Leo Reinisch an Hugo Schuchardt (161-09349)
von Leo Reinisch
an Hugo Schuchardt
06. 10. 1918
Deutsch
Schlagwörter: Rhodokanakis, Nikolaus Müller, David Heinrich von Wien
Zitiervorschlag: Leo Reinisch an Hugo Schuchardt (161-09349). Maria Lankowitz, 06. 10. 1918. Hrsg. von Frank-Rutger Hausmann (2021). In: Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.letter.8978, abgerufen am 08. 10. 2024. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.1.8978.
Lankowitz 6.10.1918
Hochverehrter lieber Freund,
Ich bedaure wirklich sehr daß ich Ihnen wegen des Sprachbuches so viele Mühe gemacht habe. Daß der Buchhändler den ersten Teil nicht hat finden können, daran liegt die Ursache wol, wie Sie vermuten darin daß dieser Teil vergriffen ist u. noch nicht neugedruckt ist. Dann läßt sich eben nichts weiter tun. Ihnen danke ich aber nochmals sehr für die Plage die ich Ihnen angerichtet habe. Also bitte ich um Vergebung.
Wie geht es Ihnen in dieser Zeit? Soviel ich höre, ist die Lebensmittelversorgung in den Städten sehr karg, doch auch auf dem Lande steht es nicht viel besser. Aber ich glaube schon daß bald eine Veränderung eintreten wird: Der Krieg wird zu Ende gehen. Wie aber dann? Militärisch sind die Mittelmächte gar nicht im Nachteil, aber werden sie im Friedensschluß auch politisch nicht unterliegen? Aber ich schone lieber Ihre Ohren u. meine Augen; denn wir haben da ja keinen Einfluß auf die Dinge.
|2| Was mir persönlich nahe geht, ist der leidige Umstand daß ich der Augen halber nicht wissenschaftlich arbeiten kann u. so ist mir auch das Leben verleidet.
Ich hörte daß Rhodokanakis als Nachfolger von D. H. Müller nach Wien berufen sei. Hat er angenommen? oder war es nur Sage daß er einen Ruf erhalten habe?1
Nun noch meine allerbesten Wünsche für Ihr
Wolbefinden u. seien Sie herzlich gegrüßt von
Ihrem
Leo Reinisch
1 Rhodokanakis war 1917 zum Grazer Ordinarius ernannt worden.