Gustav Ludwig Weigand an Hugo Schuchardt (11-12709)

von Gustav Ludwig Weigand

an Hugo Schuchardt

Leipzig

03. 02. 1904

language Deutsch

Schlagwörter: language Rumänisch Ißer, Andreas (1850) [o. A.] (1825)

Zitiervorschlag: Gustav Ludwig Weigand an Hugo Schuchardt (11-12709). Leipzig, 03. 02. 1904. Hrsg. von Luca Melchior (2022). In: Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.letter.9423, abgerufen am 18. 04. 2024. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.1.9423.


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Leipzig, 3. II. 04.

Hochverehrter Herr Professor!

pipuş in Muşcel (Gr. Walachei), pipuşcă südl. Moldau, pipoaşcă Kl. Walachei Doljii (pipoaşcă bedeutet in der südl. Moldau „Tasche gestrotzt voll“) pipotă und k̍ipotă sind weit verbreitet und zwar alle genannten Wörter für den Vogelmagen (Drüsenmagen u. Magen)1 als Ganzes betrachtet, aber ohne den Kropf, für den ich nur guşă feststellen konnte. In Haţeg sagt man neben k̍ipotă auch bătucă. Die Form picotă und hipotă kannte keiner der hier anwesenden Studenten. Im Wörterbuch von Ißer xiпoтъ „Magen des Geflügels“2. Es ist fraglich, ob cipotă oder k̍ipotă gesprochen werden soll, ersteres brächte die Form der im Budaer Wb. vorgeschlagenen Etymologie näher: 3 Vorschlag eines Hauchlautes cista (Motzen)4, Uebergang von ă (nach Labialen 5 [sic] zu o (focuţ, fomeie) sind ja was ganz Gewöhnliches, selbst die Bedeutungsverschiedenheit wäre nicht hinderlich. Das Volk ist nicht stark in der Anatomie, inimă bedeutet allgemein „Magen“ im Rumänischen, pipotă womöglich nur gésier. Mit capto>caut kann ich mich gar nicht befreunden; wenn es nur noch eine Stütze hätte!

Mit hochachtungsvollem Gruße
G. Wgd.


1 Nachträglich hinzugefügt.

2 Vgl. Ißer (1850:240).

3 Im sogenannten Lexicon de la Buda (1825:262, eigentlich: Lesicon roma̕nescu-la̕tinescu-ungurescu-nemţescu quare de mai multi autori, in cursul’ a trideci, si mai multoru ani s’au lucratu seu Lexicon valachico-latino-hungarico-germanicum quod a pluribus auctoribus decursu triginta et amplius annorum elaboratum est) liest man s.v.: „Hipota̓, f. Хиɐпотъ, subst. hepar, jecur: máj: die Leber; V. Ba̓tuca̓ dela hepate abl“.

4 „cista (Motzen)“ nachträglich hinzugefügt. Mit „Motzen“ sind die Bewohner der siebenbürgischen Țara Moților gemeint.

5 „(nach Labialen“ nachträglich hinzugefügt.

Faksimiles: Universitätsbibliothek Graz Abteilung für Sondersammlungen, Creative commons CC BY-NC https://creativecommons.org/licenses/by-nc/4.0/ (Sig. 12709)