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Alfred Morel Fatio

URI: https://gams.uni-graz.at/o:hsa.persons#P.2229
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Zitiervorschlag: Schwägerl-Melchior, Verena (2014): Alfred Morel Fatio. In Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.person.2229, abgerufen am 13. 10. 2024. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.2.2229.


Einleitung

Die Korrespondenz zwischen Alfred Morel Fatio und Hugo Schuchardt wurde von Verena Schwägerl-Melchior bearbeitet, kommentiert und eingeleitet.

Bedeutung

Der französische Hispanist Alfred Morel-Fatio wurde am 9. Januar 1850 in Straßburg geboren. Seine Schulzeit verbrachte er im Collège Gaillard in Lausanne und wurde später vom Vater nach Leipzig geschickt, um erste kaufmännische Erfahrungen zu sammeln. Morel-Fatios Mutter verstarb bereits 1858 und auch sein Vater starb früh. Alfred kehrte in der Folge 1866 nach Paris zurück, wo ihm sein Onkel Arnold Morel-Fatio eine schlecht bezahlte Anstellung beim Textilunternehmen Dollfus & Mieg vermittelte, in deren Rahmen er insbesondere mit fremdsprachlicher Korrespondenz betraut war (vgl. Hirschauer 1925: 10; Enlart 1927: 360f.). Als 1868 seine Großmutter mütterlicherseits ihm eine bescheidene Erbschaft hinterließ, verwendete er diese, um das Abitur nachzuholen sowie seine Lateinkenntnisse zu verbessern und schrieb sich 1869 an der École des Chartes ein. 1874 schloss er sein durch die aktive Teilnahme am Deutsch-Französischen Krieg unterbrochenes Studium mit der Arbeit Recherches sur le texte et les sources du Libro de Alexandre ab. Im gleichen Jahr begann er in der Handschriftenabteilung der französischen Nationalbibliothek in Paris zu arbeiten und erstellte den 1881 und 1892 erschienenen Catalogue des manuscrits espagnols et portugais (vgl. Enlart 1927: 361f.; Délaborde 1924: 424). In den 1870er Jahren entstanden erste wichtige hispanistische Editionen und Arbeiten (u.a. El Mágico prodigioso, comedia famosa de Don Pedro Calderon de La Barca, Heilbronn: Henninger 1877; L'Espagne au XVIe et au XVIIe siècle, documents historiques et littéraires, Heilbronn: Henninger/Paris: Denné/Madrid: Murillo 1878) (zum wissenschaftlichen Opus Morel-Fatios vgl. die 1925 in der Revue hispanique erschienene 'Bibliographie de Alfred Morel-Fatio', ein Überblick über die wichtigsten Werke findet sich bei Charles/Telkes 1988: 185). In diesen Jahren konnte Morel-Fatio seine Kenntnisse der spanischen Sprache und Literatur unter anderem während eines Aufenthalts in Barcelona 1878 und in Madrid 1879 vertiefen, wo er zahlreiche Kontakte knüpfte sich aufgrund seiner kritischen Positionen zur spanischen Wissenschaftskultur nicht nur Freunde machte (vgl. Hirschauer 1925: 13). Insbesondere die 1881 erschienene, die Calderón-Verehrung in Spanien als übertrieben darstellende Publikation Caldéron, revue critique des travaux d'érudition publiés en Espagne à l'occasion du second centenaire de la mort du poète, suivie de documents relatifs à l'ancien théâtre espagnol, Paris: E. Denné wurde in Spanien – wie vorausgegangene Rezensionen Morel-Fatios auch – nicht mit Beifall aufgenommen und sorgte dafür, dass sich die Kontakte Morel-Fatios zu spanischen Gelehrten deutlich abkühlten (vgl. Niño Rodriguez 1988, 62f.).

Noch während des Studiums lernte Morel-Fatio durch seinen Cousin Charles Morel Gaston Paris kennen. Vermutlich durch diese beiden Korrespondenten Schuchardts kam auch Morel-Fatio mit dem Grazer Sprachwissenschaftler in Kontakt. Mit Paris, der ihn vielfach förderte, blieb Morel-Fatio bis zu dessen Tod 1903 in enger Freundschaft verbunden. So ersetzte Morel-Fatio auf Paris Wunsch hin 1880 Auguste Brachet (ebenfalls ein Korrespondenzpartner Schuchardts) als Übersetzer der Diez-Grammatik (1875-76). Paris war es auch, der Morel-Fatio für die Abhaltung eines Kurses „Littérature étrangère“ an der 1880 gegründeten École Supérieure des Lettres in Algier empfahl (vgl. Enlart 1927: 364). Aus der Zeit von Morel-Fatios Aufenthalt in Algerien stammt der wichtigste Teil der Korrespondenz mit Hugo Schuchardt.

