Hugo Schuchardt an Eduard Zarncke (03-HSEZ02)
von Hugo Schuchardt
25. 07. 1903
Deutsch
Schlagwörter: Literarisches Centralblatt für Deutschland Kaiserliche Akademie der Wissenschaften (Wien) Baskisch Dodgson, Edward Spencer Leizarraga, Joanes Linschmann, Th. Uhlenbeck, Christian Cornelius Schuchardt, Hugo (1904) Linschmann, Theodor/Schuchardt, Hugo (1900) Bghd., K. (1901) Leiçarraga, Ioannes (1903)
Zitiervorschlag: Hugo Schuchardt an Eduard Zarncke (03-HSEZ02). Graz, 25. 07. 1903. Hrsg. von Frank-Rutger Hausmann (2019). In: Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.letter.9980, abgerufen am 24. 09. 2023. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.1.9980.
Graz, Elisabethstr. 6
25 Juli 1903
Sehr geehrter Herr Kollege,
Wollen Sie dieser Anzeige die Gnade widerfahren lassen sie im Ltbl. zum Abdruck zu bringen?1 Sie haben ja viel längere Anzeigen aus klassischer und semitischer Philologie veröffentlicht, und ich konnte in diesem Fall mich nicht mit allgemeinen Urteilen begnügen, sondern musste zahlreiche Belege geben. Sie werden zwar mit Recht meinen, dass Baskisch die |2| meisten Leser nicht interessiert, es handelt sich aber hier auch um eine Frage allgemeinerer Wichtigkeit.
Ich hatte schon vor langer Zeit Dodgson zu einem Neudruck Leiçarragas angeregt2 und auch versucht die franz. Akademie zur Bestreitung der Kosten zu veranlassen. Daraus wurde Nichts; Linschmann und ich besorgten den Neudruck, was uns sehr viel Zeit und Mühe kostete,3 – es musste das N. T. und alles Sonstige abgeschrieben werden. Dodgson4 als er von mir erfuhr dass wir einen „diplomatischen“ Abdruck veranstalten wollten, schrieb an den Sekretär der Wiener Akademie die uns die materielle |3|Unterstützung zugesagt hatte: man möge doch diesem verruchten Werke Einhalt gebieten; er betrachtete nämlich die Wiedergabe der Druckfehler als eine Entweihung der Bibel und eine Schmach für Leiçarraga. Als dann unser Buch erschien, hatte Dodgson nichts Eiligeres zu tun, als eine englische Bibelgesellschaft – zu welchen unmöglichen Dingen solche Geld haben! – anzustiften, damit er das N. T. mit seinen Verballhornungen von Neuem drucken konnte.5 Ich glaube, so Etwas ist doch höchst unfair.
Ich schreibe Ihnen dies Alles weil ich die Befürchtung |4| hege, Dodgson habe Ihnen ein Exemplar des Neudrucks geschickt und Sie die Besprechung desselben jemand Anderem anvertraut. Zu meinem Erstaunen las ich kürzlich im Ctbl. eine Anzeige Uhlenbecks von einer anderen Arbeit Dodgsons, die eine solche weder im Guten noch im Schlechten verdient hätte, so wenig wie etwa eine Eselsbrücke zum Cornelius Nepos.
Mit hochachtungsvollstem Gruss
Ihr ergebenster
HSchuchardt.
Eine Korrektur würde ich selbstverständlich nötig haben.
1 Es geht vermutlich um die Besprechung von Dodgsons „Konkurrenzunternehmen“ Jesus Christ gure jaunaren Testamentu Berria, (Übers.: John Leizarraga [Leiçarraga]; Hrsg. [Edward Spencer Dodgson]), London: Trinit. Bible Soc., 1903.
2 Vgl. dazu den kleinen Briefwechsel Eduard Zarnckes mit Dodgson (Leipzig, UB NL 249/1/632-634).
3 Leiçarraga's baskische Bücher von 1571; (Neues Testament, Kalender und ABC); Baskische Bücher von 1571, hrsg. von Th. Linschmann und H. Schuchardt, Strassburg: Trübner, 1900. – Vgl. dazu die Rez. in LCBl 52(20), 1901, 821-822. (Es handelt sich um eine zwar freundliche, aber letztlich nichtssagende Rez., die mit K. Bghd gezeichnet ist).
4 Edward Spencer Dodgson (1857-1922), britischer Baskologe; vgl. HSA 108-02449; 02500-02603.
5 Jesus Christ gure jaunaren Testamentu Berria, (Übers.: John Leizarraga [Leiçarraga]; Hrsg. [Edward Spencer Dodgson]), London: Trinit. Bible Soc., 1903.
Faksimiles: Universitätsbibliothek Graz Abteilung für Sondersammlungen (Sig. HSEZ02)