Meyer Kayserling
URI: https://gams.uni-graz.at/o:hsa.persons#P.1890
Korrespondenz
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Zitiervorschlag: Mücke, Johannes (2016): Meyer Kayserling. In Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.person.1890, abgerufen am 28. 11. 2023. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.2.1890.
Einleitung
Die Korrespondenz zwischen Meyer Kayserling und Hugo Schuchardt wurde von Johannes Mücke bearbeitet, kommentiert und eingeleitet.
Bedeutung
Der Rabbiner und Historiker Meyer (bzw. Meir) Kayserling (1829-1905) wurde in Halberstadt, Nikolsburg, Prag und Würzburg zum Rabbiner ausgebildet, studierte an der Berliner Universität Theologie, Philosophie und Geschichte u.a. bei Leopold Ranke und promovierte 1856 an der Universität Halle über Moses Mendelsohn (Kayserling 1856). Von 1861 bis 1870 war er Rabbiner in Endingen und Lengnau im Kanton Aargau in der Schweiz, danach wurde er zum Rabbiner und Prediger nach Budapest berufen. Er widmete sich in seinen Studien einer Vielzahl von Themen, wovon seine rege Publikationstätigkeit Zeugnis gibt (vgl. das Schriftenverzeichnis von Weisz 1929).
Besonders hervorzuheben sind seine Studien zur Geschichte der jüdischen Glaubensgemeinschaft auf der iberischen Halbinsel in zwei Bänden (Kayserling 1861 und 1867) und seine Textsammlung Biblioteca española-portugueza-judaica (Kayserling 1890), die auch den unmittelbaren Anlass für die Aufnahme der Korrespondenz zwischen Kayserling und Schuchardt bildet.
Weiterführende biographische und bibliographische Angaben finden sich in der YIVO Encyclopedia of Jews in Eastern Europe unter http://www.yivoencyclopedia.org/article.aspx/Kayserling_Meir (Schweitzer 2010), in der Jewish Virtual Library unter https://www.jewishvirtuallibrary.org/jsource/judaica/ejud_0002_0012_0_10920.html (Roth 2008), im Historischen Lexikon der Schweiz unter http://www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D14918.php (Kaufmann 2007), in der Neuen Deutschen Biographie unter http://www.deutsche-biographie.de/pnd116141115.html (Lamm 1977) sowie im Romanistenlexikon.
Informationen
Fünf der sechs erhaltenen Schriftstücke der Korrespondenz zwischen Kayserling und Schuchardt datieren auf das Jahr 1879. Kayserling, der den postalischen Kontakt zu Schuchardt aufnahm, schreibt in seinem ersten Brief vom 20.10.1879:
"Mein Freund, Hr. Dr. Jellinek in Wien, theilte mir jüngst mit, dass Sie gelegentlich eines Besuches bei ihm auch auf meine Biblioteca española judaica zu sprechen kamen."
In den folgenden Briefen geht es um die Suche nach einem Verleger für die Biblioteca española judaica, die schließlich erst 1890 als Biblioteca Española-Portugueza-Judaica in Straßburg bei Trübner erschien, um andere Publikationen Kayserlings sowie um die sprachwissenschaftliche Untersuchung der sprachlichen Überlieferungen der sephardischen Jüdinnen und Juden in Südosteuropa, Nordafrika und der Türkei. Nach seiner achtmonatigen Forschungsreise in Spanien, Portugal und offenbar auch Marokko schien Schuchardt ein Interesse an diesen Sprachformen entwickelt zu haben. So schreibt Schuchardt am 30.10.1879:
"Ich hege wie schon angedeutet den Plan, das Ladino, die Sprache der spanischen Juden, einer eingehenden Untersuchung zu unterziehen, um zu sehen, wie viel Alterthümliches in Bezug auf Aussprache, Formen, und Wörter sich hier erhalten hat. Natürlich kann ich nicht alle Bücher, die in diesem Idiom ge-|3|druckt ist, durchlesen; vielleicht haben Sie die Güte, mir diejenigen zu bezeichnen, welche in linguistischer Hinsicht von besonderem Interesse sind. […] Ich werde auch nach Tetuan in Marokko an einen Juden schreiben, in dessen Haus ich wohnte, ob er etwa Lust und Zeit hat, mich über die Differenzen zwischen dem heutigen Spanisch und dem Jüdisch-Spanischen weiter aufzuklären."
Kayserling beantwortet dieses Vorhaben wohlwollend und weist auch daraufhin, dass er selbst an einer Untersuchung interessiert wäre (im Brief vom 16.11.1879):
"Es freut mich daß Sie das Ladino bzw. das Jüdisch-Spanische einer eingehenden Untersuchung unterziehen wollen; über dasselbe Thema sprach bereits vor mehreren Jahren H Prof. Mussaphia in Wien mit mir und dachte ich selbst daran, diese Arbeit einmal aufzunehmen[.]"
