Hugo Schuchardt Archiv

Graz, 6 Juni 1903

Lieber Freund,

Schreibe mir doch ob Du etwa irgendwo in den Alpen Deine Sommerfrische halten wirst. Ich sehe dass jetzt eine sehr gute Verbindung zwischen hier und Salzburg eingeführt worden ist, und vielleicht packt mich später einmal die Lust in dieser Richtung zu reisen. Es täte mir dann leid wenn ich durch den Ort kommen sollte wo Du |2| hausest, und ich wüsste es nicht. Besonders jetzt hätte ich gern mich wieder einmal mit Dir unterhalten da ich den Abend meines Lebens dem Morgenland zu widmen gedenke – nicht auch dem hintersten, sondern etwa dem zwischen Kaukasus und Persischem Meerbusen.

In Genua und schon auf dem Schiffe habe ich mich mit Reinhard, Konsul in Buschîr angefreundet.¹ Es ist ein sehr liebenswürdiger Mann, und ich meinte, sein Augenleiden sei kein gefährliches. |3| Nun höre ich von Franz Pascha² dass er in München in einer Klinik ist, und dass ihm das kranke Auge hat ausgenommen werden müssen. Das tut mir unendlich leid; bitte wenn Du etwas näheres über sein Befinden wissen solltest, teile mir es mit.

Und noch eine Bitte: nämlich die Karl Salemann³ mit dem Du ja wohl in Verbindung stehst gelegentlich zu fragen warum er seit über einem Jahre auf alle |4| meine Briefe (recommandierte!) gar nicht antwortet. Für mich handelt es sich jetzt nicht mehr darum die Hs. des Asiat. Mus., die er mir schon vor Jahren zur Verfügung gestellt hat, zu erhalten, sondern sein rätselhaftes Benehmen erklärt zu haben. Man sollte meinen, ich hätte ihn tief gekränkt, aber dazu habe ich nicht einmal die Gelegenheit gehabt.

Mit herzl. Gruss

Dein

HSchuchardt.