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Auguste Kerckhoffs

URI: https://gams.uni-graz.at/o:hsa.persons#P.1898
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Zitiervorschlag: Swiggers, Pierre; Seldeslachts, Herman (2014): Auguste Kerckhoffs. In Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.person.1898, abgerufen am 09. 09. 2024. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.2.1898.


Einleitung

Die Korrespondenz zwischen Auguste Kerckhoffs und Hugo Schuchardt wurde von Pierre Swiggers und Herman Seldeslachts bearbeitet, kommentiert und eingeleitet.

Bedeutung

August[e] Kerckhoffs war der wichtigste Propagandist des Volapük in Frankreich und Herausgeber der Zeitschrift Le volapük (von der 1886 drei Hefte erschienen). Nachdem er zunächst eine englische Grammatik (1868) publiziert und sich als literarischer Übersetzer betätigt hatte, veröffentlichte er 1883 eine Arbeit über Kryptographie (Kerckhoffs 1883). 1886 publizierte er eine Einführung in das Volapük (Kerckhoffs 1886a), eine kurze Grammatik dieser Sprache (Kerckhoffs 1868b; diese Grammatik wurde noch 1886 ins Spanische und Russische übersetzt; es folgten auch eine englische [1887] und portugiesische Übersetzung [1888]) und einen vollständigen Lehrgang des Volapük (Kerckhoffs 1886c). Im Jahre 1887 publizierte er ein Volapük-Wörterbuch mit Grammatik (Kerckhoffs 1887a); im selben Jahr beteiligte er sich auch an der Diskussion über die Vereinfachung des Volapük (Kerckhoffs 1887b). 1892 veröffentlichte er ein kurzes deutsches Lehrbuch (Kerckhoffs 1892). Kerckhoffs übte auch gerechtfertigte Kritik am Volapük, so wie es von Johann Martin Schleyer entworfen war; er kreierte eine vereinfachte Version des Volapük und geriet so in Konflikt mit dem unduldsamen Kirchenmann Schleyer; siehe dazu Couturat & Leau (1903: 142-144, 146-150, 154-155). Für eine allgemeine Kritik am Volapük siehe Couturat & Leau (1903: 152-163).

Briefedition und Kommentare

Die kurze Notiz, die wir hier veröffentlichen, ist das einzige Dokument von August[e] Kerckhoffs, das im Schuchardt-Nachlaß erhalten ist1. Es handelt sich um ein Dankschreiben, das unten auf einer Seite aus einem gedruckten bibliographischen Verzeichnis2 geschrieben ist, das folgende Titel von Arbeiten zum Volapük enthält:

– R. de la Sizeranne, Trois mots sur le Volapük (Paris: le Soudier, 31 S.)

– H. Schuchardt, Auf Anlaß des Volapüks (Berlin: Oppenheim, 1888, 48 S.)

– F. Schreyer, Die Concurrenten des Volapük (Darmstadt: von Aigner, 18 S.)

– G. Schmid, Volapükaflen, Ratgeber für angehende und fortgeschrittene Volapükisten, Kaufleute, Lehrer (Skt. Gallen: Hasselbrink, 72 S.).

Zu jedem dieser Titel ist eine kurze Bemerkung hinzugesetzt. Unter der Angabe von Schuchardts Broschüre steht folgender Text: „L’auteur, auquel l’Institut de France a décerné, en 1884, le prix Volney, est un des plus éminents philologues d’Allemagne; le simple fait qu’un homme de cette valeur s’intéresse au volapük doit en dire plus à nos adversaires que toutes les brochures réunies, publiées jusqu’à ce jour en Europe et en Amérique“.

Schuchardts Arbeit über das Volapük3 stammt aus dem Jahr 1888; obwohl Schuchardt zu dieser Zeit schon Professor in Graz (damals Österreich-Ungarn) war, wurde die Schrift in Berlin bei Oppenheim herausgegeben, bei dem Verlag also, der einige Jahre zuvor Schuchardts Pamphlet gegen die Junggrammatiker publiziert hatte (Schuchardt 1885). Diese Broschüre von 1888 ist die einzige Veröffentlichung von Schuchardt, die speziell dem Volapük gewidmet ist. Seine späteren Schriften zu Plansprachen (Schuchardt 1894, 1901, 1904a, b, 1907) handeln über internationale Hilfssprachen im allgemeinen, und insbesondere über die theoretischen und methodologischen Aspekte der Schaffung künstlicher Sprachen.

Auguste Kerckhoffs, Volapükist und Professor an der Handelsakademie (École des hautes études commerciales) in Paris4, bedankt sich bei Schuchardt — offenbar zum zweitenmal (vgl. „nochmals“) — für die Zusendung der Broschüre über das Volapük. Obwohl der Titel dieses Werkes nicht erwähnt wird, können wir dies aus dem Poststempel (25.04.1888) sowie aus der beigefügten bibliographischen Seite, auf der Schuchardts Schrift von 1888 erwähnt wird, schließen. Bemerkenswert ist, daß Kerckhoffs auf Schuchardts zwischen 1866 und 1868 veröffentlichte Dissertation hinweist, die er besitze; Kerckhoffs’ interlinguistisches Interesse ging also mit einer gewissen Vertrautheit mit der zeitgenössischen sprachwissenschaftlichen Literatur einher. Zugleich wirft das Dokument insgesamt ein Licht auf die bibliographische Systematik, mit der man hinsichtlich der Literatur zu den Plansprachen auf der Höhe der Zeit blieb.

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Herkunft der Digitalisate

Die von Auguste Kerckhoffs an Hugo Schuchardt verschickten Briefe befinden sich in:

Universitätsbibliothek Graz Abteilung für Sondersammlungen