Dies wiederum scheint Schuchardt mit dazu bewogen zu haben, das Thema doch nicht weiterzuverfolgen, wie aus seinem Brief vom 29.11.1879 hervorgeht:
"Es wäre sehr schön, wenn Sie den Plan, den Sie vor Jahren gehegt haben, das Ladino einer eingehenden Untersuchung zu unterwerfen, wieder aufnehmen würden. Sie haben die innern und äußern Mittel dazu. Ich hatte mich zu der Arbeit nur entschlossen, weil ich glaubte, sie würde eine sehr erspriessliche sein, nicht weil ich mich besonders berufen dafür erachtete. Ich habe bis jetzt, durch mannigfache Arbeiten anderer Art abgehalten, noch nicht Zeit gehabt, mich mit dieser zu beschäftigen und offen gestanden fürchte ich mich ein wenig davor. Ich soll mich in das fast ganz vergessene Hebräisch wieder hineinstudiren; die gedruckten Hülfsmittel kann ich mir auch nur mit grössten Schwierigkeiten und nur eines nach dem andern verschaffen und Gelegenheit zu mündlichem Verkehr mit spanischen Juden habe ich hier nicht; und in Wien kann ich immer nur kurze Zeit verweilen."
Im selben Brief ermutigt Schuchardt Kayserling auch dazu, in einer romanistischen Fachzeitschrift zu publizieren und versucht damit, die Untersuchung der judeospanischen Sprachformen an die Romanistik heranzuführen und umgekehrt. Allerdings kam es nicht dazu; größere Aufsätze zu diesem Thema erschienen in der Zeitschrift für romanische Philologie, die Schuchardt explizit vorschlägt, erst Jahrzehnte später (wie etwa von Subak 1906).
Der letzte Brief ist eine Antwort Schuchardts auf ein nicht erhaltenes Schreiben Kayserlings aus dem Herbst 1892. Kayserling hatte sich offenbar nach Empfehlungen für eine Reise nach Spanien bei Schuchardt erkundigt; Schuchardt kann – über zehn Jahre nach seiner eigenen Reise – nur bedingt weiterhelfen, vermittelt aber den Kontakt zu seinen eigenen Bekannten Alfred Morel-Fatio und Jules Cornu. Den Publikationen Kayserlings im Jahr 1893 nach zu urteilen, könnte diese Reise tatsächlich stattgefunden haben.
Gegenbriefe
Drei Gegenbriefe von Schuchardt an Kayserling befinden sich in der National Library of Israel in Jerusalem im Meyer Kayserling Archiv,. Sub series 1.14: Correspondence (National Library of Israel, Archives Department, Meyer Kayserling Archive V 894 01 263). Die digitalen Faksimiles der Briefe wurden von der National Library of Israel angefertigt und für die Onlineveröffentlichung auf dem Hugo Schuchardt Archiv zur Verfügung gestellt.
Der Herausgeber dankt der National Library of Israel für die freundliche Genehmigung zur Publikation.
Bibliographie
National Library of Israel, Archives Department, Meyer Kayserling Archive V 894 01 263.
Kaufmann, Robert Uri. 2007. 'Kayserling, Meyer'. In Historisches Lexikon der Schweiz (HLS) (1998-2016). Online unter http://www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D14918.php, abgerufen am 7.1.2016.
Kayserling, Meyer. 1856. Moses Mendelsohn's philosophische und religiöse Grundsätze mit Hinblick auf Lessing dargestellt. Leipzig: Hermann Mendelsohn.
Kayserling, Meyer. 1861. Geschichte der Juden in Spanien und Portugal. [Erster Teil:] Die Juden in Navarra, den Baskenländern und auf den Balearen. Berlin: Springer. Online unter: http://sammlungen.ub.uni-frankfurt.de/freimann/content/titleinfo/791181, abgerufen am 7.1.2016.
Kayserling, Meyer. 1867. Geschichte der Juden in Spanien und Portugal. [Zweiter Teil:] Geschichte der Juden in Portugal. Berlin: Springer. Online unter: http://sammlungen.ub.uni-frankfurt.de/freimann/content/titleinfo/790793, abgerufen am 7.1.2016.
Kayserling, Meyer. 1869. 'Das Castilianische Gemeinde-Statut Tekono. Zugleich ein Beitrag zu den Rechts-, Rabbinats- und Gemeinde-Verhältnissen der Juden in Spanien.' In Jahrbuch für jüd. Geschichte der Juden und des Judentums IV: 265-334. Online unter: http://sammlungen.ub.uni-frankfurt.de/cm/periodical/titleinfo/3138074, abgerufen am 11.1.2016.
Kayserling, Meyer. 1890. Biblioteca Española-Portugueza-Judaica, Dictionnaire bibliographique, avec un apercu sur la litterature des juifs espagnols et une collection des proverbes espagnols. Straßburg: Trübner. Online unter: http://sammlungen.ub.uni-frankfurt.de/freimann/content/titleinfo/1170218 und https://archive.org/stream/bibliotecaespa00kaysuoft#page/n5/mode/2up, abgerufen am 16.12.2015.
