Ernst Wilhelm Emil Hübner an Hugo Schuchardt (04-04896)

von Ernst Wilhelm Emil Hübner

an Hugo Schuchardt

Baden-Baden

22. 04. 1899

language Deutsch

Schlagwörter: Universität Berlin (Friedrich-Wilhelms-Universität)language Iberischlanguage Spanischlanguage Altgriechisch Meyer-Lübke, Wilhelm Dodgson, Edward Spencer Baden-Baden Spanien Hübner, Aemilius (1893) Giacomino, Claudio (1892) Schuchardt, Hugo (1909) Schuchardt, Hugo (1899)

Zitiervorschlag: Ernst Wilhelm Emil Hübner an Hugo Schuchardt (04-04896). Baden-Baden, 22. 04. 1899. Hrsg. von Frank-Rutger Hausmann (2021). In: Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.letter.9922, abgerufen am 28. 03. 2024. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.1.9922.


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Baden-Baden, 22/4 99

Ehe ich Baden verlasse, was morgen geschieht, möchte ich Ihnen, v. H. K.,1 noch schnell danken für Ihren liebenswürdigen Brief vom 15., den zu beantworten der geschäftige Müßiggang dieser Phäakenstadt 2mich bisher hinderte. Sobald ich zurück bin, will ich Ihrem Aufsatz genaue Aufmerksamkeit zuwenden: als ich die Liste vermutlich iberischer Wörter im Spanischen in den Mon. ling. Iber.3 aufstellte war mir Meyer-Lübkes roman. Grammatik unbekannt; ich hatte dort eine solche nicht vermuthet. Die Fragen sind sehr schwierig: Ihre Skepsis Giacomino’s Aufstellungen4 gegenüber ist gewiß höchst berechtigt. In Spanien hat m. W. nur Unamuno, Prof. d. „ Griechischen“ in Salamanca, 5einige|2|Studien über diese Fragen gemacht, von dem mir unser Berliner Spanier Múgica6 einiges erzählt. Vigón7 ist ein fleißiger Lokalgrammatiker ohne jede Methode. Daß nava „gemein-romanisch“ sei,8 will mir noch nicht recht einleuchten: solche Ortsnamen, wie paramus, balsa u.s.w. scheinen mir immer am wenigsten „iberisch“. Indessen – ich bescheide mich vor der Hand gern und denke von Ihnen weiteres zu lernen.

Ueber Dodgson9 urteilen Sie vollkommen richtig; daß er Ire von Abkunft sei, schrieb er mir einmal selbst, und auf seinen Katholizismus schloß ich aus verschiedenen Äußerungen und seinen Verkehr mit spanischen |3| Geistlichen. Fita 10 übrigens ist als Grammatiker nicht ernsthaft zu nehmen. Ich will versuchen, wie lange die Freundschaft zwischen Dodgson und mir noch hält; sie war schon öfter nahe am Zerbrechen. Aber ich werde ihn nur gezwungen ganz fallen lassen. Ihrer Abhandlung über die iberischen Zeichenwerthe sehe ich mit großem Interesse entgegen.11

Einstweilen, mit erneutem Dank,

Ihr

E. Hübner.


1 „verehrter Herr Kollege“

2 Die Phäaken waren für Ihre Genußfreude bekannt.

3 Emil Hübner, Monumenta linguae Ibericae, adiecta est tabula geographica, Berolini: Reimer, 1893.

4 Claudio Giacomino (?-1924), ital. Baskologe, Verf. von Delle relazioni tra il basco e l'antico egizio, Milano: Tip. Bernardoni di C. Rebeschini e C., 1891 (andere Angabe: Rendiconti del R. Istituto Lombardo 25, 1892, 1063-1077), von Schuchardt kritisch rezensiert.

5 Miguel de Unamuno (1864-1934), span. Philosoph und bedeutender Dichter. Vgl. auch Gorka Aulestia, „Postura de Unamuno ante el Vascuence“, Hispanófila 95, Enero 1989, 21-37.

6 Pedro de Mugica (1854-1944), Lektor für Spanisch an der Berliner Wilhelms-Universität.

7 Braulio Vigón (1849-1914), astur. Folklorist; vgl. HSA 12424-12428.

8 Vgl. Schuchardt, „Span. vega; nava“, Zeitschrift für romanische Philologie 33, 1909, 462-468; hier 466ff. (ohne Erwähnung Hübners).

9 Vgl. HSA 04895.

10 Fidel Fita y Colomer (1855-1917), span. Historiker u. Grammatiker; vgl. HSA 03048.

11 Schuchardt, „Zum Iberischen, Romano-baskischen, Ibero-romanischen“, Zeitschrift für romanische Philologie 23, 1899, 174-200.

Faksimiles: Universitätsbibliothek Graz Abteilung für Sondersammlungen, Creative commons CC BY-NC https://creativecommons.org/licenses/by-nc/4.0/ (Sig. 04896)