Hugo Schuchardt an Julio de Urquijo Ybarra (329-s.n.)

von Hugo Schuchardt

an Julio de Urquijo Ybarra

Graz

23. 11. 1914

language Deutsch

Schlagwörter: Baskische Studien Revue internationale des études basqueslanguage Baskisch Schulten, Adolf Karras, Ehrhardt Meyer-Lübke, Wilhelm Meillet, Antoine Azkue y Aberasturi, Resurrección María de Lacombe, Georges Spanien Schuchardt, Hugo (1915)

Zitiervorschlag: Hugo Schuchardt an Julio de Urquijo Ybarra (329-s.n.). Graz, 23. 11. 1914. Hrsg. von Bernhard Hurch und Maria José Kerejeta (2007). In: Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.letter.915, abgerufen am 11. 09. 2024. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.1.915.


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Graz, 23. Nov. '14

Lieber Freund,

Ihr Brief vom 11. ist gestern hier eingetroffen. Ich freue mich außerordentlich endlich ein Lebenszeichen von Ihnen erhalten zu haben, und zwar ein gutes; ich hoffe daß Ihnen und Ihrer Familie alle übeln Folgen dieses Krieges erspart bleiben mögen. — Mir geht es wie immer: im Sommer äußerst schlaff, im Winter ein wenig frischer. Sie begreifen wie der Krieg — wenn ich auch persönlich nicht unmittelbar daran beteiligt bin — meine Seele in Anspruch nimmt und ich mich, nach meinen Kräften, in dieser Hinsicht nützlich zu erweisen versuche. Aber es ist ein Gebot der Selbsterhaltung die gewöhnlich friedlichen Beschäftigungen nicht ganz zu vernachlässigen, und so trifft Ihr Brief mich bei baskischen Studien. Kürzlich ist der erste Band eines großen Werkes: Numantia erschienen, von A. Schulten der Jahre lang die Ausgrabungen von N. leitete. Dieser erste Band1 ("Die Keltiberer und ihre Kriege mit Rom") enthält eine große Einleitung die sich über die ethnographischen Verhältnisse des |2|alten Spaniens verbreitet, insbesondere wird darin behauptet daß die Basken nicht Nachkommen der Iberer, sondern der Ligurer seien. Ich bin dabei, eine ausführliche Widerlegung dieser Anischt abzufassen — für eine Wiener Zeitschrift,2 da die RB vorderhand still steht. Ich sage "vorderhand", denn ich hoffe daß sie im Laufe des nächsten Jahres wieder ins Leben treten wird — obwohl ich nicht weiß wie die Franzosen, und gerade die französischen Basken sich mit einer in Deutschland gedruckten Zeitschrift befreunden könnten.

Inzwischen habe ich da ich die Hoffnung schon aufgab, mich mit Ihnen in Verbindung zu setzen Karras veranlaßt von meinen letzten Beiträgen die ja schon gesetzt und korrigiert waren, eine Anzahl Sonderabdrücke herzustellen — à mes risques, périls et fortune. Ich sende Ihnen einen davon indem ich Sie ersuche mir Indemnität |3|( descargo) zu erteilen. Es lag mir viel daran daß ich wie Andere (so Meyer-Lübke, dem in der Tat für die Nachträge zu seinem Wtb. meine Bemerkungen die Sache sehr erwünscht kam) sich darauf beziehen könnten. Ich würde auch gern an Meillet, der ja wohl nicht eingerückt ist, ein Exemplar senden — vielleicht geht es durch Ihre Hand. Jedenfalls stelle ich Ihnen ein Dutzend Exemplare zur Verfügung (an Azkue schickte ich eines).3

Von der Zukunft redet man in meinem Alter nicht gern. So lassen Sie mich ein Wort von der Vergangenheit sagen. Ich hätte zwar nie die Beschäftigung mit dem Baskischen ganz aufgegeben, aber ich hatte sie doch, da ich wenig Teilnahme und Verständnis fand, ein wenig beiseite geschoben. Ihnen verdanke ich es, sowie Lacombe daß ich sie mit erneutem Eifer — vielleicht mehr zu meiner eigenen Freude als Andern zum Nutzen — wieder aufgenommen habe.

Mit herzlichen Grüßen

Ihr ergebener
HSchuchardt


1 A. Schulten (1914) .

2 H. S. „Baskisch = Iberisch oder = Ligurisch?“, Mitteilungen der Anthrop. Ges. in Wien 45 (1915a): 109-124.

3 Las separatas que H. S. encarga a Karras son con seguridad los correspondientes a (1914-1917a, b y c). Estos trabajos saldrán también en el volumen 1914-1917 de la RIEV al acabar la guerra.

Faksimiles: Die Publikation der vorliegenden Materialien im „Hugo Schuchardt Archiv” erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Koldo Mitxelena Kulturunea - Liburutegia (Fondo Urquijo). (Sig. s.n.)