1884 kehrte Morel-Fatio aus Algier nach Paris zurück und vertrat Paul Meyer (auch Meyer korrespondierte mit Schuchardt), zunächst inoffiziell, dann offiziell auf dessen Lehrstuhl für südeuropäische Literatur am Collège de France, den er 1907 schließlich übernahm. Ebenfalls 1884 erhielt er den Posten des Sekretärs an der École des Chartes und wurde 1885 auf Empfehlung von Gaston Paris Maître de conférences an der École des Hautes-Études (vgl. Hirschauer 1925: 15f.). Nach Paris‘ Tod 1903 war Morel-Fatio die treibende Kraft zur Gründung der Société amicale Gaston Paris (vgl. Enlart 1927: 371). 1899 gründete Morel-Fatio mit Georges Cirot und Ernest Mérimée die Zeitschrift Bulletin hispanique (vgl. Hirschauer 1925: 21), in der Schuchardt erstaunlicherweise nie publiziert hat.

1906 verzichtete Morel-Fatio auf seinen Sekretärsposten an der École des Chartes und wurde 1910 als Nachfolger von Arbois de Jubainville – und auch dieser korrespondierte mit Schuchardt – in die Académie des Inscriptions et des Belles Lettres aufgenommen (vgl. Enlart 1927: 366). Die letzten Lebensjahre Morel-Fatios wurden überschattet durch den Verlust zahlreicher Angehöriger, Freunde, Kollegen und Schüler: Nach dem Tod von Gaston Paris 1903 verstarben 1916/1917 sein Mentor Paul Meyer, seine Schwester Adèle sowie die Witwe und die Tochter von Gaston Paris, Marguerite ‚Griette‘ Paris, denen er freundschaftlich verbunden war. 1917 erkrankte Morel-Fatio, gab 1919 seine Lehrtätigkeit am Collège de France auf und ließ sich durch seinen Schüler Jean Saroïhandy, mit dem Schuchardt später in baskologischen und sprachgeschichtlichen Fragen korrespondieren sollte, vertreten. 1921 vermachte Morel-Fatio seine Bücher der Bibliothek von Versailles. Am 10.10.1924 brach er auf dem Weg zur Académie des Inscriptions et Belles-Lettres zusammen und starb wenig später (vgl. Enlart 1927: 374f.).

Alfred Morel-Fatio zählte zu den wichtigsten Informanten Schuchardts zur Lingua Franca und war ein wichtiger Teil des Netzwerks französischer Sprach- und Literaturwissenschaftler, von denen viele mit Schuchardt korrespondierten.

Gegenbriefe

Von Schuchardts Briefen an Morel Fatio sind offensichtlich nur zwei in der Bibliothèque municipale de Versailles erhalten, welche von dieser freundlicherweise zur Abschrift und Veröffentlichung (©Bibliothèque municipale de Versailles Ms Morel-Fatio 17) zur Verfügung gestellt wurden.

Briefedition und Kommentare

Der Briefwechsel umfasst insgesamt 14 Briefe von Morel-Fatio an Schuchardt und zwei Briefe von Schuchardt an Alfred Morel-Fatio aus der Zeit zwischen 1879 und 1909, wobei aufgrund der zahlreichen Hinweise auf Briefe Schuchardts in den Schreiben Morel-Fatios davon auszugehen ist, dass es sich bei den beiden in der Bibliothèque municipale de Versailles aufbewahrten Briefen, die sich chronologisch am Beginn des Briefwechsels verorten lassen, nur um einen Teil der von Schuchardt an Morel-Fatio gerichteten Korrespondenz handelt. Die Korrespondenz war rege zwischen 1879 und 1882/83, aus den Jahren 1888, 1891, 1896 und 1909 liegen dagegen nur einzelne Briefe vor.

