Hugo Schuchardt Archiv

Gotha, 19. Okt. 96

Lieber Freund

Gut gegangen ists mit Wustmann.¹ Er war sehr liebenswürdig mit mir und hat mir zugesagt, dass mein Kompagnon das N. T. für einige Zeit hin bekommen solle, wenn er keine Tinte darüber zu giessen sich anheischig mache. Ich denke unter dem hin ist die Pfarrei verstanden, und damit wäre uns denn durchaus geholfen. In der Befürchtung dass man etwa hinterher ängstlicher |2| werden könnte, bitte ich Dich dringend bei Gelegenheit von dem κειμήλιον² als einem möglichst unbedeutenden Ding zu sprechen (als solches galt es in der Stadtbibliothek bis heute; ich musste es erst wieder entdecken), von Pfarrer Th. Linschmann unbekannter und von mir unberechtigter Massen unglaublich Gutes zu verkünden.

In Harrassowitz³ habe ich einen sehr intelligenten, unterrichteten und entgegenkommenden Buchhändler gefunden. Aber fest hat er |3| noch nicht angebissen. Er wies auf verschiedene ungünstige Erfahrungen der letzten Zeit hin, z. B. auf ein altes schwedisches N. T., das nur von 3 Universitätsbibliotheken gekauft worden sei.⁴ Ich fürchte anderseits dass die Sache mit den Subskribenten kaum gehen wird. Jemanden zu veranlassen, etwas zu kaufen, was er nicht versteht? Wenn aber vier oder fünf Korporationen zusammenschössen, so würde auf jede wirklich ein sehr unbedeutender Betrag entfallen.

In grösster Eile

Mit besten Grüssen und Dank für Deine Rathschläge

Dein

HS.