Ernst Windisch an Hugo Schuchardt (30-12831)

von Ernst Windisch

an Hugo Schuchardt

Leipzig

09. 11. 1897

language Deutsch

Schlagwörter: Grazer Tagblatt Universität Prag Universität Leipzig

Zitiervorschlag: Ernst Windisch an Hugo Schuchardt (30-12831). Leipzig, 09. 11. 1897. Hrsg. von Frank-Rutger Hausmann (2020). In: Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.letter.9459, abgerufen am 13. 10. 2024. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.1.9459.


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Leipzig 9. Nov. 1897
Universitätsstraße 15.

Lieber Freund!

Anbei sende ich Dir einen Correcturabzug meiner kleinen Abhandlung, in deren Interesse ich mich vor einiger Zeit mit einer Bitte an Dich wandte. Wie Du schon siehst, ist Deine freundliche Auskunft für mich sehr werthvoll gewesen.1 Ich besitze Deine schönen Arbeiten nicht, habe sie mir aber von unserer Bibliothek verschafft. So trete ich als ein praeco virtutis tuae2 auf, was mir besonders Vergnügen macht. Die ganze Abhandlung wird nicht zwei Bogen betragen, das hier Geschickte ist etwa die Hälfte. Bitte sieh es durch, ob ich nicht etwa irgend welche Dummheit sage, und sende mir den Bogen dann freundlichst zurück. Du erhältst natürlich einen ordentlichen Separatabzug. [am Ende der Seite: NB Der Correcturbogen scheint mir mit Schuhwichse gedruckt zu sein! Ich bitte das zu entschuldigen].

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Ich lese in unserer Akad. Lesehalle Euer Grazer Tageblatt , gelegentlich, denn bei Euch geht es ja jetzt scharf her. Wenn die östreichische Regierung auch sicher siegen wird, so ist doch ebenso sicher ihre Politik, dictirt vom Haß und vielleicht sogar einem Portiönchen Haß gegen das Deutsche, ein schwerer Fehler.3 Ich sehe die Sache ruhig an, trotz meines so übel verwursteten harmlosen Concurrenzartikels, und billige durchaus nicht Alles, was von deutscher Seite geschehen ist. Die Adressen an die Prager Universität habe ich nicht mit unterschrieben. 4

Dein Georgier mit dem unaussprechlichen Namen5 ist bei mir erschienen. Ich habe ihn auf seinen Wunsch an den Herausgeber der officiellen Leipziger Zeitung, Geh. Reg. R. von der Mosel,6 und an unseren Professor Bücher7 empfohlen.

Mit herzlichen Grüßen in Dankbarkeit für interessante Belehrung

Dein

EWindisch.


1 Königlich-Sächsische Gesellschaft der Wissenschaften. Philologisch-Historische Klasse: Berichte über die Verhandlung.; 49,6, 1897, 101-126 . Windischs Eloge bildet den Anfang der Abhandlung: „Ueber die mannigfaltigen Probleme, welche die Sprachenmischung bietet, hat Niemand tiefer nachgedacht und eingehendere Untersuchungen veröffentlicht als Hugo Schuchardt, dem in gewisser Beziehung nur noch Ascoli an die Seite gestellt werden kann“ usw.

2 „Herold Deiner Tüchtigkeit“ (Cicero, Arch. 24).

3 Windisch spielt vermutlich an auf die Verordnung der Minister des Innern, der Justiz, der Finanzen, des Handels und des Ackerbaues vom 5. April 1897 betreffend die sprachliche Qualifikation der bei den Behörden in Böhmen angestellten Beamten und die daraus sich ergebenden Konsequenzen.

4 Vgl. z. B. Ernst Troeltsch, „Kundgebung für die Prager deutsche Universität aus Anlaß ihrer Haltung zur Sprachenfrage“, Academische Revue. Zeitschrift für internationales Hochschulwesen 34, Juli 1897, 563-654.

5 Aleksander Solomonovich Khakhanov (1864-1912), Spezialist für georgische Sprache und Literatur; vgl. HSA 05534.

6 Curt von der Mosel, Verwaltungsjurist.

7 Karl Wilhelm Bücher (1847-1930), Professor Nationalökonomie an der Philosophischen Fakultät der Universität Leipzig.

Faksimiles: Universitätsbibliothek Graz Abteilung für Sondersammlungen, Creative commons CC BY-NC https://creativecommons.org/licenses/by-nc/4.0/ (Sig. 12831)