Es lassen sich drei thematische Schwerpunkte im Briefwechsel feststellen: die Lingua franca in Algerien (sabir), Calderón de la Barca und die anlässlich seines 200. Todestages erschienenen Publikationen, sowie einzelne Etymologien und Sprachkontaktfragen. In Bezug auf diese Themen finden sich in der Korrespondenz verschiedentlich Bitten um gegenseitige Hilfe bei der Beschaffung von Literatur und Informationen sowie das Vermitteln von Kontakten.

Im chronologisch ersten Brief der Korrespondenz bittet Schuchardt am 10.01.1879 Morel-Fatio um Ratschläge und die Knüpfung von Kontakten für seine bevorstehende Spanienreise. Augenscheinlich kannten die beiden Korrespondenten sich aber bereits zuvor. Unter Umständen lernte Schuchardt Morel-Fatio bei seinem Aufenthalt in Paris 1874 kennen, bei dem er auch Morel-Fatios Cousin Charles Morel und Gaston Paris traf (vgl. den Briefwechsel mit Charles Morel, insbes. den Brief von Charles Morel an Hugo Schuchardt vom 07.09.1874 Bibl.nr. 7486). Ausführlich kommt Morel-Fatio der Bitte Schuchardts in seinem Antwortschreiben vom 14.01.1879 (Bibl.nr. 7470) nach und nennt einige herausragende spanische Intellektuelle als Kontaktpersonen. Der sich daran anschließende Brief Schuchardts vom 11.05.1879 aus Sevilla enthält die Bitte nach einer bibliographischen Auskunft und einer biographischen Information zu Beaumarchais, auf welche Morel-Fatio mit den Ergebnissen seiner diesbezüglichen Recherchen und Anmerkungen zur Etymologie von figaro antwortet (Bibl.nr. 7471).

Der Briefwechsel setzt sich erst knapp drei Jahre später fort, als Morel-Fatio bereits in Algier unterrichtet. Auch hier muss dem Schreiben Morel-Fatios vom 09.02.1882 ein Bittschreiben Schuchardts vorausgegangen sein. In der ersten Hälfte der 1880er Jahre recherchierte Schuchardt intensiv zur Lingua franca und kontaktierte zahlreiche Personen und Institutionen mit der Bitte um Materialien und Berichte (so z.B. auch den als Vizekonsul und Geschäftsmann in Oran tätigen Emil Jellinek (vgl. den fälschlich unter dem Namen „Pellinek“ inventarisierten Briefwechsel mit den Bibl.nr. 8742-8745) und die österreichischen Konsulate in Nordafrika, wie u.a. das Antwortschreiben des Konsulats in Algier (Bibl.nr. A 213) belegt).

So scheint sich Schuchardt in einem nicht erhaltenen Schreiben mit der Bitte um Informationen zur Lingua franca in Algier an Morel-Fatio gewandt zu haben, wie sich aus dessen Antwort vermuten lässt. Morel-Fatio lässt Schuchardt in seinen Schreiben vom 09.02.1882, 07.03.1882, 26.12.1882, 07.08.1883, und 09.02.1891 Informationen zur Lingua franca in Nordafrika und zu seiner eigenen Arbeit an deren literarischer Darstellung in der altspanischen Literatur zukommen. Anfangs drückt Morel-Fatio noch die Absicht aus, selbst unter Umständen zum Thema arbeiten zu wollen «G. Paris m’avait jadis conseillé de m’en occuper et je ne dis pas qu’un jour ou l’autre je ne cherche pas à faire qqchose là-dessus. Avant cela je compte réunir dans un article des spécimens de langue franque et de parler nègre que fournit l’ancienne littérature espagnole.» (Morel-Fatio an HS am 09.02.1882, Bibl.nr. 7472). Bereits im März 1882 merkt er an, dass er die Auseinandersetzung mit der Lingua franca inzwischen für Schuchardts Terrain hält: «Donc il est bien entendre que je me fais votre correspondant ordinaire pour le sabir: c’est désormais votre province.» (Morel-Fatio an HS am 07.03.1882, Bibl.nr. 7473). Im Dezember 1882 bezeichnet er ihn als den „homme de la chose“ Lingua franca und bringt zum Ausdruck, dass er selbst nichts von seinen eigenen Vorarbeiten publizieren wolle: «Je renonce à rien publier; je n’ai pas le temps et puis surtout vous êtes l’homme de la chose.» (Morel-Fatio an HS am 26.12.1882, Bibl.nr. 7475). In seinem Brief vom 09.02.1891 (Bibl-nr. 7481) räumt er noch einmal ein, dass er sich aus verschiedenen Gründen – unter anderem, da Schuchardt dazu arbeitete – dem Thema nicht mehr gewidmet habe: «Je ne me suis plus inquiété de la langue franque depuis mon départ d’Alger et j’ai tout à fait renoncé à réunir les vestiges de cette langue qui se trouvent dans les auteurs espagnols, non seulement parce que le sujet vous appartient et est marqué de votre griffe, mais aussi parce que j’ai mille autres choses à faire.»

