Notizen zu Sprachphilosophie, Lautgesetzen, Phonetik etc.

Hugo Schuchardt

Unbekannt

1878-1927

language Deutsch

Schlagwörter: Morphosyntax Phonetik Lautgesetze Sprachphilosophie Sprachkontakt (allgemein)language Slawische Sprachen Grützner, Paul (1879) Löwenberg, Benjamin (1878) Purkinje, Johann Evangelist (1836) Löwenberg, Benjamin (1878) Sievers, Eduard (1876) Lewi, Hermann (1875)

Zitiervorschlag: Schuchardt, Hugo (1878-1927): Notizen zu Sprachphilosophie, Lautgesetzen, Phonetik etc.. Hrsg. von Bernhard Hurch und Sarah Melker (2024). In: Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.ms.383, abgerufen am 13. 10. 2024. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.4.383 .


Beschreibung nach Wolf 1993
25.2.4. 1 Kladde [ohne Aufschrift, 78 S.] 1-3,9-12,39-40 Sprachphilosophie 4-6 Reiseaufzeichnungen 18-24, 32-38 Lautgesetze 41-60 Phonetik 61-66 Sprachmischung: Deutsch-Slawisch 67-78 Deutsch: allgemein

Inhaltsangabe

Verschiedenste Notizen mit Schwerpunkt auf Phonetik, Lautgesetze und Slawische Sprachen. Die ersten beiden Seiten wurden bereits transkribiert.

Transkription

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Grützner, Physiologie der Stimme und Sprache (in Hermanns Handbuch der Physiologie I Bd. II Th. Leipzig 1879)1

S. 198 fg. meint er mit Czermak (Molesch. Unters. V. S. 1. 1858) und Löwenberg (Gaz. des hosp. 1878 No. 75.76)2 dass m (und n, nicht )3 ohne Nasenresonanz (also bei der pathologischen Erscheinung der Verwachsung des Gaumensegels mit der hintern Rachenwand), hervorgebracht werden könne. Aber dies m ist meines Erachtens – und kann Nichts anders sein – der Purkinjesche4 Blählaut. Die Art wie die Lippen geöffnet werden (ob “aktiv durch Muskelthätigkeit oder passiv durch erhöhten Luftdruck”), ist irrelevant. Es ist bekannt dass bei Starkschnupfen (also bei aufgehobener Resonanz) b und d an Stelle von m und n treten. Dass nach Czermak ein Mädchen, welches jene Verwachsung hatte, b und m unterschied, ist desshalb noch kein Wunder, es ist ein quantitativer Unterschied; in diesem Fall löste sie den Verschluss des Mundkanals möglichst geräuschlos.

[Wenn ich die Nase zuhalte, so kann ich keinen Nasal bilden, sd. nur einen Verschlusslaut; ich erhalte ein nasalirtes b, p, t, d u.s.w. Also m, ~b (Purkinje’scher Blähl.) m/b sind wohl zu unterscheiden.]

[Durch den Purkinjeschen Blählaut bilden die Mediae den Uebergang von den momentanen zu der Dauerlauten)

S. 202. Die Existenz konsonantischer Nasale mit Flüsterstimme gibt Gr. zu (Lösung oder Sprengung der Verschlüsse ist dann hörbar). Also tonloses n in Äffchen u. dgl. scheint ihm unbekannt.

[e/l (### i) steht dem i/l (jotazisirtes l) sehr nah; vgl. Sievers S. 55.5 )

S. 205. Grützner nimmt bezüglich des l und der andern Laute Aussprache mit Flüsterstimme (weit geöffnete Stimmritze bei ihm nur ausnahmsweise) an.

[Welche Kriterien haben wir um geflüsterte und tonlose Laute zu unterscheiden?]

S. 207. “wenn man das R nur mit einem einzigen Zungenschlag bildet [also spanisches r] ist es doch ein ganz anderer Laut, als wenn die Zunge an derselben Articulationsstelle liegt und sich mit stärkerem Luftdrucke entfernt, wodurch ein T oder D erzeugt wird.” [eine feste Berührung findet doch nicht statt; r ist nur ein dentaler Reibelaut, eine Abart des interdentalen d/t.

S. 209 tonloses r nach G. mit weitgeöffneter Stimmritze

Über Tenues mit geschlossener Stimmritze s. Czermak (Molesch. Unters. V S. 275) und

Bourguet (Wiener med. Wochenschr. 1856 N. 23).

S. 211. Wie wird gleichzeitige Sprengung der Kehlkopfs- und des Lippenverchlusses vorgenommen?

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S. 215. “Die K-Artikulation ist eine breite; die Zunge, welche sich ihrer ganzen Breite nach anlegt, wird in ihrer ganzen Breite gelöst. Die T-Artikulation ist (eben mit Ausnahme des dorsalen T) eine spitze, bei der nur die mittleren Theile der Zunge in viel geringerer Breite den Verschluss bilden, beziehungsweise bei seiner Lösung betheiligt sind.” Dieser Unterschied war aber gerade in Beziehung auf das dorsale t und das k aufzustellen, die man glaube ich an derselben Stelle artikuliren kann? G. spricht bloss von dem Unterschied zwischen dem dorsalen und dem, wie er es nennt, oralen t [Zunächst ist Zungenspitzenlaute und Dorsallaute zu unterscheiden; bei jenen kann weit hinten ein k erzeugt werden, wenn die Zunge fast ganz umgestülpt ist, mit der Unterseite der Vorderzunge; und bei dieser weit vorn ein t.

[Zeichnungen]

Über den Unterschied der Mediae und Tenues drückt sich Grützner nicht mit befriedigender Klarheit aus z. B. S. 215. „Lässt man während des Verschlusses oder gewöhnlich schon einen Moment früher (Blählaut) die Stimme tönen, so gehen alle die eben beschriebenen T Laute in die entsprechenden D Laute über.

[Am unteren Teil der Seite finden sich Anmerkungen zur italienischen Morphosyntax]

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1 Ludimar Hermann.

2 Benjamin Löwenberg (1878) Les tumeurs adénoides du pharynx nasal. Gazette des Hôpitaux No. 75: 596-597, No. 77: 611-613.

3 Mit ṅ bezeichnen Grützner - und damit hier Schuchardt - das velare [ŋ].

4 Jan Evangelista Purkyně (Johann Evangelist Purkinje). Tschechisch-österreichischer Physiologe 1787-1869. Purkinje, J. E. Badania w przedmiocie fiziologii mowy ludzkiéj. Kwartalnik naucowy. Kraków 1836?

5 Eduard Sievers (1876) Grundzüge der Lautphysiologie zur Einführung in das Studium der Lautlehre der indogermanischen Sprachen. Leipzig: Breitkopf & Härtel.

Faksimiles: Universitätsbibliothek Graz Abteilung für Sondersammlungen, Creative Commons BY-NC (Sig. 25.2.4.)

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