Wilhelm Meyer-Lübke an Hugo Schuchardt (54-07275)
an Hugo Schuchardt
13. 11. 1914
Deutsch
Schlagwörter: Baskisch
Iberisch
Spanisch
Arabisch
Romanische Sprachen
Berberisch
Französisch
Latein Schuchardt, Hugo (1914) Meyer-Lübke, Wilhelm (1911–1920) Schuchardt, Hugo (1913)
Zitiervorschlag: Wilhelm Meyer-Lübke an Hugo Schuchardt (54-07275). Wien, 13. 11. 1914. Hrsg. von Magdalena Rattey (2022). In: Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.letter.9350, abgerufen am 10. 12. 2023. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.1.9350.
Wien 13 xi 1914
Sehr geehrter Herr Hofrat!
Besten Dank für Ihren Artikel1 , den ich mir übrigens erhofft hatte. Er kommt mir um so gelegener, als ich gerade daran bin, die Nachträge und Verbesserungen zusammenzustellelen [sic]2. Da Sie nicht weiter auf azcona eingehen, darf ich wol erwähnen, was mich für baskischen Ursprung bestimmt hatte.3
azkona, azkonar „Dachs“ gehört doch mit azkon „dard“ zusammen und auch azkor „crecedero“, azka „virtud de crecer“ können damit verbunden werden, wenn man an die Bedeutung von frz.poindre denkt. Ist das mit Ihrer Erklärung vereinbar oder haben die Wörter |2| miteinander zu tun? Der Ausgang von azkon spricht ja allerdings für Entlehnung.4
Hochachtungsvoll
Ihr ergebenster
Meyer-Lübke
1 Schuchardt, Hugo. 1914. Die Herleitungen aus dem Baskischen bzw. Iberischen in Meyer-Lübkes Rom. Etym. Wb. (bis S. 560). RIEV 8 (2): 325–337. [Archiv-/Breviernummer: 664].
2 Die erste Auflage des REW (1911) war noch nicht vollständig: ML plante den Abschluss, wie aus diesem Brief hervorgeht, schon früher. Im Nachwort zum zweiten Teil des REW (1911), das er im März 1920 in Bonn schrieb, erklärt er: „[...] das Wortverzeichnis lag seit September 1914 bis einschl. ‚s’ in der Druckerei“ ( Meyer-Lübke 1920c: 1092 ). Er nennt einige Gründe für den Verzug (vgl. hierzu den Kommentar in Malkiel 1989: 50f. ). Die Referenz zu Schuchardts Besprechung der Herleitungen aus dem Baskischen steht im Wortverzeichnis des zweiten Teils (Meyer-Lübke 1920c) zu Beginn der iberischen und baskischen Wortliste.
3 Vgl. Schuchardt (1914: 328), worin er bask. azkon aus span.azcona herleitet. Er verweist auf seine Baskisch-hamitischen Wortvergleichungen (1913b), worin er bereits, ohne Verweis auf ML, auf dessen azkon (bask.) „Pfeil“ (848) eingegangen sein dürfte (vgl. Schuchardt 1913b: 325). In den Nachträgen zum REW (Meyer-Lübke 1920c) gibt ML Schuchardt (Schuchardt 1913b) bei zagaya (arab.) „Lanzenspitze“ (9591) an und verweist auf span. azcona (848), allerdings mit dem Zusatz: „RIEB. VII, 325 ist formell nicht recht verständlich.“ Er widerspricht Schuchardt, indem er bask. azkon, azkua nicht wie jener als „frühe Romanisierung“ des arab. azagaya (vgl. Schuchardt 1913b: 326) sieht, sondern dessen Endung auf das Romanische zurückführt. Im REW (1935b) verzichtet ML 9591 s.v. zaġāya (berb.) auf den azcona-Verweis und ordnet span. azcona dem (Alt-)Baskischen aucona zu (774a).
4 Aus dem Gaskognischen oder Lateinischen, vgl. Meyer-Lübke (1929a) .