Leo Reinisch an Hugo Schuchardt (75-09265)

von Leo Reinisch

an Hugo Schuchardt

Ligist

29. 07. 1912

language Deutsch

Schlagwörter: language Nubische Sprachenlanguage Koptischlanguage Ägyptischlanguage Schilluk Schuchardt, Hugo (1912)

Zitiervorschlag: Leo Reinisch an Hugo Schuchardt (75-09265). Ligist, 29. 07. 1912. Hrsg. von Frank-Rutger Hausmann (2021). In: Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.letter.8892, abgerufen am 04. 12. 2023. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.1.8892.


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[Postkarte, LIGIST 29.7.12]|2|R. 28.7.12.

L. Fr.

Ich habe das „Bureau“ nicht hier u. weiß nicht, wie dogol. (??)1hafer hineingekommen ist. Nubisch in allen Dialekten ist kafer anzusetzen 1) weil in meinem „Nuba“ kafer ohne Angabe der Dialekte steht u. dies bedeutet, daß das Wort mir für alle Dialekte giltig angegeben ist. 2) Auch in meinem „Die Stellung des Nuba“2 steht auf S. 105 kafer, ist also unter k eingeordnet. Almkvist3 habe ich nicht zur Hand, aber wenn ich nicht irre, so hat er kafer nicht, denn ich erinnere mich (zwar dunkel), daß ich dort nicht das Wort gesucht u. nicht gefunden habe. Im Koptischen fehlt das dem Ägypt. ḫpr entsprechende Wort; ϧⲀϥ dürfte damit wol kaum zusammenhängen, es mangelt hier doch jeglicher Anhalt, anzunemen, daß r ausgefallen sein sollte; auch entpricht dem Ägypt. p im Kopt. wohl sehr häufig ⲫ, nicht aber y. Nub. kafer ist sicher dem ḫpr entlehnt, fremdes ḫ, ḥ (h) ist im Nub. meistens k, da die Laryngalen im Nub. ungewöhnlich sind. Daß κάβαρος, κάραβος auf ḫpr beruht, ist wol nicht zu bezweifeln.

Ich danke für die Mitteilung aus Westerm. (Orient. Literaturz.);4 mir wird bei dieser ganz wunderlich im Kopf, weil ich mir gar nichts dabei denken kann, ich verstehe den Satz einfach nicht. Woher gar die Intonation im Chamitischen?! Nicht allein ich, sondern gar Niemand, der im Chamit. gearbeitet hat, weiß etwas davon. Hier Intonation zu setzen, heißt doch wol mit der Stange in der Luft herumzufahren, um etwas zu suchen.

Vom Schilluk bin ich etwas übersättigt durch Banholzers5 unverständliche Manuscripte, treibe dafür jetzt Imkerei; unsere 20 Bienenstöcke geben Arbeit, sind aber dankbar nicht nur durch Lieferung von Honig, sondern auch durch Erteilung ergiebiger Stiche, die gegen Rheumatism. wirksam sein sollen.

Herzlichst

IhrL. R.


1 Es könnte sich um den nub. Dialekt „ Dongolawi“ handeln.

2 Schuchardt, „Geschichtlich verwandt oder elementar verwandt?“, Magyar Nyelvőr 41, 1912, 3-13.

3 Herman Almkvist, Nubische Studien im Sudān, aus dem Nachlass Herman Almkvists hrsg. von K. V. Zetterstéen, Uppsala [u.a.], 1911 (Vilhelm Ekmans Fond: Arbeiten; 10) .

4 In den Jg. 1911 und 1912 wurde kein Beitrag von Westermann gefunden.

5 Pater Wilhelm Banholzer (1873-1914), FSC [Fratres Scholarum Christianorum], Missionar in Schilluk, aus Rottweil stammend, aus seiner Feder stammen Come vestono e come s'adornano gli Scilluk, Nigrizia 1904 (sonst keine weiteren Publikationen nachweisbar).

Faksimiles: Universitätsbibliothek Graz Abteilung für Sondersammlungen, Creative commons CC BY-NC https://creativecommons.org/licenses/by-nc/4.0/ (Sig. 09265)