Mathias Murko an Hugo Schuchardt (65-07634)
von Mathias Murko
an Hugo Schuchardt
01. 04. 1922
Deutsch
Schlagwörter: Universität Prag Štrekelj, Karl Jagič, Vatroslav Ignaz Graz Schuchardt, Hugo (1884)
Zitiervorschlag: Mathias Murko an Hugo Schuchardt (65-07634). Prag, 01. 04. 1922. Hrsg. von Helena Reimann (2022). In: Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.letter.9829, abgerufen am 30. 09. 2023. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.1.9829.
Prag 1/IV 221
Hochverehrter Herr Hofrat!
Vor Kurzem fand ich im deutschen „Lesezirkel“ illustrierter Blätter, der etwas spät in unsere Hände kommt, Ihr Bild und wurde zu meiner Überraschung daran erinnert, daß Sie schon das 80. Jahr glücklich hinter sich haben. Verzeihen Sie wenn ich sehr spät mit meinen Glückwünschen nachhinke, aber eine innere Stimme sagt mir: besser spät als niemals. Wir sind doch alte Bekannte. Ihre Festschrift zu Miklosichs Jubiläum im J. 18832 brachte Sie mir näher und bei Ihrem universellen Wissen und Streben haben Sie Ihre starke Beziehungen |2| zur slawischen Philologie gehabt. Wie oft sprachen wir denn in Graz mit meinem unvergesslichen Freund Štrekelj über Ihre Etymologien und wie gern gedenke ich auch der immer anregenden Gespräche, die wir in Ihrem [undeutlich] führten! Von ganzem Herzen wünsche ich Ihnen, daß es Ihnen noch lange in ähnlicher Weise wie bisher vergönnt sein möge die Wissenschaft und Ihre Rosen und Bäume zu pflegen. Sie und Jagić halten sich wirklich wacker und laßen sich nicht |3| von der Last der Jahre beugen.
Auch meine Frau und die Kinder, die sich Ihrer gern erinnern, schicken Ihnen die herzlichsten Glückwünsche.
Wenn es nur irgendwie möglich sein wird, will ich im Sommer wieder in Graz Halt machen und Sie auf dem uns so vertrauten Fuxbergerl3 besuchen.
Ich habe natürlich vollauf zu tun, namentlich mit der „Slavia“4, die sich etwas verspäten wird, weil die Druckerei nicht genug cyrillische und entsprechende polnische Lettern gar nicht hatte. Es ist kein Vergnügen Handschriften|4| in verschiedenen Sprachen zu lesen und sie zur Umarbeitung oder gänzlich zurückzuschicken. An Material wird es mir, wie ich schon jetzt sehe, nie fehlen.
Mit den besten Grüssen
Ihr in aller Treue ergebener
MMurko
1 Murko war von 1920 bis 1931 an der Karls-Universität in Prag an der neuerrichteten Lehrkanzel für südslawische Sprachen und Literaturen.
2 Schuchardt, Dem Herrn Franz von Miklosich zum 20. November 1883. Slawo-deutsches und Slawo-italienisches. Graz: Leuschner & Lubensky, 1884.
3 Gemeint ist Schuchardts Villa in der Johann-Fux-Gasse.
4 In Prag war Murko am Ausbau der slawistischen Studien wesentlich beteiligt, indem er die Zeitschrift Slavia mitbegründete und 1929 den 1. Internationalen Slawistenkongress in Prag organisierte.