Augenscheinlich schickte Morel-Fatio Schuchardt zahlreiche Materialien zur Lingua franca , unter anderem das in der Universitätsbibliothek Graz (Signatur I 221826) befindliche aus Schuchardts Besitz stammende Exemplar des 1830 erschienenen Dictionnaire de la langue franque ou petit mauresque suivi de quelques dialogues familiers et d'un vocabulaire de mots arabes les plus usuels; à l'usage des Français d'Afrique. Marseille: Feissat aîné et Demonchy (vgl. Morel-Fatio an HS 07.03.1882, Bibl. Nr. 7473) und die Abschrift der die Lingua franca betreffenden Stellen aus Fr. Diego de Haedos Topographia e historia general de Argel, Valladolid 1612, die im Schuchardtnachlass (Universitätsbibliothek Graz, Sondersammlungen, Nachlass Hugo Schuchardt, Werkmanuskripte 12.3, vgl. Schuchardt 1909, 451) aufbewahrt wird.

Wahrscheinlich stammt auch die Abschrift des am 11.5.1852 in der Zeitung L’Algérien. Journal des intérêts d’Algérie erschienenen Artikels „La langue sabir“ von Mac Carthy und Varnier im Schuchardtnachlass (Universitätsbibliothek Graz, Sondersammlungen, Nachlass Hugo Schuchardt, Werkmanuskripte 12.5) von Morel-Fatio, der in seinem Brief vom 09.02.1882 (Bibl. Nr. 7472) darauf verweist, dass er dem Brief einen Aufsatz zur Lingua franca beilege: «La langue franque (ici Sabir) existe parfaitement, à preuve l’article d’un érudit du crû que je vous remets ci-joint (…)» (vgl. hierzu Schuchardt 1909, 457).

Schuchardt muss Morel-Fatio darum gebeten haben, ihn auch an den Ergebnissen seiner Arbeiten zur literarischen Darstellung der Lingua franca und des „parler nègre“ teilhaben zu lassen (vgl. Morel-Fatio an HS am 26.12.1882, Bibl. nr. 7475), woraufhin Morel-Fatio ihm mit seinem Brief vom 27.04.1883 (Bibl.nr. 7478) eine Liste mit Titeln von Werken der spanischen Literatur insbesondere Theaterstücken und einzelne Ausschnitte aus schwer beschaffbaren Texten zukommen ließ (Universitätsbibliothek Graz, Sondersammlungen, Nachlass Hugo Schuchardt, Werkmanuskripte 12.3). Der chronologisch nächste Brief des mittlerweile definitiv nach Paris zurückgekehrten Morel-Fatio vom 07.08.1883 (Bibl. nr. 7479) lässt darauf schließen, dass Schuchardt noch einmal nachfragte, wie diese Listen zustande gekommen waren. Der sich daran anschließende Passus legt nahe, dass Morel-Fatios Hinweise Schuchardt auch Informationen zu einem anderen Forschungsfeld lieferten: Die Auskunft Morel-Fatios „Le type du Basque, en particulier du Vizcaino revient souvent dans la comedia (surtout dans l’entremes) et la nouvelle. Le tique caractéristique du castillan qu’on fait parler au Vizcaino est la confusion des personnes du verbe. Vous en trouverez un exemple assez curieux dans l’entremes de Cervantes El Vizcaino fingido.» (Morel-Fatio an HS am 07.08.1883, Bibl. nr. 7479) lässt eine konkrete Nachfrage Schuchardts zur Figur des Basken und der Darstellung deren sprachlicher Eigenheiten im spanischen Theater vermuten.

