Anna von Zwiedineck an Hugo Schuchardt (10-13067)

von Anna von Zwiedineck

an Hugo Schuchardt

San Vigilio

29. 07. 1893

language Deutsch

Schlagwörter: Schuchardt, Malvine Wolf, Michaela (1993)

Zitiervorschlag: Anna von Zwiedineck an Hugo Schuchardt (10-13067). San Vigilio, 29. 07. 1893. Hrsg. von Frank-Rutger Hausmann (2021). In: Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.letter.8996, abgerufen am 11. 09. 2024. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.1.8996.


|1|

St. Vigil 29/7/931

Lieber und werther Freund

Für Ihre noch ganz rechtzeitig eingetroffenen Glückwünsche2 nehmen Sie unsern innigsten Dank! Ich gestehe, mit ganz besonderer Freude Ihren Brief aus der Menge der uns zugekommenen Erinnerungszeichen herausgezogen zu haben –, es wäre mir immer etwas abgegangen hätte Ihr Name im Freundeskreise gefehlt. Wie es so Viele |2| erfahren haben? ich weiß es nicht, und bin jetzt erst recht froh, unser Idyll hier ausgeführt zu haben. – So eine Jubelgreisin verträgt die Anstrengungen einer solchen Cour nicht mehr – und hier haben wir die Stimmung dieses Tages recht gemütlich und ungestört genossen. Übrigens sind wir sogar hier gefeiert worden, denn die Menge von Briefen u. Telegrammen fiel sogar den Ungebildeten auf. Eine reizende Hannoveranerin Baronin Ledebur kam der Sache auf die Spur. |3| Am liebsten lieber Freund wünschte ich Ihnen das Gleiche – aber wer weiß, – wenn Sie sich noch lange besinnen, und so wählerisch bleiben – möchte es mit der Zeit nicht stimmen und könnte es fin des 20. siècle werden. –

Auf Ihre Anfrage ob die Zimmer kühl und groß sind, muß ich letzteres mit nein beantworten sie sind sogar sehr klein. Fliegen als Zuspeise werden nicht berechnet – ich finde sie sehr rar hier – denken Sie nur wie hoch im Gebirge wir schon sind, – sie kommen nicht mehr recht herauf. |4| Und was gedenken Sie zu unternehmen? Wir bleiben bis beiläufig 15. August hier & gehen dann nach Taufers – um uns noch später im Wörthersee unsere Glieder jung zu baden. Si cela se pouvait.

Führt Ihr weg der Heimat zu zu Ihrer verehrten Mutter so vergessen Sie bitte nicht, und entrichten Sie tausend Liebes von mir – einen wahren Sehnsuchtsschrei – wie gerne möchte ich sie sehen!

Von meinem alten tarokunkundigen3 Hans ebenso viel Herzliches, gehen Sie nur zu Graff4 – da ist Weiteres zu lesen! –

Bleiben Sie so gut wie bisher, und sagen Sie nicht öfter ab, wenn Sie eingeladen – dann bleibt Ihnen in Huld gewogen das silberne Herz Ihrer alten

Anna Zwiedineck


1 Wolf, Nachlaß, 416 deutet die Jahreszahl als „1890“; diese ist aber wohl als „1893“ zu lesen, denn im Brief ist von der Silberhochzeit des Paares Zwiedineck die Rede, die beide in diesem Jahr feiern konnten.

2 Anlass nicht geklärt.

3 Tarock, Kartenspiel, das in mehreren Varianten gespielt werden kann.

4 Ludwig Bartholomäus Graff de Pancsova (1851-1924), Zoologe in Graz, zeitweise Rektor der Universität; vgl. HSA 03911-03920.

Faksimiles: Universitätsbibliothek Graz Abteilung für Sondersammlungen, Creative commons CC BY-NC https://creativecommons.org/licenses/by-nc/4.0/ (Sig. 13067)