Budapest d. 26/9 1907
Sehr geehrter Herr Kollege!
Obwohl ich gar nichts zur Lösung der vorgelegten 2 Fragen beitragen kann, halte ich es doch für meine Pflicht Sie, geehrter Herr Kollega, auf meine Antwort nicht warten zu lassen. Ich gestehe, daß die äußere Übereinstimmung zwischen [bulg.](https://gams.uni-graz.at/o:hsa.languages#L.4130)
катерѭ се und [rm.](https://gams.uni-graz.at/o:hsa.languages#L.854)
a sĕ căţărá
neben dem ja geradezu das dem bulg. noch näher stehende i Stom căţarí ebenfalls mehrfach belegt ist, bei gleicher Bedeutung immerhin groß genug ist, um trotz des überraschenden Wechsels zwischen ţ u. т an einen Zusammenhang zu denken. Das rm. Wort schließt Tiktin
Hariton (Heiman) Tiktin (1850-1936), deutsch-rumänischer Romanist, Rumänist und Lexikograph. dem Zeitwort a acăţá an, das er wiederum aus captiare erklärt. Das in gleichem Zusammenhang erwähnte Subst.
caţă
Hirtenstab (Stab mit einem Haken am obern Ende, mit dem der Hirt die Schafe einfängt) gemahnt an [ngr.](https://gams.uni-graz.at/o:hsa.languages#L.776)
kάντζα Schifferhaken, Schifferstange u. hätte demnach mit a acăţá gar nichts zu tun. Aber was nützt das alles zur Aufhellung des rm. ţ; bulg. т? Man ist wirklich versucht Anlehnung an катурѭ се zu denken wobei aber verbindend kommt die ähnliche zusammengekauerte Körperstellung beim Klettern u. Kollern abgegeben haben muß, das Klettern gleichsam, um an einen von Ihnen gebrauchten Ausdruck anzuknüpfen, als sich Hinaufwutzeln aufgefaßt. So wenig Gewicht ich auch auf all diese flüchtig überdachten Vermutungen lege, mögen sie Ihnen doch als Zeugnis dienen, daß mich Ihre Kombinationen angeregt haben mich mit der Frage wie es kommt zu beschäftigen. Von „găsí“ das „doch kaum einen andern Ursprung haben kann als einen slavischen“, kann ich leider nicht einmal so viel sagen, ich würde vielmehr sagen: a găsí kann alles mögliche sein, nur gerade slawisch nicht!
Die kleine Brochure
Asbóth Oszkár, Szláv jövevényszavaink, Budapest: Kiaja a Magyar Tudományos Akad., 1907 (Értekezések a nyelv- és széptudományok köréböl 20,3).
habe ich Ihnen hauptsächlich geschickt, weil ich dachte das darin enthaltene persönliche Moment könnte Sie interessiren. Der Besuch in natura war aber nicht im Sommer geplant, sondern eigentlich im September. Doch überraschte mich Szinnyei damit, daß das Sept.heft der
Nyelvtudományi Közlemények diesmal mit dem Dez. Hefte vereint im Nov. erscheinen wird u. so habe ich momentan noch Herrn Munkácsi etwas am Zeug zu flicken! Für die bibliogr. Mittheilung meinen besten Dank! Es fällt mir gar nicht ein, alle [
kauk. Sprachen](https://gams.uni-graz.at/o:hsa.languages#L.759) zu gleicher Zeit zu studieren, das [Georgische](https://gams.uni-graz.at/o:hsa.languages#L.742) gibt mir gerade genug zu tun; aber wenn Sie meine Aufsätze gegen Munk. Wörterbuch seither bekommen haben (das georg. mn. Manuskript?habe ich noch nicht), sagt: [georgisch] (die erste Form hat er auch unter ребенокъ и ребата), Nazidze? p. 15: Bagaev
[K. Bagaev, ](https://gams.uni-graz.at/o:hsa.bibliography#BIBL.4451)Opyt russko-gruzinskago slovarja, Tiflis: Šaradze, 1895
. hat ein wol ursprünglicheres (?) [georgisch] (o scheint auch sonst aus av zu entstehen). Erckert
[Roderich von Erckert, ](https://gams.uni-graz.at/o:hsa.bibliography#BIBL.4480)Die Sprachen des kaukasischen Stammes, Wien: Hölder, 1895ff.
hat offenbar die mingrelische Form mit din das Georgische hineinverquickt, wenn er für
mingr. überhaupt kein ähnliches Wort über „Rind“ anführt, während er doch in den Sätzen regelmäßig boŝi schreibt n. 19, 20, 56, 60, so wie Sie ja selbst auch aus Tsagarellis mingr. Studien mingr. boši anführen Sitzb. 133: 88 mit der Übersetzung „Rind“!