Erst knapp fünf Jahre später wird der Briefwechsel wieder aufgenommen – auch hier scheint ein nicht erhaltenes Schreiben Schuchardts, in dem der Grazer Baskologe einen Einfluss des Baskischen auf Lautwandelprozesse im Kastilischen angenommen haben muss, dem Brief Morel-Fatios vom 07.04.1888 (Bibl. nr. 7480), in dem Letzterer eine solche Beeinflussung als unwahrscheinlich einschätzt, vorausgegangen zu sein. Der sich chronologisch anschließende, aber erst knapp drei Jahre später verfasste Brief Morel-Fatios vom 09.02.1891 (Bibl. nr. 7481), in dem Morel-Fatio Schuchardt Kontaktpersonen für dessen weitere Arbeit zur Lingua franca nennt, lässt darauf schließen, dass Schuchardt sich noch einmal in Bezug auf diese an seinen französischen Kollegen gewandt hatte. Auch der letzte Brief Morel-Fatios an Schuchardt, der fast zwanzig Jahre später den nunmehr sporadischen Briefwechsel, abschließt, lässt sich diesem Thema zuordnen: Morel-Fatio bedankt sich am 19.07.1909 für die Zusendung von Schuchardts Beitrag 'Die Lingua franca' (Archiv-/Breviernummer 588) und bezeichnet sie als «magistrale étude sur la langue franque» (Bibl.nr. 7483).

Der zweite thematische Schwerpunkt ist Calderón de la Barca und die Auseinandersetzung mit dessen Werk in Spanien. Morel-Fatio publizierte 1881 eine ‚Sammelrezension‘ der Arbeiten, die anlässlich des 200. Todestages des Dichters in Spanien erschienen waren (Caldéron, revue critique des travaux d'érudition publiés en Espagne à l'occasion du second centenaire de la mort du poète, suivie de documents relatifs à l'ancien théâtre espagnol, Paris: E. Denné.). Mit dieser Publikation sorgte der ohnehin aufgrund seiner kritischen Stellungnahmen zur nur in beschränktem Umfang positivistischen Idealen genügenden Methode der Wissenschaft in Spanien unbeliebte französische Hispanist für so viel Entrüstung in Spanien, dass er daraufhin vom Rang eines korrespondierenden Mitglieds der Real Academia de la Historia zurücktrat (vgl. Niño Rodriguez 1988, 62f.) Auf diese Publikation nimmt Morel-Fatio in seinem Brief an Schuchardt vom 09.02.1882 Bezug und verteidigt seine kritische Position zur spanischen Wissenschaft. Auch wenn uns die Stellungnahme Schuchardts nicht vorliegt, lässt die Gegenüberstellung des wohl positiveren Spanienbilds im deutschsprachigen Raum und der kritischen Sicht auf Spanien in Frankreich in Morel-Fatios Brief vom 07.03.1882 (Bibl.nr. 7473) vermuten, dass Schuchardt nicht mit allen Kritikpunkten Morel-Fatios an den spanischen Kollegen einverstanden war. Im selben Schreiben bittet Morel-Fatio Schuchardt um Zusendung seiner Calderón-Arbeiten (Brevier-/Archivnummer 123), welche Schuchardt ihm daraufhin offensichtlich sendete und deren Exemplare aus Morel-Fatios Besitz heute in der Bibliothèque municipale de Versailles aufbewahrt werden. Im darauf folgenden Brief vom 19.03.1882 (Bibl.nr. 7474) dankt Morel-Fatio Schuchardt für die Beiträge und macht ihn auf die fälschliche Zuordnung eines von Cepeda y Guzmán verfassten Stücks zu Calderón aufmerksam. Schuchardt schickte Morel-Fatio auch andere seiner Arbeiten, so z.B. die Kreolischen Studien I (Archiv-/Breviernummer 132) (vgl. Morel-Fatio an HS am 26.12.1882, Bibl. nr. 7475) und vermutlich auch die Cantes Flamencos (Archiv-/Breviernummer 125), auf die Morel-Fatio sich in seinem Brief vom 27.04.1883 (Bibl. nr. 7478) bezieht.

Morel-Fatio ließ Schuchardt über seinen Verleger Vieweg seine 1888 erschienenen Études sur l’Espagne mit der Bitte um eine Anzeige in der Allgemeinen Zeitung zukommen (vgl. Morel-Fatio an HS am 07.04.1888, Bibl.nr. 7480). Bisher konnte eine solche nicht gefunden werden.

