Wilhelm Meyer-Lübke an Hugo Schuchardt (26-07248)

von Wilhelm Meyer-Lübke

an Hugo Schuchardt

Bauma

11. 09. 1903

language Deutsch

Schlagwörter: Neue Freie Presse Preußische Jahrbücher Universität Berlin (Friedrich-Wilhelms-Universität)language Gallischlanguage Baskisch Uhlenbeck, Christian Cornelius Thomas, Antoine Schuchardt, Hugo (1903) Thomas, Antoine (1901) Meyer-Lübke, Wilhelm (1901)

Zitiervorschlag: Wilhelm Meyer-Lübke an Hugo Schuchardt (26-07248). Bauma, 11. 09. 1903. Hrsg. von Magdalena Rattey (2022). In: Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.letter.9317, abgerufen am 28. 03. 2024. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.1.9317.


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Hochgeehrter Herr Hofrat!

Nach dem Arbeiten und der Unruhe der trefflich gelungenen Salzburgertage1 komme ich dazu, Ihre Anzeige2 von Uhlenbecks bask. Stud zu lesen. Ich sammle in freien Stunden die lat-rom. und die gall. Elemente des Bask., weil ich meine, dass daraus am ehesten die Grundlage für bask. Lautgeschichte gewonnen werden kann und dass nur ein Romanist das zu manchen in der Lage ist. Ich freue mich um [sic] besonders zu sehen, dass Sie ähnliche Auffassung vertreten. – A. Thomas hat, wie sein gebundener Artikel 3zeigt, den Unterschied von Dauer und Klang noch nicht erfasst. Ich hatte gemeint, in der ‘Einführ.’4 das so nachdrücklich und ausführlich dargetan zu haben, dass es jeder einsehen sollte und mich der Neubearbeitung im Grundr.5 fast geschämt als einer Wiederholung. Aber es giebt ja gerade in der Wissenschaft Dinge, die man 99 mal sagte, damit der hundertste sie wieder nicht versteht. 6

Mit besten Grüssen Ihr ergebenster
WMeyerLübke

Bauma (Schweiz)


1 Im Zuge der Pläne für eine Wiedereröffnung der Universität in Salzburg wurde im Mai 1903 in Wien der deutsch-nationale Verein für wissenschaftliche Ferialkurse gegründet, dessen Obmann ML war. In der Neue[n] Freien Presse ( Ausgabe vom 2. Juni 1903, Nr. 13924 (Abendblatt), 1-2 ) erschien ein Artikel, worin ML den Sinn dieser Kurse und Vorträge in Salzburg, einer Stadt, die zum damaligen Zeitpunkt keinen universitären Betrieb hatte, erläutert. Im Sommer 1903 fanden die Salzburger Ferialkurse zum ersten Mal statt, worüber ML im Nachhinein stolz in der Neue[n] Züricher Zeitung (23. September 1904) berichtet (vgl. Messner 1984: 41f. ). In diesem Zusammenhang sei auch auf seinen Artikel ( Meyer-Lübke 1907b ) in den Preußische[n] Jahrbücher[n] aufmerksam gemacht, worin er die Nützlichkeit eines Kongresses für deutsche Hochschullehrer darlegt. Dieser Artikel folgt einem im Jahr 1906 verfassten Aufruf zu einem deutschen (hier gemeint ist: deutschsprachig) Hochschullehrertag, also einer Versammlung der Hochschullehrer, mit dem Ziel sich organisieren zu können (vgl. Bauer 2000: 13f. ). Er ist der Grund für eine (schriftliche) Auseinandersetzung zwischen ML und Hans Delbrück (vgl. dazu Delbrück 1907a , 1907b ), dem Herausgeber der Pr. Jahrbücher und Historiker an der damaligen Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin, deren Professorenschaft sich besonders gegen dieses Vorhaben wehrte (vgl. Bauer 2000: 13). Der erste Hochschullehrertag fand am 8. September 1907 in Salzburg statt (vgl. ebd.), an dem ML mit Sicherheit teilnahm.

2 Schuchardt, Hugo. 1903. [Rez. von:] C. C. Uhlenbeck, Beiträge zu einer vergleichenden Lautlehre der baskischen Dialecte. Museum. Maandblad voor philologie en geschiedenis 10: 393–406. [Archiv-/Breviernummer: 452] (=1903a). Auf der Rückseite seines eigenen Handexemplars notierte Schuchardt eine Liste jener Kollegen, denen er die Rezension übermittelte, darunter findet sich auch „Meyer-Lübke“ (vgl. HSA).

3 Eventuell spielt ML auf folgende Rezension Thomas’ an: Thomas, Antoine. 1901. Die Betonung im Gallischen, von Wilhelm Meyer-Lübke. Romania 30: 418–423.

4 Ob die Anführungszeichen doppelte oder einfache sind, ist nicht eindeutig. Die Referenz ist: Meyer-Lübke (1901a). Darin zum obigen Thema bes. § 84f.

5 Meyer-Lübke, Wilhelm. 1904. Die lateinische Sprache in den romanischen Ländern. Grundriss der romanischen Philologie 1: 451–497. Zweite Auflage. Straßburg: Trübner.

6 Mit hoher Wahrscheinlichkeit sind diese Geständnisse Anlehnungen an den Schluss von Schuchardts Rezension zu Uhlenbecks Lautlehre: „[...] weil ich in dieser Besprechung verschiedenes habe von neuem sagen müssen.“ (Schuchardt 1903a: 406).

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