[Schuchardt, „Über den passiven Charakter des Transitivs in den kaukasischen Sprachen“, ](https://gams.uni-graz.at/o:hsa.bibliography#BIBL.166)Sitzungsberichte der philosophisch-historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften. Wien 133, 1895, 1-91.
Kann nun Georg. bavšvi oder
bovsÌ aus [
pers.](https://gams.uni-graz.at/o:hsa.languages#L.707)
bacà entstanden sein? So viel ich bisher weiß, kaum! Und dann, wie verhält es sich mit dem georg. bočala „Kalb“, das auch einem pers.
bača entsprechen soll? Hängt es nicht vielmehr mit der andern Form хво, die wir bei Erckert daneben finden u. die
Tšubinov-
Bagaev unter теленокъ allein angeben, zusammen? u. wie hängt es damit zusammen? Doch ich komme nach diesem Beispiel, das ich nur angeführt habe, damit Sie besser verstehen, um was es sich hier handelt, zu meiner ersten Frage zurück: Gibt es ein [deutsch](https://gams.uni-graz.at/o:hsa.languages#L.667) (od. [russ.](https://gams.uni-graz.at/o:hsa.languages#L.639)
[franz.](https://gams.uni-graz.at/o:hsa.languages#L.226)
[engl.](https://gams.uni-graz.at/o:hsa.languages#L.891))-[persisches](https://gams.uni-graz.at/o:hsa.languages#L.707) Glossar, in dem ich leicht nachschlagen kann) wie etwas im Pers. gesagt wird, um daraus die Ausgangsform für ein etwaiges pers. Lehnwort zu gewinnen?
Und nun noch einige Kleinigkeiten! Sie sprechen unter anderm von einem „unorganischen“ M- im [Georgischen](https://gams.uni-graz.at/o:hsa.languages#L.742); haben wir es mit einem einfachen Irrtum zu thun, wenn Erckert „das Schaf“ georg. m-cxvari
u. im laz. m-čxuri nennt? Unter „Kühe“, wohin sich, wie Sie selbst nachgewiesen haben – auch ein räudiges Schaf verirrt hat, schreibt Erckert (Laz.) cuna-tčxuri ohne m- ! Was ist übrigens seinem Ursprung nach dieses tcuna?
Zu p 371, wo Sie über das Vordringen der attributiven Form des Adj. sprechen speziell zu dem Beispiel [georgisch] finden Sie eine hübsche Analogie in meiner russischen Chrestom.
Asboth, Russische Chrestomathie für Anfänger: accentuierte Texte mit vollst. Wörterverzeichnis, 2. verb. Aufl., Leipzig: Brockhaus, 1903.
S. 3 N° 14 Какой глуый слѣпой, несетъ свѣтъ передъ собой - а самъ слѣпой
„er ist doch ein Blinder“, anst. „blind“. Freilich bieten die [slav. Sprachen](https://gams.uni-graz.at/o:hsa.languages#L.638) Analogien dazu in allen Abstufungen, ich erwähne die Stelle aus meiner Chrest. Mehr um Sie zu fragen, ob Sie meine russ. Chrestom. besitzen; falls Sie dieselbe nicht haben sollten, wird es mir ein Vergnügen sein, in ein paar Wochen Ihnen ein Exemplar der jetzt im Druck bef. 2ten Auflage als geringere Zinsen meiner Erkenntlichkeit zu übersenden.
In den [Sitzber.](https://gams.uni-graz.at/o:hsa.subjects#S.3222) 133 : 99
[Schuchardt, „Über den passiven Charakter des Transitivs in den kaukasischen Sprachen“, ](https://gams.uni-graz.at/o:hsa.bibliography#BIBL.166)Sitzungsberichte der philosophisch-historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften. Wien 133, 1895, 1-91.
zitieren Sie als seltene Form mo-w-sul-war aus einer georg. Zeitung; ich habe genau dieselbe dopp. Setzung des W. einem Satze bei Nagiste2 p. 21 gefunden (Z. 4. v. u.): Nicht identifiziert.[georgisch] – Wo könnte ich die älteste Bibelübersetzung finden?
Mit nochmaligem Dank u. vielen frohen Wünschen zu Weihnachten
Ihr
ergebenster
Dr. O. Ásbóth