hätte getobt, hätte ich ihm Ihre Gedichte gezeigt, der Führer ist sehr verwöhnt von meinen eigenen Gedichten, nein, falsch, in jenem heißen Lavanttaler Sommer kannten wir einander noch gar nicht, Sie verzeihen, Christine, ich hatte damals andere Dinge im Kopf, emotionale Erfahrung erfüllte mich, der Führer, der Führer, Sie verstehen, der Reichsparteitag, der Schulverein Südmark, das Breslauer Turnfest, die Gautheater Saarpfalz-Eröffnung, das nationalsozialistische Kraftfahr-Korps und die Reichsbräuteschule, verstehen Sie, der bayrische Hilfszug, der Blumenkohleintopf, die gefüllten Kohlrabi ohne Fleisch, die Nähund Strickarbeit, die weißen Kniestrümpfe, ich wußte nicht aus noch ein vor Arbeit [...]

Der Hirt auf dem Felsen, Werk 2, S. 302

[...] nen; als die Freiheitliche und vordem Nationalsozialistische Partei noch in den Kinderschuhen, in den weißen Kniestrümpfen, den sogenannten weißen Stutzen gesteckt ist, falls Sie verstehen, was ich meine, und noch früher, da sind die Clubfarben des Villacher Sportvereins schon blauweiße gewesen – die Villacher bevorzugen jedenfalls eine kanadische Spielanlage, Gefühl und Härte, Rasse und Klasse, Wut und Betroffenheit, eine anspielungsreiche Taktik [...]


Zitiervorschlag:
Kniestrümpfe. In: Werner Kofler: Kommentar zur Werkausgabe. Hrsg. v. Wolfgang Straub und Claudia Dürr. hdl.handle.net/11471/1050.10.993, 2019-02.