Neben diesen beiden Themen werden in den Briefen Morel-Fatios noch verschiedene Etymologien angesprochen: Zum einen wendet sich Morel-Fatio in seinem Brief vom 27.04.1883 (Bibl.nr. 7478) gegen die von Schuchardt in den Cantes Flamencos (Archiv-/Breviernummer 125) angenommene etymologisch-semantische Deutung von germano und flamenco und zieht für seine Zweifel u.a. die Verwendung von tudesco und aleman in der altspanischen Literatur heran. Die zweite, nur am Rande angesprochene Etymologie bezieht sich auf Figaro und dessen Herleitung von picaro bzw. – wie von dem von Morel-Fatio angeführten Loménie angenommen – figura, figuron (Morel-Fatio an HS am 17.05.1879, Bibl.nr. 7471). Dass gerade diese Etymologie Morel-Fatio interessiert, verwundert nicht, bedenkt man seine verschiedentlich im Briefwechsel angesprochene intensive Beschäftigung mit dem altspanischen Schelmenroman, insbesondere Lazarillo de Tormes.

Persönliches kommt in den Briefen Morel-Fatios an verschiedenen Stellen zur Sprache. So gibt er Schuchardt in mehreren Briefen Informationen zum eigenen Gesundheitszustand (Brief vom 19.03.1882, Bibl.nr. 7474, Brief vom 19.07.1909, Bibl. nr. 7483) und unterrichtet ihn über den Zustand seines Mentors und Vorgängers am Collège de France Paul Meyer, den er seit dessen früher Erkrankung teils pflegte (Brief vom 16.01.1883, Bibl.nr. 7476; Brief vom 27.04.1883, Bibl.nr. 7478). In seinem Brief vom 29.12.1896 (Bibl.nr. 7482) fragt Morel-Fatio, warum Schuchardt denn nicht wieder einmal nach Paris komme und weist darauf hin, dass er bei dieser Gelegenheit die Tochter von Gaston Paris kennenlernen könne.

Generell erweckt der Briefwechsel den Eindruck, dass Schuchardt in verschiedenen Anliegen mit der Bitte um Hilfe an Morel-Fatio herangetreten ist und diese – in Bezug auf die Lingua franca-Materialien in erstaunlichem Ausmaß – ihm auch gewährt wurde. So auch in einem auf 29.12.1896 datierten Schreiben Morel-Fatios an Schuchardt (Bibl. nr. 7482), welcher offensichtlich in einem vorangegangenen Brief die Absicht geäußert hatte, seine Ausgaben der verschiedenen Calderón-Werke zu verkaufen. Morel-Fatio gibt ihm Hinweise, wo dieses Unternehmen unter Umständen Erfolg haben könnte. Auch der Brief vom 16.02.1883 (Bibl.nr. 7477) legt nahe, dass Schuchardt Morel-Fatio um Rat bezüglich der Anschaffung eines Spanischwörterbuchs gebeten hatte. Die Gefälligkeiten, um die Morel-Fatio Schuchardt bat, scheinen dagegen eher geringeren Umfangs gewesen zu sein und wurden nur teilweise erfüllt: Am 16.01.1883 hatte Morel-Fatio sich mit folgender Bitte an Schuchardt gewandt: «Si vous en avez le moyen, pour assavoir s’ils ont à Vienne les anciennes éditions du Lazarille 1re et 2e partie? Je veux dire les éd. antérieures à 1556, les autres n’ont pas d’importance.» (Brief vom 16.01.1883, Bibl.nr. 7476). Im darauf folgenden Brief schreibt er einen Monat später: «Je vais écrire à Vienne pour qu’ils m’envoient la liste de leurs éditions de Lazarille.» (Morel-Fatio an HS am 16.02.1883, Bibl.nr. 7477). Auch der bereits erwähnten Bitte nach einer Anzeige beziehungsweise Rezension der Études sur l’Espagne scheint Schuchardt nicht nachgekommen zu sein. Unter Umständen kann dieses Ungleichgewicht als ein Grund für die zunehmende Sporadizität des Kontakts zwischen den beiden Gelehrten nach dem regen Briefaustausch zwischen 1879 und 1883 gesehen werden.

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Herkunft der Digitalisate

Für die von Hugo Schuchardt an Alfred Morel Fatio verschickten Briefe gilt:

Die Publikation der vorliegenden Materialien im „Hugo Schuchardt Archiv” erfolgt mit freundlicher Genehmigung der Bibliothèque municipale de Versailles

Die von Alfred Morel Fatio an Hugo Schuchardt verschickten Briefe befinden sich in:

Universitätsbibliothek Graz Abteilung für Sondersammlungen