Hugo Schuchardt an Julio de Urquijo Ybarra (151-s.n.)

von Hugo Schuchardt

an Julio de Urquijo Ybarra

Graz

16. 08. 1911

language Deutsch

Schlagwörter: Revue internationale des études basques Azkue y Aberasturi, Resurrección María de Oihenart, Arnaud d´ Lacombe, Georges Schuchardt, Hugo (1911) Schuchardt, Hugo (1911) Hatoulet et al. (1862)

Zitiervorschlag: Hugo Schuchardt an Julio de Urquijo Ybarra (151-s.n.). Graz, 16. 08. 1911. Hrsg. von Bernhard Hurch und Maria José Kerejeta (2007). In: Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.letter.982, abgerufen am 10. 09. 2024. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.1.982.


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Graz, 16. Aug. 1911.

Sehr geehrter Freund!

Tausend Dank nun auch für den Azkueschen Peru Abarka!

Azkue scheint jetzt immer unterwegs zu sein; ich fürchte, die andere Häfte des Wörterbuchs (welche mir für meine wortgeschichtlichen Studien so notwendig wäre) wird ein Torso bleiben wie Ithurrys Grammatik.1 Gerade die energischen, stark und rasch arbeitenden Menschen lassen Dinge ganz ruhen für die sie keine rechte Stimmung haben.

Mir geht es in den letzten Wochen recht schlecht mit meinen Nerven; bei der Beschaffenheit des Wetters kein Wunder. So komme ich mit meinen Hauptarbeiten nicht vorwärts. Ich hatte einige Dechepareana2 für Sie in petto; konnte sie aber, aus Abgespanntheit, nicht aufs Papier bringen. Dann las ich, weil ich zu nichts Ordentlichem fähig war, die Sprichwörter Oihenarts dar — die haben mich zu einigen Bemerkungen geführt die ich Ihnen für die Revue schicke.3 Es wird Ihnen höchst sonderbar vorkommen; aber es ist eine Tatsache: der Neurastheniker kann manchmal das Schwere, und kann das Leichtere nicht. Verzeihen Sie daß ich Ihnen in das Geheg gekommen bin das heißt: ein Gebiet betreten habe auf dem Sie Alleinherrscher zu sein verdienen. Sprichwörterforschung liegt mir ganz fern.— Wegen des ene uzkiari bacequion nabari|2| bin ich noch unsicher; ich werde Lacombe fragen ob er über den Gebrauch von nabari Genaueres weiß.

Ich ersehne mit einer bei meinem Alter doppelt begreiflichen Ungeduld Ihre Ausgabe der Refranes. In Bezug auf die orthographischen Fragen kann ich Ihnen aber kaum einen passenden Rat geben; hier handelt es sich um Prinzipien. An Ihrer Stelle würde ich, da es ja doch nur darauf ankommt die Sprichwörter allgemein verständlich zu machen, sie ohne gar zu viel Bedenken in das Gewand bringen bez. einzwängen, welches sie, als moderne, in dem nächst stehenden (bizk.?) Dialekt haben würden, und dabei die Orthographie anwenden die Ihnen bei der Aufzeichnung heutiger Texte die empfehlenswerteste zu sein scheint. Das Unsichere und Dunkle aber durch ? oder Verschiedenheit der Typen andeuten. An eine genaue Transkription ist doch nur zu denken, wenn man über die Aussprache völlig im Reinen ist. Wenn jauso, ax (= atš) usw. nicht mehr gesprochen werden, dann würde ich jaso, az usw. schreiben.4Zelangoa baita amea (it hervorheben, um zu zeigen daß die Entsprechung keine vollständige ist usw.).

Mit herzlichem Gruß

Ihr

H. Schuchardt

Ich habe die Zitate aus Hatoulet5 so genau wiedergegeben daß ich auch das ∫ belassen habe. Ich weiß nicht ob sich das empfiehlt; der Unterschied von ∫ und s wie bei Oihenart besteht ja nicht, übrigens ist im Suppl. von Brunet6 der Gebrauch beider Zeichen mit Unrecht ganz aufgegeben worden.


1 J. Ithurri, Grammaire basque, dialecte labourdin. Bayonne 1895. El comentario de H. S. se refiere probablemente a que esta gramática trata casi exclusivamente del verbo.

2 H. S., „Dechepareana“, RIEV 5 (1911): 445-450.

3 H. S., „Zu den Sprichwörtern Oihenarts“, RIEV 5 (1911): 451-456.

4 Parece que J. de U. no entiende bien lo que H. S. le quiere decir y toma al pie de la letra lo que H. S. le propone como un principio de cómo hacer la transcripción. En RS 31 moderniza ax en az, cuando hubiera debido mantener ax, o en todo caso transcribir por aiz. No creemos que en ninguna variedad vizcaína moderna exista la variante despalatalizada az.

5 J. Hatoulet — E. Picot, Proverbes béarnais, recueillis par J. H. et E. P. Paris-Leipzig 1862. H. S. utiliza esta colección de refranes para dar equivalentes bearneses a los refranes de Oihenart citados en H.S (1911).

6 Se refiere probablemente a G. Brunet, Dictionnaire des ouvrages anonymes suivi des supercheries littéraires devoilées. Supplement. Paris: 1889 . V. tbn. G. Brunet,Notice sur les proverbes basques recueillis par Arnauld Oihenart, et sur quelques autres travaux relatifs à la langue euskarienne. Paris: 1859 .

Faksimiles: Die Publikation der vorliegenden Materialien im „Hugo Schuchardt Archiv” erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Koldo Mitxelena Kulturunea - Liburutegia (Fondo Urquijo). (Sig. s.n.)