Hugo Schuchardt Archiv

[Monogramm I/K mit fünfzackiger Adels-Krone]

Lieber Professor!

Sie waren so überaus liebenswürdig, daß es längerer Zeit bedurfte mich davon zu erholen, da ich als ältere Mutter bereits resignirt, alle Complimente meiner Tochter gönne! Auch wünschten Sie zu wissen wo wir die Ferien verbringen werden und ich hätte Ihnen eine bestimmte Antwort nicht früher geben können |2| da wir zwischen Helgoland und Blankenberge ¹lange wählten; endlich haben wir uns für das letztere entschieden wohin wir anfangs der nächsten Woche zu reisen gedenken. Nach einem 4 wöchentlichen Aufenthalt werden wir wahrscheinlich einen 14tägigen séjour in der Nähe Wiens nehmen und ich hoffe, Sie sind dann ebenfalls zurückgekehrt. Ich glaube immer das Schicksal will es nicht, daß wir irgendwo zusammentreffen; |3| ich könnte Sie am Ende unter die Haube bringen und dann Gelegenheit haben, meine That zu bereuen! - - -

Wo wollen Sie hin? und wie geht’s Ihnen? Vielleicht haben Sie auf Ihrer Reise eine freie Stunde und in dieser einige Augenblicke Ruhe um mir von sich zu berichten! – Mein Mann grüßt Sie bestens; er will nicht erlauben, daß ich Ihnen Renis² Bild schicke, das wirklich sehr |4| schlecht ist; ich schicke es Ihnen doch, weil ich kein Besseres habe und endlich mein Wort einlösen möchte. In Wien hoffe ich getreuere Abklätsche von uns zu erhalten, als das hier der Fall ist.

Von mir herzlichen Gruß und den Wunsch, daß Sie einen angenehmen Sommer erleben mögen,
Lidwine Kremer.

Prag, den 24. Juli 78.