Leo Reinisch an Hugo Schuchardt (35-09225)
von Leo Reinisch
an Hugo Schuchardt
24. 09. 1909
Deutsch
Schlagwörter: Villa Malwine Deutsche morgenländische Gesellschaft Meringer, Rudolf Graz Schuchardt, Hugo (1911)
Zitiervorschlag: Leo Reinisch an Hugo Schuchardt (35-09225). Sankt Stefan ob Stainz, 24. 09. 1909. Hrsg. von Frank-Rutger Hausmann (2021). In: Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.letter.8852, abgerufen am 26. 09. 2023. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.1.8852.
Reinischhof 24.9.09
Lieber Freund,
Ich bin sehr erfreut wiederum ein Lebenszeichen von Ihnen zu haben. Auf ein Schreiben im Juli1 erhielt ich keine Antwort u. schloß daraus, daß Sie verreist seien.2 Das Bild mit der Villa Malwine sagt mir aber, daß sie ungestörte Honigwochen3 genießen wollten, was ich Ihnen vom Herzen gönne. Die Villa ist idyllisch, dazu geräumig u. möge Ihnen darin eine ergiebige Nachkommenschar erblühen u. wenn Sie Ihrem Papa nachgeraten, so bereichern Sie die Sprachwissenschaft in ungeahnter Weise.4
Ich komme am 27. d. M. zum Philologentag nach Graz u. werde mich baldigst in der Villa Malvine einstellen. In der vorigen Woche habe ich bereits Quartier für mich bestellt. Zu tun habe ich eigentlich nur am 29. 8 Uhr morgens, wo die DMG.5 tagt, da ich dem Vorstand dieser Gesellschaft angehöre.|2|
Daß sich Meringer noch immer nicht ins bessere Einvernehmen gesetzt hat, bedauere ich wirklich u. ist mir ganz unverständlich.6 An wem hat er in Graz eine fruchtbringendere Aussprache als mit Ihnen, um immer neu auftauchende Fragen zu erörtern.
Ich habe jetzt fast drei Monate fast nur Natur gekneipt d. i. gefaulenzt u. es ist Zeit, daß ich wieder zur Arbeit komme. Eine Arbeit „Die linguistische Stellung des Nuba“7 habe ich zwar ziemlich druckfertig, kann sie aber hier nicht abschließen, da ich noch einige Behelfe nötig habe, die mir hier abgehen.
Nun auf baldiges Wiedersehen worauf ich mich sehr freue.
Mit den herzlichsten Grüßen
Ihr
L Reinisch
1 HSA 09224.
2 Schuchardt weilte zu dieser Zeit in Rom und Florenz.
3 „Honeymoon“ = „Flitterwochen“.
4 Unklar, sowohl was Nachkommen (Schuchardts Vater hatte aus jeder seiner beiden Ehen je ein Kind) bzw. sprachwissenschaftliche Forschungen (vom Vater sind keine bekannt) angeht. Vielleicht verwechselt ihn Reinisch mit Samuel Élisée von Bridel (1761-1828).
5 Deutsche Morgenländische Gesellschaft; vgl. HSA 09224.
6 Vgl. Schuchardt, Gegen R. Meringer. Graz: Eigenverlag. - Druckerei Leykam, 1911.
7 Reinisch, Die sprachliche Stellung des Nuba, Wien 1911 (Akademie der Wissenschaften Wien / Kommission zur Erforschung von Illiteraten Sprachen Aussereuropäischer Völker: Schriften der Sprachenkommission; 3) .