Hugo Schuchardt Archiv

Berlin, den 15 sept. 1872.

Lieber freund,

gern bin ich bereit, Ihnen über die verhältnisse der Hallenser philosophischen facultät so weit mir die selber bekannt sind – auskunft zu geben. In betracht würden kommen: Pott¹Bernhardy KeilZacher Gosche und etwa Dümmler, um die philosophen Erdmann u.s.w. würden Sie sich wohl zunächst nicht zu kümmern haben. Bernhardy, Keil und Dümmler sind ganz gutmüthige leute, wenn sich auch Bernhardy hinter sarkasmus und ironie versteckt; wie keil und bernhardy über Sie denken, ist mir leider ganz unbekannt. Pott hat, glaube ich, eine günstige meinung von Ihnen; nur würde ich Ihnen rathen, ihm gegenüber von lautphysiologie und etwaiger hinneigung zur reconstruction |2| von grundformen möglichst wenig merken zu lassen; Pott würden Sie vor allem für Ihre Sache interessieren müssen. Goscke würde vielleicht auch für Sie eintreten, doch hat er, glaube ich, nicht allzu viel oder besser wenig einfluß und manche gegner in der facultät. Zu privater vorläufiger anfrage würde ich Ihnen Zacher als einen durchaus anständigen und wohlwollenden mann anempfehlen; wenn Sie wünschen, würde ich auch selbst einige zeilen an ihn schreiben. Wer von den herren jetzt in Halle anwesend ist, weiß ich nicht; Pott wird noch nicht zurück sein und Zacher ist möglicherweise noch in Arnstadt.

Mit bestem gruß

Ihr

ergebenster

Ernst W. A. Kuhn

P. S. Wie stehen Sie denn zu Böhmer selbst?² Ich kenne ihn zu wenig, um zu wissen, ob er sich für Sie interessiert; er wird wahrscheinlich über seinen eventuellen nachfolger doch auch consultiert werden. Er ist persönlich sehr gefällig, aber wohl etwas sonderbar. – Wenn Sie in |3|Leipzig auf der philologenversammlung mit Delbrück³ näher zusammengetroffen sind, so würden Sie gut thun, mit ihm in correspondenz zu treten. Er ist mit Zacher, aber auch mit Böhmer, Haym, Dümmler sehr genau bekannt und würde dieselben für Ihre sache leicht interessieren können. Auch zu einem brief an Delbrück bin ich gern bereit. E. K.