Prag, den 18. Dez. 77
Lieber Professor!
Wie können Sie denken daß ich einen meiner Bekannten so vergessen könnte?! – Aber wie mir College Meyer
Gustav Meyer (1850-1900), deutscher Sprachwissenschaftler, bis 1876/77 Gymnasiallehrer und Privatdozent für vergleichende Grammatik der [griech.](https://gams.uni-graz.at/o:hsa.languages#L.732) und [lat. Sprache](https://gams.uni-graz.at/o:hsa.languages#L.886) in
Prag, bevor er wenig später als Sanskritist nach Graz wechselte. erzählt in dem bekannten elegischen Ton, haben Sie so viel der interessantesten Abenteuer, daß es grausam wäre, Sie auch nur einen Augenblick mit uninteressanten Nachrichten zu quälen. Nun Sie selbst aber dies lange Nichtschreiben unterbrochen haben, sehen Sie mich gleich bereit, all Ihren Wünschen nachzukommen denn 1. wenn Sie nach Wien gehen, würde sich meine Schwester Frau Dr. Friedlaender,
Eugenie Regine Delia Friedländer, geb Deligath (1840-1894). Sie war verh. mit Max Friedländer (1829-1872). Kolowratring 3 1. Stock sehr freuen Sie bei sich zu sehen! 2. kennt sie alle heiratsfähigen Mädchen, reich, schön, gebildet, was man will. Ahnte sie nur Ihren Wunsch, Sie kämen nicht mit heiler Haut davon oder vielmehr mit heilem Herzen! Ich schreibe morgen oder übermorgen an meine Schwester und empfehle Sie ihr; gehen Sie wirklich nach Wien, so machen Sie dort einen Besuch, es ist der Mühe werth! Hätte ich eine heiratsfähige Tochter, ich würde Sie eingeladen haben, über die Feiertage nach Prag zu kommen um sich den Hradschin anzusehen, so aber ists zu langweilige.
Viele Grüße von meinem Mann und mir und die besten Wünsche für das kommende Jahr! Ihre alte Freundin
L. Kremer