Hugo Schuchardt Archiv

Verehrter Freund!

Schönen Dank für beide Karten. Also so alt ist schon Ihre Ableitung des Wortes scheiver von incipere?¹ Gegen Ende des Heftes von W. u. S., worin Meringer keift, wird sie Ihnen zum Verdienst angerechnet. Ich glaube, Sie werden recht haben; nur verstehe ich nicht, wie der Infinitiv zu der Ehre kommt.²

Und nun zu dem Eiertanz, den Ihnen der flügellahme Engel auferlegt. Ganz richtig, mir geht es auch zuweilen so: ein Gedanke prä- |2| sentiert sich mir zufällig in romanischer Form, ich bermerke es rechtzeitig und forme ihn um. In Ihrem Falle also würde ich statt „in seiner Darst.“³ „in der Darst.“ sagen, „und schon“, wie man in Czernowitz sagt! Mir würde „in XXs Darst.“ auch nicht wehtun: ich halte es für ein Ammenmärchen, daß in derlei Sätzen der Name just im Subjekt genannt werden müsse. Daß die Vorausnahme des Pronomens dem frz. Sprachgenius angemessen sei (wenigstens dem Genius der Schriftsprache), kann ich nicht beweisen, aber man muß es doch wohl annehmen, wenn solche Sätze möglich sind, wie der |3| von mir angeführte: Au nom de la patrie française dont il symbolise l’unité et la grandeur, je vous remets ce drapeau. Im Deutschen wäre dergleichen doch unmöglich.

Ihr
Gartner
Bozen 21. Nov. 11.