Leo Reinisch an Hugo Schuchardt (64-09254)

von Leo Reinisch

an Hugo Schuchardt

Wien

04. 05. 1912

language Deutsch

Schlagwörter: Kaiserliche Akademie der Wissenschaften (Wien) Müller, David Heinrich von Rhodokanakis, Nikolaus Kirste, Johann Wessely, Carl Wien Graz Schuchardt, Hugo (1912) Schuchardt, Hugo (1912) Schuchardt, Hugo (1912) Schuchardt, Hugo (1912)

Zitiervorschlag: Leo Reinisch an Hugo Schuchardt (64-09254). Wien, 04. 05. 1912. Hrsg. von Frank-Rutger Hausmann (2021). In: Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.letter.8881, abgerufen am 28. 09. 2023. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.1.8881.


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Wien, 4. Mai 1912

Lieber Freund,

Erst heute komme ich dazu, den Empfang Ihres Schreibens v. 24.4., das ich unmittelbar vor meiner Abreise nach Wien erhalten habe, zu bescheinigen. In Graz wollte ich Sie aufsuchen, mußte es aber unterlassen, weil ich aus spezieller Ursache ruhig im Hotel mich verhalten mußte, Sie aber zu mir zu bitten, hielt ich für zu anmaßend.

Was nun Ihre an die WLKM. eingesandten Arbeiten betrifft, so teilte mir gestern Müller1 mit, daß dieselben dem Redaktionskomité zugegangen und folglich der Druckeri übergeben worden seien.2 Einer Berufung Ihrerseits auf mich bedarf es ja selbstverständlich bei Schuchardt nicht, da ja dieser Name für die Zeitschrift eine Reklame ist: ein Reinisch kann einen Schuchardt so wenig protegieren, wie etwa ein Hase einen Löwen.

Daß Rhodokanakis3 in der Fakultät zum Ordinarius vorgeschlagen worden, darüber freue ich mich sehr; warum aber Meringer4 u. nicht Kirste5 den Antrag eingebracht hat, darüber habe ich noch keine Nachricht erhalten; ich habe vergessen, Müller darüber zu befragen.

|2| Heute habe ich an Sie eine Bitte: ich schlage Prof. K. Wessely6 vor für die Wahl zum ordentl. Mitglied der Akademie u. bitte um Ihre Stimme für ihn, und zugleich daß Sie gestatten, Ihren Namen im Vorschlag mit einsetzen zu dürfen. Ich kann Ihnen nur mit bestem Wissen und Gewissen sagen, daß W. es sehr verdient u. daß ihm von Seite der klassischen Philologen sehr Unrecht geschieht, daß sie seine Leistungen nicht recht wahrnehmen wollen, weil sie dieselben deshalb nicht beachten, weil sie über die Gesichtsweite der gewöhnlichen Philologen hinausragen.

Mit herzlichen Grüßen

Ihr
L Reinisch


1 David Heinrich von Müller (1846-1912), österreichischer Orientalist, Semitist, Sprach- und Literaturwissenschaftler; vgl. HSA 07560-07566.

2 Es handelt sich um Schuchardt, „Bari und Dinka“, Wiener Zeitschrift für die Kunde des Morgenlandes 26, 1912, 11-41; „Zu den berberischen Substantiven auf -im“, ebd., 163-170; Rez. von: Meinhof, Carl: Die Sprachen der Hamiten, nebst einer Beigabe: Hamitische Typen von Felix von Luschan, ebd. 407-413; „Zu den meroitischen Inschriften'“, ebd. 416-418.

3 Nikolaus Rhodokanakis (1876-1945), griechisch-österreichischer Semitist und Arabist. – Vgl. auch Serdar Aslan, Bibliographie Nikolaus Rhodokankanis ( https://islam-akademie.de/index.php/bibliographie-terminologie/66-autoren-1941-1950/751-nikolaus-rhodokanakis-1876-1945-bibliographie).

4 Rudolf Meringer (1859-1931), österr. Sprachwissenschaftler; vgl. Schwägerl-Melchior, Verena (2017). „Die Korrespondenz zwischen Rudolf Meringer und Hugo Schuchardt“. In Bernhard Hurch (Hg.) (2007-) . Hugo Schuchardt Archiv. Webedition verfügbar unter: https://gams.uni-graz.at/o:hsa.letter.2169.

5 Johann Kirste (1851-1920), österr. Indologe; vgl. HSA 05555-05573.

6 Carl / Karl Wessely (1860-1931), Klass. Philologe; vgl. HSA 12770.

Faksimiles: Universitätsbibliothek Graz Abteilung für Sondersammlungen, Creative commons CC BY-NC https://creativecommons.org/licenses/by-nc/4.0/ (Sig. 09254)