Emil Metzger an Hugo Schuchardt (13-07134)
von Emil Metzger
an Hugo Schuchardt
01. 06. 1883
Deutsch
Schlagwörter: Universität Göttingen
Zitiervorschlag: Emil Metzger an Hugo Schuchardt (13-07134). Stuttgart, 01. 06. 1883. Hrsg. von Frank-Rutger Hausmann (2020). In: Bernhard Hurch (Hrsg.): Hugo Schuchardt Archiv. Online unter https://gams.uni-graz.at/o:hsa.letter.8802, abgerufen am 08. 10. 2024. Handle: hdl.handle.net/11471/518.10.1.8802.
Stuttgart, Kriegsbergstrasse 29II.
Juni 1er 1883.
Hochgeehrter Herr!
Vorläufig besteht keine Gefahr, daß Sie aus meinem Gedächtniß entschwinden; wenn ich meine Liste von unerledigten Sachen ansehe, erinnere ich mich Ihrer jedes mal „mit Wehmuth und mit Schmerz“ denn meine indische Korrespondenten zeichnen sich, wie dies allerdings nicht ungewöhnlich ist, durch Faulheit aus. Übrigens muß ich zur Entschuldigung aus eigener Erfahrung anführen, daß es hierbei weniger sich um Ungefälligkeit handelt, als vielmehr um eine gewisse Scheu gegenüber einer in Europa lebenden Person und gar, wie in Ihrem Fall, einem Fachgelehrten gegenüber irgend welche Angaben zu machen. Man weiß eben gar nicht was interessant sein könnte!
Ich fürchte, es wird Ihnen bei dem Leut. Gen. v. K. e. W.1 ähnlich gehen wie früher, wahrscheinlich ist augenblicklich Niemand da der aufs Eis zu gehen wagt und man schweigt oder schickt ein Buch.
|2|Da ich mich meiner Landsleute2 schäme und nicht helfen kann – mir geht es in verschiedenen Beziehungen wie Ihnen – quäle ich mich ab nach Mitteln zu suchen, glaube aber daß nur noch die großen Mittel d. h. ein Schreiben an den Minister der Kolonien oder den Gouvern. Gener. möglich ist und Aussicht auf Erfolg hat.
Ich finde eben in No 22 Ausland (Ausschnitt hierbei)3 daß D r A. B: Meyer4 auf einen an letzeren gerichteten Brief wenigstens Antwort bekommen hat. Sollten Sie diesen Schritt thun, würde ich Ihnen rathen als Beilage eine Reihe möglichst positiv gestellter Fragen beizufügen die man leicht beantworten kann [am linken Rand: Event. will ich sie Ihnen gern ins holländ. übersetzen resp Ihre Uebersetzung wenn Sie wünschen, durchsehen]; ist die Geschichte einmal eingefädelt dann läuft sie von selbst weiter, es ist auch dabei: l’appétit vient en mangeant
Wenn Herr ’s Jakob, der General Gouverneur,5 vielleicht die Antwort an Hrn A. B Meyer6 als Kanzleitrist betrachtet, kann er mit gleicher Mühe und Arbeit Ihnen wenigstens etwas Positives verschaffen. –
Sollte ich etwas finden, was für Sie Interesse haben kann werde ich nicht ermangeln es Ihnen mitzutheilen; nur fürchte ich daß es eben nicht leicht sein wird. (Ich merke daß ich auch in den eben erwähnten indischen Fehler falle)
|3|Ist Ihnen bezügl. Tagalisch7 (d. h. damit in Berührung stehend) die Abhandlung Kern’s (Kon Akademie von Wetenschappen afd letterkunde 1881) „Zur Geschichte der Schrift im Mal. Archipel“ bekannt?8 event kann ich Ihnen das Heft schicken.
Einen Auszug hatte ich für „Ausland“ bearbeitet habe ihn jedoch zurückgezogen, weil es mir zu lange dauerte und ich solche verspäteten Mittheilungen nicht liebe.
Ich befinde mich so wohl, wie ein invalider Mensch, der außerdem nicht immer die Anregung hat, deren er bedarf nur fühlen kann, wenigstens im Augenblick und wünsche Ihnen von Herzen alles Gute zunächst für die schönen Sommertage, die jetzt kommen und auch weiterhin
Hochachtungsvoll
Ihr ergebenster
E Metzger
1 Nicht identifiziert; Kontext unklar.
2 Offenbar hatte Metzger auch die niederländische Staatsbürgerschaft erworben.
3 Nicht erhalten.
4 Adolf Bernhard Meyer (1840-1911), deutscher Anthropologe und Naturwissenschaftler; vgl. HSA 07156-07157.
5 Frederik s'Jacob (1822-1901) Gouverneur-generaal ( 1880-84).
6 Adolf Bernhard (Baruch) Meyer (1840-1911), deutscher Anthropologe, Prof. in Berlin und Göttingen; vgl. HSA 07156-07157.
7 Hendrik Kern, Sanskritsche woorden in het Tagala, Koninklijk Instituut voor Taal-, Land- en Volkenkunde, 1881.
8 Johan Hendrik Caspar Kern (1833-1917), niederl. Sanskritist und Sprachwissenschaftler; vgl. HSA 05507-05519.