Gustav Ludwig Weigand an Hugo Schuchardt (14-12712)

von Gustav Ludwig Weigand

an Hugo Schuchardt

Leipzig

20. 03. 1905

language Deutsch

Schlagwörter: language Aromunischlanguage Bulgarischlanguage Spanischlanguage Sardischlanguage Sizilianische Dialektelanguage Portugiesischlanguage Rumänischlanguage Ungarischlanguage Neugriechischlanguage Türkisch Rumänien Damé, Frédéric (1893–1895) Schuchardt, Hugo (1905)

Zitiervorschlag: Gustav Ludwig Weigand an Hugo Schuchardt (14-12712). Leipzig, 20. 03. 1905. Hrsg. von Luca Melchior (2022). In: Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.letter.9426, abgerufen am 29. 09. 2023. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.1.9426.


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Leipzig, 20. März 1905.

Hochverehrter Herr College!

mantică ist ein sehr wenig bekanntes Wort, ich fragte soeben einen Rum. aus Südsiebenbürgen und einen aus der Klein Wal., denen das Wort gänzlich unbekannt war. Ich kenne es nur aus Wörterbüchern, bei meinem Aufenthalte auf einer stînă in den Karpathen habe ich das Wort nicht gehört, Damé1 führt es bei der Milchwirtschaft nicht an. Im Aromunischen ist es nicht vorhanden, ebensowenig im Bulg. Es kann ebensowenig wie caşcaval Erbwort sein, und muß gleichzeitig mit diesem aus dem Westen gekommen sein. Eine Vermittlung durch spanische Juden wäre nicht unmöglich, da diese von Saloniki nach Bulgarien u. nach Rumänien gekommen sind. Leider weiß ich nichts Näheres über die Verbreitung des Wortes. 2

Ihr ergebenster
G.W.


1 Damé (1893-1900).

2 In Schuchardt (1905, 554) liest man: „Wenn man span. val. sard.siz. neap. tar. manteca, port. manteiga, kat sard. mantega, rum.mantică nebeneinander hält, so erkennt man aus dem Verhalten des Tonvokals und des darauf folgenden Gutturals dass das Wort nicht überall bodenständig ist, sondern mehrfach gewandert sein muss. Wie in neuerer Zeit (das rum. mantică ist, wie mir Weigand sagt, ein wenig bekanntes und verbreitetes Wort und gewiss erst mit caşcaval aus dem Westen gekommen; letzteres hat übrigens mehr um sich gegriffen, es findet sich auch im Madj., Neugriech., Türk.), so auch in alter, jedoch erst romanischer Zeit; es ist eben die Sache gewandert“. Ciorǎnescu (2007:489 s.v.) schreibt dazu: „Cuvînt dubios, citat numai de Damé. Dacǎ a circulat într-adevǎr, trebuie sǎ se explice prin it manteca [...]“. Die Etymologie vom span. manteca, mantica ist weiterhin unklar. Interessant ist, dass Corominas (1954: s.v.) die Information Weigands an Schuchardt wieder aufgreift: „Del Sur de Italia debió de trasmitirse a Rumania, donde mantica es palabra muy poco conocida, según informó Weigand a Schuchardt; es probable que el vocablo entrara en el Sur de Italia y en Rumania como denominación especial de la manteca de oveja, variedad empleada en España y poco conocida en el extranjero, pues consta que éste es el significado particular en Nápoles (Filopatridi) y en rumano (Cihac I, 157)“ (a.a.O., 243).

Faksimiles: Universitätsbibliothek Graz Abteilung für Sondersammlungen, Creative commons CC BY-NC https://creativecommons.org/licenses/by-nc/4.0/ (Sig. 12712)