Lamm, Hans 1977. 'Kayserling, Meyer'. In Neue Deutsche Biographie 11 (1977), S. 386 [Onlinefassung]; URL: http://www.deutsche-biographie.de/pnd116141115.html, abgerufen am 7.1.2016.
Lichem, Klaus & Wolfgang Würdinger. 2015. 'Die Korrespondenz zwischen Adolf Mussafia und Hugo Schuchardt'. In Bernhard Hurch (Hg.) (2007-). Hugo Schuchardt Archiv. Webedition verfügbar unter: https://gams.uni-graz.at/o:hsa.persons#P.2264, abgerufen am 16.12.2015.
Roth, Cecil. 2008. 'Kayserling, Meyer'. In Jewish Virtual Library. (Source: Encyclopaedia Judaica. © 2008: The Gale Group). Online unter https://www.jewishvirtuallibrary.org/jsource/judaica/ejud_0002_0012_0_10920.html, abgerufen am 7.1.2016.
Schwägerl-Melchior, Verena. 2014. 'Die Korrespondenz zwischen Alfred Morel Fatio und Hugo Schuchardt'. In Bernhard Hurch (Hg.) (2007-). Hugo Schuchardt Archiv. Webedition verfügbar unter: http://schuchardt.uni-graz.at/id/person/2229, abgerufen am 7.1.2016.
Schwägerl-Melchior, Verena. 2015. 'Die Korrespondenz zwischen Emil Jellinek und Hugo Schuchardt'. In Bernhard Hurch (Hg.) (2007-). Hugo Schuchardt Archiv. Webedition verfügbar unter: http://schuchardt.uni-graz.at/id/person/2374, abgerufen am 14.12.2015.
Schuchardt, Hugo. 1881. 'Die Cantes Flamencos'. In Zeitschrift für romanische Philologie 5: 249-322 (= HSA 125).
Schweitzer, Gábor. 2010. 'Kayserling, Meir'. In YIVO Encyclopedia of Jews in Eastern Europe. Online unter http://www.yivoencyclopedia.org/article.aspx/Kayserling_Meir, abgerufen am 7.1.2016.
Steingress, Gerhard. 1996. Cartas a Schuchardt. La correspondencia inédita de los folkloristas y otros intelectuales españoles con el romanista y linguista Hugo Schuchardt. Sevilla : Fundación Machado.
Steingress, Gerhard. 2009a. 'Die Korrespondenz zwischen Antonio Machado y Alvarez und Hugo Schuchardt'. In Bernhard Hurch (Hg.) (2007-). Hugo Schuchardt Archiv. Webedition verfügbar unter: http://schuchardt.uni-graz.at/id/person/2100, abgerufen am 7.1.2016.
Steingress, Gerhard. 2009b. 'Die Korrespondenz zwischen Salvador Calderon und Hugo Schuchardt'. In Bernhard Hurch (Hg.) (2007-). Hugo Schuchardt Archiv. Webedition verfügbar unter: http://schuchardt.uni-graz.at/id/person/1248, abgerufen am 7.1.2016.
Storost, Jürgen. 2001. 'Die "neuen Philologien", ihre Institutionen und Periodica: Eine Übersicht.' In Sylvain Auroux u. a. (Hgg.). History of the Language Sciences. Geschichte der Sprachwissenschaft. Histoire des sciences du langage (= Handbücher zur Sprach- und Kommunikationswissenschaft 18). Berlin/New York: de Gruyter, 1240–1272.
Subak, Julius. 1906. 'Zum Judenspanischen'. In Zeitschrift für romanische Philologie 30: 129-185. Online unter http://gallica.bnf.fr/ark:/12148/bpt6k158802/f139.image, abgerufen am 7.1.2016.
Tolomeo, Rita. 2012. 'MUSSAFIA, Adolfo (Abraham, Arturo Adolfo)'. In Dizionario Biografico degli Italiani - Volume 77 (2012) [Onlineausgabe]. Online unter http://www.treccani.it/enciclopedia/adolfo-mussafia_%28Dizionario_Biografico%29/, abgerufen am 16.12.2015.
Weisz, Max. 1929. Bibliographie der Schriften Dr. M. Kayserlings s. A. : zu seinem Centenarium [17. VI. 1929]. Budapest: Magyar Zsidó Szemle. Online unter: http://sammlungen.ub.uni-frankfurt.de/judaicaffm/content/titleinfo/2141070, abgerufen am 16.12.2015.
Herkunft der Digitalisate
Für die von Hugo Schuchardt an Meyer Kayserling verschickten Briefe gilt:
Die Publikation der vorliegenden Materialien im „Hugo Schuchardt Archiv” erfolgt mit freundlicher Genehmigung der National Library of Israel, Jerusalem.
Die von Meyer Kayserling an Hugo Schuchardt verschickten Briefe befinden sich in: