Johannes Brill
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Zitiervorschlag: Mücke, Johannes (2013): Johannes Brill. In Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.person.1202, abgerufen am 21. 09. 2023. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.2.1202.
Einleitung
Die Korrespondenz zwischen Johannes Brill und Hugo Schuchardt wurde von Johannes Mücke bearbeitet, kommentiert und - nachträglich - eingeleitet.
Bedeutung
Der niederländisch-südafrikanische Sprachforscher, Bildungswissenschaftler und Schulleiter Johannes Brill wurde 1842 – im selben Jahr wie Schuchardt – in Zutphen in den Niederlanden als Sohn des niederländischen Philologen Willem Gerard Brill (1811-1896, ab 1859 Professor an der Utrechter Universität) geboren. Johannes Brill studierte 1859-1867 an der Universität Utrecht und arbeitete anschließend als Gymnasiallehrer in Deventer und Kampen. 1873 übernahm er die Leitung des Grey College in Bloemfontein im damaligen Oranje-Freistaat im südlichen Afrika, die er bis 1907 inne hatte. Brill engagierte sich auch in anderen wissenschaftlichen Institutionen in Bloemfontein und hielt öffentliche Vorträge, wie etwa im Mai 1875 zum Thema 'De Landstaal', in denen er sich als einer der ersten Sprachforscher für die Anerkennung des Afrikaans als eigenständiger Sprache einsetzte. Er war eine der treibenden Kräfte in der Genootskap van Regte Afrikaners sowie Gründungsmitglied und erster Sekretär des Afrikander Bond (vgl. dazu van Schoor 1970 und I.S.J.B. 1976, wo auch Brills wichtigste Werke und weiterführende Literatur aufgelistet sind).
Gegenbriefe
Gegenbriefe konnten nicht ausfindig gemacht werden. Anfragen beim noch heute existierenden Grey College in Bloemfontein und anderen Institutionen in Südafrika wurden bedauerlicherweise negativ beantwortet.
Für die erteilten Auskünfte dankt der Verfasser an dieser Stelle sehr herzlich Estie Rossouw vom Grey Kollege Museum, Gabriele Mohale von der William Cullen Library, University of the Witwatersrand, Johannesburg, Clive Kirkwood von den Special Collections der University of Cape Town Libraries und Melanie Geustyn von der National Library in Kapstadt, Südafrika.
Briefedition und Kommentare
Der Brief von Johannes Brill an Schuchardt ist ein Antwort auf eine Anfrage Schuchardts, über deren Inhalt nur spekuliert werden kann. Den Kontakt zu Brill hatte Matthias de Vries vermittelt (vgl. Fußnote 1 im hier edierten Brief von Brill sowie Ahlgrimm-Siess & Mücke 2013). In einem Manuskript im Nachlass Schuchardts, katalogisiert unter 11.1.8 in Wolf (1993), findet sich auf S. 98 Schuchardts Übersicht über seine Korrespondenzen mit dem Capland, wo für den Oranje-vrij-staat, Bloemfonteim ein Schreiben an "Dr. Brill" für den 9. Juli 1882 vermerkt ist, was sich mit Schuchardts Angabe in seinm Brief an Matthias de Vries vom selben Tag deckt.
Der Zeitpunkt der Korrespondenz fällt in den Anfang jener Phase von Schuchardts wissenschaftlicher Arbeit, in welcher er intensiv und weltweit zur Verbreitung von kreolischen Sprachformen recherchierte (wovon das erwähnte Manuskript Nr. 11.1.8, S. 93-119 – in gewisser Weise Schuchardts "Postausgang" – einen Eindruck vermittelt). Im selben Jahr veröffentlichte er seine ersten beiden Kreolischen Studien (Schuchardt 1882a [=HSA 132], 1882b [=HSA 133]) zu portugiesischbasierten Kreolsprachen sowie seinen Beitrag über das französischbasierte Kreol von Réunion (Schuchardt 1882c [=HSA 134]). Über die Sprachsituation im südlichen Afrika äußerte sich der Grazer Kreolist allerdings erst anlässlich einer Rezension (Schuchardt 1885 [= HSA 180]) von Nicolaas Mansvelts Proeve van een Kaapsch-Hollandsch Idioticon (Mansvelt 1884, vgl. dazu auch den Briefwechsel zwischen Mansvelt und Schuchardt in Russow 2013). Darin verarbeitet Schuchardt auch Informationen von Brill, wenn er etwa schreibt:
Wenn das Idiotikon von Mansvelt wohl nicht erschöpfend ist, so kann es doch auch keine sehr bedeutenden Lücken offen lassen, umsoweniger als die Sprache über diese weiten Strecken hin wesentlich dieselbe, die dialektische Differenz selbst zwischen einem Bauer des Transvaals und einem aus der Umgebung der Kapstadt nur eine geringfügige ist. (Schuchardt 1885 [=HSA 180]: 466)
Vergleicht man die Passage mit dem Brief von Brill, so fällt die nicht nur inhaltliche, sondern fast wortwörtliche Übereinstimmung auf. Brill hatte an Schuchardt geschrieben:
Es mögen hier und dort kleine dialektischen Eigenthümlichkeiten vorkommen – und z. B. das Holländische wie es in der Umgegend der Kapstadt gesprochen wird mag von der Sprache des Transvaalschen Bauers in einigen Hinsichten verschieden sein – diese Verschiedenheiten sind im allgemeinen genommen ganz unbedeutend und wohin man kommt, wird man ohne Mühe andere verstehen können und selbst von ihnen verstanden werden. (Brill an Schuchardt, Brief Nr. 01-01374)
Dass Schuchardt Brills Informationen aber nicht einfach nur unkritisch übernahm, sondern durchaus bewertete, zeigt eine andere Passage der Rezension zur Vermutung, die Khoisansprachen hätten Einfluss auf das Afrikaans gehabt. Dort ist diesbezüglich zu lesen:
Ich glaube nicht, dass man Recht hat dagegen zu sagen, die Boeren hätten von je ihre einheimischen Diener in einer zu grossen Entfernung von sich gehalten, um durch sie beeinflusst zu werden […]. (Schuchardt 1885 [=HSA 180]: 469)
Dies ist durchaus als eine Stellungnahme zu Brills Brief zu interpretieren, wo es mit Bezug auf die Frage, warum das Afrikaans so wenige Spuren der Khoisansprachen zeigt, heißt:
Den Grund dieser allerdings höchst merkwürdigen Thatsache das [sic] die Sprachen der Eingeborenen so wenig Einflusz auf das Holländische gehabt hätten, suche ich in dem Umstande das [sic] die Bauern die Eingeborenen, gleichwohl ob sie dieselben als Sklaven oder als freie Dienstboten hielten, immer in einer gewissen Entfernung zu halten gewuszt haben. Demzufolge haben denn auch die Hottentotten sehr bald ihre Sprache |3| ganz aufgegeben und weit davon entfernt, dass diese einigen Einflusz auf die Sprache Ihrer Herren gehabt hätte, dieselbe vollständig verloren. (Brill an Schuchardt, Brief Nr. 01-01374)
Brill wird in Schuchardts Rezension nicht namentlich erwähnt. Die Beweggründe Schuchardts dafür liegen im Dunkeln. Es scheint auch nicht zu einer weiteren Kommunikation zwischen den beiden gleichaltrigen Sprachforschern gekommen zu sein. Auch über eine Reaktion von Brill auf Schuchardts Rezension ist dem Verfasser der vorliegenden Edition nichts bekannt geworden.
Die Briefedition wurde unter Mitarbeit von Katrin Purgay und Lily Olet angefertigt, für deren Hilfe sich der Verfasser an dieser Stelle mit Nachdruck bedankt.
Bibliographie
Ahlgrimm-Siess, Jörg & Mücke, Johannes. 2012. '"Ich bin auf der Jagd nach einigen in Holland gedruckten Schriften...". Der Briefwechsel zwischen Matthias de Vries und Hugo Schuchardt". In Grazer Linguistische Studien, 78: 7-61.
Ahlgrimm-Siess, Jörg & Johannes Mücke. 2013. 'Die Korrespondenz zwischen Matthias de Vries und Hugo Schuchardt'. In Bernhard Hurch (Hg.) (2007-). Hugo Schuchardt Archiv. Webedition verfügbar unter: http://schuchardt.uni-graz.at/korrespondenz/briefe/korrespondenzpartner/1306, abgerufen am 8.3.2016
Bruwer, J. P. van S. 1972. s.v. 'Hottentots'. In Standard Encyclopaedia of Southern Africa, 1st ed., vol. 5 FOR-HUN. Kapdtadt: NASOU, S. 606-610.
Changuion, Antoine N. E. 1844. Nederduitsche taal in Zuid-Afrika hersteld : zijnde eene andleiding tot de kennis dier taal, naar de plaatselijke behoefte van het land gewijzigd. Kapstadt: Collard. Online verfügbar unter http://repository.up.ac.za/handle/2263/12545?show=full, abgerufen am 8.3.2016.
Du Toit, Stephanus Jacobus. 1876. Eerste beginsels van die Afrikaanse taal, uitgege deur die Genootskap van Regte Afrikaanders. Kaap Kolonie. [Zweite Auflage 1882 in Paarl: D. F. Du Toit].
Du Toit, Stephanus Jacobus. 1880. Geskiedenis van die Afrikaanse Taalbeweging ver vrind en vyand uit publieke en private bronne, bewerk deur 'n Lid van die Genootskap van regte Afrikaners. Paarl: D.F. Du Toit
I. J. S. B. 1976. s.v. 'Brill, Johannes'. In W. J. de Kock (Hg.). Dictionary of South African Biography. Vol. I (First edition, second print). Pretoria: Human Sciences Research Council, S. 118-119.
Mansvelt, Nicolaas. 1884. Proeve van een Kaapsch-Hollandsch idioticon: met toelichtingen en opmerkingen betreffende land, volk en taal. Kaapstad: Martin; Stellenbosch: Schröder; Utrecht: van Huffel.
Russow, Gerald. 2013. 'Die Korrespondenz zwischen Nicolaas Mansvelt und Hugo Schuchardt'. In Bernhard Hurch (Hg.) (2007-). Hugo Schuchardt Archiv. Webedition verfügbar unter: http://schuchardt.uni-graz.at/korrespondenz/briefe/korrespondenzpartner/669, abgerufen am 9.3.2016
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Westphal, E. O. J. 1972. s.v. 'Kaffir'. In Standard Encyclopaedia of Southern Africa, 1st ed., vol. 6 HUN-LIT. Kapstadt: NASOU, pp. 262-264.
Wolf, Michaela. 1993. Der Hugo Schuchardt Nachlaß. Schlüssel zum Nachlaß des Linguisten und Romanisten Hugo Schuchardt (1842-1927). Graz : Leykam.
Herkunft der Digitalisate
Die von Johannes Brill an Hugo Schuchardt verschickten Briefe befinden sich in: